| Titel: | J. E. Reinecker's Verbunddampfhammer. | 
| Fundstelle: | Band 279, Jahrgang 1891, S. 172 | 
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                        J. E. Reinecker's Verbunddampfhammer.
                        Mit Abbildungen.
                        Reinecker's Verbunddampfhammer.
                        
                     
                        
                           Von der Nothwendigkeit gezwungen, zum Zwecke der Dampfersparniss einen Dampfhammer
                              									umzubauen, machte J. E. Reinecker, Werkzeugfabrik in
                              									Chemnitz, den Versuch, das Verbundsystem auch auf die Anordnung des Dampfhammers
                              									anzuwenden. Diese Anordnung wurde, nachdem sie sich an einem Versuchshammer bewährt
                              									hatte, durch D. R. P. Nr. 50712 vom 22. August 1889 geschützt. Sie besteht im
                              									Wesentlichen darin, dass die beiden Dampfcylinder, in derselben Linie senkrecht
                              									übereinander liegend, in der Weise zur Wirkung kommen, dass der obere kleinere
                              									Cylinder die Hebung des Bares bewirkt, wogegen im unteren Cylinder der Abdampf zur
                              									Beschleunigung des Falles dient. Die erzielten Vortheile bestehen zunächst in einer
                              									bedeutenden Dampfersparniss und demgemäss geringeren Betriebskosten. Da aber die
                              									Schlaggeschwindigkeit sowie die Schlag Wirkung vergrössert sind, so wird einestheils
                              									die Schmiededauer abgekürzt, anderntheils reicht zur Erzielung derselben
                              									Arbeitsleistung ein wesentlich kleinerer Verbundhammer aus. Somit werden auch die
                              									Anlagekosten erheblich geringer.
                           Zur Begründung des vorhin Gesagten theilt uns der Erfinder den von ihm befolgten
                              									Gedankengang wie folgt mit:
                           Es ist bei einem gewöhnlichen grösseren Dampfhammer gebräuchlich, das Fallgewicht
                              									gleich dem doppelten Product aus wirksamer Kolbenfläche mal Dampfüberdruck zu
                              									nehmen. Wird dieses Verhältniss beim Verbundhammer beibehalten, so wird zwar die
                              									Dampfmenge zum Aufheben des Hämmerbares bei dem einen System so gross sein wie bei
                              									dem anderen, während aber beim Freifallhammer dieses Dampfquantum unbenutzt in die
                              									Atmosphäre pufft und nur noch hemmend auf den freien Fall des Hämmerbares wirkt,
                              									wird beim Verbundhammer dieser Dampf noch zu weiterer Arbeitsleistung wirksam
                              										verwendet.Dies trifft bei den Hämmern mit Expansion, wie bei Daelen's Hammer mit dicker Kolbenstange und anderen nicht ganz zu.
                                    											D. R.
                           Es sei in Nachstehendem G das Gewicht des Hämmerbares,
                              										s der verfügbare Ueberdruck, f die wirksame Kolbenfläche des Hochdruckcylinders,
                              									also nach obiger Regel f=\frac{2\,G}{s}, F die wirksame Kolbenfläche des Niederdruckcylinders, die schädlichen Räume
                              									beider Cylinder mögen im gleichen Procentsatz zum Cylindervolumen stehen, der Hammer
                              									arbeite mit vollem Hube.
                           Es expandirt dann der Dampf, nachdem er den Hammer gehoben, beim Niederwerfen
                              									desselben aus dem Hochdruck- in den Niederdruckcylinder, eine Stärke des
                              									Schmiedestückes von O angenommen, in dem Verhältnisse
                              									der Cylindervolumina, so dass sich eine mittlere Spannung auf den Niederdruckkolben
                              									ergeben würde:
                           
                              
                                 für
                                 
                                    F
                                    
                                 =
                                 3 f
                                 4 f
                                 5 f
                                 
                              
                                 
                                 
                                    ms
                                    
                                 =
                                 0,7 (s + 1) – 1
                                 0,6 (s + 1) – 1
                                 0,53 (s + 1) – 1,
                                 
                              
                           so dass alsdann ein mittlerer Ueberdruck auf den
                              									Niederdruckkolben wie folgt sich ergibt:
                           
                              
                                 F : f = 3 :
                                    											1
                                 (F – f) [0,7
                                    												(s + 1) – 1],
                                 
                              
                                 F : f = 4 :
                                    											1
                                 (F – f) [0,6
                                    												(s + 1) – 1],
                                 
                              
                                 F : f = 5 f
                                 (F – f) [0,53
                                    												(s + 1) – 1].
                                 
                              
                           Setzt man nun f=\frac{2\,G}{s}, so wird der mittlere, auf den
                              									Niederdruckkolben durch die Verbundanordnung erzielte Dampfdruck für
                              										F=3f
                           
                              P=(F-f)\,[0,7\,(s+1)-1]=
                              
                           
                              \left(\frac{3\times
                                 										2\,G}{s}-\frac{2\,G}{s}\right)\,(0,7\,s+0,7-1)=\frac{2\times 2\,G}{s}\ .\
                                 										(0,7\,s-0,3)
                              
                           also für
                           
                              
                                 
                                 F = 3 f
                                 P=2,8\,G-\frac{1,2\,G}{s},
                                 
                              
                                 für
                                 F = 4 f stellt
                                    											sich gleicher Weise
                                 P=3,6\,G-\frac{2,4\,G}{s},
                                 
                              
                                 für
                                 F = 5 f    „      „        „           „
                                 
                                    P=4,24\,G-\frac{3,76\,G}{s}
                                    
                                 
                              
                           Es erhält also der Dampfhammer durch die Expansionswirkung eine mittlere Vermehrung
                              									seines Fallgewichtes wie folgt:
                           
                              
                                 Ueberdruck in Atmosphären
                                 4
                                 5
                                 6
                                 
                              
                                 Verhältniss der Cylinderräume 1 : 3
                                 2,5   G
                                 2,56 G
                                 2,6   G
                                 
                              
                                 1 : 4
                                 3      G
                                 3,1   G
                                 3,2   G
                                 
                              
                                 1 : 5
                                 3,30 G
                                 3,49 G
                                 3,62 G
                                 
                              
                           Diese Arbeitsleistung des Dampfes kann natürlich sich nur in einer grösseren
                              									Beschleunigung des Hämmerbares geltend machen, so dass dieser mit ausserordentlich
                              									vermehrter lebendiger Kraft das Arbeitsstück trifft. Nimmt man nun an, dass nur die
                              									Hälfte dieser Arbeitsmöglichkeit gewonnen wird, so ist das Endergebniss noch immer
                              									eine Erhöhung der Schlagkraft auf mehr als das Doppelte derjenigen eines
                              									Freifallhammers; es ergibt sich somit die Möglichkeit, mit bedeutend kleinerem
                              									Verbunddampfhammer die Leistung eines viel grösseren Freifallhammers zu erzielen.
                              									Die erhöhte Schlaggeschwindigkeit ist in dem geringen Gewicht des Hämmerbares,
                              									bezieh. dessen geringer Masse im Verhältniss zu der niederwerfenden Kraft begründet,
                              									wodurch eine bedeutende Fallgeschwindigkeit hervorgerufen wird.
                           Ein Beispiel praktischer Ausführung dieses Verbundhammers theilt die Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure, 1890 Bd.
                              									34 S. 1386, mit, welches wir nachstehend wiedergeben.
                           
                              „Der Dampfhammer hat zwei Cylinder verschiedener Bohrung über einander, welche
                                 										beide einfach wirkend sind. Der Dampf tritt durch den Einlassschieber, der aber
                                 										nicht, wie bei den gewöhnlich doppeltwirkenden Dampfhämmern, auch dazu benutzt
                                 										wird, durch Drosselung des Dampfes die Kraft des Schlages zu regeln, sondern der
                                 										immer voll geöffnet wird, in den eigentlichen Schieberkasten mit vollem
                                 										Kesseldruck ein. Der Zutritt des Dampfes zu den Cylindern wird durch einen
                                 										Drehschieber geregelt, welcher, während er den Dampf in den kleinen Cylinder
                                 										eintreten lässt, dem im grossen Cylinder verbrauchten Dampf Austritt in die
                                 										freie Luft ermöglicht. Nachdem alsdann der Dampf im kleinen Cylinder Arbeit
                                 										geleistet, d.h. den Hammerbär gehoben, stellt der Schieber Verbindung zwischen
                                 										dem kleinen und grossen Cylinder her, so dass der Dampf durch seine
                                 										Expansionskraft den grossen Kolben nebst Hammer niederwerfen kann. Gesteuert
                                 										wird der Drehschieber in bekannter Weise durch den Hammerbär, wobei die Hubhöhe
                                 										durch Handhebel geregelt werden kann, oder ausschliesslich durch den Handhebel,
                                 										wenn man Setzschläge erzielen will. Die nicht wirksamen Kolbenflächen bezieh.
                                 										Hohlräume sowohl des grossen als auch des kleinen Cylinders können entweder als
                                 										verstärkende Luftkissen Verwendung finden, indem man über dem kleinen Kolben
                                 										Compression, unter dem grossen aber Luftverdünnung herstellt, oder aber man kann
                                 										sie mit dem Auspuffkanal in Verbindung bringen, so dass sich die Hohlräume voll
                                 										Dampf saugen können, wodurch die Abkühlung der Cylinderwandungen wesentlich
                                 										herabgedrückt werden würde. Schliesslich sei noch eine Oeffnung erwähnt, welche
                                 										sich im grossen Cylinder befindet, in der Weise, dass bei der tiefsten Kolben
                                 										Stellung, also in der Ruhelage des Hammers, das niedergeschlagene Dampfwasser
                                 										stetig entweichen kann.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 279, S. 173
                              Fig. 1.Reinecker's Verbunddampfhammer mit Schiebersteuerung.
                              
                           
                              Die durch diese Anordnung erzielte Dampfersparniss ist ganz bedeutend; bei vollem
                                 										Hube des Hammers beträgt sie rund 50 Proc., da der gesammte Oberdampf gespart
                                 										wird; noch grösser aber ist sie bei geringen Hubhöhen und leichten Schlägen, was
                                 										aus folgenden Gründen einleuchtet. Wird der Hammer nur auf halbe Höhe gehoben,
                                 										so wird zwar für das Anheben nur die Hälfte Dampf benöthigt, wie bei vollem
                                 										Hube, dagegen aber wird für das Niederwerfen des Hammers beim doppeltwirkenden
                                 										Dampfhammer fast die gleiche Dampfmenge benöthigt, gleichviel ob der Hammer viel
                                 										oder wenig ausgehoben hat. Diese Dampfverwüstung, die in keinem Verhältniss zu
                                 										den Leistungen des Hammers steht, wird durch den Verbunddampfhammer vollständig
                                 										beseitigt; bei ihm steht der Verbrauch an Dampf im genauen Verhältniss zu 
                                 										der Kraft des Schlages, so dass leichte Schläge auch mit entsprechend
                                 										geringem Aufwand an Dampf zu bewirken sind. Hierdurch wird aber gleichzeitig
                                 										auch die Handhabung des Hammers eine ausserordentlich leichte und zuverlässige,
                                 										da nicht mehr die Geschicklichkeit des Hammerführers im Abfangen und
                                 										Gegendampfen die Stärke des Schlages beeinflusst, sondern lediglich diejenige
                                 										Menge des Dampfes, die nach Verrichtung der Arbeit im kleinen Cylinder in den
                                 										grossen Cylinder übertritt.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 279, S. 174
                              Reinecker's Verbunddampfhammer mit Ventilsteuerung.
                              
                           
                              Der erste nach dieser Anordnung gebaute Hammer war ursprünglich ein
                                 										doppeltwirkender Dampfhammer, der durch Aufsetzen eines grossen Cylinders über
                                 										den alten Cylinder in einen Verbundhammer umgearbeitet wurde. Es tritt also bei
                                 										diesem Hammer der Dampf am unteren Ende des kleinen Cylinders ein, arbeitet in
                                 										diesem und strömt dann zur weiteren Arbeitsleistung im grossen Cylinder in
                                 										dessen oberes Ende ein. Trotz der durch diese Anordnung bedingten langen
                                 										Dampfwege arbeitet dieser Hammer seit mehr als Jahresfrist zur grössten
                                 										Zufriedenheit und bei erhöhter Schlagwirkung mit einer ganz beträchtlichen
                                 										Dampfersparniss. Ein weiterer Hammer nach beigefügter Fig. 1 ist in Bau; in Folge seiner gedrängten
                              
                           
                              Anordnung und günstigen Vertheilung der Gewichte ist ein noch besseres Ergebniss
                                 										zu erwarten.“
                              
                           Nach einer neueren Mittheilung ist ein grösserer Hammer desselben Systemes in der
                              									Ausführung begriffen. Derselbe hat ein Fallgewicht von 2500 k, 410 und 700 mm
                              									Cylinderdurchmesser und 1200 mm Hub. Die Steuerung desselben wird anstatt durch
                              									Drehschieber durch Ventile bewirkt, wie aus Fig. 2 und 3 zu ersehen ist.
                           Bemerkenswerth sind noch die nachstehenden Gewichtsangaben:
                           
                              
                                 Gewicht
                                 des Hammers
                                 27400 k
                                 
                              
                                 „
                                 der Chabotte
                                 30000 k
                                 
                              
                                 „
                                 des Amboss- und Hammereinsatzes
                                 2200 k
                                 
                              
                                 „
                                 Fundamentschraube und Ankerplatte
                                 1220 k
                                 
                              
                                 
                                 
                                 –––––––
                                 
                              
                                 
                                 im Ganzen
                                 60820 k