| Titel: | Ueber die Gerbstoffabsorption der Haut. | 
| Autor: | v. Schröder, J. Pässler | 
| Fundstelle: | Band 284, Jahrgang 1892, S. 283 | 
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                        Ueber die Gerbstoffabsorption der
                           								Haut.
                        Von Prof. Dr. v. Schröder und Dr. J.
                                 									Pässler in Tharand.Der Zusatz
                                 											„und C. K.“ auf S. 256 ist zu streichen.
                        (Schluss der Abhandlung S. 256 d. Bd.)
                        Ueber die Gerbstoffabsorption der Haut.
                        
                     
                        
                           Es wäre nun interessant, zu erfahren, wie viel durch wiederholtes Behandeln von
                              									Blösse mit verdünnten Tanninlösungen überhaupt Tannin absorbirt werden kann und ob
                              									dies eine Grenze hat. Um darüber Klarheit zu verschaffen, wurden auch nach dieser
                              									Richtung hin Untersuchungen ausgeführt und eine Versuchsreihe angestellt, wobei auf
                              									folgende Weise verfahren wurde: Es werden 4mal je 5 g lufttrockene, gemahlene Blösse
                              									(= 4,1150 g aschefreie Trockensubstanz mit 17,82 Proc. N) mit 500 cc einer
                              									1procentigen Tanninlösung (d. i. 5 g lufttrockenes = 4,3560 g aschefreies, absolut
                              									trockenes Tannin auf 500 cc gelöst) einen Tag lang unter oftmaligem Schütteln
                              									behandelt, alsdann filtrirt und sorgfältigst ausgepresst. Von jedem Filtrat werden
                              									100 cc eingedampft, getrocknet, gewogen, verascht und wieder gewogen. Die
                              									Gewichtsdifferenz mit 5 multiplicirt gibt an, wie viel Tannin unabsorbirt geblieben
                              									ist, und durch eine einfache Subtraction erfährt man die Menge des von 5 g Blösse
                              									absorbirten Tannins. In einem der vier Leder werden Stickstoff- und
                              									Aschebestimmungen ausgeführt und aus deren Resultaten die Menge des aufgenommenen
                              									Tannins berechnet. Die anderen drei Lederproben werden jede für sich quantitativ in
                              									einen Kolben mit 500 cc Tanninlösung von obiger Concentration gebracht, wiederum
                              									einen Tag lang öfters geschüttelt und alsdann abgepresst. Die Menge des
                              									aufgenommenen Tannins wird ebenfalls durch Eindampfen von je 100 cc der drei
                              									Lösungen, sowie durch Stickstoffbestimmung in einem der drei Leder festgestellt. Die
                              									zwei übrigbleibenden Leder werden nochmals auf obige Weise mit Tanninlösung von
                              									derselben Concentration behandelt und nach Bestimmung der absorbirten Tanninmenge
                              									wird die letzte Lederprobe zum vierten Male mit Tanninlösung von obiger
                              									Concentration geschüttelt. Die aufgenommene Tanninmenge wird nach den zwei Methoden
                              									bestimmt.
                           Auf diese Weise ist der Blösse Gelegenheit gegeben worden, nach dem Herausnehmen aus
                              									der Tanninlösung und dem Einbringen in eine neue wiederum mit einer Lösung
                              									zusammenzukommen, welche concentrirter als die eben verlassene ist. Dadurch, dass
                              									vier Versuche vollständig gleich angesetzt wurden, konnte die Menge des nach jeder
                              									Absorption aufgenommenen Tannins durch die Stickstoffbestimmungsmethode festgestellt
                              									werden. Es wird dieses Verfahren entschieden richtigere Resultate geben als die
                              									Eindampfungsmethode, welche bei diesem wiederholten Behandeln einen kleinen Fehler
                              									mit sich bringt. Derselbe besteht darin, dass man das angegerbte Leder nicht
                              									lufttrocken, sondern nass in die nächste Tanninlösung bringt, wodurch eine geringe
                              									Verdünnung derselben stattfindet, und dies hat zur Folge, dass die Absorptionszahlen
                              									etwas zu hoch ausfallen werden, was auch aus der Tabelle V hervorgeht. In derselben
                              									sind die Resultate der angestellten Versuchsreihe zusammengestellt. Es zeigt sich
                              									dabei, dass die durch die Eindampfungsmethode erhaltenen Absorptionszahlen höher
                              									sind, als die entsprechenden aus dem Stickstoffgehalt berechneten. Die Differenz
                              									wächst mit der Anzahl der Absorptionen, was auch sehr erklärlich ist. Es sind
                              									hierbei die letzteren entschieden die richtigeren. (Tabelle umstehend.)
                           Aus dieser Tabelle ersieht man, dass durch wiederholte Behandlung mit Tanninlösungen
                              									immer noch neue Mengen Tannin absorbirt werden und dass die absolute Menge des
                              									absorbirten Tannins nach jeder Absorption kleiner ist als bei der vorhergehenden.
                              									Aus dieser Abnahme folgt unmittelbar, dass das
                                 										Absorptionsvermögen der Blösse eine Grenze haben muss. Wenn die Differenz
                              									zwischen den aufgenommenen Tanninmengen von zwei auf einander folgenden Absorptionen
                              									regelmässig kleiner wird, so muss sie schliesslich auf Null herabsinken und dieser
                              									Punkt scheint in obigem Falle nach der vierten Absorption nahezu erreicht zu sein.
                              									Wenn die Differenz bei einer eventuellen fünften und sechsten Absorption ebenso
                              									gesetzmässig wie bei den vier wirklich durchgeführten sinken würde, was auch ganz
                              									bestimmt vorausgesetzt werden kann, so würden vielleicht schon bei der fünften
                              									Absorption nur noch ganz unbedeutende Mengen Tannin aufgenommen werden. Es sind aus
                              									diesem Grunde die Absorptionsversuche nicht weiter ausgedehnt worden. Die
                              									vorliegenden Resultate sind vollständig beweisend dafür, dass die
                              									Absorptionsfähigkeit der Haut eine Grenze hat und dass das
                                 										Maximum nicht durch eine einmalige Behandlung der Blösse mit einer
                           
                           Tabelle V.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 284, S. 284
                              Versuch:; Tannin auf 500 cc Wasser
                                 										gelöst lufttrocken, absolut trocken und aschefrei; Nach dem Schütteln sind in
                                 										500 cc noch Tannin; Von der Blösse sind an Tannin absorbirt worden; 100 Th.
                                 										Blösse (absolut trocken und aschefrei) absorbiren Tannin (absolut trocken und
                                 										aschefrei); In Summa absorbiren bei wiederholtem Schütteln 100 Th. Blösse an
                                 										Tannin; 100 Th. Leder enthalten Blösse, Tannin; Berechneter Stickstoffgehalt (in
                                 										absolut trockener, aschefreier Substanz); Gefundener Stickstoffgehalt (in
                                 										absolut trockener, aschefreier Substanz); 100 Th. Blösse (absolut trocken und
                                 										aschefrei) absorbiren Tannin (absolut trocken und aschefrei, aus N-Gehalt
                                 										berechnet); In 100 Th. Leder sind enthalten (aus N-Gehalt berechnet) Blösse,
                                 										Tannin
                              
                           
                              
                              Tanninlösung von bestimmter Concentration erreicht werden
                                 										kann, sondern es ist unbedingt nothwendig, die Blösse wiederholt in
                                 										Tanninlösungen zu bringen, wobei zu beachten ist, dass jede folgende
                                 										concentrirter sein muss, als die vorhergehende beim Herausnehmen der Haut
                                 										ist.
                              
                           Was die absolute Menge des von der Haut aufnehmbaren Tannins anbelangt, so zeigt
                              									sich, dass Blösse im Maximum ungefähr ihr eigenes Gewicht an Tannin zu absorbiren
                              									vermag. Gemäss obiger Tabelle haben 100 Th. Blösse nach viermaliger Absorption 95,3
                              									Th. Tannin absorbirt, natürlich beide auf absolut trockene und aschefreie Substanz
                              									berechnet, oder 100 Th. Leder mit einem Stickstoffgehalt von 9,12 Proc. enthalten
                              									51,2 Th. Hautsubstanz und 48,8 Th. Tannin.
                           Es ist ferner auch wichtig, zu wissen, ob diese Zahlen wirklich mit denen der Praxis
                              									übereinstimmen und ob die aus Gerbereien hervorgegangenen Leder ebenso wie das obige
                              									zusammengesetzt sind. Es wurden in der letzten Zeit im Tharander
                              									Gerbereilaboratorium eine grössere Anzahl von Lederanalysen ausgeführt und diese
                              									Gelegenheit wurde benutzt, um in den verschiedenen Lederproben
                              									Stickstoffbestimmungen auszuführen. Aus dem Stickstoffgehalte kann alsdann auf die
                              									Zusammensetzung geschlossen werden. Die Stickstoffanalysen können nicht direct in
                              									dem rohen Leder vorgenommen werden, sondern es ist vorher nothwendig, aus dem Leder
                              									nach dem Trocknen natürliche oder künstlich eingebrachte Fettstoffe durch
                              									Schwefelkohlenstoff, ferner durch Eintrocknen von Gerbebrühen etwaige anhaftende
                              									Gerbstoffe und Nichtgerbstoffe oder absichtlich hineingebrachte Beschwerungsmittel
                              									mit kaltem Wasser in irgend einer Weise gleichmässig zu entfernen. Die auf diese
                              									Weise vorbereiteten Lederproben, in welchen auch der
                              									Aschengehalt ermittelt wurde, konnten erst zur Stickstoffbestimmung verwandt werden
                              									und die dabei erhaltenen Resultate können dann zur Vergleichung dienen. Es stellte
                              									sich dabei heraus, dass die Stickstoffgehalte der 29 Ledersorten zwischen 9,03 Proc.
                              									und 12,00 Proc. schwankten. Berechnet man aus dem niedrigsten und höchsten
                              									Stickstoffgehalte die Zusammensetzung der entsprechenden Leder, so resultirt bei der
                              									Annahme von 17,82 Proc. Stickstoffgehalt der reinen Blösse, dass das erstere aus
                              									50,6 Th. Hautsubstanz und 49,4 Th. Gerbstoff und das letztere aus 73,0 Th.
                              									Hautsubstanz und 27,0 Th. Gerbstoff besteht. Die verschiedenen Ledersorten sind
                              									demnach sehr ungleich zusammengesetzt. Dies ist aber auch ganz natürlich, da sich
                              									die Zusammensetzung nach dem Grade der Gerbung richtet und dieser je nach der Art
                              									des herzustellenden Leders verschieden ist. Andererseits fällt aber der
                              									Stickstoffgehalt von 9,03 Proc. des einen Leders;
                              									welches im Tharander Laboratorium in durchweg süssen Brühen aus Fichtenextract
                              									gegerbt wurde, mit dem niedrigsten der letzten Versuchsreihe fast vollständig
                              									zusammen; der letztere beträgt 9,12 Proc., also nur ein Unterschied von 0,09 Proc.
                              									Bei diesem Leder kam es auch darauf an, eine möglichst vollständige Gerbung zu
                              									erzielen. Man sieht daraus deutlich, dass der Grad der
                                 										Gerbung eine Grenze hat und dass Haut, welche vollständig durchgegerbt werden
                                 										soll, ungefähr ihr gleiches Gewicht Gerbstoff aufnehmen wird oder dass die
                                 										fertige, reine Ledersubstanz aus annähernd gleichen Th eilen Hautsubstanz und
                                 										Gerbstoff besteht. Enthält ein Leder mehr Gerbstoff, so ist dieser
                              									Ueberschuss nicht durch den regelrechten Gerbprocess in die Haut gebracht worden,
                              									sondern lediglich auf mechanische Weise durch Einwalken oder ähnliche Processe.
                              									Dieser Ueberschuss ist nicht geeignet, die Qualität des Leders zu verbessern,
                              									sondern dient allein zur Beschwerung desselben.
                           Die letzte Versuchsreihe, deren Resultate in Tabelle V zusammengestellt sind, war in
                              									der Weise ausgeführt worden, dass 5 g Blösse (lufttrocken) 4mal mit Tanninlösungen
                              									von derselben Anfangsconcentration, nämlich von je 5 g Tannin (lufttrocken) in 500
                              									cc Wasser behandelt worden sind, also in Summa mit 20 g Tannin. Hierbei waren die
                              									auf einander folgenden Concentrationen nicht vollständig gleich, da man bedenken
                              									muss, dass bei jedem der vier Theile des Versuches Tannin absorbirt worden ist; es
                              									wird demnach die Haut beim Einlegen in die nächste Tanninlösung stets in eine
                              									gekommen sein, welche etwas concentrirter ist als die eben verlassene. Immerhin ist
                              									der Unterschied in den Concentrationen kein sehr grosser.
                           Bei einer weiteren Versuchsreihe wurden wiederum 5 g Blösse mit 20 g Tannin
                              									behandelt. Es wurde aber hierbei in der Weise verfahren, dass im Gegensatze zu dem
                              									vorhergehenden Versuche mit einer verdünnteren Lösung angefangen und mit einer
                              									concentrirteren geschlossen wurde. Die Concentrationen waren folgende: 2, 3, 5 und
                              									10 g Tannin (lufttrocken) auf je 500 cc Wasser gelöst. Die Ausführung der
                              									Versuchsreihe war folgendermaassen: 4mal je 5 g Haut wurden jedes in einem Kolben
                              									mit je 500 cc Tanninlösung (2 g auf 500 cc) einen Tag lang geschüttelt, dann
                              									abfiltrirt und ausgepresst. Eine der vier Proben wurde zur Stickstoff- und
                              									Aschebestimmung benutzt; die übrigen drei wurden mit 500 cc Tanninlösung (3 g auf
                              									500 cc) wiederum einen Tag lang geschüttelt und dann wie bei dem vorigen Versuche
                              									fortgefahren, bis die letzte der vier Proben in Summa mit 20 g Tannin behandelt
                              									worden war.
                           Die Gerbstoffaufnahme wurde bei diesen Versuchen nur durch den Stickstoffgehalt der
                              									gegerbten Substanz bestimmt, da dies, wie aus den früheren Versuchen ersichtlich, zu
                              									sehr befriedigenden Resultaten führt. Das Eindampfen der Tanninlösungen nach der
                              									Absorption wurde hierbei ganz unterlassen. Tabelle VI enthält die gefundenen
                              									Stickstoffzahlen in der gegerbten Haut während der verschiedenen Stadien des
                              									Gerbeprocesses und die daraus berechnete Zusammensetzung des Leders, ferner die
                              									berechnete Menge des von 100 Th. Blösse absorbirten Tannins. Die Zahlen der letzten
                              									drei Rubriken beziehen sich sämmtlich auf absolut trockene, aschefreie Substanz.
                           Tabelle VI.
                           
                              
                                 Versuch:
                                 I
                                 II
                                 III
                                 IV
                                 
                              
                                 Angewandte Blösse
                                    											(luft-    trocken)                     g
                                 5,0000
                                 5,0000
                                 5,0000
                                 5,0000
                                 
                              
                                 Angewandtes
                                    											Tannin    (lufttrocken)               g
                                 2
                                 2 + 3= 5
                                 2 + 3 + 5= 10
                                 2 + 3 + 5 + 10= 20
                                 
                              
                                 Stickstoffgehalt des Le-    ders (in absolut
                                    											trocke-    ner, aschefreier Sub-    stanz)                  
                                    											Proc.
                                 13,47
                                 10,66
                                 9,41
                                 8,93
                                 
                              
                                 In 100 Th.Leder sind
                                 BlösseTannin
                                 75,624,4
                                 59,840,2
                                 52,847,2
                                 50,149,9
                                 
                              
                                 100 Th. Blösse absor-    biren Tannin
                                 32,3
                                 67,2
                                 89,4
                                 99,6
                                 
                              
                           Vergleicht man Tabelle VI mit Tabelle V, so findet man, dass in beiden Versuchsreihen
                              									nach Behandlung der 5 g Blösse mit 20 g Tannin wiederum nahezu gleiche Mengen Tannin
                              									absorbirt worden sind, mithin die erhaltenen Leder auch annähernd gleichen
                              									Stickstoffgehalt haben müssen. Bei der Behandlung mit 4mal je 5 g Tannin ergibt sich
                              									im Leder ein Stickstoffgehalt von 9,12 Proc., während bei zunehmender Concentration
                              									der Tanninlösung ein Leder mit 8,93 Proc. Stickstoff resultirt, also nur um 0,19
                              									Proc. geringer als bei dem ersteren. Ein interessantes Ergebniss ist ferner, dass
                              									man bei Behandlung von 5 g Blösse mit 3mal je 5 g, in Summa 15 g Tannin, auf einen
                              									nur wenig niedrigeren Stickstoffgehalt kommt, als wenn man die Blösse mit 2 + 3 + 5
                              									g, in Summa 10 g Tannin in Lösung schüttelt. Im ersteren Falle beträgt der
                              									Stickstoffgehalt 9,33 Proc., im letzteren 9,41 Proc. Es geht
                                 										daraus wieder hervor, dass man zur Erzielung einer möglichst vollkommenen
                                 										Durchgerbung, d.h. einer grössten Gerbstoff aufnähme, stets mit schwachen
                                 										Lösungen beginnen und diese erst mit vorschreitender Gerbung allmählich
                                 										verstärken muss. Dass wir bei unseren letzten Versuchen nahezu die Grenze
                              									der Absorptionsfähigkeit des Tannins durch Blösse erreicht haben, geht daraus
                              									hervor, dass bei dem letzten Theilversuche trotz des Vorhandenseins von 10 g
                              									Tannin nur etwa 5 Proc. desselben, also 0,5 g, absorbirt werden. Da wir früher
                              									gesehen haben, dass mit stärkerer Concentration als 10 g auf 500 cc die Menge an
                              									absorbirtem Tannin wieder abnimmt, so muss man als sicher annehmen, dass mit weiter
                              									steigender Concentration keine wesentlichen Quantitäten Tannin absorbirt werden. Es wird mithin ein gut durchgegerbtes Leder nach Abzug von
                                 										Wasser, Asche, etwa beigebrachtem Fett und betrügerischen Zusätzen nahezu aus
                                 										gleichen Mengen Hautsubstanz und Gerbstoff bestehen. Der Stickstoff geh alt des
                                 										Leders, d.h. der eigentlichen Ledersubstanz, also nach Abzug des Leders von
                                 										obigen Beimengungen, wird also etwa 8,90 bis 9,10 Proc. betragen.
                           Es könnte unseren Versuchen der Einwand gemacht werden, dass dieselben mit gemahlener
                              									Blösse und mit reinem Tannin ausgeführt worden sind. Gemahlene Blösse könnte sich
                              									vielleicht anders verhalten als die ganze Blösse, wie dieselbe in der Gerberei
                              									verwandt wird, und reines Tannin anders als die Gerbstoffe der verschiedensten
                              									Gerbmaterialien. Diese Einwände können jedoch durch einige Versuche widerlegt
                              									werden. Der eine derselben ist bereits erwähnt worden. Es war im Tharander
                              									Laboratorium eine ganze Kalbsblösse mit Fichtenextractlösungen gegerbt worden, und
                              									zwar so lange, bis dieselbe keinen Gerbstoff aus der Brühe mehr aufnahm. Der
                              									Stickstoffgehalt des dabei erhaltenen Leders betrug 9,03 Proc., also annähernd
                              									dieselbe Zahl, wie bei unseren Versuchen mit gemahlener Blösse und reinen
                              									Tanninlösungen erhalten wurde. Es wurde noch ein weiterer Versuch gemacht. Derselbe
                              									bestand darin, dass eine gekalkte, ausgewaschene Schafsblösse genau getheilt wurde.
                              									Die eine der beiden Hälften wurde zu Stickstoffbestimmungen benutzt, da nicht
                              									vorausgesetzt werden konnte, dass Schafsblösse wegen ihrer vollständig anderen
                              									anatomischen Beschaffenheit denselben Stickstoffgehalt hat wie Rindsblösse, mit
                              									welcher bis jetzt immer gearbeitet worden war. Die andere Hälfte der Schafsblösse
                              									wurde zum Gerben in einer Tanninlösung verwandt, wobei es wieder darauf ankam,
                              									möglichst viel Gerbstoff von der Haut absorbiren zu lassen. Die zum Gerbeversuch
                              									benutzte, nasse Schafsblösse wog 898 g, wovon man nur etwa 15 Proc., d. i. rund 135
                              									g lufttrockene Substanz rechnen kann. Wollte man wie bei dem Versuche verfahren,
                              									dessen Resultate in Tabelle VI zusammengestellt sind, so müsste man in Summa das
                              									Vierfache, also 540 g Tannin, in Lösung bringen. Absichtlich haben wir der
                              									Schafsblösse in Summa 750 g Tannin, also um 40 Proc. mehr als bei dem genannten
                              									Versuche zur Absorption angeboten; haben aber im Uebrigen die Concentrationen
                              									beibehalten. Die Schafsblösse wurde zuerst in eine Lösung von 75 g Tannin in 18,75 l
                              									Wasser (entsprechend 2 g auf 500 cc) gebracht und 2 Tage unter öfterem Umrühren
                              									darin gelassen, alsdann auf 3 Tage in eine Lösung von 112,5 g Tannin in 18,75 l
                              									Wasser (entsprechend 3 g auf 500 cc), hiernach 6 Tage in eine Lösung von 187,5 g
                              									Tannin in 18,75 l Wasser (entsprechend 5 g auf 500 cc) und schliesslich 13 Tage in
                              									eine Lösung von 375 g Tannin in 18,75 l Wasser (entsprechend 10 g auf 500 cc).
                              									Hierauf wurde das gegerbte Schafleder ausgerungen, um die Tanninlösung so
                              									vollständig wie möglich zu entfernen, gewogen und zum Trocknen aufgehangen. Die
                              									Schafsblösse wurde in jeder einzelnen der vier Lösungen so lange gelassen, bis das
                              									specifische Gewicht, welches mit der Mohr'schen
                              									Senkwage ermittelt
                              									wurde, nicht mehr abnahm. Die Gerbdauer ist bei der Anordnung des Gerbeversuches
                              									bereits mitgetheilt worden. Bei dem letzten Theile des Versuches verringerte sich
                              									bei 13tägiger Gerbzeit das specifische Gewicht nur um 0,0001, dasselbe ging nämlich von 1,0069 auf 1,0068 herab, dies entspricht
                              									ungefähr 5,5 g oder 1,5 Proc. des dargebotenen lufttrockenen Tannins. Dies ist
                              									wiederum ein deutlicher Beweis, dass das Maximum erreicht ist.
                           Die Analyse der Schafsblösse ergab einen durchschnittlichen Stickstoffgehalt der
                              									Hautsubstanz (wasser-, asche- und fettfrei) von 17,10 Proc., also um 0,72 Proc.
                              									niedriger als bei der Rindsblösse. Es sei an dieser Stelle bemerkt, dass bei diesen
                              									Analysen der Fettgehalt nicht vernachlässigt werden darf, wie es bei der Rindsblösse
                              									geschehen ist, bei welcher derselbe etwa 0,30 Proc. beträgt, was auf den
                              									Stickstoffgehalt einen Einfluss von 0,04 bis 0,05 Proc. hat, also vollständig
                              									innerhalb der Fehlergrenzen der Analyse liegt. Bei der Schafsblösse ist derselbe
                              									bedeutend höher und dabei sehr wechselnd; in unserem Falle beträgt der
                              									durchschnittliche Fettgehalt der einen Blössenhälfte 8,13 Proc. der Trockensubstanz.
                              									Wir haben aber auch eine Schafsblösse mit 28 Proc. Fettsubstanz unter den Händen
                              									gehabt. Der durchschnittliche Stickstoffgehalt des Schafleders war 8,38 Proc. Wir
                              									können diese Zahl nicht direct mit den Stickstoffzahlen der gegerbten Rindsblösse
                              									vergleichen, sondern müssen dieselbe erst auf den Stickstoffgehalt der letzteren
                              									umrechnen und ferner die Zusammensetzung des Leders und die Menge des von 100 Th.
                              									Blösse absorbirten Tannins bestimmen. Es ergeben sich dabei folgende Zahlen:
                           
                              
                                 
                                 8,73 Proc. N
                                 
                              
                                 100 Th. Leder bestehen aus
                                 49,0 Th. Hautsubstanz51,0   „    Tannin
                                 
                              
                                 100 Th. Hautsubstanz habenabsorbirt
                                 104,1 Th. Tannin
                                 
                              
                           Diese Zahlen müssen noch eine kleine Correction erhalten. Das Schafleder wird sich
                              									durch Ausdrücken nie so vollständig von der anhaftenden Gerbstofflösung befreien
                              									lassen als die gegerbte gemahlene Rindsblösse. Aus diesem Grunde kann hierbei der
                              									Fehler, welcher durch Eintrocknen der anhaftenden Tanninlösung entsteht, nicht
                              									vernachlässigt werden. Dieser Fehler kann corrigirt werden, wenn man die Menge des
                              									aufgenommenen Tannins sowohl durch Wägungen vor und nach dem Trocknen des Leders und
                              									durch Wasserbestimmungen, als auch durch Bestimmung der Trockensubstanz der
                              									Tanninlösung nach dem letzten Gerbeversuche ermittelt. Es stellt sich dabei heraus,
                              									dass das Leder 269,5 g Wasser mit 2,88 g Tannintrockensubstanz = 1,36 Proc. der
                              									fett- und aschefreien Ledersubstanz nach dem Ausringen zurückhält. Berücksichtigt
                              									man dies, so erhält man statt der obigen die folgenden Zahlen:
                           
                              
                                 
                                 8,85 Proc. N
                                 
                              
                                 100 Th. Leder bestehen aus
                                 49,7 Th. Hautsubstanz50,3   „   Tannin
                                 
                              
                                 100 Th. Hautsubstanz absor-biren
                                 101,2 Th. Tannin
                                 
                              
                           Vergleicht man diese Zahlen mit den früher erhaltenen, so sieht man sofort ihre gute
                              									Uebereinstimmung. Bei dem Gerbeversuche mit der Schafsblösse waren 40 Proc. Tannin
                              									mehr in Lösung gebracht worden als bei der vorhergehenden Versuchsreihe, im Uebrigen
                              									die Concentrationsverhältnisse beibehalten worden, trotzdem wurde bei ersterem der
                              									Stickstoffgehalt der Ledersubstanz nur um 0,08 Proc. niedriger gefunden als bei
                              									letzterem. Es ist dies eine so geringe Differenz, welche ebenso gut durch
                              									unumgängliche Analysenfehler hervorgebracht sein kann.
                           Es wird durch diese Zahlen wiederum die oben bereits ausgesprochene Ansicht
                              									bestätigt, dass die Absorptionsfähigkeit der Haut in Bezug auf Tannin und andere
                              									vegetabilische Gerbstoffe eine begrenzte ist und dass Haut im Maximum ungefähr ihr
                              									gleiches Gewicht vegetabilischen Gerbstoff auf sich niederzuschlagen vermag.
                           
                              Die Resultate der vorliegenden Untersuchung sprechen dafür,
                                 										dass man es bei der Aufnahme des Gerbstoffes durch die Blösse bei der Lohgerbung
                                 										mit physikalischen Processen zu thun hat. Die Menge des Gerbstoffes, die in
                                 										Folge von Flächenanziehung auf der Haut niedergeschlagen wird, ist wechselnd und
                                 										abhängig von der Concentration der Gerbstofflösungen; dabei ist sie aber auch
                                 										begrenzt.
                              
                           Es sind in letzter Zeit im hiesigen Laboratorium eine grosse Anzahl der
                              									verschiedensten Ledersorten untersucht worden und behalten wir uns vor, diese
                              									Untersuchungen in dem hier entwickelten Sinne weiter fortzuführen.