| Titel: | Ueber den Wärmeaustausch zwischen Dampf und Metall eincylindriger Dampfmaschinen. | 
| Autor: | Freytag | 
| Fundstelle: | Band 279, Jahrgang 1891, S. 254 | 
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                        Ueber den Wärmeaustausch zwischen Dampf und
                           								Metall eincylindriger Dampfmaschinen.
                        (Schluss des Berichtes S. 229 d. Bd.)
                        Ueber den Wärmeaustausch zwischen Dampf und Metall eincylindriger
                           								Dampfmaschinen.
                        
                     
                        
                           Um das Gesetz für diese beiden Vorgänge festzustellen, sei C der Hub und D der Durchmesser des
                              									Kolbens.
                           Wenn sich die Kurbel aus ihrer Todtpunktlage um einen Winkel α gedreht hat, so lässt sich die mittlere Temperatur der mit dem
                              									Einströmdampfe in Berührung stehenden cylindrischen Wandung ausdrücken durch
                           
                              t=T-\frac{T-\vartheta}{a\,\sqrt{\frac{\alpha}{2}}+1}
                              
                           und ihre Fläche ergibt sich aus:
                           
                              \pi\,C\,.\,D\
                                 										\frac{1-cos\,\alpha}{2}=\pi\,C\,.\,D\,sin^2\,\frac{\alpha}{2}
                              
                           wenn man die Schrägstellung der Kurbelstange
                              									vernachlässigt.
                           Die in der Zeit z1
                              									übergeströmte Wärmemenge, entsprechend einer Drehung der Kurbel um α1, wird dann:
                           
                              k\,\pi\,C\,.\,D\,\int\limits^{z_1}_0\,(T-t)\
                                 										sin^2\,\frac{\alpha}{2}\,dz
                              
                           
                              =k\,C\,.\,D\,\frac{T-\vartheta}{60\,n}\,\int\limits^{\alpha_1}_0\,\frac{sin^2\,\frac{\alpha}{2}\,.\,d\,\frac{\alpha}{2}}{a\,\sqrt{\frac{\alpha}{2}}+1}
                              
                           und diejenige, welche durch die Fläche
                              										\pi\,C\,.\,D\,sin^2\,\frac{\alpha_1}{2} strömen würde, wenn
                              									dieselbe vollständig mit dem Dampf in Berührung wäre, während die Kurbel den Winkel
                              										α1 zurücklegt,
                              									würde sich ausdrücken lassen durch
                           
                              
                              k\,\pi\,C\,.\,D\,sin^2\,\frac{\alpha_1}{2}\int\limits^{z_1}_0\,(T-t)\,dz
                              
                           
                              =k\,C\,.\,D\,\frac{T-\vartheta}{60\,n}\,sin^2\,\frac{\alpha_1}{2}\,\int\limits^{\alpha_1}_0\,\frac{d\,\frac{\alpha}{2}}{a\,\sqrt{\frac{\alpha}{2}}+1}
                              
                           Zwischen diesen beiden Grossen besteht demnach das folgende Verhältniss:
                           
                              \mu=\int\limits^{\alpha_1}_0\,\frac{sin^2\,\frac{\alpha}{2}\,.\,d\,\frac{\alpha}{2}}{a\,\sqrt{\frac{\alpha}{2}}+1}:sin^2\,\frac{\alpha_1}{2}\,\int\limits^{\alpha_1}_0\,\frac{d\,\frac{\alpha}{2}}{a\,\sqrt{\frac{\alpha}{2}}+1}
                              
                           welcher Ausdruck unter die allgemeine Form
                           
                              \mu=\frac{\int\limits^{\alpha_1}_0\,sin^2\,\frac{\alpha}{2}\,.\,\frac{d\,\alpha}{f\,(\alpha)}}{sin^2\,\frac{\alpha_1}{2}\,\int\limits^{\alpha_1}_0\,\frac{d\,\alpha}{f\,(\alpha)}}
                              
                           fällt.
                           Da nach der Grundformel der Differentialrechnung
                           
                              \frac{\varphi\,(\alpha_1)-\varphi\,(0)}{\psi\,(\alpha_1)-\psi\,(0)}=\frac{\varphi^1(\alpha)}{\psi^1(\alpha)}
                              
                           kann man auch schreiben:
                           
                              \mu=\frac{sin^2\,\frac{\alpha}{2}\ .\
                                 										\frac{1}{f\,(\alpha)}}{sin^2\,\frac{\alpha}{2}\ .\
                                 										\frac{1}{f\,(\alpha)}+sin\,\frac{\alpha}{2}\,cos\,\frac{\alpha}{2}\,\int\limit^{a_1}_0\,\frac{d\,\alpha}{f\,(\alpha)}}=\frac{1}{1+v}
                              
                           wenn
                           
                              v=\frac{f\,(\alpha)\,\int\limits^{a_1}_0\,\frac{d\,\alpha}{f\,(\alpha)}}{tg\,\frac{\alpha}{2}}
                              
                           Wendet man jetzt in gleicher Weise die Grundformel auf die Function v an, so ergibt sich
                           
                              v=2\,cos^2\,\frac{\alpha}{2}\left\{1+f^1(\alpha)\int\limits^{a_1}_0\frac{d\,\alpha}{f\,(\alpha)}\right\}
                              
                           und in Berücksichtigung des besonderen Falles, um den es sich
                              									hier handelt:
                           \mu=\frac{1}{1+2\,cos^2\,\frac{\alpha}{2}\left\{2-\frac{1}{a\sqrt{\frac{\alpha}{2}}}\
                                 										.\ log\ nat\ (a\sqrt{\frac{\alpha}{2}}+1)\right\}} (13)
                           Diese Gleichung gibt allerdings keine vollständig genauen Resultate, doch sind die
                              									Abweichungen so gering, dass sie für praktische Ermittelungen vernachlässigt werden
                              									können.
                           Für α = 0 und α = π erhält
                              									man bezieh. μ = ⅓ und μ =
                              									1; für alle Zwischen Stellungen der Kurbel hängt der Werth des Verhältnisses μ von der Constanten a
                              									ab.
                           Nach den Versuchen von Hirn kann man bei gesättigtem
                              									oder übersättigtem Dampf den mittleren Werth von a =
                              									1,50 setzen und man erhält dann für
                           
                              
                                 
                                    α
                                    
                                 =
                                 \frac{\pi}{6},
                                 \frac{\pi}{4},
                                 \frac{\pi}{3},
                                 
                                    \frac{\pi}{2}
                                    
                                 
                              
                                 
                                    μ
                                    
                                 =
                                 \frac{1}{3,35},
                                 \frac{1}{3,21},
                                 \frac{1}{2,98},
                                 
                                    \frac{1}{2,37}
                                    
                                 
                              
                           
                           Da nun die unter günstigen Verhältnissen betriebenen Maschinen in der Regel mit
                              									einer Expansion, entsprechend einem Kurbelwinkel
                              										\alpha<\frac{\pi}{3} arbeiten, so lässt sich wohl
                              									allgemein das folgende Gesetz aussprechen:
                           Der Wärmeaustausch an der hohlen Cylinderfläche beträgt während der Einströmperiode
                              									nur ungefähr ⅓ desjenigen, welcher sich ergeben würde, wenn diese Oberfläche während
                              									der ganzen Dauer der Einströmung vollständig vom Dampfe berührt würde.
                           Die verschiedenen im Vorstehenden erhaltenen Resultate können dazu dienen, die Grösse
                              									der in das Metall des Cylinders während der Einströmperiode übergeströmten
                              									Wärmemenge Q festzustellen.
                           Es sei E der Füllungsgrad und m das Verhältniss des Volumens vom schädlichen Räume zum wirksamen
                              									Cylindervolumen.
                           Die Wärmemenge Q ist dann gleich derjenigen, welche
                              									übergeführt wird, wenn der Dampf während der ganzen Einströmperiode in fortdauernder
                              									Berührung mit der Fläche
                           
                              2\,\frac{\pi
                                 										D^2}{4}+m\,\pi\,C\,.\,D+\frac{1}{3}\,\pi\,E\,C\,.\,D=\pi\,D\,\left\{\frac{1}{2}\,D+\left(m+\frac{1}{3}\,E\right)\,C\right\}
                              
                           gewesen wäre.
                           Nach Gleichung (12) erhält man also den Ausdruck des Werthes dieser Wärmemenge wie
                              									folgt:
                           
                              Q=\frac{13,158\,(T-\vartheta)}{\sqrt
                                 										n}\,\pi\,D\,\left\{\frac{1}{2}\,D+\left(m+\frac{1}{3}\,E\right)\,C\right\}
                              
                           \left\{\sqrt a-\frac{1}{a}\ log\ nat\
                                 										(a\sqrt\alpha+1)\right\};
                           setzt man \lambda=\frac{C}{D}, dann
                              									wird
                           
                              Q=\frac{6,889\,(D-\vartheta)}{\sqrt
                                 										n}\,D^2\,\left\{3+2\,\lambda\,(3\,m+E)\right\}
                              
                           \left\{\sqrt a-\frac{1}{a}\ log\ nat\
                                 										(a\sqrt\alpha+1)\right\} . . . . (14)
                           Die Wärmemenge Q ist nicht vollständig verloren, da ein
                              									kleiner Theil derselben von dem Dampfe während der Expansion wieder aufgenommen
                              									wird. Sieht man indess von diesem Wiedergewinne an Wärme ab und nimmt an, dass die
                              									Wärmemenge Q aus dem Metalle mit dem Abdampfe
                              									vollständig verschwindet, so erhält man aus Gleichung (14) den Wärmeverlust
                              									einschliesslich desjenigen, welcher bei der Condensation des Dampfes im Inneren des
                              									Cylinders verloren geht, für jeden Kolbenhub.
                           Demnach beträgt der Verbrauch oder wirkliche Verlust an Wärme in der Minute:
                           
                              Q^1=13,778\,(T-\vartheta)\,D^2\sqrt
                                 										n\left\{3+2\,\lambda\,(3\,m+E)\right\}
                              
                           \left\{\sqrt a-\frac{1}{a}\ log\ nat\
                                 										(a\sqrt\alpha+1)\right\} . . . . (15)
                           Diese Gleichung geht mit Hilfe der FormelManuel de l'Ingénieur par le professeur Colombo.:
                           
                              D=14,2\,\sqrt{\frac{Ne}{\eta\,\lambda\,n\,p_m}}
                              
                           welche häufig zur Berechnung des Cylinderdurchmessers benutzt
                              									wird und in welcher bedeutet:
                           
                              
                                 
                                    Ne
                                    
                                 die effective Leistung der Maschine in ,
                                 
                              
                                 
                                    n
                                    
                                 die Anzahl der minutlichen Umdrehungen,
                                 
                              
                                 
                                    λ
                                    
                                 das Verhältniss \frac{C}{D} des Hubes zum
                                    											Kolbendurch-messer,
                                 
                              
                                 
                                    pm
                                    
                                 die mittlere indicirte Spannung auf den Kolbenin Kilo für den
                                    											Quadratmeter,
                                 
                              
                                 
                                    η
                                    
                                 den Wirkungsgrad,
                                 
                              
                           über in
                           
                              Q^1=2778,2\,\frac{3+2\,\lambda\,(3\,m+E)}{\sqrt[3]{(\eta\,\lambda)^2}}\ .\
                                 										\frac{\sqrt[3]{(Ne:p_m)^2}}{\sqrt[6] n}\ (T-\vartheta)
                              
                           \left\{\sqrt \alpha-\frac{1}{a}\ log\ nat\
                                 										(a\sqrt\alpha+1)\right\} . . . . (16)
                           Man sieht, dass der grösste Verbrauch, herrührend vom Wärmeaustausch zwischen Dampf
                              									und Metall, der sechsten Wurzel aus der Anzahl der minutlichen Umdrehungen indirect
                              									proportional ist und sich demnach bei grösseren Geschwindigkeiten vermindert; ebenso
                              									wie auch, gleiche Leistungen vorausgesetzt, eine Vermehrung von n die Abnahme von D
                              									bedingt. Allein mit der Abnahme des Durchmessers wächst auch das Verhältniss
                              									zwischen der Oberfläche der Wandungen und dem im Cylinder befindlichen Dampfvolumen;
                              									die Condensation wird im Verhältnisse grösser und hierin gipfelt vorzugsweise der
                              									ökonomische Nachtheil, den kleinere Maschinen den grösseren gegenüber besitzen.
                           Bei den mit grosser Geschwindigkeit laufenden Motoren, wie z.B. denjenigen, welche
                              									zum Betreiben elektro-dynamischer Maschinen dienen, ist der Wärmeaustausch in Bezug
                              									auf die Cylinderwandungen selbst bei hohen Anfangsspannungen des Arbeitsdampfes nur
                              									ein geringer. Diese Motoren sind durch eine starke Compression gekennzeichnet,
                              									welche dazu dient, die bei jedem Hubwechsel auftretenden Stösse der bewegten Massen
                              									zu mildern. Die Verlängerung der Compressionsperiode trägt ebenso wie auch die
                              									grössere Geschwindigkeit dazu bei, die Condensation des Dampfes zu verringern, da
                              									der in den schädlichen Räumen comprimirte Dampf die Wandungen erwärmt.
                           Die Temperatur ϑ des Metalles ist bei derartigen Maschinen beim Beginne der
                              									Einströmung eine höhere und ebenso auch deren Wirkungsgrad ein vorteilhafterer.
                           Die sich auf den Carnot'schen Kreisprocess stützende
                              									Theorie erblickte den Hauptvorzug der Arbeit mit hohen Anfangsdrücken in der
                              									Verlängerung der Expansionen. Im Gegensatze hierzu haben die vielen, von bedeutenden
                              									Fachmännern angestellten Versuche gezeigt, dass für eine gleiche Kesselspannung die
                              									Vergrösserung des Expansionsgrades wohl zunächst eine Verminderung, dann aber eine
                              									Zunahme des Verbrauches an Dampf verursacht, d.h. es existirt für jede
                              									Kesselspannung ein bestimmter Expansionsgrad, welchem ein Minimal verbrauch an Dampf
                              									entspricht. Der Widerspruch zwischen den aus der Theorie und den Beobachtungen
                              									hervorgegangenen Resultaten ist daraus zu erklären, dass in den ersteren die in den
                              									Wandungen der Cylinder vor sich gehenden Wärmebewegungen überhaupt nicht mit
                              									berücksichtigt wurden.
                           Will man mit einer Vergrösserung der Expansion denselben Werth für die mittlere
                              									indicirte Spannung pm
                              									beibehalten, so muss man gleichzeitig auch die anfängliche Spannung oder die
                              									Temperatur T des Dampfes erhöhen, denn da die verloren
                              									gehende Wärmemenge Q1
                              									grösser wird, so nimmt auch der Dampf verbrauch zu.
                           Im Allgemeinen entsprechen hohen Anfangsdrücken mit starken Expansionen bedeutende
                              									Condensationen während der Einströmperiode; bei mittleren Anfangsspannungen des
                              									Arbeitsdampfes und massigen Expansionen ist die Condensation des Dampfes weit geringer
                              									und sein Verbrauch erheblich niedriger im Vergleiche zu der auf den Kolben
                              									übertragenen Kraft.
                           Freytag.