| Titel: | Lüftungsanlagen im Anschlusse an die gebräuchlichen Heizungssysteme und eine kritische Beleuchtung dieser letzteren. | 
| Autor: | F. H. Haase | 
| Fundstelle: | Band 284, Jahrgang 1892, S. 109 | 
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                        Lüftungsanlagen im Anschlusse an die
                           								gebräuchlichen Heizungssysteme und eine kritische Beleuchtung dieser
                           								letzteren.
                        (Eine Artikelfolge von F. H. Haase, gepr.
                           								Civilingenieur, Patentanwalt in Berlin.)
                        (Fortsetzung des Berichtes S. 63 d.
                           								Bd.)
                        Mit Abbildungen.
                        Lüftungsanlagen im Anschlusse an die gebräuchlichen
                           								Heizungssysteme.
                        
                     
                        
                           IX. Besprechung ausgeführter Lüftungsanlagen.
                           
                              Ueber die Ausführung von Drucklüftungsanlagen.
                              
                           In mancher Beziehung weit zweckmässiger als die zuletzt besprochene Lüftungsanlage
                              									ist die in den Fig. 29 bis 32 dargestellte eingerichtet.
                           Dieselbe gehört ebenfalls einer stark besuchten Bierwirthschaft Berlins an und ist,
                              									wie fast alle mit Lüftungseinrichtungen versehenen Wirthshauslocale, im Winter nicht
                              									ganz zugfrei, aber sie besitzt doch bei Weitem nicht so erhebliche Mängel wie die
                              									vorher betrachtete.
                           Textabbildung Bd. 284, S. 109Fig. 29.Querschnitt eines Wirthschaftslocales. Der Umstand, dass die Zugluft, welche beim Oeffnen der Hauptzugangsthür
                              										T1 (Fig. 32) bemerkbar ist, etwas weniger empfindlich ist
                              									als in manchen anderen Localen, ist wesentlich dem Umstände zuzuschreiben, dass der
                              									Vorraum (Corridor) vor dieser Thür sehr gross ist und ausser der Vorthür T1, welche in das
                              									Treppenhaus des Gebäudes führt, noch eine mittlere Schutzthür T2 besitzt.
                           Textabbildung Bd. 284, S. 109Fig. 30.Sommerlüftung mit Eiskühlung. Würde man diesen Vorraum für sich heizen und lüften (in der bei dem
                              									vorhergehend besprochenen Locale empfohlenen Weise), so würde man von der Thür T3 her nur sehr wenig
                              									Luftzug bemerken können. Das Local besitzt jedoch nur Luftheizung und keine
                              									Einführung von Heizluft in den Vorraum; die Aufstellung eines Feuerofens oder eines
                              									mit glühenden Kohlen gefüllten Wärmeofens wird hier polizeilich nicht gestattet und
                              									ein Dampf- oder Wasserheizkessel kann angeblich wegen Raummangel im Gebäude nicht
                              									mehr aufgestellt werden; eine Beheizung des Vorraumes würde demnach ohne bauliche Veränderung
                              									nicht möglich sein.
                           Dass nur die geschützte Lage, die Länge und der Thürschutz dieses Vorraumes die
                              									Ursache dafür sind, dass der Luftzug durch die Hauptverkehrsthür nicht so
                              									unerträglich ist wie bei dem vorherbetrachteten Locale, ergibt sich aus dem
                              									Umstände, dass ein Oeffnen der Thür T4 hinter dem Büffet eine sehr bedeutende
                              									Zugluftströmung in dem hinteren Theile des Locales verursacht und dass der Luftzug
                              									hier wo möglich noch unerträglicher als in dem vorbetrachteten Locale ist, wenn
                              									gleichzeitig auch die nach dem Hofe führende Thür T5 geöffnet wird.
                           Es ist dies auch, nach den unter VIII. angestellten Betrachtungen, gar nicht anders
                              									zu erwarten, da die Lufteinführung in das Local unter sehr geringem Druck und durch
                              									ziemlich weite Kanäle und Kanalöffnungen erfolgt. Die Einströmungsgeschwindigkeit
                              									bei stärkster Erwärmung der Druckluft (auf 30° C.) beträgt nicht mehr als 1,5 m und,
                              									wie ein Blick auf den Gebäudequerschnitt Fig. 29
                              									belehrt, darf sie auch – der niedrigen Lage der Einströmungsöffnungen wegen – nicht
                              									grösser sein. Ja diese Geschwindigkeit ist sogar schon zu gross; die Gäste empfinden
                              									dieselbe zwar dann nicht direct unangenehm, wenn die Luft in kalten Wintertagen mit
                              									einer Temperatur von 30° C. einströmt, aber sie finden den Lüftungsbetrieb
                              									unerträglich, wenn die Luft an milderen Wintertagen mit 20° C. und dementsprechend
                              									mit geringerer Geschwindigkeit einströmt.
                           Textabbildung Bd. 284, S. 110Fig. 31.Grundriss des Kellergeschosses. Dieses letzteren Umstandes wegen einerseits und wegen des Luftzuges von
                              									den Thüren T3 und T4 her andererseits
                              									wird der Lüftungsbetrieb thatsächlich im Winter nie voll ausgenutzt, sondern es wird
                              									entweder nur von Zeit zu Zeit die Lüftung in Thätigkeit gesetzt oder der Betrieb
                              									wird bis zu einem geringen Betrage ermässigt und dann von Zeit zu Zeit – um die
                              									Raumluft zu verbessern – erhöht.
                           Die Einrichtung ist folgende:
                           Im Kellergeschoss befindet sich ein Centralheizungsofen (Calorifer) H, an welchem die von einem niedrigen, im Hofraume
                              									liegenden Luftschachte a (Fig.
                                 										31) herzuströmende Luft mittels eines durch Gaskraftmaschine c betriebenen Ventilators vorbeigedrückt wird. Sie
                              									strömt sodann durch ein im Zwischenräume zwischen dem Kellergewölbe und dem
                              									Fussboden des Gastlocales befindliches, mit Wellblech überdecktes
                              									Vertheilungskanalsystem zahlreichen aufwärtssteigenden Einführungskanälen zu, welche
                              									sich hinter dem Holzgetäfel der Wand (dem sogen. Paneel) bis zu dessen Gesimshöhe,
                              									2,2 m über dem Fussboden des Locales, erheben.
                           Die Abströmung der Raumluft erfolgt durch zahlreiche, in dem abgewölbten
                              									Deckenanschluss befindliche vergitterte Oeffnungen nach zwei über Dach mündenden
                              									Abströmungskanälen k und l
                              									hin, in deren jedem eiserne Küchenrauchröhren liegen.
                           In einem über dem Centralheizungsofen vorgesehenen engen Raume, durch welchen die
                              									Druckluft hindurchströmt, wird dieselbe mittels eines Wasserzerstäubungsapparates
                              									befeuchtet.
                           Für die Sommerlüftung wird die Frischluft in der Kammer b (Fig. 30), welche sie vor Eintritt in die
                              									dann kaltliegende Heizkammer H durchströmt, durch Eis
                              									gekühlt, das zu diesem Zwecke auf Lattengestellen an den Wänden der Kammer b ausgebreitet wird.
                           Die Zugwirkung der Abströmungskanäle k und l soll nötigenfalls durch besondere Füllöfen verstärkt
                              									werden, welche im Kellergeschoss am Fusse dieser Kanäle aufgestellt sind – eine
                              									Einrichtung, welche nicht besonders gelobt werden kann, weil dabei entweder von
                              									unten her Luft in diese Kanäle einströmen oder deren Wärme bis zur Einmündungsstelle
                              									der Raumluft geleitet werden muss, wobei aber im letzteren Falle die grösste
                              									Wärmemenge in dem mit ruhender (stagnirender) Luft angefüllten unteren Kanaltheile
                              									verbleibt und nur ein geringer Wärmebetrag durch Leitung an die bewegte Luft in den
                              									oberen Kanaltheil übertragen wird.
                           Textabbildung Bd. 284, S. 110Fig. 32.Grundriss des Wirthschaftslocales. Da hierbei die Einströmungsgeschwindigkeit der Frischluft im Sommer
                              									bedeutend geringer ist als im Winter und ein Luftzug von den geöffneten Thüren T3 und T4 her nicht erfolgt,
                              									vielmehr durch diese Thüren Raumluft nach aussen entweicht, so wird die
                              									Sommerlüftung von den Gästen nicht unangenehm empfunden und deshalb auch fortwährend
                              									in Betrieb gehalten.
                           Zweckmässig bei dieser Anlage ist, ausser einigen Detaileinrichtungen, nur die
                              									Vertheilung der Zu- und Abströmung auf zahlreiche, im Locale ziemlich gleichmässig
                              									vertheilte Oeffnungen. Die Wirkung würde aber eine wesentlich bessere gewesen sein,
                              									wenn man die Zuströmungsöffnungen in unmittelbare Nähe der Decke verlegt hätte; die
                              									Einströmungsgeschwindigkeit hätte übrigens auch in diesem Falle nicht, oder nur
                              									wenig grösser gewählt werden dürfen, wenn man die Zuführungskanäle in den gleichen
                              									Lagen angeordnet hätte, weil die Localräume für grössere Einströmungsgeschwindigkeit
                              									in der Breitenrichtung zu schmal sind.
                           Am empfehlenswerthesten würde es gewesen sein; den
                              									Vertheilungskanal in den Deckenraum des Locales zu verlegen und hier sehr zahlreiche
                              									kleine Einströmungsöffnungen vorzusehen.
                           Die Abströmungsöffnungen würden, den unter III. gegebenen Erklärungen entsprechend,
                              									zum Theil in derjenigen Höhenlage zu wählen gewesen sein, in welcher sich jetzt die
                              									Einströmungsöffnungen befinden; ausserdem würden, bei der erwähnten Verlegung der
                              									Einströmung in die Decke, auch Abströmungsöffnungen im Fussboden erforderlich
                              									gewesen sein.
                           Zur Verhinderung des Eindringens kalter Winterluft von den Thüren T3 und T4 her in empfindlichem
                              									Maasse hätte für Beheizung der Vorräume und mechanisch zu bethätigenden Luftabzug
                              									aus denselben gesorgt werden müssen.
                           
                              Lüftungsanlagen ohne maschinelle Förderungsmittel.
                              
                           Die sogen. natürliche – d. i. die durch Temperaturunterschied zwischen Innen- und
                              									Aussenluft bewirkte – Lüftung kann in solchen Fällen, in welchen ein zu lüftendes
                              									Gebäude, in gesunder Luftgegend stehend, in hygienischer Beziehung vortheilhaft
                              									gebaut ist, geräumige reingehaltene lüftbare, im Winter geheizte Gänge„Warum“ ist in den vorhergehenden Ausführungen hinreichend
                                    											erläutert worden, um hier eine Erklärung nicht zu benöthigen.
                              									(Corridore) mit doppeltem Thürabschluss hat und wenn der Lüftung einige
                              									Aufmerksamkeit gewidmet werden kann, nicht selten sehr zweckmässig sein; es muss
                              									aber dann genügend Vorsorge dafür getroffen sein, dass der natürliche Luftwechsel
                              									erforderlichen Falles durch einfache Hilfsmittel hinreichend verstärkt werden kann.
                              									Zu diesem Zwecke sind in vielen Fällen maschinelle Hilfsmittel nicht
                              									erforderlich.
                           Textabbildung Bd. 284, S. 111Fig. 33.Grundriss des Koch'schen Barackenlazareths für
                                    											Infectionskrankheiten in Berlin. Ein lehrreiches Beispiel solcher Lüftungsanlagen bietet das in den Fig. 33 bis 36
                              									illustrirte, in dem Centralblatt der Bauverwaltung
                              									ausführlich erklärte und neuerdings vielbesprochene Koch'sche Barackenlazareth für Infectionskrankheiten in Berlin.
                           Dasselbe ist auf einem grossen freien Gelände zwischen der königlichen Charite (einem
                              									zur Universität gehörigen Krankenhause) und der Stadtbahn erbaut und besteht aus
                              									neun einzelnen Krankenbaracken B, C, D, E (Fig. 33), einem Verwaltungsgebäude mit daran
                              									anstossendem Hörsaal für die Studirenden der medicinischen Fakultät, einem
                              									Desinfections- und Sectionsgebäude F', einem Eiskeller
                              										II und zwei Kohlenschuppen G.
                           Das Gelände ist seiner tiefen Lage und des nahen Grundwasserstandes wegen ein
                              									höchst ungünstiger Bauplatz für Krankenhäuser und erforderte deshalb ganz
                              									aussergewöhnliche Construction der Baracken, um dieselben an die in der Nähe
                              									ziemlich hochliegende städtische Kanalisation anschliessen zu können und um sie vor
                              									allem dem Einflüsse der Erdfeuchtigkeit zu entziehen.
                           Der geringen Tragfähigkeit des Bodens wegen musste zunächst die Last der Baracken
                              									durch eine 60 cm starke Betonschichte auf eine grosse Fläche vertheilt werden,
                              									sodann ergab die Nothwendigkeit, die Fussboden der Baracken in eine, die
                              									unmittelbare Kanalisirung ermöglichende Höhenlage zu bringen, von selbst die
                              									Benöthigung einer Unterkellerung von 1,17 bis 1,95 m lichter Höhe.
                           Um das Bauwerk der Baracken sicher trocken zu erhalten, sind die Fussboden, die Wände
                              									und die Decken aus je zwei parallelen Lagen sogen. Gypsdielen hergestellt, zwischen
                              									welchen das Gebälk und bezieh. das unausgefüllte Fachwerk der Seitenwände liegt und
                              									zwischen welchen fortwährend ein Luftstrom hindurchstreicht, der zum Theil der
                              									abströmenden Lüftungsluft angehört. Ueber der Gypsdielenlage der Fussboden liegt
                              									deren Holzbelag (Eichenholzbohlen).
                           Zur Verminderung des Temperaturwechsels durch die Decke der Baracken ist über die
                              									Deckendoppellage der Gypsdiele in einigem Abstande noch eine dritte
                              									Gypsdielenverschalung gelegt, welche als Dachdeckung eine doppelte Asphaltpapplage
                              									trägt.
                           Wie aus Fig. 34 ersichtlich, strömt die Frischluft aus
                              									der unmittelbaren Umgebung der Baracken in Frischluftkammern der Kellerräume ein, um
                              									ihre Staubbeimischung abzulagern. Von hieraus strömt sie durch den Fussboden und den
                              									Mantelraum von Käuffer'schen
                              										„Ventilationsmantelöfen“
                              									o (Fig. 34 bis 36) in das Innere der zu lüftenden Räume ein, während
                              									die Raumluft theils am Fusse der Wände in deren Hohlräume, zum grössten Theile aber
                              									durch grössere, mit Jalousieklappenverschluss versehene Oeffnungen r und s (Fig. 34) in gleichfalls aus Gypsdielen hergestellte
                              									Abluftschlote p (Fig. 35
                              									und 36) strömt.
                           
                           Um die Luftabströmung durch diese Schlote vor der Gegenwirkung des Windes zu
                              									schützen und etwaigem Bedürfnisse entsprechend verstärken zu können, ist auf jedem
                              									Schlote ein sogen. Luftabsauger (thatsächlich „Luftablenker“) und innerhalb
                              									desselben je ein Bunsen'scher Gasbrenner vorgesehen,
                              									welcher, in geringer Höhe über den unteren Abströmungsöffnungen r befindlich, durch eine kleine, mit Glasthürchen
                              									verschliessbare Oeffnung t bequem zu bedienen ist.
                           Textabbildung Bd. 284, S. 112Fig. 34.Durchschnitt des Barackenlazareths. Der dachförmigen Decken wegen sind in jedem Raume noch unmittelbar
                              									unterhalb des Firstes besondere, mit Jalousieklappenverschluss versehene
                              									Abströmungsöffnungen vorgesehen, welche von Zeit zu Zeit geöffnet werden. Die oben
                              									erwähnten Mantelöfen o, deren in grossen Krankenräumen
                              									je zwei in einander diametral gegenüberliegenden Ecken vorgesehen sind, sind
                              									ausserhalb dieser Räume heizbar und haben ausser ihrer Verbindung mit den im Keller
                              									befindlichen Frischluftkammern auch am Fusse ihres Mantels Oeffnungen, durch welche
                              									die Raumluft zum Zwecke ihrer raschen Erwärmung (Umlaufheizung) zuströmen kann,
                              									während die erwärmte Luft aus der Bekrönung der Ofenmäntel in die Räume
                              									einströmt.
                           Zur Ermöglichung besonderer Erhöhung des Luftwechsels sind die oberen Theile der
                              									Fenster als stellbare Kippflügel mit Seitenbacken construirt. Diese Einrichtung
                              									ermöglicht allerdings, wenn die Kippflügel von zwei einander gegenüberliegenden
                              									Fenstern gleichzeitig geöffnet werden, einen sehr starken Luftzug; ob derselbe aber
                              									empfehlenswerth ist, muss aus den unter I. erläuterten Gründen bezweifelt werden; es
                              									sei denn, dass ein solcher Luftzug entweder nur hin und wieder auf kurze Zeit oder
                              									nur für solche Zeiten bewirkt werde, in welchen die bezüglichen Räume nicht benutzt
                              									werden. Ist die Aussenluft sehr linde, so mag es wohl empfehlenswerth sein, in
                              									belegten Krankenräumen einige in einer Wand befindliche
                              									Fenster ganz zu öffnen.
                           Leider ist aus dem Centralblatt der Bauverwaltung nicht
                              									zu ersehen, wie gross der natürliche Luftwechsel, der durch die oben erwähnte
                              									hauptsächliche Lüftungseinrichtung bewirkt wird, dann ist, wenn die Temperatur der
                              									Aussenluft von derjenigen der Raumluft nur wenig verschieden ist. Jedenfalls
                              									erscheint es nach den Mittheilungen jenes Blattes möglich – nöthigenfalls mit
                              									Anwendung billiger, saugender Hilfsmittel in den Luftabströmungsschloten – einen
                              									erwünschten Grad der Lüftung zu beschaffen, und da das Gelände, auf welchem die
                              									Baracken stehen, nach Norden hin auf weite Entfernung völlig frei liegt, so verdient
                              									die ganze Anlage jedenfalls in mancher Beziehung Anerkennung. Vollkommen
                              									mustergültig kann sie aber doch nicht genannt werden, da sie von Mängeln keineswegs
                              									frei ist.
                           Betrachtet man den Situationsplan Fig. 33, so fällt es
                              									sofort auf, dass man Baracken für Schwerkranke in unmittelbarer Nähe der Stadtbahn
                              									angelegt hat, auf welcher binnen je 10 Minuten nicht weniger als fünf Züge
                              									vorbeifahren und von welcher deshalb auch oft ziemlich viel Rauch herbeiziehen
                              									dürfte; ferner dürfte die grosse Nähe des Grundwassers, trotz der gewiss principiell
                              									vorzüglichen Ausführung des Barackenbaus, doch wohl nicht vollständig einflusslos
                              									auf die Beschaffenheit der Frischluft sein; auch kann die Lage der Aborte an der
                              									Wetterseite der Baracken nicht gerade als glücklich gewählte bezeichnet werden, da
                              									Fälle vorkommen können, in welchen sich diese Lage trotz im Allgemeinen guter
                              									Bespülung der Closets u.s.w. empfindlich bemerkbar machen kann.
                           Textabbildung Bd. 284, S. 112Fig. 35.Grundriss des Barackenlazareths.Textabbildung Bd. 284, S. 112Fig. 36.Grundriss des Barackenlazareths. Wenn man ferner die Lüftungsanlage selbst ins Auge fasst, so muss auf
                              									Grund der früheren Erörterungen bemerkt werden, dass eine noch etwas grössere Anzahl
                              									der Zu- und Abströmungsöffnungen bei entsprechend kleinerer Dimensionirung derselben
                              									empfehlenswerther erscheinen würde, dass ferner der allgemeine Gebrauch, die
                              									Zustromungsöffnungen in mittlere Raumhöhe und die Abzugsöffnungen oben und unten hin
                              									zu legen, hier nur in beschränktem Maasse empfehlenswerth genannt werden kann,
                              									insofern als Abzugsöffnungen unterhalb der Kopfhöhe der Kranken (ebenso wie in
                              									Kasernen vgl. VI.) jedenfalls nicht entbehrt werden können; aber es soll dem
                              									Bestreben der Luft, in Krankenzimmern in die Höhe zu steigen, möglichst
                              									entgegengewirkt werden.
                           Deshalb würde es empfehlenswerther gewesen sein, die Frischluft in höchster Lage
                              									einströmen zu lassen und den normalen Luftabzug nur unterhalb der Kopfhöhe der
                              									Kranken zu bewirken.
                           Der ersteren Einrichtung stand nun allerdings die Verwendung der Ventilationsöfen
                              									scheinbar entgegen; indessen liegt auch; unbeschadet
                              									der Verwendung derselben, kein Grund vor, die Lufteinströmungsöffnungen nicht höher
                              									zu verlegen, indem man zu diesem Zwecke die Ofenmäntel nur oben zu schliessen und
                              									die in denselben aufsteigende Luft durch Aufsätze (oder auch durch Kanalanschlüsse)
                              									bis zur Decke zu leiten brauchte, und es würde im vorliegenden Falle am
                              									zweckmässigsten gewesen sein, die Frischluft unmittelbar unter dem Firste einströmen
                              									zu lassen.
                           Bei solcher Einrichtung würde allerdings eine kräftigere Saugwirkung in den Abzügen
                              									nicht zu entbehren gewesen sein, was denn auch einige Vertheuerung des Betriebes
                              									bedingt haben würde, die jedoch hier nicht in Frage kommen durfte.
                           Um von Zeit zu Zeit, insbesondere bei Vornahme eines Wechsels der Benutzung der
                              									Krankenräume, eine besonders kräftige Lüftung zu ermöglichen und um hin und wieder
                              									allzuhohe, durch Heizung bewirkte Temperatur rasch zu ermässigen, konnten auch noch
                              									besondere Abzüge in dem Firste vorgesehen werden, die jedoch dann bei normaler
                              									Lüftung verschlossen gehalten werden mussten.
                           Die bisherigen Betrachtungen lehren, dass in Räumen, in welchen ein starker
                              									Luftwechsel benöthigt wird, die Erzielung einer angenehmen Lüftung immer möglichst
                              									zahlreiche Zu- und Abströmungsöffnungen in möglichst gleichmässig über die ganze
                              									Raumausdehnung vertheilter Lage und ausserdem die gesonderte Beheizung und Lüftung
                              									von möglichst gegen die Aussenluft geschützt liegenden Vorräumen bedingt; dass
                              									ferner auch der Druck der Zuströmungsluft ein, nach Maassgabe der unter VIII.
                              									angestellten Rechnungsuntersuchungen, nicht zu geringer sei.
                           Eine wesentliche Ueberschreitung des für das Verhüten einer Rückströmung in den
                              									Zuströmungskanälen nöthigen Druckes dagegen ist – wenn zugleich den anderen
                              									genannten Bedingungen entsprochen wird – im Allgemeinen nicht vortheilhaft. Zudem
                              									bedingt schon dieser nothwendige Druck entweder eine grössere Höhenlage der
                              									Einströmungsöffnungen oder besondere Vorkehrungen zur Verhinderung eines aus der
                              									Bewegung der Druckluft allein resultirenden empfindlichen Luftzuges (vgl. unter
                              									III.). Liegen übrigens die Verhältnisse derart günstig, dass man den Einfluss der
                              									Aussenluft als durch die Einrichtung, Lüftung und Heizung des Vorraumes bedeutend
                              									gemildert annehmen kann, so ist die sonst nöthige Druckhöhe der Einströmungsluft
                              									nicht mehr erforderlich und es ist demzufolge dann oft auch die meistens
                              									gebräuchliche Lage unverhüllter Zuströmungsöffnungen in mittlerer Raumhöhe
                              									zulässig.
                           So erklärt es sich, dass auch Anordnungen der Zu- und Abströmungsöffnungen in der
                              									zumeist gebräuchlichen Lage einen Uebelstand in der Lüftungsanlage nicht bemerken
                              									lassen und dass man solche Anlagen daher mit Fug und Recht als gut bezeichnen kann,
                              									wenn die Oeffnungen zahlreich sind, ihre Vertheilung zweckmässig ist und
                              									Vorräume bei günstiger Lage und Einrichtung zweckmässig geheizt und gelüftet
                              									werden.
                           Eine in diesem Sinne als gut zu bezeichnende Anlage veranschaulichen die beigefügten
                              										Fig. 37 bis 40, welche zwei Aufrisse
                              									und die Grundrisse des Erdgeschosses und des Kellergeschosses eines
                              									Erweiterungsbaues des Knappschaftslazarethes in Eisleben darstellen und die von der
                              										Actiengesellschaft Schäffer und Walker in Berlin
                              									darin ausgeführte Lüftungs- und Heizungseinrichtung erkennen lassen.
                           Wie in Fig. 39
                              									ersichtlich (durch Pfeile angedeutet), besitzen die Krankensäle dieses Baues je vier
                              									Zuströmungs- und je acht (mit je zwei Abströmungsöffnungen versehene)
                              									Abströmungskanäle, von welchen die ersteren in den Mauern der beiden Schmalseiten
                              									und die letzteren in jeder Mauer zu je zweien angeordnet sind.
                           Die Vertheilung der Zu- und Abströmungsöffnungen kann danach als eine zweckmässige
                              									bezeichnet werden.
                           Die Zugänge zu den Krankensälen liegen in Vorräumen, von welchen der nach Nord-Osten
                              									zu gelegene (im Erdgeschoss an eine Veranda angrenzende) im Winter stets
                              									abgeschlossen ist und bei seiner kleinen Grösse, vermöge des in ihm liegenden stets
                              									warmen Lüftungskamines A2 einerseits und der stets gut erwärmten Seitenräume andererseits, eine
                              									gleichmässige Zimmertemperatur besitzt, während der andere Vorraum in einem gut
                              									geheizten und gelüfteten Treppenhause liegt, dessen äusserer Zugang nach Süd-Osten
                              									gelegen und sehr wenig in Benutzung ist, so dass dieses Treppenhaus auch an und für
                              									sich gegen äussere Einflüsse geschützt ist.
                           Aborte und sonstige Nebenräume, deren Luft stärkerer Verunreinigung ausgesetzt ist,
                              									sind für sich in hinreichendem Maasse gelüftet.
                           Auch die zum Betriebe der Lüftung und Heizung dienende Einrichtung ist als
                              									zweckmässige zu bezeichnen.
                           Die Frischluft wird von in gutem Luftbereich freistehenden Luftschächten L1 und L2 herbei, zunächst
                              									zwei Luftkammern zugeleitet, in welchen sie durch mit Berieselungsvorrichtung
                              									versehene Filter zur Staubablagerung veranlasst und so weit als nöthig befeuchtet
                              									wird. Aus diesen Kammern strömt die Luft durch tiefer gelegene Kanäle (vgl. Fig. 37 und 38) in zwei Heizkammern
                              									ein, in welchen sie, an je einem Centralheizungsofen (Calorifer) vorbeistreichend,
                              									im Winter erwärmt wird, bevor sie den Zuführungskanälen zuströmt.
                           Die Luftabströmung durch die in den Schmalseiten der Krankensäle liegenden Kanäle
                              									wird durch die Saugwirkung der beiden stets warmen Lüftungskamine A1 und A2 gefördert.
                           Zu diesem Zwecke sind alle in den genannten Wänden liegenden Abströmungskanäle an
                              									zwei im Dachraume liegende, in die Kamine A1 und A2 einmündende Sammelkanäle h und b angeschlossen. Ausserdem sind die im
                              									Erdgeschosse befindlichen Abströmungskanäle bis zum Kellergeschoss herabgeführt und
                              									hier an andere Sammelkanäle m und n angeschlossen, die ebenfalls in die Kamine A1 und A2 einmünden.
                           An die letzteren Sammelkanäle können auch die in der nach Nord-Osten gelegenen
                              									Fenstermauer befindlichen Abströmungskanäle angeschlossen werden, welche übrigens
                              									wie die in der gegenüberliegenden Fenstermauer befindlichen unmittelbar unter dem
                              									Dache ins Freie münden.
                           
                           Textabbildung Bd. 284, S. 114Koch's Barackenlazareths für Infectionskranke. Die in den Kaminen A1 und A2 liegenden Rohre sind, wie aus den Fig. 38 und 40 ersichtlich,
                              									Rauchrohre der Centralheizungsöfen H1 und H2; für die wärmere Jahreszeit aber, in welcher
                              									die letzteren nicht geheizt werden, sind am Fusse der Kamine kleinere Füllöfen O1 und O2 aufgebaut, welche
                              									lediglich dem Zwecke dienen, die in den Kaminen liegenden Rauchrohre zu heizen, um
                              									die ersteren zu kräftiger Saugwirkung zu befähigen. Die Centralheizungsöfen werden
                              									in diesem Falle durch Rauchschieber von ihren Rauchröhren abgeschlossen.
                           Verschlussklappen in den an die Sammelkanäle angeschlossenen Abströmungskanälen
                              									ermöglichen, diese, je nach Bedürfniss, einer kleineren oder einer grösseren
                              									Saughöhe der Kamine A1,
                              										A2 zugängig zu
                              									machen und beziehentlich die Wirkung der äusseren Luft auf die in der nordöstlichen
                              									Fenstermauer liegenden Kanäle aufzuheben.
                           Der Gebrauch der beschriebenen Einrichtungen erfolgt in folgender Weise:
                           Bei kalter Witterung strömt die Frischluft nach erfolgter Erwärmung als Heizluft in
                              									die Räume ein und die Abströmung der Raumluft durch die Abströmungskanäle wird sich
                              									schon ohne Mitwirkung der Kamine A1 und A2 in hinreichendem Maasse vollziehen.
                           Im Sommer, wenn die Aussentemperatur höher als die Raumtemperatur ist, erfolgt in den
                              									in den Fenstermauern befindlichen Kanälen eine Abwärtsströmung, so dass dieselben
                              									frische Luft in die Räume einzuführen befähigt sind. Verbindet man in diesem Falle
                              									die in den Schmalseiten der Krankensäle befindlichen Abströmungskanäle mit den am
                              									Fusse der Kamine A1 und
                              										A2 liegenden, in
                              									diese einmündenden Sammelkanäle, während die Füllöfen O1 und O2 geheizt sind, so erfolgt ein lebhafter Luftwechsel
                              									unter vorwiegendem Einströmen frischer Luft durch die in den Fenstermauern liegenden
                              									Kanäle, während vom Kellergeschoss her zufolge der niedrigeren Temperatur daselbst
                              									nur wenig Luft einströmt.
                           Will man kühle Luft vom Kellergeschoss her einführen, so müssen die in den
                              									Fenstermauern liegenden Kanäle von der äusseren Luft abgesperrt und zweckmässiger
                              									Weise, so weit als möglich, mit den im Kellergeschoss befindlichen, in die Kamine
                              										A1 und A2 einmündenden
                              									Sammelkanälen verbunden werden.
                           Durch theilweise Veränderung der Verschlussklappeneinstellung kann man in jedem
                              									Einzelfalle den Luftwechsel überhaupt, sowie den Bezug der Frischluft im Speciellen,
                              									ganz dem Bedürfnisse entsprechend einrichten.
                           Der Betrieb der Lüftungseinrichtung ist einfach und ihre Wirkung in jedem Falle
                              									dermaassen zufriedenstellend, dass sie von der Verwaltung des Knappschaftslazarethes
                              									als mustergültig bezeichnet wird.
                           
                              
                                 (Fortsetzung folgt.)