| Titel: | Ueber die Herstellung von Smyrnateppichen auf mechanischem Wege. | 
| Autor: | H. Gl. | 
| Fundstelle: | Band 279, Jahrgang 1891, S. 295 | 
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                        Ueber die Herstellung von Smyrnateppichen auf
                           								mechanischem Wege.
                        (Fortsetzung des Berichtes Bd. 270 S.
                           								439.)
                        Mit Abbildungen.
                        Uber die Herstellung von Smyrnateppichen auf mechanischem
                           								Wege.
                        
                     
                        
                           Ein weiterer Vorschlag, Smyrnateppiche auf mechanischem Wege herzustellen, ist von
                              									Freiherr Reinhart v. Seydlitz in München in dem D. R.
                              									P. Kl. 86 Nr. 51429 vom 12. März 1889 gemacht worden. Das besondere Verfahren wird
                              									dadurch gekennzeichnet, dass die Kette des Grundgewebes in einer gebogenen Fläche
                              									geführt wird und die Florfäden an der Biegungsstelle der Kettenfäden zwischen
                              									denselben hindurch- und um dieselben herumgeschlungen werden. Die so entstandenen
                              									Schlingen werden dann über die Biegung der Kettenfäden übergestreift und so, zum
                              									sogen. Smyrnaknoten gelegt, an das Grundgewebe gebracht.
                           Die mechanische Herstellung der Florknoten auf dem Grundgewebe und die damit
                              									zusammenhängende Art der Einlegung der Schussfäden in das Grundgewebe wird
                              									folgendermassen erreicht.
                           Die Grundkette ist vom Kettenbaume a (Fig. 1) über eine Führung b senkrecht aufwärts durch hufeisenförmig gekrümmte Röhrchen c gezogen, dann senkrecht abwärts über eine Führung d zum Warenbaume e
                              									geführt. An der gebogenen Stelle bei c findet die
                              									Einknüpfung der Florfäden statt, und zwar genügt zur Hervorbringung des
                              										SmyrnaknotensVgl. 1889 270 344 ff., wie in Fig. 2 und 3 ersichtlich, dass der
                              									Florfaden in wagerechter Ebene durch und um die Kettenfäden geschlungen wird, und
                              									zwar auf einer Seite zwischen die Kettenfäden hinein, von da aussen um die andere
                              									Seite beider Kettenfäden herum und endlich wieder auf die erste Seite zwischen den
                              									Kettenfäden hinaus, so dass seine beiden Enden neben einander liegen. Streift man
                              									nun die um die Kettenfäden gelegte Schlinge über die gebogenen Kettenfäden nach der
                              									anderen Seite hinüber (Fig.
                                 										4 und 5),
                              									während die Florenden in ihrer bisherigen Lage bleiben, so ist die Bildung des
                              									Knotens beendet. Der Webstuhl selbst stellt nun immer eine Reihe Knoten gleichzeitig
                              									her und ist zu diesem Zwecke für je zwei benachbarte Kettenfäden und die dazu
                              									kommenden Florfäden je eine Gruppe von Organen in folgender Weise angeordnet.
                           Jeder Kettenfaden wird durch ein Röhrchen c, das nur an
                              									einem Ende auf einen Träger aufsitzt, mit dem anderen aber frei hängt,
                              									hindurchgeführt. Je zwei ein Paar bildende Röhrchen sind, von oben gesehen,
                              									convergirend gestellt (Fig.
                                 										6 und 7), um
                              									dem Florfaden bezieh. dem diesen führenden Organ, d.h. der Hakennadel f Platz zu geben. Aus demselben Grunde ist je eines der
                              									Röhrchen c enger gebogen, so dass es unter das grössere
                              									Röhrchen der Nachbargruppe treten kann. Ferner ist jedes Rohrpaar als Ganzes drehbar
                              									in seinem Träger gh (Fig. 9
                              									und 10), so dass es die in
                              									den Fig. 12 und 13 veranschaulichten
                              									beiden Stellungen einnehmen kann, um für die Führung der Florfäden zwischen sich und
                              									den benachbarten Rohrpaaren Raum zu geben.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 279, S. 296
                              Fig. 1.Herstellung der Smyrnateppiche von v. Seydlitz.
                              
                           Ist die Schlingung der Florfäden um die Röhrchen mittels der Hakennadeln f in Fig. 12 bis 16, sowie das
                              									Ueberstreifen der Florschlingen über die Biegungen der Rohre durch den Ueberschieber
                              										i in Fig. 9 bis 11 geschehen, so muss
                              									der so entstandene Smyrnaknoten an seinen beiden Enden gefasst und auf dem freien
                              									Stück der Kette herabgezogen und an die fertige Ware gebracht werden.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 279, S. 296
                              Herstellung der Smyrnateppiche von v. Seydlitz.
                              
                           Hierzu dient eine Klemmvorrichtung, bestehend aus zwei
                              									Klemmschienen k und l in
                              										Fig. 1, 11 und 12, deren Kanten von
                              									oben und unten senkrecht zusammenstossen und so die Florenden der ganzen
                              									Knotenquerreihe zwischen sich fassen, worauf die geschlossene Klemme die Knoten
                              									längs des senkrechten Stückes der Kette herabzieht und dort an die Ware anschiebt,
                              									sowie später durch Oeffnen freigibt, worauf sie in ihre erste Lage
                              									zurückgeht.
                           Da bei diesem Verfahren angenommen ist, dass die Florfäden direct von Spulen
                              									zugeführt werden, welche letztere dicht hinter dem Klemmer (also links oben in Fig. 1) anzuordnen sind, so werden für jedes Fadenpaar
                              									der Kette die nöthigen Florfäden mittels der mit Zuführungsröhrchen m in Fig. 1 und 12 versehenen
                              									senkrechten Scheiben n dargeboten, um an ihren nach
                              									unten gekrümmten Enden von der Hakennadel f erfasst zu
                              									werden. Für jede Hakennadel ist eine Scheibe n
                              									vorgesehen, und jede Scheibe enthält die im betreffenden Teppichmuster für diese
                              									Längsreihe von Knoten erforderliche Anzahl verschiedenfarbiger Fäden (das Zuführen
                              									der jedesmaligen richtigen Farbe erfolgt durch Drehung der Scheiben um ihre Achse,
                              									wobei jede Scheibe unabhängig von den anderen sich bewegt; ihre Bewegungen werden am
                              									besten durch Jacquard- oder Schaftmechanismus in bekannter Weise geregelt).
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 279, S. 296
                              Herstellung der Smyrnateppiche von v. Seydlitz.
                              
                           Da zwischen der Stelle der Knotenbildung und der fertigen Ware wegen der hier über
                              									die Kettenfäden zu führenden Florknoten die Kettenfäden frei bleiben müssen, Schaft
                              									und Rietblatt also nicht anwendbar sind, hier aber die Eintragung des Schussfadens
                              									für das Grundgewebe erfolgen muss, so wird die für das Durchbringen des Webschützens
                              									nöthige Oeffnung des Webfaches hier durch Flügelscheiben o in Fig. 8 bewerkstelligt,
                              									indem durch dieselben je ein Faden um den anderen nach der einen, die
                              									zwischenliegenden währenddessen nach der anderen Seite geschoben, also von der einen
                              									Seite das Oberfach, von der anderen das Unterfach gebildet wird; Faden 1, 3, 5 u.s.w. wird also z.B. nach links, Faden 2, 4, 6 u.s.w. nach rechts
                              									gedrängt.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 279, S. 297
                              Herstellung der Smyrnateppiche von v. Seydlitz.
                              
                           Die Form der Flügelscheiben bedingt, dass sie in der zusammengeschobenen Stellung
                              										(Fig. 1 in punktirter Linie, ebenso Fig. 8 in schematischer
                              									Darstellung) über ihren wagerecht in einander greifenden Flügeln eine freie und
                              									sichere Bahn für den Schützen bilden (p in Fig. 1), auf der dieser, mit centralem, geradlinigem
                              									Stoss geschleudert, ohne die Kettenfäden zu streifen, über die Ränder der
                              									Flügelscheiben hinweggleitet.
                           Die Flügelscheiben werden nun um ¼ Kreis um ihre Achsen gegen einander in der durch
                              									Pfeile in Fig. 8
                              									bezeichneten Richtung gedreht, so dass die verschränkt gewesenen Flügel, die
                              									wagerecht standen, senkrecht herabstehen. Bei dieser Bewegung fällt in Folge des
                              									entstehenden Zwischenraumes der gelegte Schussfaden von selbst an seine Stelle
                              									herab, wozu auch die noch andauernde Spreizung der Kettenfäden dient; diese sind
                              									jetzt durch die (etwas kürzeren) Flügel gehalten, welche vorher bei der ersten
                              									Stellung der Flügelscheiben senkrecht aufwärts standen, dabei aber die Stelle der
                              									ersteren eingenommen haben und wagerecht durch einander greifen.
                           Der erste Schuss ist somit fertiggestellt.
                           Für den zweiten, unmittelbar darauf folgenden Schuss durch das andere Fach ist es nun
                              									nöthig, dieses zweite Fach zu öffnen, so dass der erste, dritte, fünfte u.s.w.
                              									Kettenfaden nach rechts, der zweite, vierte, sechste u.s.w. nach links gedrängt
                              									werden und erstere somit diesmal das Unterfach, letztere das Oberfach bilden.
                           Zu diesem Zwecke sind die dritten und vierten Flügel der Scheiben um die Breite eines
                              									Kettenfadens auf ihrer Achse versetzt. Indem nun in derselben Richtung wie bisher
                              									beide Achsen bezieh. Scheiben sich abermals um ¼ Kreis drehen, werden die
                              									entgegengesetzten Fäden als bisher von den Flügeln ergriffen und beiderseits
                              									hinausgedrängt.
                           Da der dritte Scheibenflügel dem ersten, der zweite dem vierten an Grosse und Gestalt
                              									völlig gleicht, so entsteht jetzt wieder eine gleichgeformte Schützenbahn in den
                              									Ausschnitten, und die Legung des zweiten Schussfadens kann erfolgen. Nach dieser
                              									drehen sich die Flügelscheiben wiederum um ¼ Kreis, wodurch auch der jetzt gelegte
                              									Schussfaden an Ort und Stelle hinabfällt.
                           Hiermit ist die Arbeit der Flügel Scheiben gethan, die sich bis zur abermaligen
                              									Verwendung, d.h. bis wieder eine Reihe Florknoten herabgebracht ist, nach beiden
                              									Seiten wagerecht entfernen (Fig. 1, glatte Linie) und
                              									die Kette freigeben, die in Folge sogen, elastischer Aufbäumung wieder straff
                              									gespannt wird.
                           Es erfolgt nun die Bildung und Aufbringung einer neuen Reihe Florknoten, wie oben
                              									beschrieben u.s.w.
                           Die besondere Ausführung des Webstuhles selbst ergibt sich aus Folgendem. Je zwei
                              									ungleich grosse und ungleich gebogene Fadenführerrohre c sind an ihrem convergirenden Ende von einem halbrunden Stahlstücke g gefasst, das einen durchbohrten Drehzapfen besitzt,
                              									der in der Verlängerung der Rohrschenkel liegt. Dieser Zapfen g steckt in einem Träger h, welche Träger h sämmtlich durch eine Schiene
                              										q mittels der Bolzen r
                              									gekuppelt sind. Die Schiene q wird von der unrunden
                              									Scheibe st unter Vermittelung einer Feder in solcher
                              									Weise bewegt, dass die Fadenführerrohre abwechselnd die in den Fig. 12 und 13 angegebenen beiden
                              									Stellungen einnehmen.
                           Die zum Einziehen der Florfäden vorgesehenen Hakennadeln f sitzen in drehbaren Hülsen u, deren jede
                              									mit einer Kurbel versehen ist, die wieder unter sich durch eine über die Breite des
                              									Stuhles gehende Schiene gekuppelt sind. Durch Auflaufen einer an dieser Schiene
                              									sitzenden Kurbelrolle während der Schwingung des die Nadeln f tragenden Rahmens v erfahren auf diese
                              									Weise die Nadeln eine geeignete Drehung. Während der in Fig. 12
                              									veranschaulichten ersten Rohrstellung müssen nämlich die Hakennadeln durch die
                              									Biegung der weitgebogenen Rohre hindurch (erste Nadelstellung), um dann bei
                              									gleichzeitigem schwachem Rückgang und geeigneter Drehung (zweite und dritte
                              									Nadelstellung) die Florfäden zu fangen, in ihre nach abwärts gerichtete Stellung
                              									wieder überzugehen (vierte Nadelstellung) und die Florfäden zwischen den Rohren
                              									hindurch bis dicht vor die stehenden Rohrschenkel (fünfte und sechste Nadelstellung)
                              									zu ziehen, wie es Fig.
                                 										10 erkennen lässt.
                           Während nun die Rohre c aus der ersten in die zweite
                              									Stellung (Fig. 13)
                              									übergehen, werden die Nadeln seitlich verschoben und zugleich etwas gehoben, um beim
                              									nun folgenden Hineinstossen der Florfäden nicht auf diejenigen der benachbarten
                              									Rohre zu treffen, welche von den Nachbarnadeln soeben herausgezogen wurden. Die
                              									Florfäden gelangen
                              									auf diese Weise zwischen den enggebogenen Fadenführerrohren hindurch so weit nach
                              									vorn, bis das Ende eines jeden Florfadens hinter die Rohre (achte und neunte
                              									Stellung) zu liegen kommt; also frei wird und von selbst in gerade Stellung übergeht
                              										(Fig. 15). Die
                              									Nadeln ziehen sich darauf unter abermaliger Hebung des Nadelrahmens frei über die
                              									Florfäden zurück, die in ihrer Lage bleiben (Fig. 16).
                           Die auf solche Weise nun nach aussen um die stehenden Rohrschenkel herumgelegten
                              									Florfädenschlingen sollen nun über die gebogenen Rohrschenkel hinüber nach
                              									derjenigen Seite geschoben werden, wo die Florenden liegen. Dies geschieht durch den
                              									Ueberschieber, der aus einem über die Breite des Stuhles querliegenden Kammträger
                              									besteht, in den in geeigneten Abständen flache vorn gezahnte Federn i eingesetzt sind, welche die Florschlingen fassen
                              										(Fig. 9), über die
                              									Rohre, seitlich an denselben vorbeigehend, befördern (Fig. 10) und sodann
                              									wieder in ihre Ausgangslage zurückkehren.
                           Die Klemmvorrichtung kl erfasst die Florfäden in solcher
                              									Weise, dass sie sowohl die freien Enden derselben, als auch diejenigen Stellen
                              									packt, welche neben denselben liegen, aber noch mit den Spulen der Scheibe n in Verbindung stehen. Sobald die Einklemmung erfolgt
                              									ist, schneidet das an der Schiene k sitzende Messer w den Faden ab und die Klemme führt die Knoten hinab
                              									bis nach der Anschlagstelle.
                           Um hierbei die Florfäden sicher mitzunehmen und die Kettenfäden nicht in Unordnung zu
                              									bringen, ist in Abständen der Fadenpaare an der Kettenseite der Klemme k eine entsprechende Reihe dünner Schienchen x angebracht, welche zwischen den Kettenfäden
                              									herabfahren und zugleich die Florschlingen vor sich herschieben.
                           Die die Fachbildung bewirkenden Flügelscheiben o sind
                              									geeignet geformte Metallplatten, die auf ihren vier ausladenden Kanten eine
                              									eingefräste Nuth haben (Fig. 1 punktirt), in welche
                              									sich die Kettenfäden einlegen. Der erste und dritte Flügel ist etwas länger als der
                              									zweite und vierte, ferner ist der erste und zweite um die Breite eines Kettenfadens
                              									gegen den dritten und vierten verschoben. Ihre Bewegung ist eine doppelte: 1)
                              									wagerecht ohne Drehung; 2) in zusammengeschobener Stellung Drehung gegen einander
                              										(Fig. 1 und 8).
                           
                              
                                 H. Gl.