| Titel: | Neue Schlagmechanismus-Construction an mechanischen Seidenwebstühlen. | 
| Fundstelle: | Band 283, Jahrgang 1892, S. 153 | 
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                        Neue Schlagmechanismus-Construction an
                           								mechanischen Seidenwebstühlen.
                        Von Ingenieur Franz Reh.
                        Mit Abbildungen.
                        Neue Schlagmechanismus-Construction an mechanischen
                           								Seidenwebstühlen.
                        
                     
                        
                           Von den an mechanischen Webstühlen gebräuchlichen Mechanismen zur Eintragung des
                              									Schussfadens in das geöffnete Fach, werden an den mechanischen Seidenwebstühlen
                              									hauptsächlich nur die sogen. Unterschlagvorrichtungen
                              									verwendet, das sind jene, bei welchen die Beeinflussung des den Webschützen
                              									antreibenden Pickers von unten her geschieht, und die Schlagwelle an den unteren
                              									Theilen des Stuhlgestelles Lagerung findet.
                           Textabbildung Bd. 283, S. 153Peitschenschlagmechanismus.Das Princip aller an mechanischen Webstühlen üblichen derartigen Mechanismen
                              									besteht bekanntlich darin, dass von einer der gleichförmig rotirenden Stuhlwellen
                              									mittels eines auf diese aufgekeilten Daumens oder Schlagexcenters ein kurzer
                              									Hebelarm mit Rolle in rasch ausschwingende Bewegung versetzt wird. Indem nun dieser
                              									Hebelarm auf einer Welle, der Schlagwelle, sitzt, die andererseits mit einem langen
                              									Hebelarm, dem Schlagarm, verbunden ist, welch letzterer den Picker antreibt, erhält
                              									dieser eine rasch beschleunigte Bewegung, die sich dem vor ihm liegenden Schützen
                              									mittheilt und denselben zum Durcheilen des Faches befähigt. Da bei einem derartigen
                              									Mechanismus der Antrieb des Schützens durch ein Excenter geschieht, so spricht man
                              									in einem solchen Falle von einem Excenterschlag; im Gegensatze zu dem gleichfalls an
                              									mechanischen, jedoch langsam laufenden Seidenstühlen verwendeten Federschlag, bei
                              									dem eine stark gespannte Feder obigen Zweck verfolgt.
                           Die Beeinflussung des Pickers durch den Schlagarm geschieht bei den an Seidenstühlen
                              									üblichen Constructionen entweder durch Vermittelung eines Riemens, sogen. Peitschenschlag, oder dadurch, dass der Schlagarm
                              									direct durch den Picker hindurchgesteckt ist, sogen. Schlag
                                 										à sabre.
                           Im ersteren Falle ist der Schlagarm mit der fix gelagerten Schlagwelle in starrer
                              									Verbindung und ist der Riemen eben aus dem Grunde nötig, weil der Picker als im
                              									Schützenkasten befindlicher Theil mit dem Ladenklotze vor und rückschwingt, während
                              									der Schlagarm nur eine oscillirende Bewegung nach rechts und links zu vollführen im
                              									Stande ist. Beim Schlag à sabre hingegen muss der Schlagarm mit der Lade vor und
                              									rückschwingen können und daher auf der Achse dieser seine Lagerung erhalten. Seine
                              									Verbindung mit der Schlagwelle geschieht dann so, dass er mit einem auf ihr
                              									befestigten Hebelarm durch einen Riemen zusammenhängt.
                           Neuester Zeit hat nun A. Faure in Voiron eine
                              									Construction ersonnen und mit Erfolg an den von ihm gebauten Seidenwebstühlen
                              									verwendet, welche eine Combination beider Schlagarten repräsentirt. Er steckt den
                              									Schlagarm direct durch den Picker durch, lagert ihn jedoch auf der fixen
                              									Schlagwelle; was nothwendigerweise bedingt, dass derselbe sowohl vor und
                              									rückzuschwingen als auch seitlich auszuschwingen befähigt sein muss.
                           Um das Wesen dieser Neuerung völlig erfassen und deren Vortheile ins rechte Licht
                              									setzen zu können, ist es nöthig, einen Blick auch auf die beiden gewöhnlichen
                              									Schlagmechanismus-Ausführungen an mechanischen Seidenwebstühlen zu werfen.
                           
                           Fig. 1 und 2 stellen eine
                              									Peitschenschlag-Construction vor.
                           Von der Hauptwelle A des Stuhles, die von der
                              									Transmission mittels Riementriebs Bewegung empfängt, wird mit der Uebersetzung 1 : 2
                              									durch Stirnräder die Schlagexcenterwelle B angetrieben.
                              									Auf letzterer ist festgekeilt eine Scheibe, die durch Schrauben mit dem
                              									Schlagexcenter C verbunden ist.
                           Die Schlagwelle D ist bei c,
                                 										c fix gelagert. An der Stelle F ist mit ihr
                              									ein Bolzen verschraubt, der an seinem Ende die Schlagrolle J trägt, die am Umfang des Schlagexcenters, veranlasst durch eine Feder,
                              									beständig anliegt.
                           Kommt die Nase des Schlagexcenters an die Schlagrolle heran, so schwingt diese rasch
                              									nach abwärts aus, mithin wird auch die Schlagwelle in rasch beschleunigte Bewegung
                              									versetzt.
                           In der Nähe des vorderen Endes der Schlagwelle trägt diese einen Vierkant, über den
                              									ein Kupplungsteil x geschoben ist, welcher durch Zähne
                              									den Kupplungsteil y mitnimmt, der zwischen sich und
                              									einer Deckplatte z den Schlagarm E eingelegt festhält. Schwingt die Schlagwelle rasch
                              									aus, so auch der Schlagarm E und dieser bewegt mittels
                              									der Peitsche oder des Riemens r1 den Vogel, Treiber oder Picker a längs des Vogelstängelchens u stuhleinwärts. Vor dem Picker liegt im Schützenkasten der Schützen und
                              									wird sonach auch dieser stuhleinwärts getrieben.
                           Der Schützenkasten ist am Ende des Ladenklotzes K
                              									angebracht, der mit der Ladenstelze L verschraubt ist,
                              									die auf der Ladenachse w sitzt. Diese findet ihre
                              									Lagerung beiderseits in den Gestellwänden G, bezieh. in
                              									den an letzteren festgeschraubten Supporten. Ladenklotz und Schützenkasten sind
                              									daher vor und rückbeweglich, nicht aber ist dies der Schlagarm E; der Riemen r1 stellt sonach das biegsame Verbindungsstück
                              									zwischen diesen verschieden beweglichen Theilen vor.
                           Dieser Schlagmechanismus empfiehlt sich sehr durch seine Einfachheit; er belästigt
                              									den Arbeiter durch keinen der hin und herschwingenden Theile, da diese alle
                              									unterhalb des Ladenklotzes sich befinden. Sein einziger Nachtheil besteht in der
                              									Verwendung eines Führungsstängelchens u für den
                              									Picker a; denn dieses muss von Zeit zu Zeit geölt
                              									werden, dass der Picker nicht warm laufe. Wenn nun schon in Folge der möglichst
                              									tiefen Einbettung dieses Stängelchens die Gefahr einer Beschmutzung des
                              									Schützenkastens, damit des Schützens und schliesslich des Seidengewebes beinahe
                              									ausgeschlossen ist, so ist doch die Möglichkeit hierzu vorhanden; Grund genug, um
                              									bei der Kostbarkeit des verwendeten Materiales den sogen. Schlag à sabre in manchen
                              									Fällen vortheilhafter, mindestens beliebter zu machen, bei welchem eine solche
                              									Verunreinigung ins Reich der Unmöglichkeiten gehört.
                           Textabbildung Bd. 283, S. 154Schlagmechanismus für den Schlag à sabre.Fig. 3 und 4 geben die Darstellung
                              									eines solchen Schlag à sabre. Die Schlagarme g sind hier direct durch die Picker a hindurchgesteckt und unten bei p auf der Ladenachse gelagert. Sie schwingen sonach mit
                              									der Lade hl vor und zurück. Auf der Schlagwelle e sitzt nun ein Hebelarm f, der durch Riemen r mit dem Schlagarm g zusammenhängt. Schwingt die Schlagwelle rasch aus, so
                              									bewegt sie mittels dieses Riemens auch den Schlagarm rasch stuhleinwärts. Oben im
                              									Schützenkasten ist jetzt gar kein Theil, der geschmiert werden muss; nur der
                              									Mechanismus ist complicirter geworden.
                           Der Schlagmechanismus von A. Faure in Voiron vermindert
                              									diese grössere Umständlichkeit, ohne des Vortheils des Schlag à sabre verlustig zu
                              									gehen. In Fig. 5 und
                              										6 ist eine Skizze
                              									dieser Faure'schen Ausführung gegeben.
                           Bei A ist die Hauptwelle des Stuhles, bei B dessen Schlagexcenter welle gelagert, a ist eines der beiden Schlagexcenter, d ist die bei f und g gelagerte Schlagwelle. An der Stelle c ist diese Schlagwelle von viereckigem Querschnitte
                              									und trägt in einem Langloche jenen Bolzen festgeschraubt, an dessen Ende die
                              									Schlagrolle drehbar sitzt. Während die Schlagwelle an dem Aussentheile des Gestelles
                              									Lagerung empfängt, ist das Schlagexcenter innerhalb der beiden Gestellschilde auf
                              									der Schlagexcenterwelle festgekeilt, weshalb der Bolzen mit der Schlagrolle durch
                              									einen entsprechend grossen Ausschnitt der Gestellwand stuhleinwärts reicht.
                           Vor der vorderen Lagerung g trägt die Schlagwelle auf
                              									einem Vierkant, analog der Construction in Fig. 1 und 2 den festen Theil einer
                              									Zahnkuppelung h. Der zweite Theil dieser, lose auf die
                              									Schlag welle vorn aufgeschoben und durch eine vorgeschraubte Mutter mit dem ersteren
                              									verbunden, bildet ein hochkantiges Stück k, dessen
                              									beide Seitenflächen bearbeitet sind und als Gleitflächen für das darübergeschobene
                              									Drehstück l dienen. Letzteres ist um den Bolzen i drehbar, der durch eine Bohrung des mit der
                              									Schlagwelle fest verbundenen Theiles k reicht und somit
                              									eine relativ fixe Drehachse repräsentirt.
                           Mit dem Drehstücke l ist oben mittels zweier Schrauben
                              									der Schlagarm m verbunden, der nach aufwärts durch den
                              									Ladenklotz und Picker hindurch, analog der Construction les Schlag à sabre
                              									reicht.
                           Wenn nun die Schlagnase des Excenters die Schlagrolle nach abwärts drückt, so
                              									schwingt die Schlagwelle and mit ihr auch der Kupplungsteil k rasch aus, nimmt hierbei das ihn gabelartig umgebende Drehstück l sicher m und veranlasst
                              									mittels des Schlagarms m die Einwärtsbewegung des
                              									Pickers und Schützens. Gleichzeitig schwingt die Lade DL um die Achse p nach rückwärts und dreht
                              									sich hierbei auch das Drehstück l um den Bolzen i. Letzterer muss daher möglichst tief d.h. in
                              									möglichster. Nähe der Ladenachse p gelagert sein, damit
                              									diese in zwei aufeinander senkrechten Ebenen stattfindenden Oscillationen ohne
                              									Klemmung vor sich gehen können. Eigentlich müsste sich die Achse i in der Verlängerung der Achse p befinden, wenn man es mit ganz streng geführten Theilen zu thun hätte.
                              									Da jedoch der Schlagarm im Schlitze des Ladenklotzes auch nach vorne und rückwärts
                              									etwas Spielraum besitzt, so geht die Bewegung auch in der gezeichneten Anordnung
                              									ganz anstandslos vor sich.
                           Eine Feder, welche in das am unteren Ende des Drehstückes l befindliche Häkchen eingehängt ist, bewegt den Schlagarm nach beendeter
                              									Wirksamkeit immer wieder in seine Endstellung stuhlauswärts.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 283, S. 155
                              Schlagmechanismus von Faure.