| Titel: | Neuerungen in der Industrie der Fette, Oele, Mineralöle u.s.w. | 
| Fundstelle: | Band 285, Jahrgang 1892, S. 19 | 
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                        Neuerungen in der Industrie der Fette, Oele, Mineralöle u.s.w.
                        Neuerungen in der Industrie der Fette, Oele, Mineralöle
                           								u.s.w.
                        
                     
                        
                           Prüfung und Werthbestimmung von Nelkenöl.
                           Die bisherigen Prüfungsmethoden des Nelkenöles, welche sich auf dessen physikalischen
                              									Eigenschaften oder nach Kremel auf die Bestimmung der
                              									Verseifungs-, Säure- und Jodzahl stützen, geben zu wenig befriedigende Resultate,
                              									als dass sie allgemein anwendbar wären. Zur Ausarbeitung einer wirklich
                              									zuverlässigen Prüfungsmethode sind nach O. Wallach
                              									namentlich zwei Bedingungen zu erfüllen:
                           1) Die Substanzen, welche in ätherischen Oelen vorkommen, müssen hinsichtlich ihres
                              									chemischen Verhaltens wissenschaftlich genau erforscht sein, und man muss
                              									charakteristische und leicht ausführbare Reactionen zur Verfügung haben, um die
                              									einzelnen Bestandtheile sicher nachweisen zu können.
                           2) Es muss festgestellt sein, innerhalb welcher Grenzen bei zuverlässig echten Oelen
                              									die Quantität der einzelnen Bestandtheile je nach Jahrgang und je nach Herkunft
                              									variiren kann.
                           Eine in diesem Sinne ausgearbeitete Prüfungsmethode bringt nun H. Thoms in Vorschlag, indem er das im Nelkenöl in
                              									grosser Menge enthaltene Eugenol als Benzoyleugenol ausscheidet und dasselbe
                              									wägt.
                           Zur Ausführung dieser Bestimmung werden in einem etwa 150 cc fassenden, tarirten
                              									Becherglase etwa 5 g Nelkenöl mit 20 g 15procentiger Natronlauge übergossen und 6 g
                              									Benzoylchlorid hinzugefügt. Man schüttelt kräftig um, wobei eine starke Erwärmung
                              									stattfindet, bis das Reactionsgemisch gleichmässig vertheilt ist. Die Esterbildung
                              									vollzieht sich nach wenigen Minuten. Nach dem Erkalten fügt man 50 cc Wasser hinzu,
                              									erwärmt, bis der krystallinisch erstarrte Ester wieder ölförmig geworden ist, und
                              									lässt abermals erkalten. Man filtrirt nun die überstehende klare Flüssigkeit ab,
                              									übergiesst den im Becherglase zurückgehaltenen Krystallkuchen von neuem mit 50 cc
                              									Wasser, erwärmt bis zum Schmelzen wiederum auf dem Wasserbade, filtrirt nach dem
                              									Erkalten und wiederholt das Auswaschen in gleicher Weise nochmals mit 50 cc Wasser,
                              									um das überschüssige Natron und Natronsalz vollständig zu entfernen. Da nun das
                              									Nelkenöl noch Sesquiterpen enthält, so würde dasselbe bei Benatzung obiger Methode
                              									dem Krystallkuchen beigemengt bleiben. Um dasselbe zu entfernen, wird die so
                              									erhaltene, noch feuchte Krystallmasse (von Benzoyleugenol) im Becherglase sogleich
                              									mit 25 cc Alkohol von 90 Gew.-Proc. übergossen, auf dem Wasserbade unter Umschwenken
                              									erwärmt, bis Lösung erfolgt ist, und das Umschwenken des vom Wasserbade entfernten
                              									Becherglases so lange fortgesetzt, bis das Benzoyleugenol in klein krystallinischer
                              									Form auskrystallisirt ist. Das ist nach wenigen Minuten der Fall. Man kühlt sodann
                              									auf eine Temperatur von 17° ab, bringt den krystallinischen Niederschlag auf ein
                              									Filter von 9 cm Durchmesser und lässt das Filtrat in einen graduirten Cylinder
                              									einlaufen. Die auf dem Filter noch im Krystallbrei vorhandene Lösung verdrängt man
                              									mit soviel Alkohol von 90 Proc. dass das Filtrat im Ganzen 22 cc beträgt, und
                              									trocknet alsdann den Niederschlag auf dem Filter bei 101° bis zum constanten
                              									Gewicht. Von 25 cc 90procentigem Alkohol werden bei 17° = 0,55 g Benzoyleugenol
                              									gelöst, welche Menge dem Befunde hinzugezählt werden muss.
                           
                           Bezeichnet a die gefundene Menge Benzoyleugenol,
                              										b die angewandte Menge Nelkenöl und x den Procentgehalt des Nelkenöls an Eugenol und
                              									filtrirt man 25 cc der alkoholischen Lösung des Esters unter den oben erläuterten
                              									Bedingungen ab, so ergibt sich:
                           
                              x=\frac{164\,(a+0,55)\,.\,100}{268\,b}
                              
                             =\frac{4100\,(a+0,55)}{67\,b}
                           Verf. hat nach dieser Methode eine Anzahl Nelkenölsorten des Handels untersucht und
                              									die Thatsache festgestellt, dass der Procentgehalt eines Nelkenöles an Eugenol im
                              									Allgemeinen mit der Erhöhung des specifischen Gewichts gleichen Schritt hält. Es
                              									schwankt das specifische Gewicht des Nelkenöls von 1,055 bis 1,065 bei 17,5° mit
                              									einem Gehalt an Eugenol von 77 bis 85 Proc.; ein Oel enthielt sogar bei einem
                              									specifischen Gewicht von 1,0655 90,64 Proc. Eugenol. (Nach Pharmaceutische Centralhalle, 1891 Bd. 32 S. 589.)
                           
                        
                           Birkenöl.
                           Der grösste Theil des im Handel vorkommenden sogen. Wintergrünöls wird jetzt
                              									hauptsächlich in Connecticut gewonnen durch Destillation aus Reisern verschiedener
                              									nordamerikanischer Birkenarten, namentlich der Betula lenta, und nicht wie das echte
                              									aus Gaultheria procumbens. Das Reisig der genannten Birke, dessen Durchmesser nicht
                              									stärker als 50 mm sein darf, wird in einer Maschine, welche nach dem System der
                              									gewöhnlichen Strohschneider gebaut ist, in Stücke von 30 bis 100 mm Länge
                              									zerschnitten und dann in hölzernen, mit kupfernem Boden versehenen
                              										„Destillirbottichen“ mit Wasser übergossen und der Destillation
                              									unterworfen, bis kein Oel mehr übergeht. Bei Verwendung von Blasen, die etwa 1,80 m
                              									im Durchmesser haben, ist die Destillation in 6 bis 8 Stunden beendet, so dass in 24
                              									Stunden drei Destillationen vorgenommen werden. Die Ausbeute beträgt
                              									durchschnittlich 1,8 k an ätherischem Oel. Das rohe Oel ist dunkel und wird durch
                              									Rectification gereinigt. Die Gewinnung des Oeles geschieht nur in der Zeit von
                              									October bis April, weil im Sommer der Nachwuchs ein schlechter sei. (Nach Wiener Drog.-Zeitung durch Der
                                 										Seifenfabrikant, 1891 Bd. 11 S. 655.)
                           
                        
                           Neues Farbstoffreagens auf ätherische Oele.
                           Das von Perrot angegebene Reagens auf ätherische Oele
                              									ist eine Lösung von Pariser Violett in Essigsäure und verdünntem Alkohol. Man erhält
                              									das Reagens durch Auflösen von 0,1 g Pariser Violett (Dimethylanilinviolett) in 10
                              									cc Eisessig, 100 cc Alkohol von 90° und 90 cc Wasser. 10 cc dieser Lösung werden mit
                              									10 cc gewöhnlicher Essigsäure und 80 cc Alkohol von 40° versetzt. Das so erhaltene,
                              									lebhaft violett gefärbte Reagens färbt weder fette Oele, wie Ricinusöl, Mandelöl,
                              									Mohnöl, Olivenöl u.s.w., noch Kohlenwasserstoffe, wie Citren, Terpen, Colophen, wohl
                              									aber färbt es solche ätherische Oele, welche Alkohole, Ester, Aldehyde, Phenole
                              									u.s.w. enthalten, lebhaft violett. So werden Zimmtöl, Lavendelöl, Anisöl,
                              									Sternanisöl, Senföl, Muscatnussöl, Bittermandelöl, Gaultheriaöl u.s.w. gefärbt.
                           Um zu sehen, ob ein ätherisches Oel der letzteren Gruppe angehört, schüttelt man
                              									einige Tropfen desselben mit einer grösseren Menge des Reagens und lässt das Oel
                              									durch ruhiges Stehen sich wieder ausscheiden. Ist die Reaction undeutlich, so
                              									schüttelt man nochmals kräftig und prüft Tröpfchen des ätherischen Oeles unter dem
                              									Mikroskop. Oder man gibt das Oel zu mit Essigsäure angesäuertem Alkohol von 30°, um
                              									so die Färbung leichter zu beurtheilen. (Nach Journ. Pharm.
                                 										Chim. durch Chemiker-Zeitung, 1891 Bd. 15
                              									Repertorium S. 152.)
                           
                        
                           Prüfung von Olivenöl.
                           Labiche's Verfahren zum Nachweise von Baumwollsamenöl
                              									wendet Deiss in nachstehender Form auf Olivenöl an: 10
                              									cc des Oeles werden in einem Reagirröhrchen mit 10 cc Aether geschüttelt, worauf man
                              									5 cc concentrirten Bleiessig zusetzt und schliesslich mit 5 cc Ammoniak nochmals
                              									schüttelt. Bei Gegenwart von Baumwollsamenöl soll eine orangerothe Färbung
                              									entstehen, welche sich bald in der oberen Schicht des Gemenges mehr oder weniger
                              									ausgeprägt zeigt.
                           Obige Reaction wurde nun im Dieterich'schen Laboratorium
                              									bei verschiedenen Oelen versucht. Es zeigte sich, dass noch mehrere andere Oele eine
                              									orange bis gelbe Farbe annehmen; so das Mohnöl, Wallnussöl, Leberöl, Arachisöl,
                              									Sonnenblumenöl, Sesamöl und Olivenöl. Ganz ungefärbt blieben nur Schmalzöl und
                              									Ricinusöl. Ausserdem wurde beobachtet, dass Baumwollsamenöl, 1 bis 2 Minuten lang
                              									bis zum Rauchen erhitzt, die Reaction überhaupt nicht mehr zeigte, sondern ganz
                              									weiss blieb, selbst bei tagelangem Stehen. Auf Grund dieser Mittheilung scheint also
                              									diese von Deiss angegebene Methode keinen grossen Werth
                              									zu besitzen. (Nach Helfenberger, Annalen durch Chemiker-Zeitung, 1891 Bd. 15 Repertorium S. 144.)
                           
                        
                           Versuche über die Gewichtsveränderungen, welche die fetten
                              									Oele beim Stehen an der Luft erleiden.
                           Durch die Entdeckung einiger Mikroorganismen im Mohnöl (O.
                                 										Kirchner, Ber. deutsch, bot. Ges., 1888 S. 101) wurde R. Kissling veranlasst, der Frage näher zu treten, ob
                              									die Sauerstoffaufnahme der trocknenden Oele vielleicht auch an die Lebensfähigkeit
                              									kleinster Lebewesen gebunden sei.
                           Verf. erwähnt die Ergebnisse neuerer Forschungen von O. Bach,
                                 										Tatlock und Ritsert. Ersterer (Chemiker-Zeitung, 1880 S. 905) erhitzte fette Oele im
                              									geschlossenen Rohr mit reinem Sauerstoff auf 110° und fand, dass dieselben erheblich
                              									Sauerstoff absorbirt hatten. So nahmen beispielsweise je 1 g Baumwollsaatöl 111,
                              									Olivenöl 144, Rüböl 166, Harzöl 181 cc Sauerstoff auf, während die mineralischen
                              									Schmieröle, auf dieselbe Weise behandelt, fast nur Bruchtheile eines
                              									Cubikcentimeters absorbirten. Tatlock (Zeitschrift für angewandte Chemie, 1890 S. 559) fand
                              									bei der Gewichtsbestimmung von aus Oelen abgeschiedenen Fettsäuren, dass einige
                              									derselben beim Erwärmen unter Luftzutritt einen Gewichtsverlust erleiden, andere
                              									zuerst schwerer werden, um dann ebenfalls an Gewicht zu verlieren; er schliesst
                              									hieraus, dass durch Oxydation flüchtige Verbindungen entstehen. Nach Ritsert (Chemiker-Zeitung,
                              									1890 S. 1509) wird das Ranzigwerden des reinen Schweinefettes nicht durch Bakterien
                              									verursacht, denn in reinem Fette sterben zugeimpfte aerobe und anaerobe Bakterien
                              									ab; das Fett behält, vor Licht und Luft geschützt, vollkommen seinen Geruch und
                              									Geschmack und zeigt keine Säurezunahme. Auch Fermentwirkung ist nicht anzunehmen, da
                              									sterilisirtes Fett, welches mehrere Stunden auf 140° erhitzt war, im 
                              									geschlossenen Gefässe unter Einwirkung von Licht und Luft ranzig wurde. Das
                              									Ranzigwerden ist vielmehr ein durch Sauerstoffaufnahme aus der Luft bedingter
                              									directer Oxydationsvorgang, welcher auch bei Abwesenheit von Wasser, aber nicht bei
                              									Ausschluss des Lichtes verläuft.
                           Nach diesen kurzen Mittheilungen geht Kissling zu seinen
                              									eigenen Versuchen über. Er hatte zu denselben gekochtes Leinöl in Anwendung
                              									gebracht, weil dieses Sauerstoff in besonders hohem Maass absorbirt. Dasselbe wurde
                              									in einem geeigneten, mit Watteverschlüssen versehenen Glasgefässe durch Erhitzen auf
                              									etwa 120° sterilisirt und dann der Einwirkung eines von Kohlensäure befreiten und
                              									getrockneten Luftstromes ausgesetzt. Bei sämmtlichen Versuchen fand stets eine
                              									erhebliche Absorption von Sauerstoff statt; und das Gleiche war der Fall, wenn das
                              									Leinöl z.B. durch Phenol sterilisirt wurde. Es ist hiernach anzunehmen, dass die
                              									Sauerstoffabsorption der trocknenden Oele als ein rein chemischer Vorgang aufgefasst
                              									werden muss.
                           Im Anschluss an diese Versuche stellte Verf. dann einige quantitative Ermittelungen
                              									an über das Verhalten verschiedener fetter Oele bei längerem Stehen an der Luft. Die
                              									Oele wurden in grösseren Uhrgläsern an einem staubgeschützten Orte der Einwirkung
                              									des diffusen Lichtes und des Luftsauerstoffes überlassen, wobei man Sorge trug, dass
                              									die Berührungsfläche zwischen Oel und Luft bei den verschiedenen Versuchen möglichst
                              									gleich gross war, da die Sauerstoffaufnahme von der Grösse dieser Berührungsfläche
                              									abhängig ist, wie sich dies aus den angestellten Versuchen ergibt. Vermuthlich ist
                              									unter gleichen äusseren Umständen die Sauerstoffaufnahme der Grösse der
                              									Berührungsfläche zwischen Oel und Luft direct proportional. Durch einen weiteren
                              									Versuch wurde festgestellt, dass die Sauerstoffaufnahme auch vom Licht beeinflusst
                              									wird, allerdings findet auch bei Lichtabschluss eine beträchtliche Oxydation statt,
                              									doch ist dieselbe merklich geringer, als bei gleichzeitiger Einwirkung des Lichtes.
                              									Die Gewichtszunahme betrug innerhalb 10 Tagen unter sonst gleichen
                              									Verhältnissen:
                           
                              
                                 bei
                                 Lichtabschluss
                                 =
                                 0,87
                                 Proc.
                                 
                              
                                 „
                                 Lichtzutritt
                                 =
                                 1,05
                                 „
                                 
                              
                           In der folgenden Tabelle stellt Kissling die
                              									Gewichtsveränderungen zusammen, welche verschiedene Oele bei Einwirkung von
                              									Licht und Luft unter gleichen Bedingungen innerhalb 10 Tagen erfahren:
                           
                              
                                 Nr.
                                 a.Bezeichnung des Oeles
                                 b.ProcentischeGewichts-zunahme
                                    											in10 Tagen
                                 c.ProcentischeGewichtszunahmein 1
                                    											Tag
                                 
                              
                                 1
                                 Olivenöl
                                     ±     0
                                 –
                                 
                              
                                 2
                                 Rohes Rüböl
                                     + 0,050
                                 –
                                 
                              
                                 3
                                 Raffinirtes Rüböl
                                     ±     0
                                 –
                                 
                              
                                 4
                                 Raffinirtes Rinderklauenöl
                                     + 0,065
                                 –
                                 
                              
                                 5
                                 Baumwollsaatöl
                                     + 0,545
                                   +         0,100
                                 
                              
                                 6
                                 Rohes Leinöl
                                     + 1,130
                                 + 0,190 bis 0,240
                                 
                              
                                 7
                                 Gekochtes Leinöl
                                     + 3,400
                                   + 0,39    „   0,44
                                 
                              
                                 8
                                 Trioleïn
                                     ±     0
                                 –
                                 
                              
                                 9
                                 Raffinirtes Harzöl
                                     – 0,825
                                 –
                                 
                              
                           Ueber den Verlauf dieser Gewichtsveränderungen bemerkt Verf. Folgendes: Anfangs
                              									erlitten sämmtliche Oele einen Gewichtsverlust; der bei Nr. 9 bis zum Ende des
                              									Versuches andauerte. Bei den übrigen Oelen trat entweder Gewichtsconstanz ein, wie
                              									bei Nr. 1, 3 und 8, oder die anfänglich geringe Abnahme ging am 2. oder 3. Tage in
                              									eine Gewichtszunahme über. Letztere ist in den ersten Tagen der Zeitdauer nicht
                              									proportional, sondern wird es erst nach einiger Zeit, die bald durch eintretende
                              									Verharzung gestört wird. Bei den Leinölen findet dabei eine Hautbildung statt.
                           Unter der Voraussetzung, dass die Gewichtsveränderungen bei höherer Temperatur
                              									grösser sein würden, stellte Verf. auch nach dieser Richtung hin Versuche an, deren
                              									Ergebnisse nachstehende Tabelle zeigt:
                           
                              
                                 Nr.
                                 
                                    
                                    
                                    Name des Fettstoffes
                                    
                                 Die procentischen
                                    											Gewichtsveränderungen(Zunahme = +, Abnahme = –)betrugen
                                    											nach
                                 Bemerkungen
                                 
                              
                                 2 Stunden
                                 weiteren20 Stunden
                                 weiteren20 Stunden
                                 
                              
                                   1
                                 Rohes Rüböl, frisch
                                 + 0,12
                                 +   1,08
                                 –
                                 mässige Harzbildung
                                 
                              
                                   2
                                 Gekochtes Leinöl
                                 + 0,26
                                 +   0,97
                                 –
                                 starke Harzbildung
                                 
                              
                                   3
                                 Raffinirtes Rüböl
                                 – 0,13
                                 +   0,57
                                 –
                                 mässige Harzbildung
                                 
                              
                                   4
                                 Rohes Rüböl, ältere Waare
                                 – 0,14
                                 +   0,55
                                 –
                                 desgl.
                                 
                              
                                   5
                                 Raffinirtes Rüböl
                                 – 0,10
                                 +   0,51
                                 –
                                 desgl.
                                 
                              
                                   6
                                 Rohes Rüböl, noch ältere Waare
                                 – 0,02
                                 +   0,42
                                 –
                                 desgl.
                                 
                              
                                   7
                                 Rindstalg
                                 – 0,04
                                 +   0,34
                                 –
                                 desgl.
                                 
                              
                                   8
                                 Rohes Leinöl
                                 –
                                 +   0,19
                                 –
                                 starke Harzbildung
                                 
                              
                                   9
                                 Deutsches halbgereinigtes Rinderklauenöl
                                 – 0,23
                                 –   0,06
                                 – 0,96
                                 mässige Harzbildung
                                 
                              
                                 10
                                 Baumwollsaatöl, alte Waare
                                 – 0,52
                                 –   0,43
                                 – 0,27
                                 starke Harzbildung
                                 
                              
                                 11
                                 Amerikanisches raffinirtes Rinderklauenöl
                                 – 0,08
                                 –   0,40
                                 – 1,57
                                 mässige Harzbildung
                                 
                              
                                 12
                                 Amerikanisches raffinirtes Schmalzöl
                                 – 0,08
                                 –   0,56
                                 –
                                 desgl.
                                 
                              
                                 13
                                 Baumöl
                                 – 0,15
                                 –   0,77
                                 – 1,66
                                 schwache Harzbildung
                                 
                              
                                 14
                                 Rohes deutsches Rinderklauenöl
                                 – 0,67
                                 –   1,40
                                 –
                                 keine Harzbildung
                                 
                              
                                 15
                                 Amerikanisches rohes Schmalzöl
                                 – 0,21
                                 –   1,44
                                 –
                                 desgl.
                                 
                              
                                 16
                                 Russisches Mineral-Maschinenöl
                                 – 0,83
                                 –   2,00
                                 –
                                 desgl.
                                 
                              
                                 17
                                 Trioleïn (techn.)
                                 – 1,53
                                 –   3,34
                                 –
                                 desgl.
                                 
                              
                                 18
                                 Raffinirtes Harzöl
                                 – 6,00
                                 – 17,20
                                 –
                                 sehr starke Harzbildung
                                 
                              
                           Danach ist das Verhalten der fetten Oele bei höherer Temperatur doch ein wesentlich
                              									anderes als bei gewöhnlicher. Bei den sogen. trocknenden Oelen findet anscheinend
                              									neben der Harzbildung eine reichlichere Abspaltung flüchtiger Producte statt als
                              									z.B. bei Rüböl. Hieraus erklärt sich nach Kissling,
                              									dass die Gewichtszunahmen, die Lein- und Rüböl bei höherer Temperatur erleiden,
                              									nicht wesentlich differiren, während der Unterschied bei niederer Temperatur sehr
                              									bedeutend ist. Auf die nämliche Ursache sei es wohl auch zurückzuführen, dass
                              									zwischen Gewichtszunahme und Harzbildung durchaus keine Proportionalität
                              									stattfinde.
                           Keine Harzbildung zeigten das rohe Rinderklauenöl 
                              									und das rohe amerikanische Schmalzöl; doch auch diese verharzten merklich in
                              									reinem Zustande. Die starke Gewichtsabnahme beim Harzöl ist auf die Verflüchtigung
                              									niedrig siedender Antheile zurückzuführen. Die Harzbildung steht in Beziehung zu dem
                              									Gehalte des betreffenden Oeles an Oelsäure und Wasserstoff ärmerer Säure. So ist
                              									nach Hazura (Zeitschrift für
                                 										angewandte Chemie, 1888 S. 315) das Verhältniss der Oelsäure zu den an
                              									Wasserstoff ärmeren Säuren (wie Linolen-, Linol-, Isolinolensäure), z.B.
                           
                              
                                 beim
                                 Leinöl
                                 1 : 19
                                 
                              
                                 „
                                 Baumwollsaatöl
                                 1 : 1,5
                                 
                              
                                 „
                                 Olivenöl
                                 1 : 0,075
                                 
                              
                           Dementsprechend ist die Harzbildung beim Leinöl und Baumwollsaatöl sehr stark; beim
                              									Olivenöl nur gering. Ebenso ist die Sauerstoffaufnahme bezieh. Gewichtszunahme beim
                              									Leinöl bedeutend, beim Baumwollsaatöl wesentlich geringer und beim Olivenöl = 0.
                           Am Schlusse seiner Arbeit theilt Verf. noch das Ergebniss eines Versuches mit, den er
                              									mit rohem Leinöl anstellte, indem er dasselbe abwechselnd höherer Temperatur und dem
                              									oxydirenden Einflüsse der Luft bei gewöhnlicher Temperatur aussetzte:
                           
                              
                                 
                                 Nach
                                 6stündigem Erhitzen auf 100°
                                 =
                                 – 0,433
                                 Proc.
                                 
                              
                                 Nach
                                 weiterem
                                 6       „              „        „    100°
                                 =
                                 + 0,162
                                 „
                                 
                              
                                 „
                                 „
                                 6       „              „        „    100°
                                 =
                                  + 0,096
                                 „
                                 
                              
                                 „
                                 „
                                 3tägigem Stehen im grossen    Glockenexsiccator
                                 =
                                 + 0,090
                                 „
                                 
                              
                                 „
                                 „
                                 10tägigem Stehen an der Luft    (im Dunkeln)
                                 =
                                 + 0,865
                                 „
                                 
                              
                                 „
                                 „
                                 6stündigem Erhitzen auf 100°
                                 =
                                 – 0,734
                                 „
                                 
                              
                                 „
                                 „
                                 8tägigem Stehen an der Luft    (im Lichte)
                                 =
                                 + 0,836
                                 „
                                 
                              
                                 „
                                 „
                                 6stündigem Erhitzen auf 100°
                                 =
                                 – 0,517
                                 „
                                 
                              
                           u.s.w.
                           Aus diesen Zahlen geht hervor, dass bei der Oxydation des Leinöls verhältnissmässig
                              									leicht flüchtige Verbindungen entstehen, so dass bei gewöhnlicher Temperatur und
                              									längerem Erhitzen Gewichtsvermehrung, bei kürzerem Erhitzen des schon theilweise
                              									oxydirten Oeles dagegen Gewichtsverminderung stattfindet. Diese Gewichtsverminderung
                              									ist vielleicht theilweise auf Anhydridbildung der Oxyfettsäuren zurückzuführen.
                              									(Nach eingesandtem Separatabdruck aus Zeitschrift für
                                 										angewandte Chemie, 1891 Heft 13.)
                           
                              
                                 (Schluss folgt.)