| Titel: | Beiträge zur Technik der Chrompigmente. | 
| Autor: | Carl Otto Weber | 
| Fundstelle: | Band 279, Jahrgang 1891, S. 211 | 
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                        Beiträge zur Technik der
                           								Chrompigmente.
                        Von Dr. Carl Otto
                                 									Weber.
                           							
                        Beiträge zur Technik der Chrompigmente.
                        
                     
                        
                           II. Zur Chemie der Bleichromate.
                           Die Darstellung des normalen Bleichromates PbCrO4,
                              									das nach der Gleichung
                           2Pbxx + K2Cr2O7 + H2O = 2PbCrO4 + 2Kx +
                              									2Hx
                           entsteht, ist der einfachste Fall eines Chromgelbes. Doch wird
                              									gerade dieses Chromgelb par excellence selten nach obiger Gleichung dargestellt und
                              									dann nicht sowohl als Pigmentfarbe, sondern für Zwecke der Glasfabrikation zur
                              									Erzeugung grüner Bleigläser. Ein im Sinne obiger Gleichung, also nach der
                              									Vorschrift
                           
                              
                                 100
                                 Bleiacetat
                                 
                              
                                   38,9
                                 Kaliumbichromat
                                 
                              
                           erzeugtes Chromgelb wird bei der Fällung als ein ausserordentlich feuriger
                              									schwefelgelber Niederschlag erhalten. Gelingt es, diesen Niederschlag in sehr kurzer
                              									Zeit auszuwaschen, so ist eine Veränderung seiner Farbe kaum wahrzunehmen, doch muss
                              									sehr vorsichtig getrocknet werden. Im Grossbetriebe sind aber mindestens 3 Stunden
                              									erforderlich, um den Niederschlag so weit absetzen zu lassen, dass ein Auswaschen
                              									durch Decantation möglich ist, und während dieses Zeitraumes tritt bereits eine
                              									höchst auffallende Veränderung des Gelbes ein, die sich durch eine
                              									dunkel-orangegelbe Färbung des auf der Flüssigkeit schwimmenden gelben Schaumes zu
                              									erkennen gibt. Beim Abziehen des Waschwassers zeigt sich sodann, dass die ganze
                              									Masse des Chromgelbes dieselbe Veränderung wie der auf der Oberfläche des Bottichs
                              									schwimmende Schaum erlitten hat. Diese Erscheinung, die unter Umständen bei allen
                              									Chromgelben, mit Ausnahme der basischen (Chromorange) auftritt, wird als
                              										„Umschlagen“ bezeichnet. Ein solches umgeschlagene Gelb sieht, wenn es
                              									keine verdünnenden mineralischen Zusätze (Füllung) erhalten hat, nicht immer
                              									schlecht aus, beim Verdünnen aber liefert es Producte, die in Folge ihrer ledernen,
                              									schmutzigen Nuance einen sehr geringen Handelswerth haben, dasselbe gilt natürlich
                              									von einem direct mit Füllung dargestellten Gelb.
                           Eine zufriedenstellende Erklärung für diese Erscheinung ist zur Zeit noch ausständig.
                              									Der Grund ist offenbar der, dass die Veränderung keine chemische, sondern eine
                              									physikalische ist und durch eine ganze Anzahl verschiedener Einflüsse herbeigeführt
                              									wird. Als solche Einflüsse seien genannt: zu hohe Concentration der Lösungen, zu
                              									hohe Temperatur bei der Fällung, freie Mineralsäuren, Ueberschuss an Chromat. GenteleGentele, Lehrb. der Farbenfabr., II. Aufl. S.
                                    											178 ff. hält das „Umschlagen“ für ein Krystallinischwerden
                              									des Niederschlages, MierzinskiMierzinski, Die Erd-, Mineral- und Lackfarben,
                                    											IV. Aufl. S. 132. erklärt die Verwendung von Bleizucker als die
                              									Ursache, die nähere Erklärung dieser Annahme ist aber solch eine chemische
                              									Ungeheuerlichkeit, dass ich es für überflüssig erachte, hier näher darauf
                              									einzugehen. DulloDullo, Chem. Centralblatt, 1865 S.
                                    										683. scheint anzunehmen, dass die Ursache in einem Basischwerden des
                              									Gelbes zu suchen ist, aber diese Ansicht muss unbedingt verworfen werden, da ein
                              										„umgeschlagenes“ Gelb fast ausnahmslos bei Gegenwart freier Mineralsäuren
                              									entsteht und seine Nuance von der eines basischen Chromgelbes sich ebenso
                              									unvortheilhaft unterscheidet als von einem tadellosen Chromgelb von normaler
                              									Constitution.
                           Unter diesen widersprechenden Ansichten verdient sicherlich die Gentele's die meiste Beachtung, obgleich dieselbe auch
                              									keinen Weg angibt zur sicheren Vermeidung jener unangenehmen Erscheinung. Wir haben
                              									aber einige der Einflüsse aufgezählt, welche das „Umschlagen“ der Chromgelbe
                              									bewirken können, und es sei deshalb besonders auf die Gefährlichkeit überschüssigen
                              									Chromates und freier Schwefelsäure hingewiesen. Salpetersäure scheint bei genügender
                              									Verdünnung nur wenig gefährlicher zu sein als Essigsäure.
                           Hieraus lassen sich nun schon gewisse Regeln ableiten, um einige der häufigsten
                              									Ursachen des Umschlagens zu vermeiden. Die Hauptregel ist: stets mit Ueberschuss an
                              									Bleisalz und nicht mit concentrirten Lösungen zu arbeiten, die Temperatur der
                              									Lösungen möglichst wenig über Lufttemperatur gehen zu lassen und während, sowie noch
                              									einige Zeit nach der Fällung kräftig und anhaltend zu rühren. Am unzweifelhaftesten
                              									ist die Wirkung überschüssigen Bleisalzes und sollte der Ueberschuss nie unter 5
                              									Proc. betragen. Gelbe von ganz gleicher chemischer Zusammensetzung zeigen je nach
                              									dem verwendeten Bleiüberschuss ganz verschiedene Nuancen, und zwar ist diese um so zarter und
                              									feuriger, je grösser der Bleiüberschuss. Immerhin muss bemerkt werden, dass Gelbe,
                              									welche die Zusammensetzung PbCrO4 besitzen, selbst
                              									wenn sie bei Ueberschuss an Bleisalz gefällt wurden, häufig dem Umschlagen
                              									unterliegen, besonders wenn das Auswaschen über Gebühr verzögert wurde. Wird das
                              									Chromgelb von der Formel PbCrO4 im Sinne der
                              									Gleichung
                           
                              2\,\mbox{Pbxx}+\mbox{K}_2\mbox{Cr}_2\mbox{O}_7+\frac{\mbox{Na}_2\mbox{CO}_3}{\mbox{n}}
                              
                           
                              =2\,\mbox{PbCrO}_4+2\,\mbox{Kx}+\frac{2\,\mbox{Nax}}{\mbox{n}}+\frac{\mbox{CO}_2}{\mbox{n}}
                              
                           dargestellt, d.h. wird die Bildung freier Säure entweder ganz
                              									oder zum grössten Theil unterdrückt, so zeigt das Gelb viel weniger Neigung zum
                              									Umschlagen. Obiger Gleichung würde unter anderen folgende Vorschrift
                              									entsprechen:
                           
                              
                                 105
                                 Bleiacetat (5 Proc. Ueberschuss)
                                 
                              
                                 38
                                 Kaliumbichromat
                                 
                              
                                 12
                                 calcinirte Soda.
                                 
                              
                           Die fast vollständige Neutralität der Fällung in Verbindung mit dem erheblichen
                              									Ueberschuss an Bleisalz scheint auch mit der Grund zu sein, dass das sogen.
                              										„amerikanische Chromgelbverfahren für Chromgrün“, das ein Gelb von der
                              									Zusammensetzung PbCrO4 liefert, niemals ein
                              										„umgeschlagenes“ Product ergibt. Die eigenthümliche, auf keine andere
                              									Weise zu erzielende Nuance dieses Gelbes, das sich besser als irgend ein anderes zur
                              									Darstellung von sogen. Chromgrünen durch Mischen mit Pariser Blau eignet, ist
                              									übrigens aus der Darstellungsmethode schwer zu erklären. Die Neutralität wird hier
                              									erreicht durch Reduction des Bichromates mittels organischer Säuren, am besten
                              									Weinsäure. Es wird eine siedend heisse concentrirte Lösung von 20 Th. Bichromat mit
                              									2 Th. krystallisirter Weinsäure zersetzt. Das Gemisch färbt sich unter lebhafter
                              									Kohlensäureentwickelung schmutzig schwarzbraun. Hierbei wird natürlich ein Theil der
                              									nicht an Kalium gebundenen Chromsäure des Bichromates, vermuthlich unter Bildung von
                              									chromsaurem Chromoxyd, reducirt und man erhält eine fast neutrale Lösung, bestehend
                              									aus einem Gemisch von normalem Kaliumchromat und Chromchromat. Mit dieser Lösung,
                              									die durch kaltes Wasser stark verdünnt wird, fällt man eine Lösung von Bleiacetat
                              									oder Bleinitrat und man erhält so ein Chromgelb, das dem „Umschlagen“ nicht
                              									unterworfen ist. Es sei übrigens gleich hier bemerkt, dass ein auf diese Weise
                              									hergestelltes Gelb in Folge seiner eigenthümlichen Nuance als Gelb unverkäuflich
                              									ist; indessen ist es für die Fabrikation grüner Mischfarben unübertrefflich.
                           Es ist oben darauf hingewiesen worden, dass je grösser der Ueberschuss an Bleisalz,
                              									desto heller die erzeugte Gelbnuance ist. Die Herstellung der Citronchromgelbe durch
                              									Fällung bei Gegenwart grosser Ueberschüsse an Bleisalz vertheuert aber das Product
                              									in solchem Grade, dass das Verfahren für die Technik nicht in Betracht kommen
                              									kann.
                           Das Verfahren zur Darstellung von Chromgelben der helleren Nuancen besteht in der
                              									gleichzeitigen Fällung von Bleisalzen mit Lösungen, die Chromate und Sulfate bezieh.
                              									Schwefelsäure gemischt enthalten. Je mehr Schwefelsäure eine solche Lösung im
                              									Verhältnisse zu Chromat enthält, desto heller ist die Nuance des erhaltenen Gelbes.
                              									Diese Gelbe enthalten also neben Bleichromat stets mehr oder weniger Bleisulfat und
                              									lassen sich durch simultane Fällung dieser beiden Salze Chromgelbe erzeugen,
                              									deren Darstellung aus Bleisalzen und Chromaten allein ganz unmöglich wäre. Aus
                              									diesem Grunde werden solche durch simultane Fällung von Blei salzen mit Chromaten
                              									und Schwefelsäure bezieh. Sulfaten dargestellte Chromgelbe von den Fabrikanten als
                              									chemisch rein bezeichnet, da das mitgefällte Bleisulfat nicht im Sinne eines
                              									Verdünnungsmittels eingeführt wird, sondern ein wesentlicher Factor für die
                              									Erzeugung gewisser Chromgelbnuancen ist.
                           Ueber die chemische Rolle, welche das Bleisulfat in diesen Gelben spielt, ist nur
                              									wenig bekannt, doch sprechen verschiedene Umstände für die Existenz von
                              									Doppelverbindungen, Bleisulfochromaten, in diesen Gelben. Im Widerspruch damit
                              									scheint die Thatsache zu stehen, dass beim Fällen einer Chromsäure und Schwefelsäure
                              									enthaltenden Lösung, mit der Lösung eines Bleisalzes, erst nur Bleichromat fällt und
                              									ferner, dass unterschwefligsaures Natron einem Bleichromat und Bleisulfat
                              									enthaltenden Chromgelb Bleisulfat entzieht. Was obige Fällungserscheinung betrifft,
                              									so dürfte dieselbe nur wenig besagen, dies ist lediglich eine Frage der resp.
                              									Bildungswärme der beiden BleisalzeLeider konnte ich keine Angabe über die Neutralisationswärme von Bleioxyd und
                                    											Chromsäure auffinden. und es ist kaum zweifelhaft, dass die
                              									Bildungswärme von Bleichromat erheblich grösser ist, als die von Bleisulfat. In
                              									diesem Falle wäre nach Massgabe bekannter thermochemischer Gesetze die unmittelbare
                              									Fällung von Doppelsalzen, Bleisulfochromaten, nur dann zu erwarten, wenn die
                              									Differenz zwischen den Bildungswärmen des Bleichromates und des Bleisulfates
                              									erheblich geringer wäre, als die Bildungswärme des Bleisulfochromates aus den
                              									Componenten. Dies ist aber sicherlich nicht der Fall, da, wie die Erfahrung zeigt,
                              									die Bildungswärmen der Doppelsalze ohne Ausnahme auffallend gering sind, besonders
                              									in Berücksichtigung der grossen Stabilität der meisten derselben. Was sodann die
                              									Zerlegung jener complexen Chromgelbe durch Thiosulfat betrifft, so muss
                              									hervorgehoben werden, dass diese, entgegen den Angaben Löwe'sPolytechn. Notizblatt, 1873 S. 369.,
                              									nur äusserst schwer vollständig bewirkt werden kann, und kann die ursprüngliche
                              									Nuance eines so behandelten Chromgelbes auf keine Weise, auch nicht durch Verreiben
                              									mit der entzogenden Menge Bleisulfat wieder hergestellt werden. Wäre das Bleisulfat
                              									jener complexen Chromgelbe nur ein „Aufhellungsmittel“, so müssten alle durch
                              									simultane Fällung erhältlichen Chromgelbnuancen sich ebenso gut einfach durch
                              									Beimischung von Bleisulfat und ähnlichen indifferenten weissen Verdünnungsmitteln zu
                              									dem der Formel PbCrO4 entsprechenden Chromgelb
                              									herstellen lassen. Dies ist aber erfahrungsgemäss nicht der Fall. Im Gegentheil
                              									behält jedes der durch simultane Fällung erzeugten complexen Chromgelbe seine
                              									charakteristische Nuance durch alle Grade nachträglicher Verdünnung bei. Dieses
                              									Argument ist in der That sehr schwerwiegend. Hierzu kommt aber noch die
                              									ausserordentliche Verschiedenheit im physikalischen Charakter, abgesehen von der
                              									Färbung, der complexen Chromgelbe.
                           Diese complexen Chromgelbe sind dem Umschlagen wesentlich weniger unterlegen als das
                              									einfache Bleichromat, doch ist auch bei diesen jene üble Erscheinung durchaus nicht
                              									selten, weshalb auch diese stets mit geringem Bleizuckerüberschusse hergestellt
                              									werden müssen.
                           
                           Ein der Formel PCrO4b + PbSO4 entsprechendes Chromgelb kann nun auf verschiedene
                              									Weise hergestellt werden und zeigt den verschiedenen Darstellungsweisen
                              									entsprechende Unterschiede, für welche eine Erklärung vollständig unmöglich ist. Die
                              									nach folgenden Vorschriften dargestellten Chromgelbe besitzen alle obige
                              									Zusammensetzung, zeigen aber grosse Verschiedenheit unter einander, nicht nur in der
                              									Nuance, sondern auch in der Deckkraft.
                           
                              
                                 
                                 I.
                                 
                                 
                                 II.
                                 
                              
                                 400
                                 Pb(C2H3O2)2, 3 aq
                                 
                                 400
                                 Pb(C2H3O2)2, 3 aq
                                 
                              
                                   73,75
                                 K2Cr2O7
                                 
                                   73,75
                                 K2Cr2O7
                                 
                              
                                   49
                                 H2SO4
                                 
                                 166,5
                                 Al2(SO4)3, 18 aq
                                 
                              
                                 
                                 III.
                                 
                                 
                                 IV.
                                 
                              
                                 400
                                 Pb(C2H3O2)2, 3 aq
                                 
                                 400
                                 Pb(C2H3O2)2, 3 aq
                                 
                              
                                   73,75
                                 K2Cr2O7
                                 
                                   73,75
                                 K2Cr2O7
                                 
                              
                                   71
                                 Na2SO4
                                 
                                   26,5
                                 Na2CO3
                                 
                              
                                 
                                 
                                 
                                 166,5
                                 Al2(SO4)3, 18 aq
                                 
                              
                                 
                                 
                                 V.
                                 
                                 
                                 
                              
                                 
                                 400     
                                 Pb(C2H3O2)2, 3 aq
                                 
                              
                                 
                                 73,75
                                 K2Cr2O7
                                 
                              
                                 
                                 26,5  
                                 Na2CO3
                                 
                              
                                 
                                 71    
                                 Na2SO4
                                 
                              
                           Vergleicht man die fünf nach obigen Vorschriften, bei gleicher Concentration der
                              									Lösungen und gleicher Temperatur gefällten Chromgelbe, so fällt sofort ein
                              									erheblicher Unterschied der Nuance in die Augen; es zeigt I. die hellste, V. die
                              									dunkelste Nuance, während die Nuancen II. bis IV. zwischen diesen beiden Extremen
                              									liegen. Ebenso auffallend sind die physikalischen Verschiedenheiten: der Bruch und
                              									die Dichte. I. bildet harte und spröde Stücke, die einen glatten Bruch zeigen,
                              									Eigenschaften, welche von II. nach V. fortschreitend abnehmen und schliesslich (in
                              									V.) ein Gelb von flockiger, fast schwammiger Beschaffenheit und filzigem Bruche
                              									aufweisen. Bei gleicher Nuance eignen sich die nach I. zu liegenden Gelbe mehr für
                              									Druck (Cattun-, Lithographie-, Buchdruck, Tapeten und Buntpapier), während die nach
                              									V. zu liegenden Gelbe sich besser für die Verwendung in Oel (Anstrichfarben)
                              									eignen.
                           Die Ursache dieser Verschiedenheiten ist offenbar in der wechselnden, von I. zu V.
                              									abnehmenden Acidität der Fällungsgemische zu suchen. In der That ist die Acidität
                              									einer Chromgelb form ei ein Factor, der von grosser Bedeutung ist in der Fabrikation
                              									der Chromgelbe. Dieser Factor selbst wird aber selbst wieder erheblich beeinflusst
                              									von der Natur der freien Säure. In den oben vorgeführten Beispielen ist Bleizucker
                              									verwendet worden und dementsprechend tritt freie Essigsäure bezieh. saure und
                              									neutrale Salze derselben auf. Wird an Stelle von Bleizucker Bleinitrat verwendet,
                              									haben wir also freie Salpetersäure und deren Salze auf die gefällten Gelbe
                              									einwirkend, so sind die Resultate wesentlich andere, sowohl die Nuance, als auch die
                              									übrigen physikalischen Eigenschaften der erzeugten Gelbe betreffend. Salpetersäure
                              									scheint eine sehr grosse Neigung zu besitzen, bei längerer Berührung ein
                              									auffallendes Quellen der Chromgelbe herbeizuführen. Dieses Quellen tritt bei
                              									Chromgelben, welche ungefähr der Formel PbCrO4
                              									entsprechen, stets auf, ohne dass freie Salpetersäure oder überhaupt Salpetersäure
                              									in irgend welcher Form zugegen wäre; aber bei Gegenwart freier Salpetersäure kann
                              									fast jedes Gelb zum Aufquellen gebracht werden, und besonders Gelb der
                              									Zusammensetzung PbCrO4 + PbSO4 quillt dermassen, dass das Gelb nach dem Trocknen
                              									eine äusserst voluminöse, fast schwammige Masse bildet. Gelbe dieser Art werden von
                              									manchen Abnehmern dieser „Leichtheit“wegen sehr geschätzt. Die besten
                              									Resultate werden erhalten, d.h. die Quellung ist am stärksten, wenn die über dem
                              									gefällten Chromgelb stehende Flüssigkeit einen Salpetersäuregehalt von etwa 1,5
                              									Proc. besitzt. Je weniger freie Salpetersäure nach der Fällung vorhanden ist, desto
                              									geringer ist die Quellung, so dass, wenn in obiger Versuchsserie das Bleiacetat
                              									durch die äquivalente Menge Bleinitrat ersetzt wird, I. ein höchst voluminöses und
                              									V. ein sehr dichtes Gelb liefert, die Serie also in dieser Beziehung sich gerade
                              									umgekehrt verhält wie bei der Anwendung von Bleiacetat. Auch die Nuancen der
                              									Bleinitratreihe unterscheiden sich höchst augenfällig von denen der Bleiacetatreihe,
                              									die Nuancenänderung von Glied zu Glied in den beiden Reihen ist aber ungefähr
                              									dieselbe.
                           Trotz der auffallenden Verschiedenheit analoger Versuchsreihen mit Bleiacetat und
                              									Bleinitrat lässt sich doch das Vorhandensein gewisser Gesetzmässigkeit oder
                              									wenigstens Regelmässigkeit der beobachteten Veränderungen erkennen. Diese
                              									Regelmässigkeit verschwindet aber fast vollständig, wenn an Stelle löslicher
                              									Bleisalze unlösliche oder sehr schwer lösliche verwendet werden. Wohl zeigt sich
                              									auch in diesem Fall noch der Einfluss der Acidität der Fällung auf die Nuance, die
                              									Variation der übrigen physikalischen Eigenschaften erfordert aber neue Hilfsmittel
                              									und Methoden der mechanischen Behandlung der Gelbe, Hilfsmittel und Methoden, deren
                              									Klassifikation geradezu unmöglich ist.
                           Erheblich einfacher liegen die Verhältnisse bei der Fabrikation der Chromorange. Mit
                              									Bezug auf die allgemeinen physikalischen Eigenschaften sind dieselben nur geringer
                              									Variationen fähig, und die gelbere oder röthere Nuance ist stets eine Frage der
                              									geringeren oder grösseren Alkalinität; diese aber controlirt direct die chemische
                              									Zusammensetzung der Chromorange, was mit Bezug auf die Acidität bei der Darstellung
                              									der Chromgelbe nicht der Fall ist.
                           Jedes Chromgelb gibt bei der Behandlung mit kaustischen oder kohlensauren Alkalien
                              									mit Leichtigkeit Chromsäure ab und verwandelt sich dadurch in ein Chromorange von um
                              									so rötherer Nuance, je grösser die Menge des in Reaction tretenden Alkalis ist. Die
                              									Menge des in Reaction tretenden Alkalis ist aber nicht identisch mit der einem
                              									Chromgelb zugesetzten Menge Alkali, sondern ist ganz wesentlich eine Frage der
                              									Concentration. In je grösserer Verdünnung das Alkali angewendet wird, desto geringer
                              									ist seine Wirkung, die bei einer gewissen Verdünnung überhaupt fast gleich Null
                              									ist.
                           Folgende Versuchsreihe zeigt dieses Verhalten sehr deutlich. Es wurde ein Chromgelb
                              									von der Formel PbCrO4 verwendet und in jedem Falle
                              									so viel Aetznatron (100 Proc.) zugesetzt, als zur völligen Umwandlung des Gelbes in
                              									ein Orange von der Formel Pb2(OH)2CrO4, entsprechend
                              									der Gleichung
                           2PbCrO4 + 2NaOH = Pb2(OH)2CrO4 + Na2CrO4
                           erforderlich ist, also je ein Molekül Chromgelb und
                              									Aetznatron. Die angegebenen Wassermengen wurden in der Weise verwendet, dass die
                              									Hälfte zur Vertheilung (Suspension) des Chromgelbes, die andere Hälfte zur Auflösung
                              									des Aetznatrons verwendet wurde. Das angewendete Chromgelb stammte aus einer
                              									Darstellung und wurde in Form eines 35procentigen Teiges angewandt, natürlich unter
                              									Berücksichtigung des Wassergehaltes. Die Versuchstemperatur betrug 30° C.
                           
                           
                              
                                 PbCrO4
                                 NaOH
                                 Wasser
                                 Proc. CrO3in
                                    											Lösung
                                 Proc.PbCrO4zersetzt
                                 Proc. NaOHin derFlüssigkeit
                                 
                              
                                 97
                                 12
                                 2000
                                   1,44
                                   9,28
                                 0,60
                                 
                              
                                 97
                                 12
                                 1800
                                   1,46
                                   9,41
                                 0,66
                                 
                              
                                 97
                                 12
                                 1600
                                   1,52
                                   9,80
                                 0,75
                                 
                              
                                 97
                                 12
                                 1400
                                   1,74
                                 11,22
                                 0,85
                                 
                              
                                 97
                                 12
                                 1200
                                   2,14
                                 13,80
                                 1,00
                                 
                              
                                 97
                                 12
                                 1000
                                   2,81
                                 18,12
                                 1,20
                                 
                              
                                 97
                                 12
                                   800
                                   3,45
                                 22,25
                                 1,50
                                 
                              
                                 97
                                 12
                                   600
                                   4,63
                                 29,86
                                 2,00
                                 
                              
                                 97
                                 12
                                   400
                                   6,67
                                 43,02
                                 3,00
                                 
                              
                                 97
                                 12
                                   200
                                 11,42
                                 73,65
                                 6,00
                                 
                              
                           Die theoretisch vollständige Zersetzung, entsprechend obiger Gleichung, sollte
                              									liefern 15,5 Proc. CrO3 in Lösung, entsprechend 100
                              									Proc. zersetztem PbCrO4. Vorstehende Versuchsreihe
                              									zeigt nun ganz klar den enormen Einfluss der Concentration auf die Orangirung des
                              									Chromgelbes. Um bei der Orangirung den höchstmöglichen chemischen Effect mit dem
                              									verwendeten Alkali zu erzeugen, muss dasselbe so concentrirt als möglich angewendet
                              									werden. Damit soll aber nicht gesagt sein, dass die Erzielung des höchsten
                              									chemischen Nutzeffectes identisch ist mit der Erzielung eines schönen Chromorange
                              									oder Chromroth.
                           Die höchste Concentration des Aetznatrons, die in obiger Versuchsreihe zur Verwendung
                              									gelangte, war 6 Proc. Es ist nun ausser Frage, dass eine weitere Erhöhung der
                              									Concentration, durch Reduction des verwendeten Wasserquantums, eine vollständigere
                              									Zersetzung des Chromgelbes bewirken würde. Eine solche weitere Concentration durch
                              									nochmalige Reduction des Wasserquantums ist aber aus technischen Gründen nicht
                              									rathsam, und es muss ferner bemerkt werden, dass eine complete Zersetzung des
                              									Chromgelbes durch Erhöhung der Concentration überhaupt nicht zu erreichen ist,
                              									solange die Totalmenge auf ein Molekül Chromgelb wirkenden Alkalis ein Molekül nicht
                              									überschreitet. Das heisst in kurzen Worten, dass die Gleichung
                           2PbCrO4 + 2NaOH = Pb2(OH)2CrO4 + Na2CrO
                           überhaupt technisch unausführbar ist. Praktisch ist dies von
                              									sehr geringer Bedeutung, da die Verbindung
                           Pb2(OH)2CrO4
                           nur ein specieller Fall der Chromorangefabrikation, gewissermassen der Endpunkt
                              									derselben ist, in dem Sinne, als eine noch weitergehende Zersetzung der totalen
                              									Zersetzung des Farbstoffes gleichkommt. Die in obiger Versuchsreihe als Maximum
                              									erzielte Zersetzung von 73,65 Proc. des Chromgelbes scheint in der That das
                              									Maximalquantum zu sein, das sich unter Erzielung eines guten Chromorange technisch
                              									erreichen lässt. Sowohl durch Anwendung von Wärme, als auch durch Anwendung von mehr
                              									als 1 Molekül Aetznatron auf 1 Molekül Bleichromat lässt sich die Zersetzung
                              									allerdings noch weiter treiben, aber es ist bemerkenswerth, dass dies stets zu einem
                              									sehr schlechten, geradezu unverwendbaren Farbstoffe führt, ganz besonders in den
                              									Fällen, wo die Vollständigkeit der Zersetzung noch durch Erhitzen forcirt wurde. Es
                              									ist deshalb klar, dass zur Erzielung schöner Chromrothe, d.h. Chromgelbe, denen mehr
                              									als 11 Proc. der Chromsäure entzogen wurde, diese Methode der Behandlung des
                              									Chromgelbes mit Aetznatron überhaupt nicht anwendbar ist. Die Methode hat aber den
                              									weiteren Nachtheil, höchst unrationell zu sein, da die bei dem Orangirungsprocesse
                              									dem Chromgelb entzogene theure Chromsäure so gut wie verloren ist, indem die
                              									Aufarbeitung der dieselbe enthaltenden Laugen zu umständlich und kostspielig
                              									ist, um sich bezahlt zu machen.
                           Zur Vermeidung dieses Chromsäureverlustes bei der Darstellung von Chromorange gibt es
                              									verschiedene Wege, deren jeder gewisse Vorzüge besitzt und die gleichzeitig ein
                              									willkommenes Mittel an die Hand geben, gewisse physikalische Varietäten
                              									gleichfarbiger Chromorange zu erzeugen, welche Varietäten nicht selten ein
                              									Chromorange einem anderen gegenüber für gewisse Verwendungen empfehlen.
                           Unter Berücksichtigung der gewöhnlichen Bildungsformel für normales Chromgelb
                           Pb(C2H3O2)2 +
                              										Na2CrO4 =
                              										PbCrO4 + 2NaC2H3O2
                           liegt es nahe, die directe Darstellung der Chromorange nach
                              									der allgemeinen Gleichung
                           [Pb(C2H3O2)2 +
                              									nPbO] + Na2CrO4
                           = PbCrO4, nPbO + 2NaC2H3O2
                           also mit Lösungen von basisch essigsaurem Blei zu
                              									bewerkstelligen. Der Werth von n in obiger Gleichung kann dabei jede Grosse von 2
                              									abwärts annehmen. Ist n = 1, so hat das erhaltene Orange die Zusammensetzung Pb2(OH)2CrO4, entspricht also in der Zusammensetzung dem
                              									basischsten Chromgelb, das als Farbstoff dargestellt wird, dem Chromroth. Indessen
                              									kann auch n = 2 in jener Gleichung gesetzt werden, die aber dann zur Vermeidung
                              									überschüssigen Bleioxydes, das die Nuance trübe machen würde, folgende Form annehmen
                              									muss:
                           Pb(C2H3O2)2,
                              									2PbO + 1½Na2CrO4
                           = 1½PbCrO4, ½Pb(OH)2 + 2NaC2H3O2 + NaOH,
                           Pb(C2H3O2)2,
                              										2Pb(OH)2 + 1½Na2CrO4
                           = 1½[PbCrO4, Pb(OH)2] + 2NaC2H3O2 + NaOH.
                           Hier wird also noch Aetznatron frei, das aber nur vortheilhaft
                              									wirkt, denn obgleich eine chemische Wirkung desselben, etwa Entziehung von
                              									Chromsäure, durchaus nicht stattfindet, übt dasselbe doch eine Wirkung, und zwar
                              									eine entschieden günstige Wirkung aus, indem das nach dieser Gleichung erzeugte
                              									Chromorange bei weitem dunkler und feuriger ausfällt, als wenn dessen Entstehung
                              									vermieden wird. Bemerkenswerth ist aber, dass die Darstellung von Chromorange nach
                              									dieser oder der vorhergehenden Gleichung unbedingt erhöhte Temperatur, ungefähr 80°
                              									C, erfordert, da sonst nur ein eigenthümliches fuchsiges und trübes Gelbroth
                              									entsteht. Es scheint, als ob sich bei diesem Processe die Chromorangebildung in zwei
                              									Phasen vollzöge, in der Art, dass zuerst nur das Gelb PbCrO4 gebildet wird, neben freiem Bleioxydhydrat,
                              									welches dann in der Hitze genau wie die Aetzalkalien wirkt und dem gebildeten
                              									Chromgelb unter Bildung des rothen Chromorange die Hälfte der Chromsäure entzieht.
                              									In der That bemerkt man, wenn die Fällung in der Kälte vollzogen wird, die
                              									Ausscheidung von normalem Chromgelb mit seiner charakteristischen Farbe, aber sehr
                              									getrübt, augenscheinlich durch freies Bleioxyd. Bei längerem Stehen, sehr rasch
                              									durch Erhitzen auf 80° C. verwandelt sich das Gemenge in das rothe Chromorange.
                           
                              
                                 (Fortsetzung folgt.)