| Titel: | Holzcementdach. | 
| Fundstelle: | Band 279, Jahrgang 1891, S. 229 | 
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                        Holzcementdach.
                        Holzcementdach.
                        
                     
                        
                           Ueber diese Dächer hielt nach der deutschen Bauzeitung
                                 									vom 14. Januar 1891 Böckmann einen bemerkenswerten
                              									Vortrag. Er erinnerte daran, mit welchem Misstrauen man seiner Zeit in Berlin dieser
                              									Deckungsart entgegen getreten sei. Als die Architekten Ende
                                 										und Böckmann dieselbe im J. 1867 zuerst bei einem monumentalen Neubau
                              									anwendeten, mussten sie dem Bauherrn gegenüber für die Brauchbarkeit des Daches eine
                              									langjährige persönliche Gewähr übernehmen. Sie sind in Folge dieser Gewähr nicht in
                              									Anspruch genommen worden, da das Dach sich während der verflossenen 23 Jahre ohne
                              									jede Ausbesserung tadellos gehalten hat.
                           Allerdings besitzt das Holzcementdach auch seine schwachen Seiten, die namentlich in
                              									den Verbindungsstellen zwischen der Holzcementlage und dem Zink, also vorzugsweise
                              									an den Rinnen sich geltend machen. Es ist daher eine naheliegende Frage, ob Rinnen
                              									sich dabei nicht ganz vermeiden lassen. Bekannt ist der Ausweg, das Dach nach einem
                              									tiefer liegenden, inneren Punkte zu entwässern und die Niederschläge, welche bei
                              									gewöhnlichen Regengüssen zunächst fast ganz von der Decklage aufgesaugt werden und
                              									erst allmählich absickern, durch ein inneres Abfallrohr abzuleiten. Aber auch bei
                              									einem freistehenden, mit flachem Satteldache versehenen Gebäude, das sehr billig
                              									hergestellt werden musste, hat Böckmann sich mit bestem
                              									Erfolge ganz ohne Rinnen beholfen. An den Traufkanten des Daches sind nämlich hohe
                              									Stirnbretter angeordnet und an diesen die Holzcementlage nebst Ueberdeckung hoch
                              									geführt worden. In den so gebildeten Mulden sind sorgfältig verlegte und durch
                              									Kiespackung vor Verstopfung gesicherte Drainröhren eingebettet worden, welche
                              									seitlich in Abfallröhren entwässern. Die 1880 ausgeführte Anordnung hat seither
                              									keine Uebelstände veranlasst. Bei aussergewöhnlich heftigen Regengüssen kommt
                              									es wohl vor, dass ein Theil des Dachwassers über die Stirnbretter überfliesst und
                              									dort abträuft: indessen ist dieser Uebelstand auch bei unseren Dachrinnen
                              									gewöhnlicher Grosse vorhanden. Will man eine besondere Sicherungsmassregel anwenden,
                              									so wird man gut thun, die äussere Kante der Dachhaut durch eine Ueberdeckung von
                              									Zinkblech zu schützen.
                           Eine zweite Neuerung Böckmann's am Holzcementdach ist
                              									die Anwendung einer steileren Dachneigung. Als Regel gilt bei den Fabrikanten, dass
                              									man nicht über 1 : 25 bezieh. 1 : 20 gehen solle; ästhetische Gründe aber machen es
                              									oft erwünscht, eine Neigung von 1 : 7 bis 1 : 6 anzuwenden. Von den beiden
                              									Nachtheilen, welche jene Regel verhüten soll, hat der eine – das Abfliessen des von
                              									der Hitze erweichten Holzcements aus den oberen Lagen – nach der Erfahrung des
                              									Redners keine so grosse Bedeutung, wenn das Dach nur in den ersten Jahren durch eine
                              									genügend starke Decklage u.s.w. gegen die Einwirkung zu grosser Hitze geschützt
                              									wird; später erstarrt die anfangs biegsame harzige Masse zu einer glasartigen,
                              									trotzdem aber noch immer undurchlässigen Schicht, wie man beim Aufnehmen älterer
                              									Dächer beobachten kann. Der zweite Nachtheil, die Möglichkeit eines Abrutschens der
                              									Decklage von der Dachfläche, ist bedenklicher, namentlich wenn in der Decklage Lehm-
                              									bezieh. Thontheile enthalten sind. Böckmann ist
                              									demselben begegnet, indem er die Dachfläche durch ein aus Riemchensteinen
                              									hergestelltes, gegen die unteren, besonders stark construirten Kiesleisten sich
                              									stützendes Rautensystem in kleine Abtheilungen zerlegte. In den Ecken der Rauten
                              									sind halbe Steine angeordnet, die zunächst mit Cement auf der Dachhaut fest geklebt
                              									sind. – Auch diese, nunmehr seit sieben Jahren ausgeführte Anordnung, die von
                              									weiteren, bezieh. von höheren Punkten gesehen zugleich eine sehr gefällige
                              									Erscheinung darbietet, hat sich gut bewährt. Bei einem vor zwei Jahren ausgeführten
                              									Hühnerhause ist sie sogar auf ein Dach mit der Neigung 1 : 5 übertragen worden. Die
                              									steilere Dachneigung hat zugleich den Vortheil, dass der Anschluss der Dachhaut an
                              									senkrechtes Mauerwerk erleichtert wird, da man das lästige Einkleben von Zink
                              									zwischen die Holzcementlagen vermeiden kann.