| Titel: | Garbenbindemaschinen. | 
| Autor: | V. Thallmayer | 
| Fundstelle: | Band 283, Jahrgang 1892, S. 213 | 
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                        Garbenbindemaschinen.
                        Von Prof. V. Thallmayer in Ungarisch-Altenburg.
                        (Schluss des Berichtes S. 192 d. Bd.)
                        Mit Abbildungen.
                        Garbenbindemaschinen.
                        
                     
                        
                           Geschichtliches. Als Prototyp der gegenwärtigen
                              									Bindemaschinen muss der von C. W. und W. W. Marsh im J. 1858 patentirte Marsh'sche harvester (Erntemaschine) angesehen werden,
                              									bei welchem zwei auf der Maschine stehende Arbeiter das Binden verrichteten. Die
                              									Generalanordnung der jetzigen Elevatorbinder stimmt mit jener von Marsh's harvester völlig überein, nur sind die zwei
                              									Arbeiter, die bei diesem das Binden verrichteten, durch einen mechanischen
                              									Bindeapparat ersetzt. Marsh's harvester arbeitete in
                              									der in Fig. 35 dargestellten Ausführung im J. 1870
                              									auch in Ungarisch-Altenburg.Der
                                    											Freundlichkeit der betreffenden Fabrikanten, sowie der Munificenz des hohen
                                    											königl. ungar. Ackerbauministeriums zufolge arbeiteten im Verlaufe der Jahre
                                    											auf dem Gute der königl. landw. Akademie in Ungarisch-Altenburg zu Zwecken
                                    											des Studiums die Draht- und Schnurbindemaschinen von Wood, Mc Cormick, Johnston, Hornsby, Hubbard u.a. Von
                              										Marsh's harvester wurden bis 1879 von verschiedenen
                              									Firmen über 100000 Stück gebaut und abgesetzt.
                           Textabbildung Bd. 283, S. 213Fig. 35.Erntemaschine von Marsh. Bei den von Adams und French gebauten Marsh'schen harvesters vertrat die Stelle der
                              									wagerechten Transporteurleinwand ein hin und her oscillirender Rost aus gezähnten
                              									Holzlatten, der das Getreide den Elevatorleinwanden zuschob. Die Ausbildung der
                              									mechanischen Bindevorrichtungen weist drei Phasen auf. In die erste (1850 bis 1870)
                              									fallen die diesbezüglichen Anfangsversuche, die darin bestanden, mechanische
                              									Bindevorrichtungen, welche entweder selbsthätig wirkten oder von einem Manne in
                              									Thätigkeit gesetzt werden mussten, an gewöhnlichen Mähemaschinen anzubringen. Jede
                              									nur denkbare Gattung von Bindematerial, ebenso auch die verschiedensten Formen von
                              									Bindevorrichtungen wurden versucht, jedoch insofern ohne Erfolg, als keine derselben
                              									sich einen Markt erobern konnte. Die zweite Phase (1870 bis 1880) begann mit
                              									der Anbringung von Bindeapparaten für Draht und Schnur am Marsh'schen harvester und fällt in diese auch die Ausbildung dieser
                              									Apparate. Die dritte Phase (1880 bis jetzt) charakterisirt die alleinige Verwendung
                              									von Schnur zu Bindematerial und die Vereinfachung der diesbezüglichen Bindeapparate.
                              									Gegenwärtig weisen alle Elevatorbindemaschinen in ihrer Anordnung keine erheblichen
                              									Unterschiede auf. Obschon John E. Heath aus Warren im
                              									Staate Ohio der erste war, der eine zum Binden von Getreide verwendbare Vorrichtung
                              									(Patentdatum: 22. Juli 1850) zu Stande brachte, so ist doch als erste
                              									Bindevorrichtung, die sich praktisch bewährte und die zur Anbringung an gewöhnlichen
                              									Mähemaschinen geeignet war, jene von W. W. Burson
                              									(Patentdatum: 26. Februar 1861) anzusehen. Seine auf Verwendung von Draht basirte
                              									Bindevorrichtung erregte auf der grossen Mähemaschinenconcurrenz zu Dixon, Illinois,
                              									im J. 1862 Aufsehen, und war das anwesende Publikum derart enthusiasmirt, dass es
                              										Burson laut zujubelte.
                           Burson's Bindeapparat erforderte zu seiner Bedienung
                              									separat einen Mann, ausserdem musste noch ein zweiter auf der Plattform der
                              									Mähemaschine Platz nehmen, dessen Aufgabe es war, das geschnittene Getreide mit
                              									einer Gabel gegen den Bindeapparat zu raffen. Von Burson's Apparat baute die Firma Talcott, Emerson
                                 										und Co. im J. 1863 etwa 1100 Stück. Unter jenen, die in der Anbringung von
                              									keinen besonderen Mann zur Bedienung erfordernden Drahtbindeapparaten an Marsh'schen Maschinen erfolgreich thätig waren, müssen
                              									genannt werden: S. D. Locke und Charles B. Withington, beide aus Janesville im Staate Wisconsin. Ersterer,
                              									der seit dem Jahre 1861 sich mit der Herstellung von Bindeapparaten befasste, fand
                              									1869 bei Walter A. Wood in Hoosick Falls sein
                              									Unterkommen, wo es seinen von Wood in liberaler Weise
                              									unterstützten Bemühungen gelang, einen brauchbaren Drahtbinder herzustellen, der bis
                              									zum Jahre 1880, wo Schnur den Draht aus dem Felde zu schlagen begann, in mehreren
                              									Tausend Exemplaren Absatz fand. Walter A. Wood war die
                              									erste Firma, welche mit Erfolg Bindemaschinen für den Markt erzeugte. Charles B. Withington stellte den Bindeapparat für Mc Cormick's Drahtbinder her, von welchen im Zeitraume
                              									1875 bis 1881 auch viele Tausend Stück abgesetzt wurden. Mc
                                 										Cormick's Drahtbinder band sehr fest, machte schöne runde Garben und
                              									arbeitete verlässlich, und nur der Umstand, dass Draht als Bindematerial nichts mehr
                              									gilt, setzte seiner Verwendung ein Ende. Locke's
                              									Apparat, beschrieben in D. p. J. 1879 230 * 202, entnahm den Draht nur einer Spule, Withington hingegen zwei Spulen. Gute Drahtbinder waren
                              									auch die von John H. und James
                                 										F. Gordon, die von der Firma D. M. Osborne in
                              									Chicago gebaut wurden. Bei den Drahtbindern erfolgte die Regulirung
                              									der Garbengrösse noch nicht selbsthätig und musste bei selben der Bindeapparat
                              									durch einen im Bereiche des Treibers gelegenen Tritthebel von Fall zu Fall in
                              									Thätigkeit gesetzt werden. Das Binden mit Draht fand in der Weise statt, dass der um
                              									die Garbe gelegte Draht unterhalb der Garbe zusammengequirlt und nachher die Garbe
                              									derart abgetrennt wurde, dass der Draht, nachdem das Abschneiden vor sich gegangen,
                              									entweder durch Einklemmen desselben in den Schnabel des Bindearmes (wenn der Draht
                              									von nur einer Spule kam) oder aber dadurch, dass die zusammengequirlte Stelle in der
                              									Mitte entzweigeschnitten ward, festgehalten wurde (beim Entnehmen des Drahtes von
                              									zwei Spulen). Das Zusammenquirlen geschah dadurch, dass der um die Garbe gelegte
                              									Draht von einem Rädchen mit feiner Theilung, welches sich einer Zahnschiene entlang
                              									bewegte, erfasst wurde. Beim Binden musste der Draht stets gespannt erhalten werden.
                              									Es geschah dies dadurch, dass entweder die Spule selbst ein Federgehäuse bildete,
                              									oder aber es dienten hierzu von Spiralfedern unterstützte Spannarme, über deren mit
                              									Röllchen versehene Enden der Draht lief. Das Gespannthalten des Drahtes hatte seine
                              									guten sowohl als schlechten Seiten; für das Zusammenquirlen war es günstig, wenn
                              									aber auf dem Tische, bevor der Treiber den Bindeapparat in Bewegung setzte, schon zu
                              									viel Getreide beisammen war, so trat in Folge der Spannung des Drahtes leicht ein
                              									Reissen desselben ein. Zum Aufschneiden der Garben behufs Dreschens dienten eigene
                              									Scheeren, welche den Draht entzweischnitten, aber auch gleichzeitig ein Ende
                              									desselben eingeklemmt hielten, so dass er dann zur Seite geworfen werden konnte. Bei
                              									den Schnurbindern liegt ein oder mehrere Knäuel Schnur lose in einer Blechbüchse und
                              									ist es nicht nothwendig, dass die Schnur besonders gespannt werde, indem das
                              									Ausholen selber, welches stets von der Mitte des Knäuels weg geschieht, nicht mit
                              									jener Leichtigkeit und so sprunghaft vor sich geht, wie das Ablaufen des Drahtes vom
                              									Umfange einer Spule. Bei der Herstellung der Bindeapparate zum Gebrauche von Schnur
                              									war eine complicirtere Aufgabe zu lösen, indem dem Knüpfen eines Knotens auf
                              									mechanischem Wege sich grössere Schwierigkeiten entgegenstellen, als dem
                              									Zusammenquirlen von Draht. Hervorragende und wohl auch unvergängliche Verdienste um
                              									die Ausbildung der Schnurbindeapparate haben sich die Amerikaner Appleby und Holmes
                              									erworben. Appleby legte seinem Bindeapparate den von
                              										Jakob Behel erfundenen Knüpfschnabel (knotting
                              									bill) und das kleine, das Schnurende haltende Rädchen (turning cord holder) zu
                              									Grunde. Der den Gegenstand von Behel's amerikanischem
                              									Patent (Patentdatum: 16. September 1864) bildende Knüpfschnabel ist eine der
                              									wichtigsten Erfindungen auf dem Gebiete des Bindens mit Schnur. Behel war ein verdienstvoller Erfinder, doch er war
                              									seiner Zeit voraus, und als der Moment kam, wo er seine Patente hätte ausbeuten
                              									können, waren selbe schon erloschen. Das Hauptverdienst Appleby's besteht darin, dass er es verstanden hat, die nur theilweise von
                              									Erfolg begleitet gewesenen Bestrebungen seiner Vorgänger gewissermaassen in ein
                              									gemeinsames Rinnsal zu leiten und zu einem harmonischen und brauchbaren Ganzen
                              									auszugestalten. Holmes begann sich 1868 mit der
                              									Herstellung von Schnurbindeapparaten zu befassen, er ging selbständiger vor als Appleby, konnte jedoch, da er arm war, seine Ideen erst
                              									dann zur Ausführung und Geltung bringen, nachdem ihn Walter A. Wood zu sich nahm und es ihm an materieller Unterstützung nicht
                              									fehlen liess. Das Recht, Holmes' Bindeapparat zu
                              									benutzen, besitzt ausschliesslich Walter A. Wood. Den
                              										Appleby'schen Knüpfapparat – mehr oder weniger
                              									modificirt – benutzen alle anderen amerikanischen und sonstigen Binderfabrikanten,
                              									etwa 20 an der Zahl. Gegenwärtig sind beide Bindeapparate in vielen Tausend
                              									Exemplaren über die ganze Welt verbreitet. Die Knüpfapparate der verschiedenen
                              									Fabrikanten unterscheiden sich von einander nur durch die mehr oder weniger
                              									einfachen Mittel, durch welche der Knüpfschnabel, der bei allen derselbe ist, in die
                              									zum Knotenbilden nothwendige Bewegung versetzt wird.
                           Auf der Weltausstellung in Philadelphia im J. 1876 sah Schreiber dieses im Ganzen nur
                              									drei Drahtbinder ausgestellt; wem es vergönnt sein wird, die Ausstellung 1893 zu
                              									Chicago zu besuchen, der wird Bindemaschinen wohl dutzendweise antreffen.
                           Textabbildung Bd. 283, S. 214Fig. 36.Ewart's Triebkette. In Verbindung mit den Bindemaschinen kann auch der Name Ewart nicht unerwähnt bleiben, indem William D. Ewart der Erfinder einer Triebkette ist,
                              									deren aus Weichguss (malleable iron) hergestellte Glieder, wie in Fig. 36 zu sehen, leicht einzeln sich aus- und
                              									einschalten lassen. Ewart's Kette stammt aus dem Jahre
                              									1874 und ist die einzige, die sich als für Bindemaschinen vortrefflich geeignet
                              									erwies. Als es nicht gelingen wollte, die Bindevorrichtungen an gewöhnlichen
                              									Mähemaschinen anzubringen und bevor man noch zur Anbringung der Bindeapparate an Marsh's harvester schritt, versuchte man die sogen.
                              									gleaner oder independent binders, deren einer in Fig. 6 abgebildet ist, zur Geltung
                              									zu bringen. Es waren dies Maschinen, welche mit einer rotirenden Auffangvorrichtung
                              									und einem Bindeapparate versehen waren. Selbe wurden von einem Pferde gezogen und
                              									hatten die Aufgabe, die vorher von einer gewöhnlichen Mähemaschine auf die Stoppel
                              									geworfenen Gelege aufzufassen und zu Garben zu binden. Der erste, der auf diese
                              									Gattung Maschinen ein amerikanisches Patent nahm (Patentdatum: 14. November 1871),
                              									war M. T. Ridout.