| Titel: | Ueber Fortschritte in der Spiritusfabrikation. | 
| Fundstelle: | Band 283, Jahrgang 1892, S. 21 | 
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                        Ueber Fortschritte in der
                           								Spiritusfabrikation.
                        (Patentklasse 6 Fortsetzung des Berichtes Bd. 281
                           								S. 300.)
                        Ueber Fortschritte in der Spiritusfabrikation.
                        
                     
                        
                           I. Rohmaterialien und Malz.
                           Ueber die Verarbeitung von Erbsen in der Brennerei zur
                                 										Gewinnung von Spiritus, und Futter berichtet G.
                                 										Heinzelmann in der Zeitschrift für
                                 										Spiritusindustrie, Bd. 14 S. 141, nach Versuchen, welche er in einer
                              									Brennerei ausgeführt hat. Danach ist die Verarbeitung der Erbsen eine sehr leichte.
                              									Man schüttet am Tage zuvor das erforderliche Quantum Erbsen und Wasser (140 l pro
                              									100 k Erbsen) in den Henzedämpfer, lässt die Nacht über stehen und kocht am anderen
                              									Morgen mit Dampf, anfänglich bei offenem Mannloch, eine halbe Stunde, dünn schliesst
                              									man das letztere und lässt nun langsam den Druck auf 3,5 bis 3,75 at steigen,
                              									während oben wie beim Maisdämpfen etwas Dampf abgelassen wird. Die Erbsen sind in
                              									etwa 1,5 Stunden vollständig weich gekocht und bilden eine gleichförmige Masse, die
                              									ausgeblasen und mit Malz verzuckert wird, Ein längeres Kochen der Erbsen bei hohem
                              									Druck, etwa 4 at, ist zu vermeiden, da die Erbsen sich stark bräunen, ein Theil des
                              									in ihnen enthaltenen Zuckers verloren geht und auch vielleicht der Futterwerth der
                              									Schlampe, beeinträchtigt wird. Die. Aufschliessung war eine gute. Die Consistenz der
                              									fertigen Maischen war die einer recht dicken Kartoffelmaische, sie zeigten 19 bis
                              									19,5° Sacch., gebrauchten bei der Angährung etwa 14 cm Steigraum bei einer
                              									Bottichhöhe von 104 cm und mussten dennoch bis zum Durchbruch der Gährung gerührt
                              									werden, um ein Uebersteigen zu verhüten. Die Maische liess nämlich keine
                              									Kohlensäurebläschen bei der. Angährung aufsteigen, erst beim Rühren entwichen diese.
                              									Während der Gährung wurden die Maischen bald, dünnflüssiger und erforderten dann
                              									höchstens 6 cm, zuweilen auch noch weniger Steigraum. Die Gährung glich fast
                              									derjenigen von Maismaischen. Zusätze von Soda, Schwefelsäure oder schwefligsaurem
                              									Natrium, um den anfänglich so bedeutenden Steigraum zu verhindern, waren ohne
                              									Erfolg. Die Ausbeute veranschlagt Verfasser auf über 170 Literproc. pro k Stärkmehl.
                              									Bei der Bestimmung des Alkohols durch Destillation zeigte es sich, dass in der
                              									Praxis etwa 20 l mehr gewonnen wurden als berechnet war. Der Verfasser nimmt an,
                              									dass die vergohrenen Erbsenmaischen vielleicht flüchtige Stoffe enthalten, welche
                              									die Alkoholometeranzeige bei der analytischen Bestimmung des Alkohols in der Maische
                              									beeinflussen. Die Erbsen verwerteten sich bei diesen Versuchen bei freiem Futter nur
                              									zu 5,44 Mark pro 100 k, doch ist zu bemerken, dass es schlechte, dumpfig gewordene
                              									Erbsen waren. (Die Verarbeitung eines derartigen schlechten Materials dürfte durch
                              									Anwendung von Flussäure sehr erleichtert und verbessert werden können. Der Ref.) Der Alkohol
                              									zeigte einen angenehmeren Geschmack und Geruch als Mais- und Kartoffelspiritus. Auch
                              									als Zumaischmaterial zu Mais oder Kartoffeln liessen sich die Erbsen gut
                              									verarbeiten. Der Verfasser macht auf den hohen Futterwerth der Erbsenschlämpe
                              									aufmerksam und hält die Verarbeitung schlechter, zum Verkauf nicht mehr geeigneter
                              									Erbsen für lohnend.
                           Ueber denselben Gegenstand berichtet B. an derselben
                              									Stelle S. 176. Er hat schon im Jahre 1882 versucht, Erbsen als Maischmaterial zu
                              									verwenden. Die Aufschliessung war vorzüglich, die Maischen waren dünnflüssig, die
                              									Ausbeute sehr gut, jedoch trat so starke Schaumgährung ein, dass sie durch kein
                              									Mittel zu bekämpfen war. Als Zumaischmaterial bis zu 75 Proc. hielt sich dagegen die
                              									Schaumbildung in so engen Grenzen, dass keine Gefahr eintreten konnte. Ferner
                              									zeigten diejenigen Maischen, welchen die Erbsen als Schrot im Vormaischbottich
                              									zugesetzt worden waren, eine viel geringere Neigung zur Schaumbildung als da, wo das
                              									ganze Material gemeinsam im Henzedämpfer gedämpft wurde. Der Spiritus zeigte ein
                              									eigenartiges Aroma, welches bei den Kennern richtige Würdigung fand.
                           Gute verkäufliche und sogenannte magere Maiskörner
                              									untersuchte Charles Wood und fand im Mittel folgende
                              									Zusammensetzung der Trockensubstanz:
                           
                              
                                 
                                 
                                    Guter Mais
                                    
                                 
                                    Magerer
                                       											Mais
                                    
                                 
                              
                                 Proteїn
                                 10,99
                                 12,50
                                 Proc.
                                 
                              
                                 Fett
                                   5,40
                                 4,97
                                 „
                                 
                              
                                 Stickstofffreie Extractstoffe
                                 80,52
                                 79,14
                                 „
                                 
                              
                                 Rohfaser
                                   1,60
                                 1,68
                                 „
                                 
                              
                                 Asche
                                   1,49
                                 1,71
                                 „
                                 
                              
                           Der gute Mais war also ärmer an Proteїn, Rohfaser und Asche, dagegen reicher an Fett
                              									und stickstoffreien Stoffen. (Third Annual Report of the
                                 										storrs School Agricultural Experiment Station, Stoors Connecticut 1890, S.
                              									26.)
                           Bericht über Kartoffelanbauversuche im Jahre 1890. Von
                              										Holdefleiss. (Landwirth, Bd. 27 S. 139 und
                              									145.)
                           Ueber die Frühcultur der Kartoffeln von F. W. Gross. (Gartenflora, 1891 S. 25.)
                           Ueber den Schorf der Kartoffeln schreibt R. Thaxter im Annual Report of
                                 										the Connecticut Agricultural Experiment Station für 1890 S. 80.
                           Untersuchungen über die Bekämpfung der
                                 										Kartoffelkrankheit führte A. Petermann aus.
                              										(Bulletin de la Station Agronomique de l'Etat à
                                 										Gembloux, 1891 S. 1.) Der Verfasser gelangte zu folgenden Resultaten: 1.
                              									Die Kupferkalkmischung stellt ein wirksames Mittel gegen die von der Peronospora
                              									infestans verursachte Erkrankung der Kartoffeln dar. 2. Die Erträge an kranken
                              									Knollen sehr stark vermindernd, wirkt die Kupferkalklösung weder nachtheilig auf die
                              									Gesammternte, noch auf den Stärkemehlgehalt ein. 3. Der geeignetste Zeitpunkt für
                              									die Behandlung ist gekommen, wenn sich die ersten Anzeichen der Krankheit bemerkbar
                              									machen. Gegeben werden vortheilhaft pro Hektar 50 k Kupfervitriol und 25 k Kalk in
                              									15 hl Wasser gelöst. 4. Es ist wahrscheinlich, dass eine Lösung, welche an Stelle
                              									des Kupfervitriols die gleiche Menge an schwefelsaurem Eisen enthält, ein ebenso
                              									wirksames und wesentlich billigeres Mittel gegen die Kartoffelfäule darstellt.
                           Ueber günstige Wirkung der Kartoffelbesprengung mit
                                 										Kupferlösung berichtet auch J. Ehrensperger im
                              										Badischen Wochenblatt des landwirthschaftlichen
                                 										Vereins, 1890 S. 647.
                           Bakteriologische Untersuchungen über die Nassfäule der
                                 										Kartoffelknollen veröffentlicht Ernst Krämer
                              									in dem Oesterreichischen landwirthschaftlichen
                                 										Centralblatt 1891 S. 11. Saare bespricht die
                              									Arbeit in der Zeitschrift für Spiritusindustrie, Bd. 14
                              									S. 167 und hebt daraus als besonders wichtig die folgenden Punkte hervor: 1. Die
                              									Nassfäule der Kartoffel verdankt ihre Entstehung einem einzigen Pilz, einem
                              									Bacillus, der zu der Klasse der Buttersäuregährung hervorrufenden gehört und zu den
                              									luftliebenden, aeroben, Bakterien zählt. In der Praxis wird Umstechen und Lüften der
                              									Kartoffeln für nützlich gegen die Fäule gehalten zur Begünstigung der Trockenfäule.
                              									2. Der Eintritt in die Kartoffel findet nur durch die Rindenporen statt, deren
                              									Vermehrung durch Nässe begünstigt wird. Je nässer also die eingefahrenen Kartoffeln
                              									sind und bleiben, um so schneller und grösser wird die Infection sein. 3.
                              									Zuckerreiche Kartoffeln werden früher und stärker angegriffen als stärkereichere.
                              									Zuckerreich sind z.B. Seed, Richters Imperator, Juno,
                              									immer zuckerarm die Daber'sche Kartoffel.
                           
                        
                           II. Dämpfen und Maischen.
                           Verfahren zum Dämpfen des Rohmaterials für die Spiritus- und
                                 										Presshefefabrikation. Von Leopold Mandl in
                              									Budapest. Patentschrift Nr. 57424, patentirt im
                              									Deutschen Reiche vom 9. November 1890 ab. Der Patentanspruch lautet: „Ein
                                 										Verfahren zum Dämpfen des Rohmaterials für die Spiritus- und
                                 										Presshefefabrikation, dadurch gekennzeichnet, dass das Rohmaterial unter
                                 										eventuellem Zusatz von Wasser mittels Wasserdampfes bis zu einer dem Druck der
                                 										Atmosphäre entsprechenden Temperatur erhitzt bezieh. gedämpft und darauf mittels
                                 										gespannter Luft unter Druck gestellt und eventuell aus dem Dämpfer ausgeblasen
                                 										wird.“ Die Vorzüge des Verfahrens sollen nach einer Mittheilung in der Zeitschrift für Spiritusindustrie Bd. 14. S. 192 ausser
                              									in der Ersparniss an Heizmaterial hauptsächlich darin bestehen, dass durch den
                              									Ersatz des Dampfdruckes durch Luftdruck die Temperaturerhöhung, welche bei dem alten
                              									Verfahren die Karamelisirung der Stärke, sowie schädliche Nebengährung
                              									hervorbrachte, gänzlich vermieden wird, ebenso wie die Zersetzung der in den
                              									verschiedenen Fruchtarten enthaltenen Mengen von Zucker und Dextrin nicht mehr
                              									stattfinden kann, wodurch eine bessere Ausnutzung des Rohmaterials erzielt wird. Das
                              									neue Verfahren gestattet ferner die Verwendung des Henzedämpfers, des Dämpfers von
                              										Hollefreund, Böhm u.s.w. bezieh. die Ausführung des
                              									Hochdruckverfahrens mit ungeschrotenem Korn, also die Anwendung des Verfahrens auch
                              									für die Presshefeerzeugung, wobei das Schroten der Fruchtgattungen wegfällt und eine
                              									grössere Hefeausbeute erzielt wird.
                           Bemerkungen zum Hefelüftungsverfahren bringt die Zeitschrift für Spiritusindustrie, Bd. 14 S. 246. Der
                              									Verfasser erläutert die verschiedenen Verfahren zur Gewinnung der Hefe aus der
                              									gelüfteten Maische und weist darauf hin, dass die Qualität der Hefe nach der jetzt
                              									erreichten Vervollkommnung des Verfahrens die gleich gute ist wie diejenige der nach
                              									dem alten Verfahren gewonnenen. Da das Lüftungsverfahren die Ausbeute fast
                              									verdoppelt, die Qualität der Hefe aber um so besser ist, je stickstoffreicher sie
                              									ist, hohe Ausbeute jedoch gewöhnlich auf Kosten des Stickstoffgehaltes der Hefe,
                              									d.h. ihrer Gährkraft, aufzutreten pflegen, so darf, soll dieses vermieden werden, eben
                              									nur eine stickstoffreiche Gährflüssigkeit verwandt werden. Vom Standpunkt der
                              									Technik aus ist das Lüftungsverfahren entschieden als ein Fortschritt zu
                              									begrüssen.
                           
                        
                           III. Gährung und Hefe.
                           Ueber die Anwendung der Flussäure und der schwefligsauren
                                 										Salze, insbesondere des doppelt schwefligsauren Kalkes, liegen mehrere
                              									Arbeiten in der Zeitschrift für Spiritusindustrie, Bd.
                              									14 S. 133, 154, 159, 101 vor. Dams hat bei Anwendung
                              									des Kalksalzes bei gutem Material keinen Erfolg beobachtet. Bei Anwendung grösserer
                              									Mengen trat der Geruch nach Schwefelwasserstoff auf. Brauer hält die Anwendung des Kalksalzes bei Verarbeitung von schlechtem
                              									Material für empfehlenswerth, jedoch ist durch dieselbe ein normaler Betrieb nicht
                              									zu erzielen. Das Auftreten von Schwefelwasserstoff ist bei Anwendung des Kalksalzes
                              									geringer als bei dem Natriumsalz, jedoch werden durch das Kalksalz die Gefässe stark
                              									angegriffen. Diese letztere Beobachtung bestätigt Tietze, welcher bei schlechtem Material durch die Anwendung des Kalksalzes
                              									eine etwas höhere Ausbeute erzielte. Derselbe empfiehlt auch die Flussäure und zwar
                              									zum Ausstreichen der Räume und ist der Ansicht, dass eine derartige Anwendung keine
                              									Verletzung des Patentes sei. (Nach Märcker genügt das
                              									Ausstreichen mit Flussäure nicht.) Gegen diese Ansicht Tietze's wendet sich die Société Générale de
                                 										Maltose, ebenso gegen die von Tietze
                              									ausgesprochene Vermuthung, dass auch die Flussäure die Gefässe angreifen wird, was
                              									natürlich bei der geringen Menge, in der diese Säure zur Anwendung gelangt, nicht
                              									der Fall sein kann. Endlich wird in zwei Protokollen von Sectionsversammlungen des
                              									Vereins Bayerischer Spiritus- und Branntweinproducenten sehr günstig über das
                              									Flussäureverfahren berichtet.
                           Wir beschränken uns auf diese kurzen Angaben, da die neuen Arbeiten von Märcker, Cluss und Schuppan über diesen Gegenstand, welche Märcker in dem soeben bei Paul Parey in
                              									Berlin erschienenen Werk „Das Flusssäureverfahren in der
                                    											Spiritusfabrikation. Nach Untersuchungen von Dr. Cluss und Dr. Schuppan, wie
                                    											nach den Erfolgen der Praxis kritisch bearbeitet von Dr. M. Märcker, Geh.
                                    											Regierungsrath und Professor in Halle a. S., mit in den Text gedruckten
                                    											Abbildungen“ veröffentlicht, zu einem abschliessenden Urtheil
                              									sowohl über den Werth der Flussäure, wie über die Ueberlegenheit derselben gegenüber
                              									den schwefligsauren Salzen geführt haben. Das genannte Werk enthält drei gesonderte
                              									Abtheilungen, nämlich: I. Kritische Darstellung der vorliegenden Beobachtungen über
                              									die Anwendung der Flussäure und der Fluoride im Vergleich zu anderen Antisepticis,
                              									von M. Märcker. II. Untersuchungen über den Werth und
                              									die Wirkung von Antisepticis, insbesondere der Flussäure, der Fluoride und der
                              									schwefligsauren Salze zur Förderung und Sicherung der Gährung, ausgeführt im
                              									chemischen Laboratorium der Versuchsstation Halle a. S. von Dr. A. Cluss. III. Mikroskopische Beobachtungen über die Einwirkung der
                              									Flussäure, der Fluoride und der schwefligsauren Salze auf die Entwickelung der Hefe
                              									und der Nebenfermente, ausgeführt im botanischen Laboratorium der Versuchsstation
                              									Halle a. S. von Dr. P. Schuppan. Mit 16
                              									Hefebildern.
                           Ueber die Arbeiten von Cluss sowie über die
                              									mikroskopischen Beobachtungen von Schuppan haben wir
                              									das Hauptsächlichste bereits an dieser Stelle berichtet. (Vgl. 1891. 281. 260.) Den Ausführungen Märcker's entnehmen wir hier das Folgende.
                           Die Wirkung der Flussäure und der Fluoride ist eine dreifache:
                           1. Sie wirken als Antiseptica durch Unterdrückung der gährungsstörenden Organismen.
                              									Diese Wirkung ist eine unfehlbare und zwar ist es nach den Beobachtungen von Schuppan vorzüglich der Buttersäurepilz, Clostridium
                              									butyricum, welcher durch Anwendung der Flussäure vollständig unterdrückt wird.
                           2. Sie bewirken eine Kräftigung und Sicherung der Diastasewirkung während der
                              									Gährung, theils dadurch, dass sie die der Diastase feindliche Säurung unterdrücken,
                              									theils aber auch noch auf andere, vorläufig noch unaufgeklärte Weise. Jedoch wird
                              									mit Sicherheit durch die von Cluss ausgeführten
                              									Versuche die von Effront behauptete diastaseschützende
                              									Wirkung der Flussäure und der Fluoride bestätigt und diese Beobachtung ist für die
                              									Praxis von grosser Bedeutung, denn man ist nun durch Anwendung der Flussäure in der
                              									Lage, die seiner Zeit von Schuster zwecks
                              									Malzersparniss vorgeschlagene günstigste Temperatur von 50 bis 56° bei der
                              									Zuckerbildung einzuhalten und dadurch erheblich an Malz zu sparen, während man ohne
                              									die Anwendung der Flussäure zu einer höheren, die Diastase bereits in ihrer Wirkung
                              									schädigenden Temperatur gezwungen war, um die schädlichen Nebenfermente abzutödten.
                              										Cluss hat durch seine Versuche gezeigt, dass man
                              									Dickmaischen durch sehr geringe Diastasemengen normal vergähren kann, wenn man die
                              									Diastase durch Flusssäure schützte, während ohne den Zusatz von Flussäure dieselben
                              									Diastasemengen durchaus nicht zur normalen Vergährung genügten. Auch gibt die
                              									Anwendung der Flussäure die Möglichkeit, ein geringwerthiges Malz zu verarbeiten,
                              									indem durch dieselbe die solchem Malz anhaftenden schädlichen Organismen zerstört
                              									werden. Man wendet daher auch bereits die Flussäure mit Vortheil auf der Malztenne
                              									an, indem man diese mit einer Lösung von 100 g Flussäure auf 25 l Wasser
                              									ausscheuert. Ueberhaupt werden durch die in Folge ihrer grossen Flüchtigkeit
                              									eintretende Verbreitung der Flussäure alle Räume der Brennerei desinficirt. Der
                              									Zusatz der Flussäure erfolgt am wirksamsten zu der mit Hefe versetzten süssen
                              									Maische.
                           3. Die directe Einwirkung der Flussäure auf die Hefe durch die Heranzüchtung einer
                              									besonders gährkräftigen Hefe und vielleicht sogar durch die Consolidirung einer
                              									bestimmten gährkräftigen Heferasse. Durch geringe Mengen Flussäure wird nach Schuppan's Untersuchungen die Hefevermehrung
                              									begünstigt, durch grössere Mengen jedoch vermindert. Trotzdem vermag aber die mit
                              									höherem Flussäurezusatz gewonnene geringere Hefemenge viel bessere Gährungserfolge
                              									zu erzielen, als die nur mit einem kleinen oder ganz ohne Flussäurezusatz gewonnene
                              									grössere Hefemenge. An der Richtigkeit dieser von Effront gemachten Beobachtung ist nach den Untersuchungen von Cluss nicht im geringsten mehr zu zweifeln.
                              									Wahrscheinlich wird diese Wirkung dadurch bedingt, dass unter dem Einfluss der
                              									Flussäure eine besonders gährkräftige Heferasse ausgebildet wird, eine Annahme,
                              									welche von Effront ausgesprochen, von Büchler und auch von Schuppan als wahrscheinlich bezeichnet wird, jedoch der Bestätigung durch weitere
                              									Versuche, welche von Schuppan in Aussicht genommen
                              									sind, noch bedarf.
                           Die Flussäure ist nicht nur von grossem Werth als sicheres Mittel zur Beseitigung von
                              									zeitweise auftretenden Gährungsstörungen, sondern mehr noch dadurch, dass durch die
                              									regelmässige Anwendung derselben eine solche Sicherheit des Betriebes erreicht wird,
                              									wie sie bisher niemals zu erreichen möglich war. Dieses geht sowohl aus den
                              									Beobachtungen der Praxis hervor, wie auch aus den Versuchen von Cluss, aus denen Märcker
                              									die Ueberzeugung gewonnen hat, dass die Flussäure, so zu sagen als Regulator des
                              									Betriebes, eine grosse Zukunft hat.
                           Von grosser Wichtigkeit und Bedeutung für die Landwirthschaft ist ferner die durch
                              									die Flussäure bedingte Haltbarkeit der Schlampe, wodurch dieselbe zu einem
                              									gesundheitsgemässeren Futtermittel gemacht wird und die bisher bei der
                              									Schlämpefütterung so vielfach beobachteten Gesundheitsstörungen vermieden werden. In
                              									der aus mit Flussäurezusatz behandelten Maischen gewonnenen Schlampe konnte, auch
                              									wenn man dieselbe bei den günstigsten Gährungstemperaturen stehen liess, die
                              									Entwickelung von Mikroorganismen nicht beobachtet werden.
                           Die auch von Cluss und Schuppan ausgeführten Versuche mit schwefligsaurem Natrium und
                              									doppeltschwefligsaurem Kalk führten zu dem Resultat, dass auch diese Mittel eine
                              									gewisse antiseptische Wirkung besitzen, jedoch lange nicht in dem Maasse auf die
                              									Unterdrückung der Säurebildung und auf die Erhöhung der Alkoholausbeute einzuwirken
                              									vermögen wie die Flussäure. Dieses ist auch sehr erklärlich, da diese Stoffe
                              									lediglich als Antiseptica wirken, dagegen nicht im stände sind, die Diastasewirkung
                              									zu sichern und eine besonders gährkräftige Heferasse zu erzeugen, wie dieses die
                              									Flussäure und Fluoride vermögen. Ausserdem haben die Sulfite den grossen Nachtheil,
                              									dass durch dieselben ein im höchsten Grade widerwärtig nach Schwefelverbindungen
                              									riechender Spiritus gewonnen wird, während durch die Anwendung der Flussäure ein
                              									sehr reiner Spiritus erzeugt wird. Dieser Uebelstand der Sulfite tritt nach den
                              									Versuchen von Cluss auch bei Anwendung des Kalksalzes
                              									ein, sobald man dasselbe in so grossen Mengen gibt, wie sie zur Erzeugung einer
                              									antiseptischen Wirkung eben erforderlich sind. Märcker
                              									ist daher auf Grund dieser Beobachtung der Ansicht; dass auch die Anwendung des
                              									doppeltschwefligsauren Kalkes keine Zukunft in der Brennerei haben wird.
                           Märcker schliesst das Vorwort zu seiner Schrift mit
                              									folgendem Satz. „Wir können nicht umhin, an dieser Stelle
                                    											auszusprechen, dass Effront's Beobachtungen durch unsere Ergebnisse in jeder
                                    											Beziehung bestätigt worden sind und dass sich uns, die wir beim Beginne
                                    											unserer Arbeiten der Frage ziemlich skeptisch gegenüberstanden, bei jedem
                                    											weiteren Schritt die Ueberzeugung von dem hohen Werth der Flussäure und
                                    											ihrer Ueberlegenheit über andere Antiseptica aufgedrängt hat. Dies
                                    											rückhaltlos auszusprechen und Effront unsere volle Anerkennung für seine
                                    											exacten Arbeiten auszudrücken, nehmen wir hiermit gern
                                    										Veranlassung.“
                           Wir müssen uns mit dieser kurzen Skizzirung der umfangreichen Arbeit der Verfasser
                              									begnügen und wollen nur noch darauf hinweisen, dass Märcker in einem Abschnitt auch eingehende Belehrung über die praktische
                              									Anwendung der Flussäure und Fluoride gibt.
                           Ueber den Gomolka'schen Hefekühl- und Maischbewegungsapparatliegen mehrere Mittheilungen in der Zeitschrift für
                                 										Spiritusindustrie, Bd. 14. S. 147, 154 und 167 von Koser, Lugschütz und Bast vor, welche
                              									sämmtlich sehr günstig lauten. Der Verbrauch an Wasser ist nicht bedeutend. Der
                              									Apparat macht sich in kurzer Zeit bezahlt dadurch, dass durch die in Folge der
                              									mechanischen Maischbewegung bewirkte Entfernung der Kohlensäure ein grösseres
                              									Quantum eingemaischt und dadurch bedeutend an Steuer gespart werden kann. Der
                              									Steigraum vermindert sich von 15 bis 16 auf 9 bis 10 cm; die mechanische Bewegung
                              									hat sich auch zur Zerstörung des Schaumes bei Verarbeitung von Seedkartoffeln sehr
                              									nützlich erwiesen. Diese Angaben Koser's bestätigt Lugschütz durch seine Beobachtungen. Rast gibt die Verminderung des Steigraumes von 15 bis
                              									18 auf 6 bis 8 cm an. Der Wasserverbrauch kommt bei den angewandten Kühlschlangen
                              									gar nicht in Betracht, indem das Wasser zur Bewegung des Rades vollkommen genügt.
                              									Bei nicht eingesetzten Kühlschlangen genügen pro Minute 8 bis 10 l, auch weniger,
                              									dies richte sich ganz nach der Bewegung der Kühlsterne. – Auch der Hefekühlapparat
                              									wird von Rast sehr gelobt.
                           Wie muss die Anlage der mechanischen Gährbottichkühlung sein,
                                 										insonderheit, welche Form müssen die Kühlschlangen haben, um die grösste
                                 										Steigraumersparniss herbeizuführen? Joh. Ernst Brauer beantwortet diese
                              									Frage in der Zeitschrift für Spiritusindustrie, Bd. 14
                              									S. 192 dahin, dass die Windungen der Kühlschlangen in einer Ebene liegen und dass
                              									die Schlangen beim Aufwärtsbewegen vollständig aus der Maische herausgehoben werden
                              									müssen, um die Maischdecke zu durchbrechen.
                           Ein Verfahren zur Vergährung von Maischen, Teigen, Würzen u.
                                 										dgl. und zur Verhinderung von Spaltpilzgährungen in denselben,
                              									gekennzeichnet durch den Zusatz von Glycerinphosphorsäure, ist Carl Funk in Charlottenburg und Nicolaus von Balogh in Moskau patentirt; Patentschrift Nr. 57865,
                              									patentirt im Deutschen Reich vom 9. November 1890 ab.
                           
                              
                                 (Fortsetzung folgt.)