| Titel: | Die höheren Salpetersäureäther der Stärke. | 
| Autor: | Otto Mühlhäuser | 
| Fundstelle: | Band 284, Jahrgang 1892, S. 137 | 
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                        Die höheren Salpetersäureäther der
                           								Stärke.
                        Von Dr. Otto Mühlhäuser.
                        Mit Abbildungen.
                        Die höheren Salpetersäureäther der Stärke.
                        
                     
                        
                           Nitrirte Stärke ist in neuerer Zeit öfters zur Darstellung rauchschwacher Pulver
                              									vorgeschlagen worden. Die Patente, welche diese Vorschläge enthalten, hatten aber
                              									lediglich die Verwendung der Nitrostärke im Auge; sie waren nicht ernst zu nehmen,
                              									da eine billige Methode zur Darstellung stabiler Nitrostärke bis dahin fehlte und
                              									man letztere nach den in der Literatur bekannt gegebenen Verfahren technisch nicht
                              									darstellen konnte. Erst in neuester Zeit theilte die Actiengesellschaft Dynamit NobelZeitschrift für angewandte Chemie, 1891 S. 611
                                    											(D. R. P. Nr. 57711). ein Verfahren mit, welches den Erhalt
                              									stabiler Nitrostärke auf verhältnissmässig einfache Weise gestattet, und ist es
                              									nicht unwahrscheinlich, dass die billig beschaffbaren Stärkemehlsorten, vor allen
                              									die Kartoffelstärke, zur Fabrikation von Nitrostärke für militärische Zwecke
                              									Verwendung finden können.
                           Geschichtliches: Entdeckt wurde die Nitrostärke im J.
                              									1833 von Braconnot.Annales de Chimie et de Physique, 1833 Bd. LII.
                                       											S. 290 und 93. Dieser Chemiker verstand unter „Xyloidine“
                              									alle jene in Wasser unlöslichen Verbindungen, welche er durch Einwirkung von
                              									Salpetersäure auf Stärke, Lignin, Gummi u.s.w. bekam und die er für identisch hielt.
                              									Der Glaube an die Identität jener Stoffe fiel mit der Entdeckung der Schiessbaumwolle durch
                              										SchönbeinPhilosophical Magazine, XXXI. S. 7..
                              									Seitdem behielt man den Namen Xyloidin nur für das aus Stärke mit concentrirter
                              									Salpetersäure bereitete Product bei. Die Zusammensetzung des Xyloidins, die
                              									verschiedenen Umstände, welche seine Bildung begleiten, hat Braconnot nicht untersucht. LiebigAnnalen der Pharmacie, 1833 Bd. 7 S.
                                    										250., welcher Braconnot's Versuch
                              									wiederholte, zeigte, dass die Salpetersäure ein wesentlicher Bestandtheil des neuen
                              									Körpers sei. PelouzeAnnalen der Pharmacie, 1839 Bd. 29 S.
                                    										38. fasst denselben als erste Stufe der Einwirkung der Salpetersäure
                              									auf Stärke auf, schreibt dem Xyloidin die Formel:
                           C6H9O4.NO3
                           zu, gibt jedoch keine Zahlen an, welche ihm zur Berechnung der
                              									Formel gedient haben, er constatirt auch die lebhafte Verbrennlichkeit des Körpers
                              									ohne Rückstand und spricht schon im J. 1839 die Ueberzeugung aus, dass jene
                              									Eigenschaft vielleicht die Verwendbarkeit des Xyloidins bei der Artillerie gestatte.
                              									Der Niederländer Buijs-BallotAnnalen der Pharmacie, 1843 Bd. 45 S.
                                    										47. analysirte das Xyloidin ebenfalls und fand Zahlen, auf Grund
                              									derer GerhardtPrécis de Chimie organique, 1845 Bd. 2 S.
                                    											224. den Ballot'schen Körper als aus
                              									zwei Individuen bestehend betrachtete, denen er die Formeln:
                           C12H19O10.NO2
                              									und C12H18O10.(NO2)2
                           zuschreibt. 1862 knüpfte BechampAnnales de Chimie et de Physique, 1862 Bd. 62
                                    											S. 311. an die früheren Untersuchungen wieder an. Er bewies, dass
                              									das Braconnot'sche Xyloidin die von Pelouze angegebene Zusammensetzung:
                           C6H9O4.NO3
                           habe und dasselbe in zwei Isomeren bestehe, deren Darstellung
                              									und Eigenschaften er ausführlich beschreibt, ferner stellte Bechamp die Dinitrostärke:
                           C6H8O3(NO3)2
                           in zwei verschiedenen Modifikationen dar, deren Eigenschaften
                              									er uns ebenfalls ausführlich schildert. Durch Einwirkung von Eisenchlorür in
                              									wässeriger Lösung auf die verschiedenen Nitrostärkearten erhielt Bechamp die sogen. „lösliche Stärke“ zurück.
                              									Letztere führte ReichardtBerichte der deutschen chemischen Gesellschaft,
                                    											1877 Bd. 8 S. 1020. im J. 1877 durch Behandlung mit concentrirter
                              									Salpetersäure in Mononitrostärke
                           C6H9O4.NO3
                           über. In neuester Zeit hat nun die Actiengesellschaft Dynamit Nobelloco
                                    											citato. ein Verfahren angegeben, nach welchem man ein Product von
                              									folgender Zusammensetzung
                           C6H8O3(NO3)2
                           erhält. Dasselbe hat dieselbe Zusammensetzung wie die von Bechamp dargestellten isomeren Dinitrostärken. Höhere
                              									Nitrate der Stärke waren bis dahin nicht bekannt, so kannte man kein Trinitrat.
                              									Verfasser dieses gelang nun die Darstellung zweier Producte, denen die
                              									Zusammensetzung:
                           C6H7½O2½(NO3)2½
                           und
                           C6H7O2(NO3)3
                           zukommt. Damit fällt auch die einfache Formel der Stärke:
                           C6H10O5.
                           Man muss vielmehr das Molekül der Stärke mindestens doppelt so
                              									gross annehmen:
                           C12H20O10.
                           Die Braconnot'sche Nitrostärke ist daher als
                              									Dinitrat, die Bechamp'sche als Tetranitrat der Stärke
                              									aufzufassen. Von den bis jetzt bekannten Gliedern der Keine werden wir nur die
                              									höheren Nitrate der Gruppe, welche ein sprengtechnisches Interesse haben, die Körper
                              									von folgender Zusammensetzung eingehender besprechen:
                           
                              
                                 Tetranitrostärke
                                 C12H16O6(O.NO2)4
                                 11,11 Proc. N
                                 
                              
                                 Pentanitrostärke
                                 C12H15O5(O.NO2)5
                                 12,75 Proc. N
                                 
                              
                                 Hexanitrostärke
                                 C12H14O4(O.NO2)6
                                 14,14 Proc. N.
                                 
                              
                           Dass keine Nitroverbindungen, sondern wahre Aether der Salpetersäure vorliegen, geht
                              									aus Folgendem hervor:
                           
                              1) Die Stoffe spalten mit Schwefelsäure zusammengebracht NO3H ab. Die O. NO2-Reste scheinen dabei durch Schwefelsäurereste ersetzt zu
                                 										werden.
                              2) Bei Behandlung mit einer wässerigen Eisenchlorürlösung entsteht NO-Gas und
                                 										lösliche Stärke wird regenerirt (Bechamp).
                              3) Beim Schütteln mit Schwefelsäure über Quecksilber wird aller N in Form von
                                 										NO abgespalten.
                              
                           
                        
                           Tetranitrostärke
                           C12H16O6(O.NO2)4.
                           Dieselbe entsteht nach Bechamploco
                                    											citato. durch Einlaufenlassen einer frisch bereiteten, kalten
                              									Lösung von Stärke in Salpetersäure in concentrirte Schwefelsäure; nach der
                              									Actiengesellschaft Dynamit Nobelloco
                                    											citato. durch Eingiessen einer salpetersauren Stärkelösung in
                              									Nitroglycerinabfallsäure; nach meiner Methode: durch Eingeben einer, längere Zeit
                              									sich selbst überlassenen Lösung von Stärke in Salpetersäure, in Wasser.
                           
                              I. Das Verfahren von
                                    										Bechamp.
                              Man löst 1 Th. bei 20° getrockneter Stärke in 12 Th. concentrirter
                                 											SalpetersäureDen
                                       												Gehalt gibt Bechamp nicht an.,
                                 										stellt die Lösung in eine Kältemischung und giesst rasch 8 Th. concentrirte
                                 										Schwefelsäure zu. Dann giesst man die Masse in viel kaltes Wasser, rührt stark
                                 										durch, um die Masse zu vertheilen und um eine Temperaturerhöhung zu vermeiden.
                                 										Man filtrirt und wäscht den Filterrückstand so lange mit Wasser aus, bis das
                                 										Filtrat mit Chlorbaryum keinen Niederschlag mehr gibt. Nun trocknet man das
                                 										weisse Pulver im Trockenschranke.
                              5 g bei 20° getrocknete Stärke – welche 4,5 g bei 100° getrockneter Stärke
                                 										entsprechen – geben, indem man sie in 60 g concentrirter Salpetersäure auflöste
                                 										und 40 g concentrirte Schwefelsäure zusetzte, eine Ausbeute von 6,61 g
                                 										Nitrostärke = 132,2 Proc.
                              Ein mit denselben Mengen ausgeführter zweiter Versuch gab 6,73 g = 134,6
                                 										Proc.
                              Das Präparat besteht, wie Bechamp zeigte, aus zwei
                                 										Isomeren. Man trennt dieselben wie folgt:
                              a) Die vollkommen trockene Substanz wird zuerst kalt mit Alkohol von 96 Proc.,
                                 										dann warm bei 40° C. behandelt, so lange, bis nichts mehr in Lösung geht. Man
                                 										filtrirt, fällt das Filtrat mit Wasser, worauf die in Alkohol gelöste
                                 										Nitrostärke in Form eines weissen Pulvers ausfällt, das man trocknet.
                              b) Den in Alkohol unlöslichen Theil löst man in Aetheralkohol, verdampft das
                                 										Lösungsmittel und erhält den Stoff als weisse Masse.
                              
                           
                              II. Das Verfahren der
                                    											Actiengesellschaft Dynamit Nobel.
                              
                              Man trocknet Kartoffelstärke bei 100° C., mahlt und trägt die Stärke in
                                 										Salpetersäure vom spec. Gew. 1,501 unter beständigem Umrühren bei 20 bis 25° C.
                                 										ein und zwar in dem Verhältnisse von 10 k Stärke auf 100 k Salpetersäure.
                              Zur Fällung der gelösten Stärke wird die Salpetersäurestärkelosung in eine
                                 										Mischung von Schwefelsäure und Salpetersäure eingetragen und werden hierzu die
                                 										Abfallsäuren der Nitroglycerinfabrikation benutzt. Die zur Anwendung kommende
                                 										Abfallsäure enthält
                              
                                 
                                    70 Proc. Schwefelsäuremonohydrat und
                                    
                                 
                                    10 Proc. Salpetersäuremonohydrat,
                                    
                                 
                              sie wird im Verhältnisse von 500 k Säure auf 100 k
                                 										Stärkelösung mit letzterer dadurch gemischt, dass man die
                                 										Salpetersäurestärkelösung bei einer Temperatur von 20 bis 25° in den die
                                 										Abfallsäure enthaltenden Fällungsapparat mittels einer Zerstäubervorrichtung in
                                 										sehr fein vertheiltem Zustande einführt, wodurch die Nitrostärke in Form eines
                                 										feinen Mehls ausgefällt wird und auf ein Filter von Schiessbaumwolle fällt, auf
                                 										welchem sie liegen bleibt, während die Säure nach Beendigung der Ausfällung
                                 										abgelassen wird und klar abläuft. Die zurückbleibende Nitrostärke wird von der
                                 										anhaftenden Säure durch Abpressen befreit, was vortheilhaft in mit Siebböden
                                 										versehenen Töpfen unter der hydraulischen Presse geschieht, worauf die
                                 										erhaltenen Presskuchen unter kräftigem Rühren in Wasser eingetragen und bis zur
                                 										neutralen Reaction ausgewaschen werden.
                              Der weiteren Behandlung mit 5procentiger Sodalösung durch 24 Stunden folgt dann
                                 										das Mahlen im Kollergang. Hierdurch wird die Masse in einen milchartigen Brei
                                 										verwandelt, der ausgeschleudert oder in Filterpressen ausgewaschen und
                                 										schliesslich mit einer Lösung von Anilin getränkt wird, um die Nitrostärke zu
                                 										stabilisiren. Dies geschieht in einem solchen Verhältniss, dass die
                                 										ausgeschleuderte ungefähr 33 Proc. Feuchtigkeit enthaltende Masse 1 Proc. Anilin
                                 										enthält.
                              Textabbildung Bd. 284, S. 139Fig. 1.Apparat zum Losen der Stärke in der concentrirten
                                       												Salpetersäure. Der Apparat (Fig. 1) zum Lösen der
                                 										Stärke in der concentrirten Salpetersäure besteht aus einem Bleigefäss, welches
                                 										mit einem äusseren und inneren Kühlmantel A und B versehen ist. Das Kühlwasser strömt bei a in die Mantelfläche A ein, geht durch die Röhre b in den
                                 										inneren Kühlmantel B und fliesst durch ein Rohr c ab. Der innere Kühlcylinder B ruht auf den Thonunterlagen d auf; in seinem Innenraum D befindet sich ein Schraubenrührer C,
                                 										welcher die Salpetersäure nach abwärts bewegt und sie zwischen den
                                 										Thonunterlagen herausdrückt, so dass sie in dem Zwischenraum Z aufsteigt und beständig in der Pfeilrichtung
                                 										einströmt. Die Stärke fällt durch eine Oeffnung im Deckel N in den Innenraum D,
                                 										wird mittels der Schraube C in der Säure vertheilt
                                 										und löst sich in derselben.
                              Der zur Fällung verwendete Apparat (Fig. 2)
                                 										besteht aus dem unten trichterförmig gestalteten Bottich A, welcher von einem Kühlmantel M umgeben
                                 										ist; die Einströmung des Wassers erfolgt bei a, der
                                 										Austritt bei e. Zwischen dem doppelten Siebboden
                                 											s und s1 ist Schiessbaumwolle eingelegt, welche
                                 										als Filter dient. Wird der Hahn b geöffnet, so
                                 										fliesst die Säure klar ab, während die Nitrostärke auf dem Siebboden liegen
                                 										bleibt. Der Apparat ist mit einem trichterförmigen Deckel F verschlossen, welcher mit Fenstern versehen ist,
                                 										um den Verlauf des Processes beobachten zu können. Durch diesen Deckel wird
                                 										mittels des Zerstäubungsapparates mn die
                                 										Salpetersäurestärkelösung bei x eingeführt; m bezeichnet das mit Ventil versehene
                                 										Luftzuführungsrohr, n das Zuleitungsrohr für die
                                 										Salpetersäurestärkelösung. Durch Oeffnen und Schliessen des Luftventils und
                                 										durch genaue Einstellung des Apparates ist man im Stande, die
                                 										Salpetersäurestärkelösung in die Form äusserst feiner Tröpfchen zu bringen und
                                 										hierdurch eine feinkörnige, mehlartige Fällung der Nitrostärke zu erzielen.
                              Textabbildung Bd. 284, S. 139Fig. 2.Apparat zum Fallen der Stärke. Bei der Prüfung des Verfahrens durch einen Versuch im Kleinen musste
                                 										von einer absolut genauen Einhaltung der Versuchsbedingungen in Ermangelung der
                                 										dazu nöthigen Apparate abgesehen werden. Der Versuch wurde jedoch im
                                 										Wesentlichen im Sinne jenes Patentes wie nachsteht ausgeführt:
                              20 g bei 100° C. vollständig getrocknete Stärke wurden bei 20 bis 25° C. in 200 g
                                 										Salpetersäure von 1,501 spec. Gew. unter Umrühren eingetragen. Dann wurde die
                                 										Masse durch längeres Umrühren homogen gemacht und in einem Glascylinder 50
                                 										Stunden abstehen gelassen. Man erhielt eine gelbe klare Lösung. Von dieser
                                 										Salpetersäurestärkelösung wurden 100 g zu 500 g einer SäuremischungMan
                                       												stellt sich die Mischung dar durch Vermengung von 108 g Salpetersäure
                                       												von 1,5 spec. Gew. mit 737 g Schwefelsäure von 1,829 spec. Gew. und 155
                                       												g Wasser. einlaufen gelassen, welche aus 70 Proc. SO4H2, 10 Proc.
                                 											NO3H und 20 Proc. H2O zusammengesetzt worden war. Das
                                 										Einlaufenlassen dauerte 2 Minuten. Man erhält einen Niederschlag von weisser
                                 										Farbe, der nicht zu Boden fällt, sondern suspendirt bleibt und in seinen
                                 										äusseren Eigenschaften dem Thonerdehydrat gleicht. Eine Filtration über
                                 										Schiesswolle ging nicht an wegen der eigenartigen mechanischen Verbindung von
                                 										Säure und Nitrostärke. Man giesst daher die geleeartige Masse in viel Wasser
                                 										unter heftigem Umrühren ein, wobei sich ein dem Chlorsilber ähnlicher käsiger,
                                 										weisser Niederschlag bildet.
                              Wird die klare Stärkelösung in die Säuremischung gegossen, so bildet, wie die
                                 										mikroskopische Untersuchung zeigt, jeder einfallende Tropfen einen Faden beim
                                 										Einfallen in die Säure. Beim Rühren zerfällt das Gebilde in schart umrandete
                                 										Aggregate, in Körner. Beim Eingiessen des gelatinösen, thonerdeähnlichen
                                 										Niederschlags in Wasser zerfallen jene Gebilde noch mehr, das mikroskopische
                                 										Bild jener kleinsten Körner ändert sich jedoch nicht mehr. Durch das Zerfallen
                                 										der grösseren Klumpen in Körner wird aber klar, dass die mit Wasser behandelte
                                 										Masse gut filtrirbar ist. Nach dem Eingiessen der Salpetersäurestärkelösung in
                                 										die mit Wasser verdünnte Salpeterschwefelsäure liess man 15 Minuten stehen, dann
                                 										erst goss man die Masse in Wasser. Nach ½stündigem Absitzen wurde filtrirt, der
                                 										Niederschlag vollständig mit Wasser ausgewaschen, dann wurde der Filterrückstand
                                 										mit verdünnter SodalösungMan
                                       												versetzt mit so viel Sodalösung, bis Phenolphtaleïn bleibend roth
                                       												gefärbt wird. versetzt, um die letzten Spuren eventuell noch
                                 										vorhandener Säure wegzunehmen. Nach nochmaligem Auswaschen des Filterrückstandes
                                 										mit Wasser wurde derselbe gepresst und im Trockenschranke zwischen 50 bis 60° C.
                                 										getrocknet. Das vollständig getrocknete und gepulverte Präparat wurde analysirt
                                 										und zwar nach einer MethodeO. Mühlhäuser, D. p. J., 1892 283 137., welche ich früher
                                 										ausführlich beschrieben habe. Die Analyse ergab folgende Resultate:
                              1) 0,257 g Pulver gaben 48,75 cc NO bei 12° C. und 732 mm
                                 										Barometerstand; in Procenten:
                              10,96 N.
                              2) 0,253 g gaben 49,0 cc NO bei 14° C. und 732 mm
                                 										Barometerstand; in Procenten:
                              11,09 N.
                              Das Präparat stellt ein schneeweisses Pulver dar, das durch Reiben elektrisch
                                 										wird. Es ist sehr stabil, färbt Jodkaliumpapier bei 60 bis 70° C. nicht, und
                                 										verliert selbst nach Monate langem Stehen keine N2O3. In Stanniol eingeschlossen und
                                 										vom Hammer auf dem Amboss getroffen explodirt das Präparat an der getroffenen
                                 										Stelle. Erst bei 130° beginnt es rothe Dämpfe zu entwickeln. Sein Flammpunkt
                                 										liegt bei 175° C.
                              Die Tetranitrostärke ist unlöslich in heissem und
                                 										kaltem Wasser, unlöslich in Aether, leicht löslich
                                 										in Alkohol von 96 Proc., in Aetheralkohol, in Aceton, in Essigäther, in
                                 										Nitrobenzol und in Salpetersäure von 1,5 spec. Gew. Aus der salpetersauren
                                 										Lösung wird sie von Wasser wieder ausgefällt. Das Pulver löst sich ferner leicht
                                 										in concentrirter Schwefelsäure, wahrscheinlich unter Bildung von
                                 										Stärkeschwefelsäure und unter Abgabe von NO3H.
                                 										Es löst sich nicht in concentrirter Salzsäure in der Kälte, wohl aber beim
                                 										Erwärmen unter Entwickelung von Chlor. Kocht man die Lösung so lange, bis alles
                                 										Cl ausgetrieben ist, so bringt Wasser keinen Niederschlag mehr hervor. In
                                 										Natronlauge von 40° B. löst sich das Pulver mit gelber Farbe unter Bildung der
                                 										Salze der CO2, N2O3 und NO3H.
                              Unter dem Mikroskope betrachtet, löst sich das Präparat in Essigäther wie Zucker
                                 										im Wasser auf, es entsteht keine Gelatine, und dadurch unterscheidet sich die
                                 										Tetranitrostärke sehr wesentlich von der analogen Nitrocellulose. Nach dem
                                 										Verdunsten des Essigäthers hinterbleibt eine durchsichtige Haut von starkem
                                 										Lichtbrechungsvermögen. Dieselbe blättert beim vollständigen Trocknen vom Glase
                                 										ab. In einem gewissen Zustande zieht der durch Behandlung von Nitrostärke mit
                                 										Essigäther entstehende Syrup 5 bis 6 cm lange Faden. Beim vollständigen
                                 										Eintrocknen entsteht nicht wie bei der Schiesswolle eine lederartige Masse,
                                 										vielmehr ist die hinterbleibende Substanz spröde und brüchig. In dem Sinne wie
                                 										Schiesswolle lässt sich die Tetranitrostärke nicht auf Militärpulver
                                 										verarbeiten. Entzündet brennt das mit Soda behandelte Präparat mit gelber Flamme
                                 										rasch und ohne einen Rückstand zu hinterlassen ab. Ein ohne Soda bereitetes
                                 										Product brennt mit fahler Flamme. Nach der Redaction des Patentes der
                                 										Actiengesellschaft Dynamit Nobel soll sich die
                                 										nach dem Verfahren dargestellte Nitrostärke, also die Tetranitrostärke besonders
                                 										leicht in Nitroglycerin auflösen, in comprimirtem Zustande ein hohes
                                 										specifisches Gewicht besitzen, eine für militärische Zwecke besonders wichtige
                                 										Eigenschaft. Ferner soll sich das Präparat in den verschiedensten Verhältnissen
                                 										mit Nitrocellulosen abmischen lassen, was sehr leicht und gleichförmig durch
                                 										Mahlen der Mischungen im Ganzzeugholländer ausführbar sei. In Nitroglycerin löse
                                 										sich die Nitrostärke schon in der Kälte. Die Lösung werde leimartig, verwandle
                                 										sich aber beim Zusatze von mehr und mehr Nitrostärke in eine wachsharte
                                 										Masse.
                              Das Verfahren der Actiengesellschaft Dynamit Nobel
                                 										eignet sich sehr gut zur Darstellung von Tetranitrostärke und ist es auch
                                 										wahrscheinlich, dass die oben beschriebenen Apparate gut functioniren und die
                                 										Arbeit erleichtern. Das Verfahren gestattet die Bereitung eines stabilen
                                 										Productes und erlaubt auch die Wiedergewinnung der Salpetersäure in Form von
                                 										Salpeterschwefelsäure, ein Umstand, der für die Lebensfähigkeit eines Verfahrens
                                 										zur Darstellung von Nitrostärke sehr in Frage kommt.
                              In einfachster Weise gelingt auch der Erhalt der Tetranitrostärke – allerdings
                                 										unter Verzicht der eventuellen Wiedergewinnung der Salpetersäure nach dem
                                 										folgenden Verfahren.
                              
                           
                              III. Darstellung der
                                    											Tetranitrostärke durch Fällen einer Salpetersäurestärkelösung mit
                                    											Wasser.
                              Verfahren: 40 g bei 100° getrocknete Stärke wurden bei gewöhnlicher Temperatur
                                 										innerhalb ½Stunde in 400 g Salpetersäure von 1,501 spec. Gew. eingerührt. Dann
                                 										brachte man die Flüssigkeit in einen hohen Cylinder, um absitzen zu lassen. Nach
                                 										mehrtägigem Stehen wurden 150 g Lösung unter Umrühren in kaltes Wasser gegossen.
                                 										Es scheidet sich dann ein dem Chlorsilber ähnlicher Niederschlag ab, der sich
                                 										rasch zu Boden setzt und leicht filtrirt werden kann. Der Rückstand wurde
                                 										vollständig ausgewaschen, mit verdünnter Sodalösung behandelt, endlich nochmals
                                 										gewaschen, filtrirt und bei 50 bis 60° getrocknet.
                              Die Analyse ergab:
                              1) 0,2555 g gaben: 46,2 cc NO bei 12° C. und 742 mm
                                 										Barometerstand; in Procenten:
                              10,58 N.
                              2) 0,256 g gaben: 46,25 cc NO bei 14° C. und 743 mm
                                 										Barometerstand; in Procenten:
                              10,50 N.
                              Das Präparat hat alle Eigenschaften des nach dem vorigen Verfahren erhaltbaren
                                 										Productes. Sein Flammpunkt liegt bei 170° C.; es ist sehr stabil, löst sich in
                                 										Nitrobenzol, Aceton, Essigäther, Alkohol und Aetheralkohol sehr leicht, ist aber
                                 											unlöslich in Aether.
                              
                           
                              Vergleich der Präparate.
                              Um einen Vergleich der (nach den oben angeführten Verfahren erhaltbaren)
                                 										Präparate zu erleichtern, habe ich die Haupteigenschaften derselben in einer
                                 										Tabelle zusammengestellt. Danach existiren zwei Tetranitrostärken, welche beide
                                 										von Bechamp entdeckt worden sind. Präparat I ist
                                 										verschieden von II, III und IV, welche unter sich identisch sind und sich von I
                                 										durch ihre Löslichkeit in Alkohol unterscheiden:
                              
                              
                                 
                                    Ursprung des Präparates:
                                    Flammpunkt
                                    96 procentigerAlkohol
                                    Aether
                                    Aetheralkohol
                                    Aceton
                                    Essigäther
                                    
                                 
                                    Bechamp's fecule
                                       												dinitrique
                                    178° C.
                                    unlöslich
                                    löslich
                                    1. löslich
                                    1. löslich
                                    1. löslich
                                    
                                 
                                    Bechamp's fecule
                                       												isodinitrique
                                    172° C.
                                    löslich
                                    schw. löslich
                                    1. löslich
                                    1. löslich
                                    1. löslich
                                    
                                 
                                    Präparat nach dem Verfahren der
                                       												Actien-    gesellschaft Dynamit Nobel
                                       												dargestellt
                                    175° C.
                                    löslich
                                    unlöslich
                                    1. löslich
                                    1. löslich
                                    1. löslich
                                    
                                 
                                    Präparat von Versuch III
                                    170° C.
                                    löslich
                                    unlöslich
                                    1. löslich
                                    1. löslich
                                    1. löslich
                                    
                                 
                              
                           
                        
                           Pentanitrostärke.
                           C12H15O5(O . NO2)5.
                           Pentanitrostärke erhält man neben etwas alkohollöslicher Tetranitrostärke auf
                              									folgende Weise:
                           20 g bei 100° getrocknete Reisstärke trägt man in Portionen innerhalb 15 Minuten in
                              									ein Gemisch von 100 g Salpetersäure von 1,501 spec. Gew. und 300 g Schwefelsäure von
                              									1,8 spec. Gew. unter Umrühren ein. Dabei steigt die. Temperatur allmählich auf 25°
                              									C. Man rührt nach dem Eingeben der Stärke noch so lange, bis alle Klümpchen
                              									zerdrückt und fein verrührt sind. Dann lässt man 1 Stunde stehen, giesst die Masse
                              									in viel kaltes Wasser, lässt absitzen, filtrirt, wäscht mit viel Wasser aus,
                              									neutralisirt mit verdünnter Sodalösung, wäscht nochmals mit Wasser, filtrirt und
                              									trocknet bei 50 bis 60°. Die Ausbeute beträgt 29,5 g = 147,5 Proc.
                           Textabbildung Bd. 284, S. 141Fig. 3.Pentanitrostärke aus Reisstärke (1 : 300). Das Präparat stellt ein weisses Pulver dar. Es besteht aus Körnern, welche
                              									noch dieselbe Grösse besitzen wie die ursprünglichen Stärkekörnchen. Sie
                              									unterscheiden sich von denselben aber wesentlich durch tief eingefressene Rillen und
                              									Löcher, welche beim Nitrirungsprocess entstanden sind, sowie durch das Fehlen der
                              									für das Reisstärkemehl charakteristischen Schichtung (vgl. Fig. 3). Das Product ist indessen nicht einheitlich und gab bei der
                              									Analyse Zahlen, welche vermuthen lassen, dass es aus Tetra- und Pentanitrostärke
                              									bestehe. Der Flammpunkt liegt bei 152°. Es explodirt durch Schlag an der getroffenen
                              									Stelle, brennt mit fahler Flamme ohne einen Ruckesstand zu hinterlassen. Der Körper
                              									ist aber nicht stabil und entwickelt schon beim Lagern nitrose Dämpfe.
                           Um zu einheitlichen Körpern zu gelangen, dann auch, um dieselben stabil zu erhalten,
                              									wurden die das Rohproduct zusammensetzenden Individuen wie nachsteht von einander
                              									getrennt:
                           10 g Product wurden am Rückflusskühler mit 120 Th. Aetheralkohol (2 Th. Aether auf 1
                              									Th. Alkohol) erwärmt. Dann wurde auf dem Wasserbade der Aether abdestillirt, wobei
                              									sich die gesammte Pentanitrostärke als weisser, körniger Niederschlag ausscheidet,
                              									während die alkohollösliche Tetranitrostärke im Alkohol gelöst bleibt. Es wurde
                              									filtrirt, mit Alkohol nachgewaschen und der Filterrückstand nach dem Pressen bei 50
                              									bis 60° getrocknet. Das Filtrat wurde mit Wasser versetzt. Es schied sich dann in
                              									verhältnissmässig kleinen Mengen ein weisser Niederschlag aus. Derselbe wurde
                              									gewaschen und getrocknet.
                           Der in Alkohol unlösliche Antheil gab bei der Analyse folgende Zahlen:
                           1) 0,2535 g Substanz gaben 55,0 cc NO bei 14° C. und 750
                              									mm Barometerstand; in Procenten:
                           12,76 N.
                           2) 0,2610 g gaben 58 cc NO bei 15° C. und 748,5 mm
                              									Barometerstand; in Procenten:
                           12,98 N.
                           Das Präparat besteht also aus Pentanitrostärke. Der Flammpunkt liegt bei 160° C. Bei
                              									60 bis 70° ist es stabil gegen Jodkaliumpapier. Es ist löslich in Aceton, Essigäther
                              									und Nitrobenzol, in Aetheralkohol, unlöslich in Alkohol und Aether.
                           Im Gegensatze zu der Tetranitrostärke, welche beim Kochen in Wasser zusammenbackt,
                              									bleibt die Pentanitrostärke pulverförmig. Sie löst sich in concentrirter
                              									Schwefelsäure bei Wasserbadtemperatur zu einer braunrothen Flüssigkeit auf, welche
                              									Dämpfe von NO3H entwickelt, sie löst sich aber auch
                              									schon in kalter Schwefelsäure unter Bildung von Stärkeschwefelsäure. Wasser scheidet
                              									aus der Lösung keinen Niederschlag aus. In concentrirter Natronlauge löst sie sich
                              									mit gelbrother Farbe. Sie ist leicht löslich in concentrirter Salpetersäure und kann
                              									daraus mit Wasser unverändert gefällt werden. In heisser Salzsäure löst sie sich
                              									unter Entwicklung von Chlor.
                           Der in Alkohol lösliche Antheil gab bei der Analyse Zahlen, welche für
                              									Tetranitrostärke sprechen:
                           0,2635 g Substanz gaben 47,2 cc NO bei 16° C. und 748 mm Barometerstand; in
                              									Procenten:
                           10,45 N.
                           Das Präparat zeigte in allem die Eigenschaften der von Bechamp entdeckten alkohollöslichen Tetranitrostärke.
                           Ein mit Kartoffelstärke, ausgeführter Versuch ergab folgendes Resultat:
                           1 Th. trockene Kartoffelstärke wurde in die 30 fache Menge Salpeterschwefelsäure (1 :
                              									0,5) eingetragen, mehrere Tage stehen gelassen, dann in Wasser gegossen und das
                              									Product in der zuletzt beschriebenen Weise gewonnen.
                           Das blendend weisse Pulver zeigte die Zusammensetzung der Pentanitrostärke:
                           1) 0,302 g gaben 66,25 cc NO bei 13° C. und 726 mm
                              									Barometerstand; in Procenten:
                           12,50 N.
                           2) 0,2605 g gaben 57,5 cc NO bei 15° C. und 726 mm Druck; in
                              									Procenten:
                           12,49 N.
                           Das mikroskopische Bild der aus Kartoffelstärke dargestellten Pentanitrostärke zeigen
                              									die Fig. 4 a bis 4 d in 300facher Vergrösserung. Die
                              									Körner zeigen auf deren Oberseite (Fig. 4b) Löcher,
                              									auf deren Unterseite (Fig. 4a und 4d) tief einschneidende Rillen. Die Schichtung ist
                              									verloren gegangen. Das Product löst sich in Aetheralkohol, in Essigäther, Aceton und
                              									Nitrobenzol, ist unlöslich in Alkohol und in Aether. Der Flammpunkt liegt bei 121°
                              									C. Bei 60 bis 70° verhält sich das Präparat dem Jodkalium papier gegenüber nicht
                              									stabil. Es gleicht in allen Eigenschaften der aus Reisstärke dargestellten
                              									Pentanitrostärke und ist auch identisch mit ihr. Der niedere Flammpunkt mag von
                              									Spuren Schwefelsäure herrühren, die aus dem Präparat beim Auswaschen nicht entfernt
                              									werden konnten.
                           
                        
                           Hexanitrostärke.
                           C12H14O4(ONO2)6.
                           Hexanitrostärke ist der wesentliche Bestandtheil in einem Nitrostärkepräparat,
                              									welches wie nachsteht gewonnen wurde:
                           40 g trockene Stärke werden bei gewöhnlicher Temperatur innerhalb ½ Stunde in 400 g
                              									Salpetersäure von 1,501 spec. Gew. eingetragen, umgerührt und in einem langen
                              									Cylinder 24 Stunden abstehen gelassen. Dann wurden der Lösung 220 g entnommen und
                              									während 15 Minuten in 600 cc Schwefelsäure von 66° B. eingerührt. Dabei schied sich
                              									ein weicher thonerdeähnlicher Niederschlag aus. Nach dem Einrühren liess man die
                              									Masse ½ Stunde lang stehen. Dann wurde die Masse in viel Wasser eingerührt. Nach dem
                              									Absitzen wurde der weisse Niederschlag auf einem Filter gesammelt, mit viel Wasser
                              									ausgewaschen, mit einigen Tropfen Sodalösung behandelt, filtrirt, gepresst und
                              									getrocknet. Ausbeute 26 g = 120 Proc.
                           Textabbildung Bd. 284, S. 142Fig. 4.Pentanitrostärke aus Kartoffelstärke (1 : 300). Das schneeweisse Pulver gab folgende Resultate bei der
                              									Stickstoffbestimmung:
                           1) 0,270 g gaben 62 cc NO bei 8° C. und 737 mm Barometerstand;
                              									in Procenten:
                           13,52 N.
                           2) 0,265 g gaben 60,5 cc NO bei 13° C. und 737mm
                              									Barometerstand; in Procenten:
                           13,23 N.
                           3) 0,272 g gaben 61,5 cc NO bei 10° C. und 736 mm Druck; in
                              									Procenten:
                           13,22 N.
                           Daraus ergibt sich, dass das Präparat wesentlich als aus Hexa- und
                              									Pentanitrostärke zusammengesetzt zu betrachten ist. Folgendes sind seine
                              									Eigenschaften:
                           In Stanniol eingewickelt und mit dem Hammer auf einer eisernen Unterlage getroffen
                              									explodirt es. Der Flammpunkt liegt bei 155° C. Es ist gegen Jodkaliumstärkepapier
                              									bei 60 bis 70° C. nicht stabil, es löst sich nicht in Weingeist von 96 Proc. auf,
                              									nicht in Aether, wohl aber in Aetheralkohol, in Aceton, Nitrobenzol, Essigäther sehr
                              									leicht. Das Product löst sich in kalter Schwefelsäure, wenn auch nicht leicht;
                              									leicht in 60° C. warmer Säure. Beim Erwärmen der klaren Schwefelsäurelösung auf 100°
                              									schlägt die Farbe in rothbraun um und es entwickelt sich Gas. Es löst sich leicht in
                              									concentrirter Salpetersäure, aber nicht in kalter Salzsäure. Beim Erwärmen geht
                              									schliesslich die Nitrostärke unter Entwicklung von Chlor in Lösung. In concentrirter
                              									Natronlauge findet Lösung mit gelber Farbe statt.
                           
                        
                           Vergleich der Eigenschaften der verschiedenen
                              									Präparate.
                           Aus Obigem geht hervor, dass sämmtliche mit concentrirter Schwefelsäure dargestellten
                              									Präparate die Eigenschaft besitzen, schon bei 60 bis 70° oder bei längerem Lagern
                              									nitrose Dämpfe abzuspalten; dadurch ist ihr Werth für Sprengstoffzwecke so lange in
                              									Frage gestellt, bis es gelingt, sie in stabiler Form darzustellen. Da andererseits
                              									diejenigen Präparate stabil sind, welche nicht mit Schwefelsäure oder nur mit einer
                              									solchen dargestellt sind, welche nicht mehr sulfurirend wirken kann, so ist man
                              									versucht, die Unstabilität der mit concentrirter Schwefelsäure dargestellten
                              									Präparate der sulfurirenden Wirkung der letzteren zuzuschreiben. Es ist in der That
                              									nicht unmöglich, dass, wenn Stärke in Gegenwart von concentrirter Schwefelsäure
                              									nitrirt wird, ausser den Nitrogruppen auch Sulfogruppen ins Molekül eintreten, dass
                              									sich beispielsweise ein Körper
                           C12H14O4(O . NO,)5. O. SO3H
                           wenn auch in Spuren bilden könnte, dem Präparate sich beimengt
                              									und in Folge dessen die Unstabilität desselben bedingt.
                           In untenstehender Tabelle sind die Eigenschaften der von mir dargestellten Präparate
                              									behufs Erleichterung des Vergleiches zusammengestellt.
                           
                        
                           Darstellung eines rauchlosen Pulvers.
                           Die stabile Nitrostärke eignet sich vereint mit Nitrocellulosen – z.B. mit
                              										NitrojuteVgl. O. Mühlhäuser, Die Jute, ein Rohstoff für
                                       												Schiesswolle, und D. p. J. 1892 283 88. 137. – vorzüglich zur
                              									Darstellung rauchloser Pulver.
                           Eine gute Vorschrift für die Darstellung eines rauchschwachen Pulvers gebe ich im
                              									Folgenden:
                           
                              
                                 Dargestellt aus:
                                 Flamm-punktin Grad C.
                                 Stabilitat
                                 N-Gehaltin Proc.
                                 96 procentigerAlkohol
                                 Aether
                                 Aether-alkohol2 : 1
                                 Essigäther
                                 
                              
                                 1 Th. Salpetersäure, 5 Th. Schwefelsäure von   70 Proc.
                                    											Gehalt Wasser
                                 175
                                 stabil
                                 11,02
                                 löslich
                                 unlöslich
                                 löslich
                                 löslich
                                 
                              
                                 1 Th. Salpetersäure; Wasser
                                 170
                                 stabil
                                 10,54
                                 löslich
                                 unlöslich
                                 löslich
                                 löslich
                                 
                              
                                 1 Th. Salpetersäure, 3 Th. conc. Schwefelsäure
                                 152
                                 nicht stabil
                                 12,87
                                 unlöslich
                                 unlöslich
                                 löslich
                                 löslich
                                 
                              
                                 1   „            „             3,5 „     „              
                                    											„
                                 121
                                 nicht stabil
                                 12,50
                                 unlöslich
                                 unlöslich
                                 löslich
                                 löslich
                                 
                              
                                 1   „            „             3    „     „              
                                    											„
                                 155
                                 nicht stabil
                                 13,32
                                 unlöslich
                                 unlöslich
                                 löslich
                                 löslich
                                 
                              
                           
                           Man befeuchtet
                           
                              
                                 6 g Nitrojute und
                                 
                              
                                 2 g Nitrostärke
                                 
                              
                           in einem Porzellanmörser mit der nöthigen Menge Essigäther,
                              									arbeitet die Mischung längere Zeit bis zum Verschwinden aller Knötchen durch, walzt
                              									die Masse zum dünnen Kuchen aus, trocknet genügend und bringt denselben in
                              									Blättchenform. Nach dem vollständigen Trocknen bei 50 bis 60° erhält man das Pulver
                              									in rehbraunen Blättchen.
                           Dieselben wurden analysirt und hatten folgenden N-Gehalt:
                           0,254 g Substanz gaben 52,0 cc NO bei 14° C. und 721,5 mm Barometerstand; in
                              									Procenten:
                           11,54 N.
                           Der Flammpunkt des Pulvers liegt bei 160° C.; gegen Jodkaliumstärkepapier verhält
                              									sich das Pulver bei 60 bis 70° stabil.
                           Stuttgart, im März 1892.
                           Chemisch-technologisches Laboratorium der techn.
                              									Hochschule.