| Titel: | Ueber Fortschritte in der Spiritusfabrikation. | 
| Fundstelle: | Band 279, Jahrgang 1891, S. 189 | 
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                        Ueber Fortschritte in der
                           								Spiritusfabrikation.
                        (Patentklasse 6. Fortsetzung des Berichtes Bd. 277
                           								S. 77.)
                        Ueber Fortschritte in der Spiritusfabrikation.
                        
                     
                        
                           I. Rohmaterialien und Malz.
                           Ueber Anbauversuche mit verschiedenen Kartoffelsorten,
                              									welche im Jahre 1889 von Schmidt auf der Herrschaft Wonsowo ausgeführt wurden, wird in der Zeitschrift für Spiritusindustrie, Bd. 13 S. 127,
                              									daselbst nach dem Centralblatt für die Provinz Posen,
                              									berichtet.
                           Untersuchungen über die Cultur der Industrie- und
                                 										Speisekartoffel theilt Aimé Girard in den Comptes rendus, 1890 S. 176, mit.
                           Derselbe Verfasser berichtet daselbst Seite 1089 über die
                                 										Anwendung der Kupfersalze gegen die Kartoffelkrankheit.
                           Ueber den Einfluss der Blätter und des Lichtes auf die
                                 										Entwickelung der Knollen der Kartoffel, von Pagnoul, Comptes rendus, 1890 S. 471.
                           Die Keimungswärme des Malzes. Im Anschluss an seine
                              									früheren Untersuchungen über die Athmung des Malzes auf der Tenne (vgl. 1888 267 521) hat F. Schütt in
                              									der vorliegenden, in der Zeitschrift für
                                 										Spiritusindustrie, Bd. 13 S. 203 und 210, veröffentlichten Arbeit die bei
                              									der Athmung entstehende Wärme, sowie deren Beseitigung durch den Mälzer einer
                              									näheren Betrachtung unterzogen. Der Verfasser hatte früher gefunden, dass von 100 k
                              									auf die Tenne gebrachter Malztrockensubstanz während einer neuntägigen Keimperiode 10,91 k
                              									Kohlensäure erzeugt werden, welche durch Verathmung von 6,01 k Stärkemehl und 0,4 k
                              									Fett entstehen. Die hierbei entstehende Gesammtwärme berechnet Schütt zu 28540 Cal. Der Verfasser bespricht nun den
                              									Verbleib dieser Wärmemenge. Die Berechnung ergibt, dass zur Erwärmung von 100 k
                              									Malztrockensubstanz, entsprechend 192,3 k Quellmalz, während der Mälzungszeit um 8°
                              									nur 920 Cal. erforderlich sind, mithin von den gebildeten 28540 Cal. noch 27620 Cal.
                              									übrig bleiben, für deren Verbleib zunächst die innere, vom Korn beim Wachsen
                              									geleistete Arbeit in Betracht käme. Die hierfür aufgewendete Wärme macht jedoch nur
                              									einen so minimalen Bruchtheil der Gesammtwärme aus, dass für unsere Berechnungen von
                              									einer Berücksichtigung derselben Abstand genommen werden kann.
                           Nach aussen sind drei Wege möglich, auf denen die Keimungswärme sich aus dem Malze
                              									entfernen kann: 1) durch directe Ausstrahlung, 2) durch Uebertragung an die
                              									umgebende, sich stets erneuernde Luft, 3) durch Verdunstung des im Korne enthaltenen
                              									Wassers und dadurch bedingte Wärmebindung. Thatsächlich werden alle drei Wege je
                              									nach den Umständen mehr oder minder von der Wärme gewählt, so dass wir uns zur
                              									Entscheidung der für den Mälzer wichtigen Frage gedrängt sehen: Auf welche Weise
                              									entledigt man sich der unliebsamen Keimungswärme am besten, ohne dem Gedeihen des
                              									Malzes zu schaden? Der dritte Weg ist von vornherein zu verwerfen, da nichts für das
                              									Wachsthum des Malzes mehr von Bedeutung ist, als dass ihm sein Wassergehalt
                              									möglichst lange erhalten bleibt. Der erste Weg würde eben dieser Anforderung am
                              									besten entsprechen, doch verlangt er eine sehr grosse Malzoberfläche, die allerdings
                              									in den Tennenmälzereien hergestellt wird, jedoch mit einer erheblichen Raum- und
                              									Materialverschwendung verbunden ist. Auch er muss verlassen werden, wenn es darauf
                              									ankommt, ein möglichst grosses Malzquantum in möglichst kleinem Raume zu produciren,
                              									wie dies die neueren Mälzungsverfahren anstreben. Wir sind hier auf den zweiten Weg
                              									angewiesen, der die Wärme durch Regelung der Luftzufuhr beliebig schnell abzuführen
                              									gestattet. Wie hat man aber die Ventilation einzurichten, um dem Malze möglichst
                              									viel Wärme, doch möglichst wenig Wasser zu entziehen? Diese Frage findet in dem
                              									nächsten Abschnitt eine eingehende Erörterung, welche den Verfasser zu dem Schluss
                              									führt, dass nach seinen Erfahrungen es sich am meisten empfehlen dürfte, zur
                              									Ventilation eine Luft von 10 bis 11,25° zu verwenden und die Ventilation so zu
                              									reguliren, dass die Luft bei dem Passiren der Junghaufen sich auf etwa 15°, bei dem
                              									Passiren der Althaufen auf etwa 16,25° erwärmt. Im Mittel beträgt dann die Erwärmung
                              									7,5°, der Luftverbrauch für 192,3 k Quellmalz stellt sich auf etwa 5000 cbm und der
                              									Wasserverlust des letzteren auf 28 k. Dieses Luftquantum ist vollständig ausreichend
                              									zur Athmung von 192,3 k Quellmalz, da die dabei entstehenden 10,9 k Kohlensäure, auf
                              									das ganze Luftquantum vertheilt, nur einen Gehalt von 0,116 Vol. Proc. Kohlensäure,
                              									also nur etwa den fünfzehnten Theil derjenigen Menge, welche schädigend wirkt,
                              									betragen würde. Durch den Wasserverlust von 28 k würde der procentische Wassergehalt
                              									des Quellgutes (48 Proc.) bis auf 42,1 Proc. beim fertigen Grünmalz herabgemindert
                              									und damit allerdings die äusserste zulässige Grenze nahe erreicht werden, jedoch ist
                              									dabei zu berücksichtigen, dass die bei der Berechnung gemachte Voraussetzung,
                              									dass die ganze gebildete Wärmemenge allein durch Ventilation fortgeschafft werden
                              									soll, in der Praxis nicht zutrifft, indem hier stets noch ein grosser Theil der
                              									Wärme durch directe Ableitung und Strahlung verloren geht, so dass der berechnete
                              									Luftverbrauch und Wasserverlust nur als ein Maximalwerth anzusehen ist, der in der
                              									Praxis niemals ganz erreicht wird. Im weiteren Verlauf der Arbeit zeigt der
                              									Verfasser an einigen Beispielen, wie weit die verschiedenen Mälzungsverfahren von
                              									der Ausstrahlung, Uebertragung an die Luft und Wasserverdampfung zur Beseitigung der
                              									Keimungswärme des Malzes Gebrauch machen. Der Verfasser bespricht hierbei einerseits
                              									die Tennenmälzerei und andererseits die pneumatische Mälzerei nach den Systemen von
                              										Galland und von Saladin (vgl. 1888 269 275) und kommt zu dem
                              									Schluss, dass die pneumatische Mälzerei die theoretisch höchste ihr zu stellende
                              									Aufgabe, Beseitigung der gesammten Keimungswärme mit Hilfe der Ventilation ohne
                              									Wasserzufuhr zum Malz, selbst unter ungünstigen Bedingungen zu erfüllen im Stande
                              									ist und dadurch die Mälzerei von der Witterung unabhängig gemacht hat. Je günstiger
                              									die äusseren Verhältnisse sich gestalten, um so leichter und besser wird sie allen
                              									Anforderungen gerecht zu werden vermögen.
                           Erzielt man unter Führung des Mälzereiprocesses bei
                                 										Temperaturen von 10 bis 15° höhere Alkoholerträge? In der fünften Auflage
                              									seines Handbuches der Spiritusfabrikation regt Märcker
                              									die Frage an, ob es nicht zweckmässiger wäre, auch in der Brennerei ebenso niedrige
                              									Temperaturen beim Mälzen einzuhalten; wie sie in der Brauerei, wo man bei 10 bis
                              									12,5° mälzt, üblich sind, und bezeichnet Untersuchungen über diese Frage als in
                              									hohem Grade erwünscht.
                           Hierdurch angeregt, hat Joh. Ernst Brauer im Verein mit
                              										Kaniecki derartige Versuche in der Praxis
                              									ausgeführt, über welche Brauer in der Zeitschrift für Spiritusindustrie, Bd. 13 S. 134
                              									berichtet. Kaniecki arbeitete mit Gersthafer, bei 10
                              									bis 14°, Brauer mit reinem Hafer und reiner Gerste bei
                              									11 bis 15°. Beim Maischprocess wurden alle Vorsichtsmassregeln angewendet, um eine
                              									Schädigung der Diastase zu vermeiden. Trotzdem konnten beide Versuchsansteller bei
                              									Verwendung des kaltgezogenen Malzes eine bessere Vergährung der Maischen nicht
                              									feststellen, dagegen war Verfasser in der Lage, ein merkliches Mehr an Alkohol
                              									constatiren zu können. Diese bessere Ausbeute führt der Verfasser sowohl auf die
                              									bessere Ausbildung der Diastase bei der niedrigeren Mälzungstemperatur, wie auch auf
                              									eine reinere Gährung, bedingt dadurch, dass bei der niederen Temperatur die
                              									Entwickelung der schädlichen Spaltpilze beschränkt wird, zurück. Das Führen des
                              									Malzes bei niedrigeren Temperaturen, als sonst üblich, ist nach dem Verfasser daher
                              									unter allen Umständen zu empfehlen; die Temperaturen sind so niedrig als möglich zu
                              									wählen. Naturgemäss erfordert jedoch eine kältere Führung des Malzes eine grössere
                              									Tennenfläche, denn einmal gebraucht das Malz bei niedrigeren Temperaturen eine
                              									längere Entwickelungszeit, so dass entsprechend mehr Vorrath gehalten werden muss;
                              									und andererseits wird durch das dünnere Führen der Keimbeete eine grössere Fläche
                              									nothwendig. Es ist daher durchaus mit Recht schon sehr oft darauf hingewiesen, den
                              									Malztennenraum nie zu klein zu wählen.
                           
                        
                           
                           II. Dämpfen und Maischen.
                           Wieviel Maischwasser soll man zu Beginn der Einmaischung
                                 										verwenden? Ueber diese Frage theilt C. Hesse
                              									in der Zeitschrift für Spiritusindustrie, Bd. 13 S.
                              									113, seine Erfahrungen mit. Der Verfasser hat früher sehr wenig Maischwasser
                              									verwendet in der Absicht, eine möglichst zuckerreiche Maische herzustellen, welche
                              									durch ihren Maltosegehalt die Diastase vor dem Verbrühen schützen sollte, ist dann
                              									aber zu der Ansicht gekommen, dass hierbei durch locale Ueberhitzung der wenig in
                              									Bewegung befindlichen Maische die Diastase trotz der Anwesenheit grösserer Mengen
                              									Maltose getödtet wird, und dass man daher sicherer und bequemer arbeiten kann bei
                              									Anwendung von mehr Maischwasser. Auf die Menge des anzuwendenden Wassers ist nicht
                              									nur die Grosse des Maischraumes, sondern auch die Form des Vormaischbottichs von
                              									Einfluss, so dass präcise Angaben über die Menge im Allgemeinen nicht zu machen
                              									sind. Als Anhalt möge dienen, dass nach den Erfahrungen des Verfassers mindestens so
                              									viel Einmaischwasser genommen werden muss, dass bei eingerücktem Rührwerk sofort bei
                              									Beginn des Maischens eine wenn auch nur massige Bewegung der Maische zu bemerken
                              									ist.
                           
                        
                           III. Gährung und Hefe.
                           Ueber die Anwendung der Fluorwasserstoffsäure in der
                                 										Brennerei liegen jetzt mehrere umfangreiche Arbeiten vor. (Zeitschrift für Spiritusindustrie, Bd. 13 S. 153, 196,
                              										217, 231, 240, 247 und 267.) Wir besprechen zunächst
                              									eine im Moniteur Scientifique Quesneville, Mai- und
                                 										Augustheft 1890 veröffentlichte Arbeit von J.
                                 										Effront, dem Erfinder des Verfahrens, welche die Wirkung der Mineralsäuren, insbesondere der Flusssäure auf die Säurebildung und
                                 										die Verzuckerung zum Gegenstand hat.
                           a) Die Wirkung der Mineralsäuren auf die Milchsäure- und
                                 										Buttersäuregährung. Auf Grund der bekannten Thatsache, dass die Milch- und
                              									Buttersäuregährung gehemmt wird, sobald eine gewisse Menge dieser Säuren gebildet
                              									ist, untersuchte der Verfasser 1) ob die Mineralsäuren die gleiche Wirkung ausüben
                              									können, 2) wie sie sich zu den Milchsäure- und Buttersäurefermenten verhalten, 3)
                              									mit welchen Mengen der Mineralsäuren man die Milchsäure- und Buttersäuregährung
                              									verlangsamen und aufhalten könne. Zunächst wurde der Einfluss der Flusssäure,
                              									Salzsäure und Schwefelsäure auf die Milchsäuregährung
                              									geprüft. Es diente dazu eine Lösung von käuflicher Maltose von 7° B., welche der
                              									Milchsäuregährung überlassen wurde. Zu verschiedenen Proben wurden wechselnde Mengen
                              									der genannten Säuren (2 bis 25 mg HFl, 10 bis 200 mg HCl, 10 bis 300 mg SO4H2 auf 100 cc)
                              									zugesetzt.
                           Es zeigte sich, dass die Milchsäuregährung sich durch Mineralsäuren ebenso wie durch
                              									Milchsäure beliebig verlangsamen und ganz unterdrücken lässt, dass aber die
                              									verschiedenen Säuren sich in dieser Hinsicht ganz verschieden verhalten. Die
                              									Flusssäure wirkt am kräftigsten, denn 25 mg davon auf 100 cc halten die
                              									Milchsäuregährung sofort vollständig auf, während zu der gleichen Wirkung 200 mg
                              									Salzsäure und 300 mg Schwefelsäure nothwendig sind. 2 mg Flusssäure bewirken schon
                              									eine Verminderung und Verlangsamung der Milchsäuregährung, während von den beiden
                              									anderen Säuren 20 mg hierzu erforderlich sind. Ganz ähnliche Resultate wurden bei
                              									den Versuchen mit Buttersäuregährung erhalten. In einer
                              									dritten Versuchsreihe wurde die Einwirkung der Säuren auf gleichzeitige Milchsäure- und Buttersäuregährung
                              									geprüft, um festzustellen, ob man durch Anwendung der einen oder anderen Säure im
                              									Stande ist, die für die Hefevermehrung und Alkoholbildung so schädliche
                              									Buttersäuregährung mehr einzuschränken und vielleicht ganz auszuschliessen. Die
                              									Resultate waren folgende:
                           
                              
                                 Art
                                    											derange-wandtenSäure
                                 Säure-zusatzauf100
                                    											ccLösungmg
                                 Gesammtsäuremengeim Liter, ausgedrückt
                                    											inCubikcentimeter Normal-natronlauge für das Liter
                                 Butter-säuremg
                                 Buttersäurein Procentender
                                    											Gesammt-säure
                                 
                              
                                 nach24 Stunden
                                 nach4 Tagen
                                 
                              
                                 
                                    Flusssäure
                                    
                                     0    1    2       3,5      
                                    											4,5    5      
                                    											5,5    6    7    8  10  20
                                 241812  7  6  6  5  5    4,8    1,8  1    
                                    											0,3
                                 575039303025232420  9  3    
                                    											0,5
                                 431352248220176132  88  12    8    8  –  –
                                    8,58   7,1   8,3  
                                    											6,66   4,3     0,62   0,5–––
                                 
                              
                                 
                                    Salzsäure
                                    
                                     0    5  10  20  40  70100
                                    15,815   13,4     9,6    
                                    											3,4     1,5       0,49
                                 5857504015  5  3
                                 440528396308  88  35  20
                                 –––––––
                                 
                              
                                 
                                    Schwefel-
                                    
                                    säure
                                    
                                     5  10  20  40  70100
                                 151412  1     2,4    
                                    											1,6
                                 56524320     3,9  3
                                 484370396152––
                                 ––––––
                                 
                              
                           Die Zahlen zeigen, dass unter dem Einfluss der Schwefelsäure und Salzsäure wohl eine
                              									Abnahme der Gesammtmenge der gebildeten Säure stattfand, dass aber eine wesentliche
                              									Veränderung der Verhältnisse der entstandenen Säuren nicht eingetreten ist, während
                              									bei der Flusssäure von Versuch 7 ab die Buttersäure im Vergleich zu der Gesammtsäure
                              									stark abnimmt. Bei den beiden letzten Versuchen sind nicht mehr Spuren von
                              									Buttersäure gefunden worden, welcher Befund auch durch die mikroskopischen
                              									Beobachtungen bestätigt wurde. Der Vergleich obiger Zahlen zeigt eine wesentlich
                              									grössere Wirkung der Flusssäure gegenüber den beiden anderen Säuren, wie aus
                              									folgender Zusammenstellung hervorgeht:
                           
                              
                                 
                                 Säureabnahme in Procenten
                                 
                              
                                 
                                 nach 24 Stunden
                                 nach 5 Tagen
                                 
                              
                                     2 mg HFl
                                 50     
                                 31,6  
                                 
                              
                                     5 mg HFl
                                 75     
                                 56,14
                                 
                              
                                     8 mg HFl
                                 92     
                                 84,21
                                 
                              
                                   11 mg HFl
                                 95,66
                                 94,73
                                 
                              
                                   40 mg HCl
                                 78,48
                                 74,14
                                 
                              
                                   70 mg HCl
                                 90,50
                                 91,38
                                 
                              
                                 100 mg HCl
                                 96,90
                                 94,83
                                 
                              
                                   10 mg SO4H2
                                 11,39
                                 10,34
                                 
                              
                                   20 mg SO4H2
                                 24,05
                                 25,86
                                 
                              
                                   70 mg SO4H2
                                 84,81
                                 93,27
                                 
                              
                                 100 mg SO4H2
                                 89,87
                                   94,83.
                                 
                              
                           
                              
                                 (Fortsetzung folgt.)