| Titel: | Neuerungen in der Tiefbohrtechnik. | 
| Autor: | E. Gad | 
| Fundstelle: | Band 279, Jahrgang 1891, S. 198 | 
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                        Neuerungen in der Tiefbohrtechnik.
                        Von E. Gad in
                           								Darmstadt.
                        Fortsetzung des Berichtes S. 182 d.
                           								Bd.
                        Mit Abbildungen.
                        Neuerungen in der Tiefbohrtechnik.
                        
                     
                        
                           Wir haben nunmehr bewährte Gesteinsbohrapparate ohne elektrischen Betrieb zu
                              									betrachten.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 279, S. 198
                              Fig. 5.Mc Culloch's Gesteinsbohrmaschine.
                              
                           Während der im letzten Sommer im Krystallpalast bei London stattgehabten
                              									Bergwerksausstellung waren mehrere Exemplare der in diesseitigen Berichten (1890 276 265 und 1889 273 247)
                              									bereits erwähnten Gesteinsbohrmaschine von Mc Culloch,
                              									die besonders in den Gruben von Rio Tinto in Spanien im Gebrauch sind, im Betrieb.
                              									Das Charakteristische dieser Maschine (Fig. 5) liegt
                              									in der zweckmässigen Verwendung eines Hebedaumens zur Umstellung des Zuflussventils
                              									für den Dampf oder die Pressluft. Es sind die sich leicht abnutzenden Federn zum
                              									Halten des Ventils vermieden worden, und dennoch eine wirksame Dichtung des Ventils
                              									erzielt.
                           Der Kolben a bewegt nämlich durch seine Verstärkung den
                              									Hebedaumen b, der sich um die Welle c dreht; dadurch schiebt der obere Zapfen des
                              									Hebedaumens das Ventil d in der Hülse e hin und her, so dass das durch das Zuflussrohr f zuströmende Treibmittel abwechselnd durch die Gänge
                              										g und h hinter die
                              									entsprechenden Endflächen des Kolbens treten muss. Die Endflächen des Ventils d werden dabei gegen Stahlscheiben mit Gummipolstern
                              									gepresst, wodurch eine feste Dichtung für die Zeit der entgegengesetzten Bewegung
                              									entsteht.
                           Die umsetzende Bewegung des Meissels beim Stoss wird durch die Spindel i bewirkt, in deren Spiralzüge entsprechende Federn des
                              									Kolbenansatzes k eingreifen. Die Spindel erhält beim
                              									Stoss die Drehung durch Federn, die auf das Sperrrad l
                              									wirken. Während der Rückbewegung des Kolbens wirken die Federn nicht, und die
                              									Spindel tritt lose in die Höhlung des Kolbens.
                           Die Gesteinsbohrmaschine von W. Mc Neill in London
                              									(Engl. Patent Nr. 10413 vom 27. Juni 1889) hat auf einer Kolbenstange zwei
                              									Kolben und zwischen diesen eine lose Muffe. In dieser Muffe sind zwei Nuthe
                              									eingeschnitten, die rechts und links von der Mittelachse spiralförmig laufen. In der
                              									einen dieser Nuthe befindet sich das Ventil für Einlass des Bewegungsfluidums in den
                              									Cylinder, während in der anderen Nuth eine am Cylinder befestigte Nase eingreift,
                              									und der Muffe bei der stossenden Bewegung der Kolbenstange eine halbe Drehung
                              									ertheilt. Das Ventil hat eine runde Oberfläche, um der Cylinderfläche folgen zu
                              									können. Die Einlassöffnungen stehen in radialer Richtung vom Mittel des Cylinders,
                              									die Auslassöffnung liegt zwischen beiden Einlässen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 279, S. 198
                              Fig. 6.Gesteinsbohrmaschine von Barsano, Murillier und Robelet.
                              
                           Die italienische Gesteinsbohrmaschine, System Barsano, Murillier und Robelet (Fig. 6) unterscheidet sich sowohl
                              									durch die Pressluftvertheilung, als auch durch den Bewegungsmechanismus des
                              									Bohrcylinders von allen anderen Systemen.
                           Die Pressluft als Triebkraft hat folgende vier Aufgaben zu erfüllen:
                           1) den Vorstoss des Bohrstempels mit dem Gesteinsbohrer zu bewirken;
                           2) die periodische Drehung desselben zu bewerkstelligen;
                           3) den Vorschub beim Bohrfortschritt zu reguliren;
                           4) nach vollendetem Bohrloch den Cylinder auf der Bahn zurückzuschieben.
                           Für den Vorstoss dringt die Pressluft durch die Oeffnung
                              										a in den Bohrcylinder b, und von hier durch die Bohrungen c und d in die vordere Kammer des Bohrcylinders mit den vier
                              									kleinen Steuercylindern e, die in ihrem Hube durch die
                              									Stifte f begrenzt werden. Die Stopfbüchse g ist durch Schrauben verstellbar, wodurch der Hub des
                              									Bohrstempels h geregelt werden kann.
                           Die Drehung des Bohrstempels wird folgendermassen
                              									bewirkt. In die Spiralnuth i des Bohrstempels greift
                              									ein Stift des Muffentheiles k, wodurch dieser Theil
                              									beim Vorstoss des Bohrstempels gegen den Druck der Feder l mitgenommen wird. Sobald die Muffentheile k
                              									und k1 ausser Eingriff
                              									kommen, kann sich k, durch die Nuth gezwungen, drehen; beim
                              									Rückgang des Stempels kommen k und k1 wieder in Eingriff,
                              									dann ist k an der Drehung verhindert und zwingt den
                              									Stempel zu einer solchen.
                           Den Vorschub veranlasst der Hebel m. Beim Vorstoss des Bohrstempels hebt der Luftdruck
                              									den Kolben n mit dem langen Hebelarm, wodurch sich das
                              									gabelförmige Ende des kurzen Hebelarmes fest gegen den Rahmen presst und eine
                              									unwandelbare Verbindung zwischen diesem und dem Bohrcylinder herstellt. Diese
                              									Verbindung wird aber dadurch zeitweise aufgehoben, dass durch Umsteuerung der Kolben
                              									mit dem langen Hebelarm sinkt und somit die Bewegung des Bohrcylinders mit dem
                              									Bohrstempel frei gibt, bis der Cylinder von neuem festgestellt wird.
                           Die Zurückbewegung des ganzen Apparates nach Beendigung
                              									eines Bohrloches wird ebenfalls durch geschickte Umsteuerung mittels Pressluft
                              									bewirkt.
                           Das Gesammtgewicht des Apparates beträgt 130 k, der Weg des Bohrers 90 cm.
                           Die Gesteinsbohrmaschine mit variabel verstellbarem Vorschub für Handbetrieb von Ulrich (D. R. P. Nr. 51880 vom 19. September 1889) hat
                              									sich besonders bei ihrer Verwendung zu Leopoldshall-Stassfurt bewährt (Fig. 7).
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 279, S. 199
                              Fig. 7.Ulrich's Gesteinsbohrmaschine für Handbetrieb.
                              
                           Im Gehäuse a ist die Bohrspindel b drehbar gelagert; dieselbe ist in ihrer ganzen Länge mit starkem
                              									prismatisch flachgängigem Gewinde und mit einer Nuth zum Betriebe des inneren
                              									Mechanismus versehen.
                           Das Verändern des Vorschubes geschieht durch Ein- oder Ausschalten der Kuppelungen
                              										c und d. Es ergibt
                              									sich:
                           1) der grösste Vorschub, wenn beide Ausrücker c und d ausgerückt sind
                              									und das Schloss mittels Schiebers an der Rippe des Gehäuses arretirt wird;
                           2) der mittlere Vorschub, wenn Ausrücker c ausgerückt, d eingerückt
                              									und der Schieber zurückgezogen ist, damit sich das Schloss dreht;
                           3) der geringste Vorschub, wenn c eingerückt, d ausgerückt ist, während sich
                              									das Schloss wie beim mittleren Vorschub dreht.
                           Es ist darauf zu achten, dass niemals c und d zugleich eingerückt sind, und ebensowenig dabei das
                              									Schloss mittels Riegels arretirt ist, da die Maschine dann nicht functionirt.
                           Der Knopf e dient zum Auslösen der Mutter f, um ein schnelles Herausziehen der Bohrspindel zu
                              									ermöglichen.
                           Die Maschine, deren arbeitenden Theile aus Stahl und Deltametall hergestellt sind,
                              									wiegt ohne Gestell nur 18 k.
                           Die Schrämmaschine für Streckenbohrung von R. Stanley in Nuneason, Warwickshire (Fig. 8) (vgl. 1889 273 248)
                              									hat durch den Erfinder solche Verbesserungen erfahren, dass dieser Apparat jetzt
                              									wohl allen gerechtfertigten Forderungen entspricht (Engl. Patent Nr. 14348 vom 9.
                              									Juni 1890). Der Apparat besitzt nunmehr variablen Vorschub und räumt
                              									automatisch die Trümmermassen vom Ortstosse nach hinten.
                           Das Zahnrad a an der Kurbelwelle b kann sowohl mit dem Triebrad c als auch mit
                              									dem Triebrad d eingestellt werden. In ersterem Falle
                              									wirken drei Räderpaare auf die Welle e und erzielen
                              									grössere Kraft bei geringerer Geschwindigkeit, im letzteren zwei Räderpaare, wodurch
                              									die Kraft verringert, die Geschwindigkeit vergrössert wird.
                           Die Schneckenwelle f dient zur Rückbewegung des
                              									Bohrmaterials. Bewegt wird die Welle durch Räderübersetzung mittels der Schakenkette
                              										g. Die Oeffnung h ist
                              									das Füllloch für das Bohrmaterial. Die Platte i schützt
                              									die Brust des Apparates gegen dasselbe.
                           In einer Modifikation montirt der Erfinder den Trog k
                              									auf einem Schlitten und verbindet diesen derart mit der Welle e, dass er der wagerechten Bewegung dieser Welle
                              									folgt.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 279, S. 199
                              Fig. 8.Stanley's Schrämmaschine.
                              
                           Anderweitige Gesteinsbohrapparate neuerer Construction sind noch: die
                              									Kohlenbohrmaschine von Josef L. Beury in Echo, Virginia
                              									(Amerik. Patent Nr. 432361 vom 18. October 1889); der Kohlenhandbohrapparat von Edgar Wages und Samuel H.
                                 										Armstrong in Canton, Ill. (Amerik. Patent Nr. 433556 vom 8. Mai 1890); der
                              									Gesteinsbohrapparat für Handbetrieb von Simon Ingersoll
                              									in Glenbrook, Conn. (Amerik. Patent Nr. 431144 vom 1. Juli 1889); zwei
                              									Gesteinsbohrer, der eine von William S. Sharpneck in
                              									Chicago, (Amerik. Patent Nr. 432679 vom 6. Mai 1890), der andere von John L. Buckingham in Hermosa, S. D. (Amerik. Patent
                              									Nr. 436558 vom 5. Juni 1890); die Gesteinsbohrmaschine für Pressluftbetrieb von Uriah Cummings in New Haven, Conn. (Amerik. Patent Nr.
                              									432794 vom 11. März 1890); zwei Tunnelbohrmaschinen, die eine von John Kangley in Streator, Ill. (Amerik. Patent Nr.
                              									435426 vom 15. Mai 1890), die andere von Edward H.
                                 										Kruger in Buffalo, N. Y. (Amerik. Patent Nr. 435973 vom 16. Januar 1888);
                              									das Tunnelschild von James H. Greathead in Westminster,
                              									England (Engl. Patent Nr. 13215 vom 29. September 1887; Amerik. Patent Nr. 432871
                              									vom 10. Februar 1890).
                           Die von B. P. Rothwell in New York vorgeschlagene
                              									Methode, Schächte im nassen Triebsand abzuteufen, hat das englische Patent Nr. 7431
                              									vom 13. Mai 1890 erhalten.
                           Das Verfahren charakterisirt sich dadurch, dass die Schachtverrohrung durch Anfügung
                              									von Ringen an der Bohrsohle verlängert wird. Es sitzt zu dem Zweck ein ringförmiger
                              									Kasten, der aus zwei concentrischen Ringen besteht, welche Ringe unten keilförmig
                              									verbunden sind, mit dem inneren Ringe in der Flucht der Verrohrung als Bohrschuh an
                              									derselben.
                           Der Kasten wird durch hydraulischen Druck niedergepresst und der gewonnene Raum
                              									zwischen diesem und der Verrohrung mit Ringsegmenten ausgerohrt.
                           
                           Der Bohrschmant wird in der Mitte des Kastens aufgeholt. Dabei findet eine
                              									elektrische Beleuchtung der Schachtsohle durch Glühlicht statt.
                           Auch Herr F. H. Pötsch ist wiederum mit mehrfachen
                              									Verbesserungen und Ergänzungen seiner Schachtbohrungen im schwimmenden Gebirge
                              									hervorgetreten.
                           Zunächst wird im directen Anschluss an das erste deutsche Reichspatent Nr. 25015 vom
                              									27. Februar 1883 ein Verfahren (D. R. P. Nr. 52664 vom 18. September 1889)
                              									vorgeschlagen, um durch gebohrte Hilfsschächte oder Hilfsstrecken einen liegenden Frostcylinder vor Ort eines Tunnels oder Stollens in
                              									wasserreichem Gebirge zum absatzweisen Ausschachten und endgültigen Ausbau zum
                              									Stehen zu bringen.
                           Ferner soll ein neues Gefrierverfahren (D. R. P. Nr. 51879 vom 7. September 1889) zum
                              									Abschliessen der Wasser in Schächten dienen. Dasselbe kennzeichnet sich dadurch,
                              									dass sowohl eine Frostsohle, als auch eine seitliche Frostmauer am Boden des
                              									Schachtes hergestellt wird. Unter diesem Schutz findet alsdann die
                              									Schachtauskleidung statt, deren Hinterfüllung mit trockenem, unabgebundenem
                              									Cementmörtelpulver, welches nach dem Aufthauen der Frostmauer in stehendem warmem
                              									Wasser abbindet, den Anschluss der unteren Schachtauskleidung an den oberen, bereits
                              									vorhandenen Schachtausbau herstellt.
                           Auch ohne Gefrierverfahren soll nach Pötsch (D. R. P.
                              									Nr. 51492 vom 12. Februar 1889) der Abschluss eines Schachtes oder Bohrloches gegen
                              									wasserreiches Gebirge dadurch erfolgen, dass in den erweiterten Schacht oder das
                              									Bohrloch ein provisorischer Cylinder als Schablone eingesetzt und mit rolligem
                              									Gebirge gefüllt wird, wonach der Raum zwischen Cylinder und Gebirge mit Säcken, die
                              									aus zusammengeleimtem, wasserdichtem Stoff bestehen und trockenen Cement oder Beton
                              									enthalten, ausgefüllt wird, so dass die Säcke erst am Ort, wo der Cement oder Beton
                              									erhärten soll, auseinanderfallen und dieser sich mit Wasser mischt.
                           Ein von Herrn Pötsch erfundener Schachtbohrer (D. R. P. Nr. 51658 vom 12. Februar 1889) ist ebenfalls
                              									beachtenswerth.
                           Einzelne neu erfundene Theile, bezieh. Hilfsapparate von Tiefbohrmaschinen sind noch:
                              									drei Erdbohrer, der erste von William Eagleston in
                              									Marseilles, Ohio (Amerik. Patent Nr. 431455 vom 10. Januar 1890), der zweite von Americus V. Hartle in Marseille, Ohio (Amerik. Patent
                              									Nr. 432705 vom 3. Mai 1890), der dritte von Simeon H.
                                 										Jennings in Deep River, Conn. (Amerik. Patent Nr. 433683 vom 4. April
                              									1890); ein Erdbohrergriff von Charles Howbridge in
                              									Friendship, N. Y. (Amerik. Patent Nr. 435751 vom 4. März 1890); ein
                              									Erweiterungsbohrer von Clarence E. Bowe in Huron, S. D.
                              									(Amerik. Patent Nr. 434241 vom 24. April 1890); ein Apparat zum Niederbringen von
                              									Verrohrungen von Charles A. Sellon in Pike, N. Y.
                              									(Amerik. Patent Nr. 431920 vom 7. April 1890); schliesslich zwei Geräthe zum
                              									Ausziehen von Verrohrungen, das eine von James Hart in
                              									South Strabane, Pa. (Amerik. Patent Nr. 431890 vom 24. April 1890), das andere von
                              										Milan C. Bullock in Chicago (Amerik. Patent Nr.
                              									434860 vom 20. August 1889).
                           Zum Schluss sei noch darauf aufmerksam gemacht, dass der IV. Band der Tiefbohrkunde
                              									von Tecklenburg, das Seilbohrsystem behandelnd,
                              									erschienen ist (vgl. diesseitige Besprechung D. p. J.
                              									1890 278 576).