| Titel: | Neuheiten im Heizungsfache. | 
| Autor: | F. H. Haase | 
| Fundstelle: | Band 284, Jahrgang 1892, S. 245 | 
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                        Neuheiten im Heizungsfache.
                        Von F. H. Haase, gepr. Ingenieur
                           								und Patentanwalt in Berlin.
                        Mit Abbildungen.
                        Neuheiten im Heizungsfache.
                        
                     
                        
                           
                              Central-Dampfniederdruck- und
                                 										Warmwasserheizungsanlagen.
                              
                           Nachdem ich in meinen Berichten über Lüftungsanlagen die verschiedenen Systeme der
                              									Centralheizung im Allgemeinen besprochen habe, gehe ich nunmehr dazu über, einige
                              									Vervollkommnungen jüngeren Datums eingehender zu beleuchten.
                           Bis vor wenigen Jahren wurden in Berlin fast alle öffentlichen Zwecken dienende
                              									Neubauten – insbesondere alle Gemeinde-Schulgebäude – mit Warmwasserheizung
                              									versehen; man fand, dass dieselbe den Bedürfnissen sehr gut entspreche und dass die
                              									Wahl jedes anderen Heizungssystems weit eher zu Betriebsstörungen oder zu sonstigen
                              										Unzuträglichkeiten Veranlassung gebe als dieses Heizungssystem. Indessen
                              									finden sehr viele Lehrer die gelinde Wärmeabgabe der dabei zur Verwendung kommenden
                              									grossen Heizflächen weniger angenehm als die Wärmestrahlung der alten eisernen
                              									Schulöfen, veranlassen deshalb nicht selten eine Verstärkung der Feuerung über
                              									Bedürfniss, um die Annehmlichkeit der Wärmeausstrahlung geniessen zu können, und
                              									öffnen dafür lieber an entfernteren Stellen einen Fensterflügel, um die Hitze im
                              									Raume nicht allzusehr überhand nehmen zu lassen.
                           Um diesen kaum zu verhindernden Vorkommnissen ihre Ursache zu entziehen, hat man
                              									neuerdings, nachdem inzwischen die Verbesserungen der
                              									Niederdruckdampfheizungs-Einrichtungen dem System der Niederdruckdampfheizung viele
                              									Anhänger gewannen, ein Heizungssystem einzuführen begonnen, welches einen Theil der
                              									angenehmen Eigenschaften des letzteren Systemes mit einem Theile der angenehmen
                              									Eigenschaften des Warmwasserheizungssystems verbindet, nämlich ein gemischtes
                              									System, welches man als System der Niederdruckdampf-Niederdruckwarmwasserheizung
                              									bezeichnet.
                           Eine schematische Darstellung dieses Systems, wie es von der Firma Gebr. Körting in Körtingsdorf bei Hannover eingeführt
                              									und im Wesentlichen auch von anderen Centralheizungs-Bauanstalten ausgeführt wird,
                              									veranschaulicht Fig. 1.
                           H bezeichnet in dieser Figur eine Anzahl Heizkörper,
                              									welche vor Beginn der Heizung vollständig mit Wasser gefüllt sind. Dieselben stehen
                              									an höchster Stelle mittels der Röhren D mit dem
                              									Dampfraume eines im Kellergeschoss aufgestellten Dampfkessels K und an tiefster Stelle mittels einer Röhrenleitung
                              										r mit einem höher gelegenen Wasserbehälter W in Verbindung. Der letztere besitzt ein Ueberlaufrohr
                              										C, welches in den Wasserraum des Dampfkessels K einmündet.
                           Um zu verhindern, dass der Dampfüberdruck im Kessel jemals 0,5 at übersteigen kann,
                              									mündet ein in dessen Wasserraum hineinragendes Wasserrohr St in einer Höhe von etwa 5 m über dem höchsten Wasserspiegel des
                              									Dampfkessels frei in die Atmosphäre aus, so dass bei Ueberschreitung von 0,5 at
                              									Dampfüberdruck (entsprechend 5 m Wassersäulenhöhe), der Dampf so lange Kesselwasser
                              									durch das Rohr St hinausdrückt, bis dessen
                              									Eintauchemündung dem Dampf selbst freien Austritt gestattet. Dieses
                              									Sicherheitsmittel gegen Ueberschreitung eines unerlaubten Dampfdrucks ist übrigens
                              									bei allen Heizungszwecken dienenden Niederdruckdampfkesseln in Gebrauch und von Bechem und Post eingeführt worden. Um nach Möglichkeit
                              									zu verhüten, dass die Gefahr einer Kesselentleerung durch das Sicherheitsrohr St jemals eintrete, wendet die Firma Gebr. Körting noch eine besondere
                              									Druckregulirungsvorrichtung an, welche später besprochen werden soll.
                           Der Betrieb des beschriebenen Heizungssystems ist nun folgender:
                           Sobald man bei vollständiger Oeffnung der Dampfabsperrventile Dampf in die Heizkörper
                              										H einströmen lässt, drückt dieser das Wasser aus
                              									den letzteren hinaus und, bei abgeschlossenem Entleerungshahn A, in den Wasserbehälter W
                              									hinein. Aus diesem aber fliesst das überschüssige Wasser dem Wasserraume des
                              									Dampfkessels zu. Wenn man andererseits den Dampf von den Heizkörpern H absperrt, so condensirt der darin befindliche Dampf
                              									und erzeugt darin demzufolge einen luftverdünnten Raum, der durch Wasser, das vom
                              									Wasserbehälter W und (weil hier dabei ebenfalls ein
                              									luftleerer Raum entsteht) indirect vom Wasserraume des Dampfkessels her eindringt,
                              									ausgefüllt wird. Wenn ferner die Dampfabsperrventile der Heizkörper H theilweise geöffnet werden, so dass der durch ihre
                              									Oeffnungen in die letzteren eindringende Dampf gedrosselt wird und deshalb
                              									verminderte Spannung besitzt und verhältnissmässig rasch condensirt, so bleiben die
                              									Heizkörper H stets mehr oder weniger weit mit Wasser
                              									gefüllt und sind dann im wahren Sinne des Wortes
                              									Niederdruckdampf-Niederdruckwarmwasseröfen.
                           Textabbildung Bd. 284, S. 245Körting's Centralheizung mit Niederdruck. Diese können bei gleicher Wärmeabgabe wesentlich kleiner gehalten werden
                              									als Warmwasserheizkörper und, weil sie an den von Dampf erfüllten Theilen weit mehr
                              									Wärme abgeben als Warmwasserheizkörper, so kommen sie auch weit mehr als diese als
                              									Wärmeausstrahlungsöfen zur Geltung. –
                           Ich habe in einem meiner früheren Berichte erwähnt, dass die Dampfheizung eine dem
                              									jeweiligen Bedürfniss entsprechende Regulirung der Wärmeabgabe der Heizkörper nicht
                              									gewährt. Man hat zwar diesen Misstand nach dem Vorgange der Firma Bechem und Post dadurch zu vermindern gesucht, dass man
                              									die Heizkörper mit für Wärme wenig durchlässigen Mänteln (sogen. Isolirmänteln)
                              									umgab und deren Oeffnungen durch Schieber oder verstellbare Deckel mehr oder weniger
                              									verdeckte. Der mit dieser Einrichtung beabsichtigte Zweck wird aber in Wirklichkeit
                              									nur in sehr beschränktem Maasse erreicht, da die Mäntel nach längerem Abschluss doch
                              									selbst durchwärmen und dann natürlich ebenso wie ein Kachelofen Wärme an die
                              									Raumluft abgeben. Werden die ummantelten Heizkörper gleichzeitig als Lüftungs- oder
                              									als Umlaufheizungsöfen verwendet, wie es gewöhnlich geschieht, so ist eine
                              									Verminderung der Mantelöffnung, durch welche die erhitzte Luft in den Raum
                              									einströmt, noch weniger geeignet, die Wärmeabgabe der Heizkörper an die Raumluft dem
                              									Bedürfniss entsprechend zu vermindern, weil, entsprechend dem Maasse, in welchem
                              									besagte Oeffnung verdeckt wird, die Temperatur in dem Zwischenraume zwischen dem
                              									Heizkörper und seinem Mantel und demnach auch die Temperatur der durch die bleibende
                              									Oeffnung in den Wohnraum einströmenden Luft selbst steigt und weil dabei auch die Menge dieser Luft
                              									erst dann merklich abnimmt, wenn die normale Einströmungsöffnung um mehr als die
                              									Hälfte vermindert wird.
                           Bei den oben besprochenen Niederdruckdampf-Warmwasserheizkörpern ist, wie man leicht
                              									übersieht, eine Regulirung der Wärmeabgabe derselben unschwer durch mehr oder
                              									weniger starkes Drosseln des in die Heizkörper einströmenden Dampfes, wenigstens
                              									innerhalb gewisser Grenzen möglich, ohne dass dazu die Anwendung von Isolirmänteln
                              									erforderlich ist. Von einer genau dem jeweiligen Bedürfniss entsprechenden
                              									Regulirbarkeit der Wärmeabgabe kann natürlich auch hierbei nicht die Rede sein, weil
                              									es eben nicht möglich ist, mittels einfachen Absperrventils die durchströmende
                              									Dampfmenge gleichmässig zu verändern, wenn auch der Vorschub der Ventilspindel durch
                              									Graduirung genau controlirt werden kann. Die durch eine Ventilöffnung strömende
                              									Dampfmenge nimmt bei gleichmässigem Vorschub der Ventilspindel anfangs sehr langsam
                              									und nach Verminderung des Durchströmungsquerschnittes über die Hälfte des lichten
                              									Rohrquerschnittes sehr rasch und immer rascher ab. Aehnliches gilt auch von
                              									Drosselklappen, jedoch mit dem Unterschiede, dass sie unvollkommener als
                              									Absperrventile functioniren. –
                           Es wird vielfach als ein Misstand bei Wasserheizungsanlagen erachtet, dass deren
                              									Rohrleitungen und Heizkörper stets vollständig mit Wasser angefüllt sein müssen und
                              									deshalb an allen denjenigen Stellen, welche der kalten Aussenluft unmittelbar
                              									ausgesetzt sind, der Gefährdung durch Frost unterliegen, wenn zufällig der Zutritt
                              									der Aussenluft zur Zeit des Kaltliegens der Heizungsanlage nicht sorgfältig
                              									abgesperrt ist.
                           Es sind mir in der That zahlreiche Fälle bekannt, in welchen Undichtheiten bei
                              									Warmwasserheizungsanlagen diesem Umstände zuzuschreiben waren.
                           Die Firma Gebr. Körting ist der Ansicht, dass eine
                              									solche Gefährdung bei dem von ihr eingeführten
                              									Niederdruckdampf-Warmwasserheizungssystem vollständig ausschliessbar sei, wenn man
                              									den dazugehörigen Dampfkessel zum continuirlichen, in der Nacht wesentlich
                              									gedämpften Betriebe einrichte und zu diesem Zweck eine von ihr erfundene
                              									Luftzug-Regulirvorrichtung in Anwendung bringe, welche die Beheizung des
                              									Dampfkessels dem Bedarf entsprechend zu reguliren gestatte. In einem Vortrage im
                              									Sächsischen Ingenieur- und Architekten-Verein bemerkte der Oberingenieur der Firma
                              										Gebr. Körting, Herr Mildner, dass man zur sicheren Verhütung der Frostbeschädigung eines
                              									Heizkörpers nur nöthig habe, das Absperrventil desselben mit der Frischluftklappe
                              									derart zu verbinden, dass ein Offenstehen der letzteren auch ein Offenstehen der
                              									Ventilöffnung bedinge; dem Heizkörper würde dann auch während der Nacht immer
                              									hinreichend Dampf zuströmen, um ihn vor Frost zu schützen.
                           So einleuchtend diese Erklärung auch erscheint, so ist doch zu bemerken, dass die
                              									besagte Luftzug-Regulirvorrichtung des Dampfkessels keineswegs eine sehr praktische
                              									Lösung verspricht, indem eine Verbindung zwischen dem Absperrventil und der
                              									Frischluftklappe weder für immer als absolut zuverlässig zu bezeichnen ist, noch
                              									auch immer empfehlenswerth ist.
                           Dass eine absolute Zuverlässigkeit der zwangläufigen Verbindung von
                              									Bewegungstheilen, die fortwährend dem atmosphärischen Einfluss ausgesetzt sind, nach
                              									längerer Betriebsdauer nicht zu erwarten ist, ist jedem Heizungstechniker bekannt.
                              									Ein Beispiel wird dies auch dem Laien klarlegen. In einer Gemeindeschule Berlins
                              									ereignete sich im vorletzten Winter der Fall, dass ein Wasserheizkörper durch Frost
                              									beschädigt wurde, trotzdem die Kurbel, mittels welcher die Frischluftklappe geöffnet
                              									und geschlossen wird, auf der Stellung „zu“ stand. Die Nachforschung ergab,
                              									dass die Frischluftklappe in Wirklichkeit vollständig offen stand und dass die
                              									Verbindung zwischen ihr und der Kurbel unterbrochen war.
                           Wäre mir nicht zufällig bekannt, dass die Einrichtung, welche erst wenige Jahre im
                              									Betriebe ist, von einer der bestrenommirten Heizungsbauanstalten mit mustergültiger
                              									Sorgfalt ausgeführt worden ist, so hätte ich vermuthen können, dass mangelhafte
                              									Ausführung den Bruch der Verbindung zwischen Klappe und Kurbel wesentlich bedingt
                              									habe. So aber, wie der Fall lag, war nur die Annahme möglich, dass der Bruch
                              									entweder durch Gewaltausübung oder durch den Einfluss der Witterung oder durch das
                              									Zusammentreffen beider verursacht wurde.
                           In der That ergab die nähere Untersuchung, dass die Klappe schon längere Zeit nicht
                              									mehr vollständig dicht geschlossen hatte und theilweise vereist war. Wahrscheinlich
                              									wurde auch zur Herbeiführung der correcten Schluss- und Offenstellung der Kurbel
                              									häufiger ein gewaltsames Verwürgen der Kurbelverbindung vorgenommen und so durch die
                              									Wirkung von Frost und von Gewaltausübung gemeinschaftlich die vollständige
                              									Zerstörung dieser Verbindung herbeigeführt.
                           Mit dem Einfluss der Witterung muss, namentlich für sehr strenge Winter, immer
                              									gerechnet und auch jede Complication des Bewegungsmechanismus der Frischluftklappen
                              									thunlichst vermieden werden, weil mit jeder Gliederung die Sicherheit correcter
                              									Functionirung vermindert und ein Verbiegen und Verwürgen der Verbindung erleichtert
                              									wird.
                           Zudem aber ist es gar nicht immer erwünscht, die Frischluftklappe in dem gleichen
                              									Maasse wie das Dampfabsperrventil zu öffnen, vielmehr soll bei jedem für die Lüftung
                              									vorgesehenen Heizkörper die Möglichkeit der alleinigen Umlaufheizung nicht
                              									ausgeschlossen werden, damit man einen vollständig ausgekühlten Raum rasch anheizen
                              									kann.
                           Das von Herrn Mildner empfohlene Mittel zur sicheren
                              									Verhütung von Frostbeschädigung der Heizungsanlage kann deshalb, so einleuchtend es
                              									auch zunächst erscheinen mag, als besonders zweckmässig nicht empfohlen werden; es
                              									dürfte vielmehr weit empfehlenswerther sein, dafür zu sorgen, dass eine Controlirung
                              									des Schlusses der Frischluftklappen leicht möglich ist.
                           Auch sollte man Lufteinführung durch einfache wagerechte Mauerdurchbrechungen, welche
                              									dem Regen und Schnee den Zutritt zu der Verschlussklappe ebenso wie das Eindringen
                              									von Staubmassen ermöglichen, thunlichst vermeiden und dafür etwa solche knieförmige,
                              									senkrecht ansteigende und von tiefer gelegener Stelle aus zeitweilig zu reinigende
                              									Einführungen wählen, wie ich sie in einem meiner ersten Artikel über Lüftungsanlagen
                              									empfohlen habe.
                           Sicherste Mittel zur Verhütung eines Frostschadens an dem Heizungssystem wären: ein
                              									jeweiliges Entleeren desselben am Abend, wenn die Aussentemperatur eine sehr niedrige ist, oder
                              									fortwährendes Heizen bei Nacht wie bei Tag. Die Entleerung würde sich ohne jeden
                              									Verlust bewirken lassen, wenn man den Entleerungshahn A
                              									in einen unmittelbar über dem Dampfkessel angeordneten Wasserbehälter einmünden
                              									liesse, aus welchem man jeweils vor dem Anheizen des Kessels Wasser in diesen
                              									einlaufen lassen würde.
                           
                              
                                 (Schluss folgt.)