| Titel: | Prüfung von Romancement. | 
| Fundstelle: | Band 281, Jahrgang 1891, S. 90 | 
| Download: | XML | 
                     
                        Prüfung von Romancement.
                        Prüfung von Romancement.
                        
                     
                        
                           Die Bestimmungen des Oesterreichischen Ingenieur- und
                                    										Architektenvereins für die einheitliche Lieferung und Prüfung von
                              									Romancement sind in Folgendem wiedergegeben.
                           
                        
                           Definition von Romancement.
                           Romancemente sind Erzeugnisse, welche aus thonreichen Kalkmergeln durch Brennen
                              									unterhalb der Sintergrenze gewonnen werden und bei Benetzung mit Wasser sich nicht
                              									löschen, und daher erst durch mechanische Zerkleinerung in Mehlform gebracht werden
                              									müssen.
                           
                        
                           I. Verpackung und Gewicht.
                           Romancement ist nach dem Gewichte mit Preisstellung für 100 k Brutto zu handeln.
                           Es ist wünschenswerth, dass die Fässer mit Normalgewicht, und zwar mit 250 k
                              									Bruttogewicht für das Fass in den Handel gebracht werden. Die Lieferung in Säcken
                              									ist zulässig, und sollen diese ein Normalgewicht von 60 k Brutto erhalten.
                           Schwankungen im Einzel-Bruttogewichte können bis zu 2 Proc. nicht beanstandet
                              									werden.
                           Das Gewicht der Packung darf bei Lieferung in Fässern nicht mehr als 5 Proc.,
                              									hingegen bei Lieferung in Säcken höchstens 1,5 Proc. des Bruttogewichtes
                              									betragen.
                           Die Fässer und Säcke sollen die Firma der betreffenden Fabrik, das Wort
                              										„Romancement“ und die Bezeichnung des Bruttogewichtes tragen. Die Säcke
                              									sollen auf Verlangen mit einer Plombe verschlossen sein, auf welcher einerseits die
                              									Fabriksfirma, andererseits das Wort „Romancement“ ersichtlich gemacht
                              									ist.
                           
                        
                           II. Abbindeverhältnisse.
                           Die Romancemente sind rasch, mittel oder langsam bindend.
                           
                           Unter rasch bindenden Romancementen sind diejenigen verstanden, deren
                              									Erhärtungsbeginn an der Luft ohne Sandzusatz, vom Momente der Wasserzugabe an
                              									gerechnet, innerhalb 7 Minuten eintritt. Fällt der Erhärtungsbeginn eines
                              									Romancementes über 15 Minuten hinaus, so ist derselbe als langsam bindend zu
                              									bezeichnen.
                           Zwischen den rasch und langsam bindenden Romancementen werden die mittel bindenden
                              									eingereiht.
                           Erklärungen zu II.
                           Die Ermittelung des Erhärtungsbeginnes ist zur Bestimmung der
                              									Kategorie, in welche ein Romancement bezüglich seiner Abbindeverhältnisse
                              									einzureihen ist, von Wichtigkeit, und namentlich bei rasch bindenden Romancementen
                              									ist die Kenntniss des Erhärtungsbeginnes nothwendig, da bis zu der Zeit, binnen
                              									welcher derselbe eintritt, der Cement verarbeitet sein muss, soll nicht seine
                              									Bindekraft Einbusse erleiden.
                           Zur Bestimmung des Erhärtungsbeginnes und der Abbindezeit eines
                              									Romancementes dient die Normalnadel in Verbindung mit dem Consistenzmesser.
                           Da die Menge des dem Romancemente zugesetzten Wassers die
                              									Abbindeverhältnisse erheblich beeinflusst, so ist der
                              									Cement-brei bei den Abbindeversuchen in einer bestimmten Consistenz
                              									(Normalconsistenz) herzustellen.
                           Der Apparat zur Bestimmung der Consistenz besteht aus einem
                              									Gestelle, an dem eine Theilung in Millimetern angebracht ist. In einer Führung
                              									bewegt sich ein arretirbarer Metallstab, dessen oberes Ende eine Metallscheibe
                              									trägt, während am unteren Ende sich ein Messingstab von 1 cm Durchmesser (der
                              									Consistenzmesser) befindet. Per Consistenzmesser wiegt sammt dem Führungsstabe und
                              									der Scheibe 300 g.
                           Die zum Apparate gehörige, zur Aufnahme des Cementbreies bestimmte
                              									Dose ist aus Hartgummi erzeugt, misst 8 cm im Durchmesser und 4 cm in der Höhe. Beim
                              									Gebrauche wird dieselbe auf eine starke Glasplatte aufgesetzt, welche gleichzeitig
                              									den Boden der Dose bildet. Wird der Consistenzmesser bis auf diese Bodenfläche
                              									herabgelassen, so zeigt der am Führungsstabe befindliche Zeiger auf den Nullpunkt
                              									der Theilung, so dass der jedesmalige Stand der unteren Fläche des
                              									Con-sistenzmessers über der Bodenfläche der Dose unmittelbar an der Theilung
                              									abgelesen werden kann.
                           Bei der Prüfung der Abbindeverhältnisse eines Romancementes ist
                              									folgender Vorgang einzuhalten:
                           Man rührt 400 g Romancement mit einer vorläufig angenommenen
                              									Wassermenge bei Langsam- und Mittelbindern durch 3 Minuten, bei Raschbindern durch
                              									eine Minute mit einem löffelartigen Spatel zu einem steifen Brei, welcher, ohne
                              									gerüttelt oder eingestossen zu werden, in die Dose des Apparates gebracht und an der
                              									Oberfläche sorgfältig in gleicher Ebene mit dem oberen Rande der Dose abgestrichen
                              									wird. Die so gefüllte Dose wird mit der Glasplatte, auf der sie aufsitzt, unter den
                              									Consistenzmesser gebracht, welcher sodann langsam auf die Oberfläche des
                              									Cementbreies aufgesetzt wird. Wenn der nunmehr der Wirkung seines eigenen Gewichtes
                              									überlassene, in den Cementbrei eindringende Consistenzmesser mit seinem unteren Ende
                              									in einer Höhe von 6 mm über der Bodenfläche stecken bleibt, also der Zeiger des
                              									Apparates auf den sechsten Theilstrich der Theilung zeigt, so liegt ein Brei von
                              									Normalconsistenz vor.
                           Gelingt dies beim ersten Versuche nicht, so muss der Wasserzusatz
                              									so lange geändert werden, bis ein Brei von der geforderten Consistenz zu Stande
                              									gebracht wird. Hat man auf diese Weise den Wasserzusatz für einen Brei von normaler
                              									Consistenz ermittelt, so schreitet man unter Anwendung dieser Consistenz zur
                              									Ermittelung des Erhärtungsbeginnes und der Abbindezeit.
                           Zu diesem Zwecke wird in dem oben beschriebenen Apparate statt des
                              									Consistenzmessers die Normalnadel, d. i. eine kreisrunde Stahlnadel von 1,13 mm
                              									Durchmesser (1 qmm Querschnitt) eingesetzt. Diese Nadel hat dieselbe Länge wie der
                              									Consistenzmesser und wiegt sammt Führungsstab und Scheibe 270 g; es ist demnach vor
                              									Gebrauch der Nadel das Ergänzungsgewicht von 30 g auf die Scheibe aufzulegen.
                           Es wird nun die Dose mit einem Brei von normaler Consistenz in der
                              									vorher beschriebenen Weise gefüllt und die Nadel auf dessen Oberfläche behutsam
                              									aufgesetzt, was in kurzen Zeiträumen an verschiedenen Stellen des Kuchens wiederholt
                              									wird.
                           Die Nadel wird anfänglich den Kuchen bis auf die den Boden der
                              									Dose bildende Glasplatte durchdringen, bei den späteren Versuchen aber im
                              									erhärtenden Brei stecken bleiben.
                           Den Zeitpunkt, in welchem die Nadel den Kuchen nicht mehr in
                              									seiner ganzen Höhe zu durchdringen vermag, nennt man den Erhärtungsbeginn.
                           Ist der Kuchen endlich so weit erstarrt, dass die Nadel beim
                              									Aufsetzen keinen merkbaren Eindruck mehr hinterlässt, so ist der Romancement
                              									abgebunden, und die Zeit, welche vom Momente der Zugabe des Wassers bis zu diesem
                              									Zeitpunkte verstreicht, heisst Abbindezeit.
                           Da das Abbinden von Romancement durch die Temperatur der Luft und
                              									des zur Verwendung gelangenden Wassers beeinflusst wird, insofern höhere
                              									Temperaturen das Abbinden beschleunigen, niedere es dagegen verzögern, so sollen die
                              									Abbindeversuche bei einer mittleren Temperatur des Wassers und der Luft von 15 bis
                              									18° C. vorgenommen werden.
                           Werden die Abbindeproben jedoch ausnahmsweise unter anderen
                              									Verhältnissen vorgenommen, so sind die bezüglichen Wasser- und Lufttemperaturen
                              									anzugeben.
                           Rasch bindende Romancemente zeigen beim Abbinden oft ganz
                              									bedeutende Temperaturerhöhungen. Mittel und langsam bindende Romancemente sollen
                              									sich nicht wesentlich erwärmen. – Durch längeres Lagern an trockenem Orte wird
                              									Romancement langsam bindend, verliert die etwa vorhandene Tendenz zum Treiben, und
                              									gewinnt dadurch an Qualität.
                           
                        
                           III. Volumenbeständigkeit.
                           Romancement soll sowohl an der Luft, als auch unter Wasser volumenbeständig sein.
                           Erklärungen zu III.
                           Manche Romancemente erleiden nach dem Abbinden eine
                              									Volumenvergrösserung, welche unter allmählicher Lockerung des zuerst gewonnenen
                              									Zusammenhanges eine Zerklüftung der Cementmasse herbeiführt und häufig mit deren
                              									gänzlichem Zerfall endigt.
                           Die Prüfung eines Romancementes auf Volumenbeständigkeit an der
                              									Luft und unter Wasser geschieht durch Beobachtung von Kuchen aus reinem Cement
                              									(Kuchenprobe).
                           Zu diesem Zwecke wird der reine Romancement mit Wasser zu einem
                              									Brei angerührt und auf ebenen Glasplatten zu Kuchen ausgegossen, welche etwa 10 cm
                              									im Durchmesser haben, in der Mitte etwa 1 cm dick sind und gegen die Ränder hin dünn
                              									auslaufen.
                           Der Wasserzusatz ist hierbei um etwa 1 Proc. des Cementgewichtes
                              									grösser zu nehmen, als für die Normalconsistenz bei den Abbindeproben ermittelt
                              									wurde, damit der Brei leichter zu Kuchen auslaufe.
                           Die so erhaltenen Kuchen werden, um die Entstehung von
                              									Schwindrissen zu vermeiden, an einem vor Zugluft und Einwirkung der Sonnenstrahlen
                              									geschützten Orte, am besten in einem feucht gehaltenen Kasten, aufbewahrt. Nach 24
                              									Stunden, jedenfalls aber erst nach erfolgtem Abbinden, wird eine Serie der so
                              									aufbewahrten Kuchen sammt den Glasplatten, ebenfalls vor Zugluft und Einwirkung von
                              									Sonnenstrahlen geschützt, an die Aussenluft und eine zweite Serie unter Wasser
                              									gelegt und daselbst durch mindestens 27 Tage belassen.
                           Zeigen sich während dieser Zeit an den Kuchen Verkrümmungen oder
                              									gegen die Ränder hin sich erweiternde Kantenrisse von mehr oder weniger radialer
                              									Richtung, so deutet dies unzweifelhaft auf Treiben des Romancementes hin. Bleiben
                              									die Kuchen jedoch unverändert, so ist der Romancement als volumenbeständig
                              									anzusehen.
                           
                        
                           IV. Feinheit der Mahlung.
                           Romancement soll so fein als möglich gemahlen sein.
                           Die Feinheit der Mahlung ist mittels eines Siebes von 2500 Maschen für 1 qc und 0,07
                              									mm Drahtstärke und eines solchen von 900 Maschen für 1 qc und 0,10 mm Drahtstärke zu
                              									prüfen.
                           Der Siebrückstand darf auf dem 2500-Maschensieb keineswegs mehr als 36 Proc. und auf
                              									dem 900-Maschensieb keineswegs mehr als 18 Proc. betragen.
                           Erklärungen zu IV.
                           Zu jeder solchen Siebprobe sind 100 g Romancement zu
                              									verwenden.
                           Es wäre indessen irrig, wollte man aus der feinen Mahlung allein
                              									auf die Güte eines Romancementes schliessen, da geringe, weiche Cemente häufiger
                              									sehr fein gemahlen vorkommen, als gute, scharf gebrannte; letztere aber werden
                              									selbst bei gröberer Mahlung doch in der Regel eine höhere Bindekraft aufweisen, als
                              									die ersteren.
                           
                        
                           
                           V. Bindekraft.
                           Die Bindekraft von Romancement soll durch Prüfung der Festigkeitsverhältnisse an
                              									einer Mischung desselben mit Sand ermittelt werden.
                           Als normale Mischung gilt das Gemenge von 1 Gew.-Th. Romancement mit 3 Gew.-Th.
                              									Normalsand.
                           Die Prüfung soll auf Druck- und Zugfestigkeit nach einheitlicher Methode an
                              									Probekörpern von gleicher Gestalt und gleichem Querschnitte und mit richtig
                              									construirten Apparaten geschehen.
                           Die Zerreissungsproben sind an Probekörpern von der für Portlandcement eingeführten
                              									Form mit 5 qc Querschnitt (2,25 cm Länge und 2,22 cm Breite), die Druckproben an
                              									Würfeln von 50 qc Fläche (7,07 cm Seitenlänge) vorzunehmen.
                           Sämmtliche Probekörper sind die ersten 24 Stunden nach ihrer Anfertigung an der Luft,
                              									die übrige Zeit bis zur Probevornahme unter Wasser aufzubewahren.
                           Als Controle für die Gleichmässigkeit der gelieferten Ware dient die Zugprobe nach 7-
                              									und 28tägiger Erhärtungsdauer. Die maassgebende, werthbestimmende Probe ist jedoch
                              									die Druckprobe nach 28tägiger Erhärtungsdauer.
                           Erklärungen zu V.
                           Da Romancement in der Praxis fast ausschliesslich in der Mischung
                              									mit Sand verwendet wird, so ist es nothwendig, die Bindekraft desselben in einer
                              									solchen Mischung zu prüfen.
                           Als geeignetes Verhältniss werden 3 Gew.-Th. Sand auf 1 Gew.-Th.
                              									Romancement angenommen, da hierbei der Grad der Bindefähigkeit bei verschiedenen
                              									Romancementen in hinreichendem Maasse zum Ausdrucke gelangt.
                           In manchen Fällen wird es sich jedoch empfehlen, die Festigkeit
                              									des reinen Romancementes festzustellen.
                           Erfahrungsgemäss übt die chemische und physikalische
                              									Beschaffenheit des zur Mörtelmischung verwendeten Sandes einen bedeutenden Einfluss
                              									auf die Festigkeitsverhältnisse des Mörtels aus; es ist daher, um zu
                              									übereinstimmenden und vergleichbaren Resultaten zu gelangen, unbedingt erforderlich,
                              									dass zur Erzeugung aller Probekörper für die Bindekraft immer Sand von gleicher
                              									Beschaffenheit, Korngrösse und gleichem Gewichte zur Anwendung komme.
                           Dieser Normalsand wird dadurch gewonnen, dass man möglichst
                              									reinen, in der Natur vorkommenden Quarzsand wäscht, trocknet und mittels eines
                              									Siebes von 64 Maschen auf 1 qc und 0,40 mm Drahtstärke die gröbsten Theile
                              									ausscheidet und sodann mittels eines Siebes von 144 Maschen für 1 qc und 0,30 mm
                              									Drahtstärke die feinsten Theile entfernt.
                           Der Rückstand auf dem letzteren Siebe ist der Normalsand.
                           Als maassgebende Probe wird die Druckprobe deswegen festgesetzt,
                              									weil der Mörtel in der Praxis zumeist auf Druck beansprucht wird und nach den
                              									gemachten Erfahrungen das Verhältniss zwischen Zug- und Druckfestigkeit bei
                              									verschiedenen Cementen ein verschiedenes ist, somit von der Zugfestigkeit nicht mit
                              									Sicherheit auf die Druckfestigkeit geschlossen werden kann. Die Ermittelung der
                              									Festigkeit bei der Druckprobe soll erst nach 28tägiger Erhärtung vorgenommen werden,
                              									weil bei kürzerer Beobachtungsdauer die Eigenschaften eines Cementes nicht genügend
                              									zum Ausdruck kommen.
                           Von ganz besonderem Werthe wäre es, wenn dort, wo dies zu
                              									ermöglichen ist, die Festigkeitsproben auf längere Zeit ausgedehnt würden, da es
                              									vorkommt, dass Cemente, welche anfangs geringere Festigkeitsziffern ergeben, in
                              									späterer Zeit die Festigkeiten anderer Cemente erreichen oder dieselben sogar
                              									überholen.
                           Den Versuchsergebnissen der Festigkeitsproben ist das jeweilige
                              									Gewicht des Romancementes und des Normalsandes für 1 l im lose eingesiebten Zustande
                              									beizufügen, zu welchem Zwecke Cement und Sand in ein 1 l fassendes cylindrisches
                              									Blechgefäss von 10 cm Höhe eingesiebt werden. Hierbei ist das Sieb von 64 Maschen
                              									auf 1 qc und 0,40 mm Drahtstärke zu verwenden und dasselbe während des Siebens in
                              									einer Entfernung von etwa 15 cm über dem oberen Rande des Litergefässes zu
                              									halten.
                           
                        
                           VI. Zug- und Druckfestigkeit.
                           In Normalmörtelmischung sollen gute Romancemente nach 28 Tagen Erhärtung (die ersten
                              									24 Stunden an der Luft, die folgenden 27 Tage unter Wasser) und nach 7 Tagen
                              									Erhärtung (die ersten 24 Stunden an der Luft, die folgenden 6 Tage unter Wasser) die
                              									nachstehenden Minimalfestigkeiten erreichen:
                           
                              
                                 
                                    
                                    
                                    Kategorie
                                    
                                 Erhärtungsdauer
                                 Minimal-
                                 
                              
                                 Druck-
                                 Zug-
                                 
                              
                                 Festigkeitfür 1 qc
                                 
                              
                                 Langsam und mittel
                                    											bindendeRomancemente
                                 nach 28 Tagen    „     7     „
                                 80 k–   k
                                 10 k  5 k
                                 
                              
                                 Rasch bindende Romancemente
                                     „   28     „    „     7     „
                                 60 k–   k
                                   8 k  4 k
                                 
                              
                           Das Mittel aus den vier besten Resultaten von sechs geprüften Körpern hat als die
                              									mittlere Festigkeit in der betreffenden Altersklasse zu gelten.
                           Erklärungen zu VI.
                           
                              1) Erzeugung der Probekörper.
                              a) Allgemeine
                                    										Bemerkungen.
                              Die Probekörper für die
                                    											Druckfestigkeit sind stets auf maschinellem Wege zu erzeugen; die
                                 										Probekörper für die Zugfestigkeit können maschinell oder
                                    											von Hand angefertigt werden. Den Versuchsergebnissen der
                                 										Festigkeitsproben ist beizufügen, ob die Probekörper durch maschinelle oder
                                 										durch Handarbeit angefertigt worden sind. In Streitfällen ist jedoch stets das
                                 										Ergebniss der maschinellen Arbeit entscheidend.
                              Für jede Festigkeitsprobe sind für die Altersklasse sechs
                                 										Probekörper herzustellen.
                              Die vorerst trocken durch einander gemengte Mischung von
                                 										Romancement und Sand ist mit der weiter unten vorgeschriebenen bezieh.
                                 										ermittelten Menge Wasser, und zwar von dem Momente der Wasserzugabe, bei rasch
                                 										bindenden Cementen durch 1 Minute, bei mittel oder langsam bindenden Cementen
                                 										durch 3 Minuten tüchtig durchzuarbeiten und sofort auf einmal in die gehörig
                                 										gereinigten und mit Wasser benetzten Formen zu füllen; ein nachträgliches
                                 										Aufbringen von Mörtel ist zu vermeiden.
                              Die Herstellung der Probekörper muss unter allen Umständen
                                 										vollendet sein, bevor der Erhärtungsbeginn des Romancementes eingetreten ist, es
                                 										ist daher namentlich bei Raschbindern in dieser Richtung besondere Vorsicht und
                                 										Sorgfalt geboten.
                              Die Verschlussvorrichtung der Formen für die Zugprobekörper
                                 										muss dem bei der Erzeugung dieser Körper entstehenden Drucke genügend Widerstand
                                 										leisten, da sonst durch Nachlassen dieses Verschlusses der
                                 										Zerreissungsquerschnitt vergrössert, und unrichtige Festigkeitsresultate sich
                                 										ergeben würden; ein durch Federkraft erzeugter Verschluss der beiden Theile der
                                 										Formen ist aus diesem Grunde unzulässig.
                              b) Herstellung der Probekörper
                                    											durch maschinelle Arbeit.
                              Um Ergebnisse zu erhalten, welche einen Vergleich der Zug- zur
                                 										Druckfestigkeit zulassen, ist es nothwendig, dass die Probekörper für beide
                                 										Festigkeiten in derselben Consistenz und mit derselben Dichte angefertigt
                                 										werden, was einerseits durch im Verhältniss zur Trockensubstanz gleichen
                                 										Wasserzusatz, andererseits durch eine bei der Comprimirung des Mörtels
                                 										angewendete gleiche Arbeit für die Volumeneinheit der Trockensubstanz erreicht
                                 										wird.
                              Zur Ermittelung des richtigen Wasserzusatzes werden 750 g gut
                                 										gemengter, trockener Normalmörtelmischung mit einer vorläufig angenommenen
                                 										Wassermenge gleichmässig angefeuchtet und bei Raschbindern 1 Minute, bei Mittel-
                                 										und Langsambindern 3 Minuten lang durchgearbeitet.
                              Der so gewonnene Mörtel wird auf einmal in die Form des zur
                                 										Herstellung der Druckprobekörper dienenden Rammapparates gefüllt und durch 150
                                 										Schläge eines 3 k schweren Fallgewichtes oder Hammers aus einer Höhe von 0,50 m
                                 										comprimirt.
                              Zeigt der Mörtel nach dem Schlage eine massige Absonderung von
                                 										Wasser an seiner Oberfläche, so gilt dies als Zeichen, dass die Wassermenge
                                 										correct gewählt worden ist. Anderenfalls ist der Versuch mit einer jedesmal
                                 										geänderten Wassermenge so lange zu wiederholen, bis bei dem letzten Schlage die
                                 										Wasserabsonderung beginnt.
                              Die derart ermittelte procentuelle Wassermenge gibt die
                                 										Normalmörtelconsistenz, mit welcher alle Probekörper anzufertigen sind.
                              Die Arbeit, welche bei der Erzeugung der Probekörper zu
                                 										leisten ist, wird mit 0,3 mk für 1 g Trockensubstanz festgesetzt.
                              
                              Bei maschineller Herstellung sind die Probekörper einzeln
                                 										anzufertigen, und es werden für jeden Probekörper der Druckfestigkeit 750 g, für
                                 										jeden Probekörper der Zugfestigkeit 200 g trockener Normalmischung mit der auf
                                 										obige Weise ermittelten procentuellen Wassermenge angerührt.
                              Der so erhaltene Normalmörtel wird auf einmal in die mit einem
                                 										Füllkasten versehene Form gefüllt und mittels eines genau in die Form passenden
                                 										Kernes bei den Druckprobekörpern durch 150 Schläge eines aus einer Höhe von 0,50
                                 										m fallenden, 3 k schweren Rammklotzes oder Hammers, bei den Zugprobekörpern
                                 										jedoch durch 120 Schläge eines 0,25 m hoch herabfallenden, 2 k schweren
                                 										Rammklotzes comprimirt. Unmittelbar nach dem letzten Schlage entfernt man den
                                 										Kern und den Aufsatz des Formkastens, streicht das überschüssige, die Form
                                 										überragende Material mit einem Messer ab, glättet die Oberfläche und nimmt den
                                 										Probekörper aus der Form, sobald der Mörtel vollständig abgebunden hat.
                              Die zur Comprimirung der Probekörper dienenden Apparate sollen
                                 										auf solider, nicht federnder Unterlage, am besten auf Mauerwerk ruhen.
                              Bei genauer Einhaltung obiger Vorschriften und namentlich der
                                 										auf die Trockensubstanz bezogenen gleichen Arbeit wird sowohl für die Zug- als
                                 										Druckkörper eine annähernd gleiche Dichte erzielt.
                              Um diese wichtige Bedingung zu controliren und um einen
                                 										Anhaltspunkt zur Beurtheilung der richtigen Herstellung von durch Handarbeit
                                 										erzeugten Probekörpern zu bieten, ist die Dichte der Probekörper sofort nach
                                 										ihrer Herstellung zu erheben und deren Durchschnittsziffer sowohl bezüglich der
                                 										Druckprobekörper, als auch der Zugprobekörper den Versuchsergebnissen
                                 										beizufügen.
                              c) Herstellung von
                                    											Zugprobekörpern durch Handarbeit.
                              Bei mittel und langsam bindenden Romancementen sind drei
                                 										Probekörper gleichzeitig, bei rasch bindenden jedoch ist jeder Probekörper
                                 										separat herzustellen.
                              Für je drei Stück gleichzeitig anzufertigender Probekörper
                                 										werden 150 g Romancement mit 450 g Normalsand in einer Schüssel gut durch
                                 										einander gemengt und sodann mit reinem Wasser angerührt. Die Wassermenge soll so
                                 										gewählt werden, dass der Mörtel das Aussehen von frisch gegrabener Gartenerde
                                 										hat. Mit dem so erhaltenen Mörtel werden drei auf einer Metall- oder auf starker
                                 										Glasplatte liegende Formen auf einmal so hoch gefüllt, dass sie stark gewölbt
                                 										voll werden. Man schlägt nun mittels eines eisernen, 35 cm langen Spatels,
                                 										dessen Schlagfläche 5 cm breit, 8 cm lang und 0,5 cm dick ist und dessen
                                 										Gesammtgewicht 350 g beträgt, den überstehenden Mörtel anfangs schwach und von
                                 										der Seite her, dann immer stärker so lange in die Formen ein, bis er an seiner
                                 										Oberfläche Feuchtigkeit ausschwitzt.
                              Ein bis zu diesem Zeitpunkte fortgesetztes Einschlagen, das
                                 										etwa eine Minute dauert, ist unbedingt erforderlich. Man streicht nun den die
                                 										Formen überragenden Mörtel mit einem Messer ab und glättet mit demselben die
                                 										Oberfläche.
                              Nach vollendetem Abbinden des Mörtels werden die Formen
                                 										vorsichtig von den Probekörpern abgelöst.
                              d) Anfertigung der Probekörper
                                    											aus reinem Romancement.
                              Zugprobekörper aus reinem
                                 										Romancement können entweder maschinell, mit Handarbeit oder in gussgerechter
                                 										Consistenz hergestellt werden.
                              Die Herstellung der Druckprobekörper darf nur mit maschineller Arbeit erfolgen. Bei
                                 										Herstellung der Zug- und Druckprobekörper mit maschineller Arbeit wird ganz so
                                 										verfahren, wie bei der Herstellung der Probekörper in normaler Mörtelmischung.
                                 										Der erforderliche, jedesmal zu ermittelnde Wasserzusatz wird hier ebenso
                                 										bestimmt, wie dort angegeben.
                              Die Herstellung von Zugprobekörpern mittels Handarbeit
                                 										geschieht unter Beobachtung der Vorschriften für die Herstellung der
                                 										Zugprobekörper in normaler Mörtelconsistenz. Die Herstellung der Zugprobekörper
                                 										in gussgerechter Consistenz geschieht in folgender Weise:
                              Man fettet drei Formen auf der Innenseite etwas ein und setzt
                                 										dieselben auf eine Metall- oder Glasplatte. Sodann mischt man 600 g Romancement
                                 										mit jener Wassermenge, die für die Herstellung einer gussgerechten Consistenz
                                 										erforderlich ist, was durch Zugabe von 1 Proc. Wasser über die zur
                                 										Normalconsistenz nöthige Wassermenge erreicht wird, rührt die Masse unter
                                 										entsprechender Rücksichtnahme auf den Erhärtungsbeginn 1 bis zu 3 Minuten gut
                                 										durch, füllt die Formen voll und streicht dieselben mit einem Messer sauber
                                 										ab.
                              Die Formen dürfen erst abgelöst werden, wenn der Romancement
                                 										genügend erhärtet ist.
                              
                           
                              2) Aufbewahrung der Probekörper.
                              Nach der Anfertigung sind die Probekörper die ersten 24
                                 										Stunden an der Luft, und zwar, um sie vor ungleichmässiger Austrocknung zu
                                 										schützen, in einem geschlossenen, feucht gehaltenen Raume, die übrige Zeit aber
                                 										bis unmittelbar vor Abführung der Proben unter Wasser aufzubewahren.
                              Das Wasser, in welchem dieselben erhärten, ist in den ersten
                                 										vier Wochen alle acht Tage zu erneuern, und ist darauf zu achten, dass die
                                 										Probekörper immer vom Wasser bedeckt sind. Bei Proben, welche über diese Zeit
                                 										hinaus aufbewahrt werden, genügt es, das durch Verdunstung verloren gegangene
                                 										Wasser von Zeit zu Zeit durch frisches Wasser zu ersetzen, so dass die Proben
                                 										immer vollständig unter der Wasseroberfläche bleiben.
                              
                           
                              3) Vornahme der Festigkeitsproben.
                              Die Probekörper sind sofort nach der Entnahme aus dem Wasser
                                 										zu prüfen. Für jede Altersklasse sind sowohl die Druck- als die Zugfestigkeit
                                 										stets an je sechs Probekörpern zu bestimmen.
                              Da die Dauer der Belastung bei der Zugprobe von Einfluss auf
                                 										das Resultat ist, so soll bei der Prüfung auf Zugfestigkeit die Zunahme der
                                 										Belastung während des Versuches 100 g in 1 Secunde betragen.
                              Bei dem Einspannen der Probekörper ist darauf zu achten, dass
                                 										der Zug genau in einer zur Bruchfläche senkrechten Richtung stattfinde.
                              Bei der Prüfung auf Druckfestigkeit soll, um einheitliche
                                 										Resultate zu erzielen, der Druck stets auf zwei Seitenflächen der Würfel (im
                                 										Sinne der Erzeugung) ausgeübt werden, nicht aber auf die Bodenfläche und die
                                 										bearbeitete obere Fläche.
                              In Streitfällen über die Handhabung dieser
                                 										Prüfungsbestimmungen ist das in der Prüfungsanstalt für hydraulische Bindemittel
                                 										der Stadt Wien angewendete Verfahren maassgebend.
                              
                                 Das Cement-Comité des Oesterreichischen Ingenieur- und
                                    											Architekten-Vereins:
                                 
                              
                                 
                                    Dr. G. v.
                                          													Rebhann,
                                    
                                       E. Gärtner,
                                       
                                    
                                       A. Wilhelm,
                                       
                                    
                                 
                                    Obmann.
                                    Obmann-Stellvertreter.
                                    Schriftführer.
                                    
                                 
                                    
                                       Franz Berger.
                                       
                                    Dr. Alex. A.
                                          													Curti    F. Ritter.
                                    
                                       R. Bode.
                                       
                                    
                                 
                                    
                                       Alfred Greil.
                                       
                                    
                                       Friedrich Ritter   v. Stach.
                                       
                                    
                                       F. Bömches.
                                       
                                    
                                 
                                    
                                       K. Köchlin.
                                       
                                    Dr. E.
                                          													Teirich.      J. Chailly.
                                    
                                       O. Merz.
                                       
                                    
                                 
                                    
                                       Max Thury.      Adolf Baron Pittel
                                       
                                    
                                 
                              Vom Oesterreichischen Ingenieur- und
                                    											Architekten-Verein beratheil und genehmigt in der Geschäftsversammlung
                                 										vom 12. April 1890.
                              Wien, am 13. April 1890.
                              
                                 
                                    Der Vereins-Vorsteher:
                                                   
                                    Der Vereins-Secretair:
                                    
                                 
                                    Hauffe m.
                                       												p.
                                    
                                    L. Gassebner
                                       												m. p.