| Titel: | Neuere Locomotivconstructionen. | 
| Autor: | Freytag | 
| Fundstelle: | Band 284, Jahrgang 1892, S. 106 | 
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                        Neuere Locomotivconstructionen.
                        Neuere Locomotivconstructionen.
                        
                     
                        
                           Verbund-Woolf-Eilzuglocomotive der königl. ungarischen
                              									Staatsbahnen.
                           In Folge Einführung des Zonentarifes auf den Linien der königl. ungarischen
                              									Staatsbahnen hat sich der Personenverkehr dieser Bahnen derart gehoben, dass
                              									namentlich die beträchtlich schwerer gewordenen Eilzüge durch die bisherigen
                              									Locomotiven nicht mehr regelmässig befördert werden konnten und sehr oft mit zwei
                              									Locomotiven bespannt werden mussten; dieser Zustand durfte, abgesehen von den
                              									erfahrungsmässig höheren Kosten eines derartigen Betriebes, auch aus
                              									Sicherheitsgründen nicht länger andauern, weshalb man die Beschaffung stärkerer
                              									Locomotiven ins Auge fasste.
                           Die Maschinenfabrik der königl, ungarischen Staatsbahnen in
                              										Budapest führte, wie das Organ für die
                                       												Fortschritte des Eisenbahnwesens, 1891 S. 240,
                              									mittheilt, die Locomotiven nach den folgenden Grundlagen aus:
                           Es war eine Locomotive zu erbauen, welche im Stande ist, einen Eilzug von 160 t
                              									Wagengewicht auf einer Steigung von 6,7 : 100 bei häufigen Bahnkrümmungen mit
                              									kleinen Halbmessern mit 60 km, und auf wagerechter Bahn mit 80 km
                              									Fahrgeschwindigkeit in der Stunde zu befördern. Das Kilo der zur Verfeuerung
                              									dienenden Braunkohle soll im Stande sein, 5 k Wasser zu verdampfen. Ferner war
                              									bestimmt, dass keine der Achsen mit mehr als 14 t auf die Schienen drücke und die
                              									Locomotive in die Umrisslinie des lichten Raumes des Vereins deutscher
                              									Eisenbahnverwaltungen hineingehe. Endlich sollte noch die Locomotive mit Tender auf
                              									den vorhandenen Locomotivdrehscheiben von 13,5 m Durchmesser ohne Lösung der
                              									Kuppelungen zwischen Locomotive und Tender zu wenden sein.
                           Um diesen Grundlagen entsprechen zu können und mit Rücksicht auf den verfügbaren
                              									Brennstoff musste vor allem ein Kessel mit einer besonders grossen Rostanlage und
                              									bedeutender Leistungsfähigkeit entworfen werden, zu dessen Gewichtsaufnahme die
                              									Locomotive mit vier Achsen versehen sein musste. Es wurde von vornherein die
                              									Anwendung eines Drehgestelles in Aussicht genommen, da sich dasselbe auf den
                              									vielfach gekrümmten Linien der königl. ungarischen Staatsbahnen bewährt hat. Um die
                              									Leistungsfähigkeit der Maschine möglichst gross zu gestalten und eine sparsame Dampf
                              									Wirkung zu erreichen, wurde die zweistufige Expansion des Dampfes in einer
                              									Verbund-Woolf-Maschine vorgesehen und die Locomotive auf jeder Seite mit einem Hoch-
                              									und Niederdruckcylinder ausgerüstet, deren Kolben auf die um 90° gegen einander
                              									versetzten Kurbeln der Treibachse wirken. Entscheidend für diese Cylinderanordnung
                              									war namentlich der Umstand, dass bei Anwendung eines äusseren Hauptrahmens der
                              									Niederdruckcylinder der gewöhnlichen Verbundbauart mit dem nöthigen und sehr
                              									bedeutenden Durchmesser in der Umrisslinie des lichten Raumes keinen Platz gefunden
                              									hätte und auch die Unterbringung des Drehgestelles auf Schwierigkeiten gestossen
                              									wäre. Als weiterer maassgebender Umstand wirkte für die symmetrische Anordnung die
                              									Nothwendigkeit, das rasche und sichere Anfahren unter allen Umständen zu bewirken,
                              									und ferner, die Locomotive mit möglichst ruhigem Gange auszustatten, was durch die
                              									beiderseits ganz gleichen Massenwirkungen erreicht wird.
                           Die vorderen beiden Laufachsen sind in einem Drehgestelle vereinigt, die dritte
                              									Achse ist Treibachse mit Hall'schen Kurbeln und
                              									angeschmiedetem Excenter, die vierte Achse Kuppelachse und mit aufgezogenen Kurbeln
                              									versehen. Der aus weichem Flusseisen für 13 at Ueberdruck hergestellte Kessel liegt
                              									mit seiner Mitte 2,25 m über den Schienen und hat eine kupferne Feuerbüchse mit
                              									bedeutenden Abmessungen, deren ebene Wände mit Stehbolzen aus weichem Flusseisen
                              									versteift sind; auch die Feuerröhren sind aus Flusseisen und mit Kupfer
                              									angestutzt.
                           Die Hauptrahmen sind aus je einem Stück weichen Flusseisenbleches hergestellt und an
                              									den Achslagerausschnitten mit kräftigen, die Achsgabeln bildenden Stahlgussrahmen
                              									verstärkt; in derselben Weise sind auch die Drehgestellrahmen ausgebildet. Die
                              									Uebertragung des Gewichtes des vorderen Theiles der Locomotive auf das Drehgestell
                              									geschieht durch eine aus Stahlguss angefertigte und im Hauptrahmengestelle
                              									entsprechend befestigte Halbkugel, welche in einer, im Drehgestellrahmen
                              									befestigten, mit Weissmetall gefütterten Schale ruht. Durch diese Art der
                              									Gewichtsübertragung wird eine sehr gleichmässige Belastung der Laufräder und
                              									Tragfedern erreicht, da die Kugel Bewegungen nach allen Richtungen in gleich
                              									wirksamer Weise gestattet. Eine Neuerung bilden die behufs leichterer Herstellung
                              									nach der belgischen Bauweise aus in unbelastetem Zustande geraden Platten
                              									hergestellten Tragfedern.
                           Die seitlich am Hauptrahmen befestigten Cylinderpaare sind aus je einem Stücke
                              									gegossen und durch den Verbinder vereinigt. Für schnelles Anfahren ist auf der
                              									rechten Seite der Locomotive ein besonderes Kolbenventil in der Nähe des
                              									Hochdruckcylinders angebracht, welches, bei ausgelegter Steuerung vom Steuerhebel
                              									aus bewegt, selbstwirkend frischen Dampf in den Verbinder bezieh. in den
                              									Niederdruckcylinder einlässt, wenn der Dampfregler geöffnet ist. Damit sich indess
                              									die Dampfspannung in den Niederdruckcylindern nicht über 7 at erhöht, ist am
                              									rechtsseitigen Dampfcylinderpaare ein einstellbares Druckregulirungsventil
                              									angebracht.
                           Betreffs der Anbringung der Dampfrohrleitungen sei bemerkt, dass das im Rauchkasten
                              									liegende vordere Rohr als Verbinder zwischen den zwei Niederdruckcylindern dient und
                              									den Hauptzweck hat, den unter 90° versetzt arbeitenden Kurbeln entsprechend, die
                              									Verbund Wirkung im Gegensatze zur Woolf'schen Dampf
                              									Wirkung annähernd zu bewerkstelligen und beim Anfahren als Zugangsweg für den
                              									frischen Dampf zu dienen. Die Dampfvertheilung erfolgt durch eine Heusinger v. Waldegg'sche Steuerung; die aus je zwei
                              									gewöhnlichen Muschelschiebern bestehenden Schieberpaare des Hoch- und
                              									Niederdruckcylinders werden durch je eine gemeinsame Schieberstange bewegt. Zur
                              									Einstellung der Steuerung dient eine dreigängige Schraube. Der Hochdruckkolben ist
                              									mit der Kolbenstange aus einem Stück geschmiedet und der Niederdruckkolben auf der
                              									letzteren mittels Stahlkeil befestigt. Treib- und Kuppelstangen bestehen aus weichem
                              									Stahl mit I-förmigem Querschnitt; letztere besitzen keine Zugkeile, sondern feste
                              									Bronzebüchsen.
                           Eine hervorragende Rolle spielt bei der Verfeuerung der ungarländischen Lignitkohle
                              									der sogen. amerikanische Funkenfänger, der auch bei dieser Locomotive angebracht
                              									wurde.
                           
                           Der Sandstreuer ist wegen seines sicheren und sparsamen Functionirens
                              									erwähnenswerth; er besteht im Wesentlichen aus einer rechts- und linksseitigen
                              									Schnecke und einem Bläser, welche in der Weise vereint wirken, dass die Schnecken
                              									den Sand aus dem Behälter in die Röhren schaffen, von wo derselbe durch die
                              									gleichzeitig in bestimmten Zeitabschnitten durch ein Ventilchen aus dem grossen
                              									Luftbehälter der Westinghouse-Bremse entnommene Pressluft kräftig vor die Räder auf
                              									die Schienen geschleudert wird.
                           Den Erfordernissen des Eilzugdienstes entsprechend, sind die Treib- und Kuppelräder
                              									zum Bremsen mit der Westinghouse-Bremse in der Weise eingerichtet, dass etwa 25
                              									Proc. vom Reibungsgewichte für die Bremsung nutzbar gemacht werden. Zur Ueberwachung
                              									der Fahrgeschwindigkeit ist ein selbstrechnender Geschwindigkeitsmesser
                              									angebracht.
                           Von besonderer Wichtigkeit ist die Schmierung der Hochdruckschieber und Kolben,
                              									welche durch eine ununterbrochen wirkende Schmiereinrichtung bewirkt wird.
                           Damit das Ansaugen der Rauchkammergase beim Leerlaufen der Locomotive verhindert
                              									wird, ist am Verbinder auf jeder Seite der Locomotive ein Luftventil angebracht.
                           Die Speisung des Kessels erfolgt durch zwei Gresham und
                                 										Caven'sche nicht saugende Speisevorrichtungen.
                           Die Kuppelung zwischen Locomotive und Tender wird durch eine starke Blattspannfeder
                              									bewirkt, welche mittels abgerundeter Buffer und doppeltschiefer Führungslager die
                              									Verbindung zwischen beiden Fahrzeugen herstellt.
                           Der Tender ist nach der in Ungarn üblichen Anordnung gebaut und wird von drei Achsen
                              									getragen.
                           Der zwischen den Rädern liegende Wasserkasten ruht auf dem Rahmengestelle und fasst
                              									17 cbm Wasser und 8 t Kohle. Dieser grosse Wasserinhalt ermöglicht bei angestrengter
                              									Leistung eine Fahrdauer von etwa 2½ Stunden.
                           Die Einzelheiten des Tenders betreffend, sei erwähnt, dass der Rahmen ebenfalls
                              									aussenliegend und in den Lagerausschnitten durch Stahlgussachsgabeln verstärkt ist.
                              									Ausser der Westinghouse-Bremse ist auch noch eine Handbremse vorhanden.
                           Die Hauptabmessungen der Locomotive sind folgende:
                           
                              
                                 Durchmesser des Hochdruckcylinders
                                   370 mm
                                 
                              
                                          „             „   Niederdruckcylinders
                                   550 mm
                                 
                              
                                 Kolbenhub
                                   650 mm
                                 
                              
                                 Verhältniss der wirksamen Kolbenflächen
                                     1 : 2,3
                                 
                              
                                 Durchmesser der Triebräder
                                 2000 mm
                                 
                              
                                          „             „   Laufräder
                                 1050 mm
                                 
                              
                                 Dampfüberdruck im Kessel
                                   13 at
                                 
                              
                                 Grösste Zugkraft (Verbundwirkung)
                                 5100 k
                                 
                              
                                 Rostfläche
                                   3 qm
                                 
                              
                                 Anzahl der Feuerrohre
                                    188
                                 
                              
                                 Aeusserer Durchmesser der Feuerrohre
                                   52  mm
                                 
                              
                                 Länge der Feuerrohre zwischen den Rohrwänden
                                 4000 mm
                                 
                              
                                 Wasserberührte Heizfläche der Feuerrohre
                                 122,9 qm
                                 
                              
                                               „                   „         „  
                                    											Feuerbüchse
                                   12    qm
                                 
                              
                                 Gesammte Heizfläche
                                 134,9 qm
                                 
                              
                                 Leergewicht der Locomotive
                                   50 t
                                 
                              
                                 Dienstgewicht der Locomotive
                                   54,4 t
                                 
                              
                                 Reibungsgewicht
                                   27,9 t
                                 
                              
                                 Tender:
                                 
                                 
                              
                                 Wasserraum
                                 17 cbm
                                 
                              
                                 Kohlenladung
                                   8     t
                                 
                              
                                 Leergewicht des Tenders
                                 15,5  t
                                 
                              
                                 Dienstgewicht des Tenders
                                 40,5  t
                                 
                              
                           Behufs Erprobung der Leistungsfähigkeit der Locomotive wurden im December 1890
                              									Probefahrten mit 11 Personenwagen I. und II. Klasse durchgeführt, welche ergaben,
                              									dass die Locomotive die ihr vorgeschriebenen Leistungen ohne Schwierigkeit
                              									bewältigte.
                           Das Gewicht des ganzen Zuges einschliesslich Locomotive und Tender betrug 160 + 54,5
                              									+ 40,5 = 255 t.
                           Auf der Budapest-Ruttkaer Gebirgslinie wurde ein aus 10 Wagen bestehender Zug von 125
                              									t Gewicht mit 31 bis 37 km Fahrgeschwindigkeit in der Stunde auf einer 20 bezieh. 35
                              									km langen Steigung von 16‰ gezogen, wobei 80 Proc. der Bahnlänge in Krümmungen von
                              									275 m Halbmesser lag. Das Gewicht des ganzen Zuges betrug in diesem Falle 125 + 54,4
                              									+ 40,5 = 220 t.
                           Bei diesen Fahrten wurden auch Druckschaulinien aufgenommen, deren Ergebnisse in der
                              									nachstehenden Tabelle zusammengestellt sind.
                           Die Feuerung der Locomotive geschah mit Petrozsénger Braunkohle, welche im Mittel
                              									eine 5½fache Verdampfung ergab.
                           
                              
                                 Nummer der Schau-linie
                                 I
                                 II
                                 III
                                 IV
                                 V
                                 VI
                                 VII
                                 VIII
                                 
                              
                                 Effect. Dampfüber-    druck im Kessel
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                              
                                 at
                                 13
                                 11,8
                                 12
                                 11,5
                                 13
                                 13
                                 12,5
                                 13
                                 
                              
                                 Füllung des Hoch-    druckcylinders
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                              
                                 Proc.
                                 40
                                 35
                                 45
                                 50
                                 55
                                 55
                                 45
                                 38
                                 
                              
                                 Fahrgeschwindig-    keit in d. Stunde
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                              
                                 km
                                 65
                                 71
                                 60
                                 17
                                 37
                                 30
                                 62
                                 80
                                 
                              
                                 Mittlerer Arbeits-    druck in
                                    											den    Hochdruckcylin-    dern
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                              
                                 at
                                 2,6
                                 1,8
                                 3,4
                                 4,8
                                 4,9
                                 5,3
                                 4,25
                                 3,15
                                 
                              
                                 Mittlerer Arbeits-    druck in den
                                    											Nie-    derdruckcylin-    dern
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                              
                                 at
                                 1,9
                                 1,2
                                 2,0
                                 2,6
                                 2,9
                                 3,0
                                 2,22
                                 1,88
                                 
                              
                                 Reglerstellung
                                 0,3
                                 0,3
                                 0,3
                                 0,5
                                 0,4
                                 0,4
                                 1
                                 0,3
                                 
                              
                                 Indicirte Pferde-    kräfte in
                                    											den    Hochdruckcylin-    dern
                                 265,0
                                 201,0
                                 319,0
                                 128,0
                                 284,0
                                 250,0
                                 413,8
                                 396,0
                                 
                              
                                 Indicirte Pferde-    kräfte in
                                    											den    Niederdruckcy-    lindern
                                 440,0
                                 306,0
                                 430,0
                                 159,0
                                 385,0
                                 323,0
                                 490,4
                                 536,4
                                 
                              
                           Der Gang der Locomotive war sowohl bei den grossen Fahrgeschwindigkeiten auf ebener
                              									Bahn, als auch bei der Fahrt in den scharfen Bögen vollständig ruhig bezieh.
                              									zwanglos.
                           Betreffs des wirthschaftlichen Erfolges dieser Locomotive lässt sich heute eine
                              									bestimmte Meinung noch nicht aussprechen, da hinreichende Betriebserfahrungen noch
                              									fehlen.
                           
                        
                           Vereinigte Reibungs- und Zahnradlocomotiven von Roman
                              									Abt.
                           Die nach dem bereits trefflich bewährten Systeme des Ingenieurs Roman Abt in neuerer Zeit für Gebirgsbahnen vielfach in
                              									Anwendung gekommenen Locomotiven (vgl. auch 1886 266 *
                              									489) bestehen aus zwei unabhängig von einander arbeitenden Maschinen mit je zwei
                              									Cylindern, nämlich aus einer Reibungsmaschine mit zwei aussenliegenden Cylindern,
                              									welche wie eine gewöhnliche Locomotive arbeitet und auf der Strecke dauernd in
                              									Betrieb ist, sowie aus einer Zahnradmaschine mit zwei inneren Cylindern, welche nur
                              									auf steilen Steigungen arbeitet, wo sich Zahnstangen befinden, da hier die
                              									Schienenreibung allein zur Fortbewegung des Zuges nicht mehr genügen würde. Die
                              									zwischen den Laufschienen liegenden Zahnstangen bestehen aus zwei oder drei
                              									Stahlplatten, welche über jeder Querschwelle durch Stühle aus Stahlguss oder zähem
                              									Gusseisen gehalten werden.
                           Auch auf der erst vor kurzem eröffneten Eisenbahn von Visp nach Zermatt dienen vier
                              									Locomotiven nach dem System Abt zur Beförderung der
                              									Züge.
                           Die äussere Ansicht einer derartigen Locomotive ist diejenige einer gewöhnlichen
                              									Tenderlocomotive mit zwei gekuppelten Achsen und einer hinter der Feuerbüchse
                              									liegenden Laufachse mit Bissel'schem Truckgestell, so
                              									dass scharfe Krümmungen mit Leichtigkeit durchfahren werden können. Die
                              									Zahnradmaschine besteht aus zwei Zahntriebachsen mit glatten Rädern, die unter sich
                              									mittels Stangen gekuppelt sind und deren hintere von dem inneren Cylinderpaare
                              									mittels Schubstangen unmittelbar angetrieben wird; zwischen diesen beiden
                              									Triebachsen ist das Zahnradgetriebe untergebracht und in einem besonderen Rahmen
                              									gelagert, welcher derart mit den genannten Triebachsen verbunden ist, dass die
                              									Zahnräder vom Federspiele der Locomotive unberührt bleiben, somit einen
                              									unveränderlichen Zahneingriff ermöglichen. Jede Zahnradachse trägt zwei Zahnkränze
                              									für die zur Verwendung gekommenen beiden Zahnstangen und auf jeder Seite dieser
                              									Kränze eine Bremsscheibe. Die Zahnkränze sind nicht durch Keile, sondern bloss durch
                              									Federn von Hufeisenform festgehalten, welche den Kränzen ein gewisses Spiel
                              									verleihen, wodurch kleine Unregelmässigkeiten in der Theilung der Zahnstangen
                              									ausgeglichen werden; sie sind verschränkt aufgekeilt, d.h. der Zahn des einen
                              									Zahnkranzes fällt, wie dies auch bei den Zahnstangen der Fall ist, genau in die
                              									Zahnlücke des anderen Kranzes. Die Zahnkränze beider Achsen sind ferner noch um ¼
                              									Theilung gegen einander verdreht, so dass bei der angenommenen Theilung von 120 mm
                              									alle 30 mm ein neuer Zahn eingreift und sich stets vier Zähne sicher im Eingriff
                              									befinden; hierdurch wird ein ruhiger und sanfter Gang der Maschine, sowie auch eine
                              									bedeutende Betriebssicherheit erzielt.
                           Die Dampfvertheilung erfolgt für jedes Cylinderpaar durch eine eigene Steuerung nach
                              									System Walchaert mit gemeinschaftlicher Steuerschraube,
                              									und zwar wird die Vertheilung durch die Bewegungen der beiden verschiedenen Rahmen
                              									durchaus nicht beeinflusst, sondern erfolgt stets in richtiger Weise, trotzdem die
                              									beiden Dampfcylinder für den Zahnradbetrieb am Hauptrahmen aufgehängt sind und
                              									gleichzeitig den äusseren Cylindern der Reibungsmaschine als Versteifung dienen.
                           Zur Speisung des aus Flusseisen hergestellten Kessels, welcher bei starken Steigungen
                              									den Dampf für alle vier Cylinder liefern muss, dienen Restarting-Injectoren von Schäffer und Budenberg; weiter ist ein
                              									Dampfsandstreuapparat, System Gresham, sowie ein
                              									selbstregistrirender Geschwindigkeitsmesser, System Haushalter, angeordnet. Die Maschine ist mit vier gänzlich von einander
                              									unabhängigen Bremsen ausgerüstet.
                           Auf die glatten Räder wirken zunächst vier Bremsklötze, welche durch eine neben dem
                              									Stande des Heizers angeordnete Bremsspindel angedrückt werden; zur Regelung der
                              									Geschwindigkeit auf Gefallen in glatter Strecke ist ferner jedes Cylinderpaar mit
                              									einer Luftbremse ausgerüstet, deren Einrichtung im Wesentlichen derjenigen der
                              									Zahnradmaschinen auf den Zahnstangenbahnen Riggenbach'scher Art in der Schweiz entspricht, und schliesslich ist noch
                              									eine kräftig wirkende Bandbremse vorgesehen, welche auf die vier Bremsscheiben zu
                              									beiden Seiten der Zahnkränze wirkt und nur im Nothfalle in Thätigkeit gesetzt werden
                              									soll. Ausserdem besitzt die Locomotive die nöthigen Vorrichtungen für eine
                              									durchlaufende Schmidt-Hardy-Bremse, mit welcher die Personen- und Güterwagen
                              									versehen sind.
                           Die Locomotiven wurden in der Schweizerischen
                                 										Locomotivfabrik in Winterthur nach den Plänen und unter Leitung von R. Abi erbaut; ihre Hauptabmessungen sind folgende:
                           
                              
                                 Spurweite
                                 1000
                                 mm
                                 
                              
                                 Innerer Cylinder, Durchmesser
                                 360
                                 „
                                 
                              
                                       „            „      Hub
                                 450
                                 „
                                 
                              
                                 Aeusserer    „       Durchmesser
                                 320
                                 „
                                 
                              
                                       „            „       Hub
                                 450
                                 „
                                 
                              
                                 Treib- und Kuppelräder, Durchmesser
                                 850
                                 „
                                 
                              
                                 Bissel-Laufachse,                     „
                                 600
                                 „
                                 
                              
                                 Entfernung zwischen Treib- und Kuppelrädern
                                 1960
                                 „
                                 
                              
                                          „               „           „       „  
                                    											Laufrädern
                                 2340
                                 „
                                 
                              
                                          „               „       den Zahnrädern
                                 930
                                 „
                                 
                              
                                 Durchmesser der Zahnräder
                                 688
                                 „
                                 
                              
                                 Theilung         „        „
                                 120
                                 „
                                 
                              
                                 Kesselheizfläche (in der Feuerbüchse)
                                 6,5
                                 qm
                                 
                              
                                                „            (in den Rohren)
                                 59,0
                                 „
                                 
                              
                                                „            (Gesammt)
                                 65,5
                                 „
                                 
                              
                                 Rostfläche
                                 1,2
                                 „
                                 
                              
                                 Dampfdruck
                                 12
                                 at
                                 
                              
                                 Anzahl der Siederöhren
                                 166
                                 
                              
                                 Aeusserer Durchmesser der Röhren
                                 45
                                 mm
                                 
                              
                                 Länge der Röhren
                                 2500
                                 „
                                 
                              
                                 Blechdicke des cylindrischen Kessels
                                 13
                                 „
                                 
                              
                                         „         der Feuerbüchse (Kupfer)
                                 15
                                 „
                                 
                              
                                         „           „   Rohrwand
                                 25
                                 „
                                 
                              
                                 Inhalt des Kessels (Wasser)
                                 2000
                                 l
                                 
                              
                                       „    „   Wasserkastens
                                 2500
                                 l
                                 
                              
                                       „    „    Kohlenbehälters
                                 1000
                                 k
                                 
                              
                                 Leergewicht der Maschine
                                 23000
                                 „
                                 
                              
                                 Dienstgewicht der      „
                                 29000
                                 „
                                 
                              
                                 Grösste Achsenbelastung
                                 10200
                                 „
                                 
                              
                                 Kleinster Curvenradius der Adhäsionslinie auf    der
                                    											freien Strecke
                                 50
                                 m
                                 
                              
                                 Kleinster Curvenradius der Zahnradlinie
                                 80
                                 m
                                 
                              
                           Auch die noch in Bau begriffene Localbahn Eisenerz-Vordernberg in Oesterreich, deren
                              									öffentlicher Verkehr im Laufe dieses Jahres erfolgen soll und welche wohl als die
                              									grossartigste der in Europa gebauten Zahnradbahnen angesehen werden kann, wird nach
                              									dem System des Ingenieurs Abt gelegt und soll mit
                              									Locomotiven derselben Construction, wie vorstehend beschrieben, befahren werden.
                           Eine Locomotive, System Abt, welche zum Transport von
                              									Gütern für die im Herbst 1890 eröffnete Manitou and Pike's Peak Railway, Colorado,
                              									Nordamerika, von den Baldwin Locomotive Works in
                              									Philadelphia erbaut worden ist, von 26000 k Gewicht, fasst in dem sattelförmig über
                              									den Kessel gelegten Wasserkasten 2730 l Wasser und in dem überhängenden
                              									Kohlenbehälter am hinteren Ende der Maschine 1250 k Brennmaterial. Die Cylinder
                              									haben 430 mm Durchmesser bei 508 mm Hub und, um auf der Thalfahrt die
                              									Fahrgeschwindigkeit regeln zu können, sind dieselben mit Luftbremsen
                              									ausgerüstet.
                           Die Maximal- bezieh. Minimalgeschwindigkeit der Züge beträgt 12,88 bezieh. 4,83 km in
                              									der Stunde und die ganze Fahrt wird auf der 14,5 km langen Strecke, deren
                              									Endstationen 2000 bezieh. 4300 m über dem Meeresspiegel liegen, in 1 Stunde und 45
                              									Minuten zurückgelegt.
                           
                        
                           Die Doppel-Verbund-Locomotive für den Bergdienst der St.
                              									Gotthardbahn.
                           Die von S. A. Maffei in München erbaute Locomotive
                              									arbeitet auf der Strecke Airolo-Bellinzona und dürfte zur Zeit wohl als die grösste
                              									der auf europäischen Bahnen laufenden Locomotiven anzusehen sein; sie besteht aus
                              									zwei durch Gelenke verbundenen Rahmengestellen, wovon jedes eine vollständige, mit
                              									besonderer Steuerung ausgestattete Maschine mit zwei gleich grossen Dampfcylindern
                              									und drei gekuppelten Achsen enthält, während der auf beiden Gestellen ruhende, für
                              									12 at Ueberdruck construirte Dampfkessel beide Cylinderpaare derart mit Dampf
                              									versieht, dass zuerst in dem hinteren System der Dampf theilweise ausgenutzt,
                              									hierauf in einem Behälter gesammelt wird und dann im vorderen Cylinderpaare nochmals
                              									expandirt.
                           Die Hauptverhältnisse der Locomotive sind folgende:
                           
                              
                                 Dienstgewicht
                                 85000 k
                                 
                              
                                 Leergewicht
                                 72700 „
                                 
                              
                                 Inhalt des Wasserkastens
                                   7000 „
                                 
                              
                                     „      „    Kohlenbehälters
                                   4300 „
                                 
                              
                                 Gesammtradstand
                                 8,13 m
                                 
                              
                                 Treibraddurchmesser
                                 1,23 „
                                 
                              
                                 Durchmesser der Hochdruckcylinder
                                 0,40 „
                                 
                              
                                              „        „    Niederdruckcylinder
                                 0,58 „
                                 
                              
                                 Kolbenhub
                                 0,64 „
                                 
                              
                                 Zugkraft
                                 9000 k
                                 
                              
                                 Heizfläche (in der Feuerbüchse)
                                     9,3 qm
                                 
                              
                                          „       (in den 191 Rohren)
                                 145,7    „
                                 
                              
                                          „       (Gesammt)
                                 155,0    „
                                 
                              
                                 Rostfläche
                                     2,2    „
                                 
                              
                           Eine besondere Vorrichtung ermöglicht, auch die Niederdruckcylinder direct mit
                              									frischem Kesseldampf arbeiten zu lassen, wodurch eine bedeutende Zugkraft erzielt
                              									wird.
                           Die Dampfvertheilung geschieht durch Trick'sche
                              									Kanalschieber mittels Heusinger v. Waldegg'scher
                              									Steuerung und an Bremsvorrichtungen sind für jedes Rahmengestell eine besondere
                              									Hardy-Vacuumbremse für die erste, dritte, vierte und sechste Achse, sowie für die
                              									vierte und sechste Achse noch eine vom Führerstande zu bedienende Handbremse
                              									vorhanden.
                           Aehnliche Maschinen kleinerer Gattung mit 59500 k Dienstgewicht wurden vor kurzem von
                              									der Maschinenfabrik J. A. Maffei auch für die Schweizer
                              									Centralbahn und solche mit 42000 k Dienstgewicht für die Schmalspurbahn
                              									Landquart-Davos erbaut.
                           
                        
                           Locomotive für den St. Clair-Tunnel in Amerika.
                           Die schwerste Tenderlocomotive Amerikas und wohl auch die schwerste bisher gebaute
                              									ist von den Baldwin Locomotive Works in Philadelphia
                              									für die St. Clair-Tunnel Co. fertig gestellt worden;
                              									dieselbe soll 770 t auf einer Steigung von 1 : 50 zu ziehen im Stande sein. Wie die
                              										Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure, 1891
                              									S. 1297, berichtet, beträgt das Gewicht der mit nur zwei Cylindern von 559 mm
                              									Durchmesser und 710 mm Hub arbeitenden Locomotive 88500 k und dieses vertheilt sich
                              									auf zehn Räder, woraus ein Raddruck von 8850 k resultirt. Damit sich die Locomotive
                              									in Curven bewegen kann, sind die Räder der Mittelachse ohne Spurkränze gelassen und
                              									152 mm breit gehalten, während die übrigen acht Räder 140 mm breite Reifen besitzen;
                              									auf sämmtliche zehn Räder wirkt eine Westinghouse-Bremse, und die Dampfvertheilung
                              									wird mittels Stephenson'scher Steuerung geregelt.
                           Die Hauptconstructionsverhältnisse sind folgende:
                           
                              
                                 Gesammter Radstand
                                 5613
                                 mm
                                 
                              
                                 Radstand der einzelnen Achsen von vorn nach    hinten
                                    											gerechnet
                                 1447, 1321, 1321 und 1524
                                 „
                                 
                              
                                 Gesammtlänge zwischen den Aussenkanten
                                    											der    Bufferbohlen
                                 11550
                                 „
                                 
                              
                           
                              
                                 Grösste Breite
                                 3200 mm
                                 
                              
                                        „      Höhe
                                 4420  „
                                 
                              
                                 Inhalt der zu beiden Seiten des Langkessels    liegenden
                                    											Wasserkasten
                                 8000 k
                                 
                              
                                 Inhalt des Kohlenbehälters
                                 3000 „
                                 
                              
                                 Kesselspannung (Ueberdruck)
                                 10⅔ at
                                 
                              
                                 Durchmesser des Kessels
                                 1,880 m
                                 
                              
                                 Blechstärke
                                     16 mm
                                 
                              
                                 Anzahl der Siederohre (57 mm äusserer
                                    											Durch-    messer)
                                     281
                                 
                              
                                 Länge der Siederohre
                                 4,141 m
                                 
                              
                           
                              Freytag.