| Titel: | Ueber Fortschritte in der Spiritusfabrikation. | 
| Fundstelle: | Band 285, Jahrgang 1892, S. 22 | 
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                        Ueber Fortschritte in der
                           								Spiritusfabrikation.
                        (Fortsetzung des Berichtes Bd. 283 S.
                           								21.)
                        Ueber Fortschritte in der Spiritusfabrikation.
                        
                     
                        
                           I. Rohmaterialien und Malz.
                           Versuche über den Einfluss der Saatkartoffeln von mehr oder
                                 										minder fruchtbaren Stauden auf die Kartoffelerträge und über die Auswahl der
                                 										Saatkartoffeln im Herbst führten Brummer zu
                              									folgenden Ergebnissen: 1) Bei der Auswahl der Saatkartoffeln genügt es nicht,
                              									mittelgrosse bis grosse Knollen auszusuchen, sondern man muss die Knollen der
                              									fruchtbarsten Stauden nehmen, weil die Fruchtbarkeit dieser auf die Nachkommen
                              									übertragen wird. 2) Man besorge deshalb die Auswahl der Saatkartoffeln schon im
                              									Sommer (Beurtheilung des Laubes) und im Herbst bei der Ernte. 3) Die Vererbung der
                              									Fruchtbarkeit kommt aber nur dort zur Geltung, wo die Fruchtbarkeit nicht durch
                              									äussere Einwirkungen, wie z.B. Mangel an Nährstoffen im Boden, ungünstig beeinflusst
                              									wird; eine sehr grosse Fruchtbarkeit der Kartoffelknollen kann auf armen Böden
                              									geradezu ungünstig wirken, indem dann wohl viele, aber nur kleine Knollen
                              									gebildet werden, während es vortheilhafter ist, weniger, aber grosse Knollen zu
                              									ernten. 4) Ferner scheint es, dass in der Verwendung der Knollen der gesundesten und
                              									kräftigsten Stauden auf gutem Culturboden ein beachtenswerthes Schutzmittel gegen
                              									die Kartoffelkrankheit gegeben wäre (Zeitschrift für
                                 										Spiritusindustrie, Bd. 14 S. 317.)
                           Ueber die Auswahl und Beurtheilung der Kartoffelsorten
                              									schreibt G. Schulze in Sammenthin in der Zeitschrift für Spiritusindustrie, Bd. 14 S. 363. Er
                              									weist an Beispielen die ungenügende Grundlage nach, auf welcher so häufig eine Sorte
                              									als die unbedingt beste empfohlen wird, und kommt zu dem Schluss, dass es eine beste
                              									Kartoffelsorte für alle Verhältnisse nicht gibt. Dieselbe muss vielmehr für jede
                              									einzelne Wirthschaft und für jeden bestimmten Zweck durch regelmässig fortgesetzte
                              									Versuche gefunden werden. Erleichtert und beschleunigt wird die Auffindung durch die
                              									Benutzung der Resultate, welche an anderen Orten bei sorgfältig angestellten,
                              									jahrelangen Versuchen gewonnen sind. Besonders bieten die ausgedehnten Versuche der
                              									Kartoffelculturstation hierbei sehr beachtenswerthe Fingerzeige. Dagegen ist die
                              									Anpreisung einer Kartoffelsorte, ohne eingehende sachliche Begründung durch
                              									jahrelange sorgfältige Versuchsergebnisse unter verschiedenen Verhältnissen,
                              									werthlos.
                           Mit dem Bespritzen der Kartoffeln mit Kupferlösung zur
                                 										Bekämpfung der Kartoffelkrankheit hat Andrae
                              									in Limbach gute Resultate erhalten. Das Mittel kam Anfang August auf einem kranken
                              									Felde zur Anwendung und bewirkte sofort den Stillstand der Krankheit (Zeitschrift für Spiritusindustrie, Bd. 14 S. 285).
                           Ueber Bereitung von Maismalz berichtet J. Henning in der Zeitschrift
                                 										für Spiritusindustrie, Bd. 14 S. 364. Dieselbe bietet keine
                              									Schwierigkeiten, besonders bei Anwendung der Trommelmälzerei. Wurzel- und Blattkeim
                              									kommen an derselben Stelle des Kornes zum Vorschein, ersterer erlangt die dreifache
                              									Länge des Korndurchmessers, letzterer die einfache Länge der Korndicke. Die
                              									Weichdauer beträgt 46 Stunden, dann wird der Mais in den Trommeln dem Keimprocess
                              									ausgesetzt, und zwar zunächst 50 bis 52 Stunden bei 20 bis 24°, dann etwa 114
                              									Stunden bei 26 bis 30° bis zur völligen Auflösung bei ganz langsamer Bewegung der
                              									Trommeln, welche innerhalb 40 Minuten eine Umdrehung machen. Die Gesammtkeimdauer
                              									beträgt etwa 165 Stunden. Diese Angaben beziehen sich auf schweren argentinischen
                              									Mais. Leichter gelber Mais erfordert 51 Stunden Weichdauer und 6,75 Tage Keimdauer
                              									und zwar 2,5 Tage bei etwa 25° und 4,5 Tage bei 26 bis 30°. Während der Keimdauer
                              									muss der Mais häufiger befeuchtet werden, was mit einem Wasserzerstäuber in den
                              									Trommeln geschieht.
                           
                        
                           II. Dämpfen und Maischen.
                           Ueber die Herstellung extrem dicker Maischen, deren
                                 										Aufschliessung und Vergährung berichtet R.
                                 										Heinzelmann in Antwerpen in der Zeitschrift für
                                 										Spiritusindustrie, Bd. 14 S. 379 und 387. Die belgischen Steuerverhältnisse
                              									zwingen zur Darstellung extrem dicker Maischen. Sämmtliche Operationen des Dämpfens,
                              									Maischens, Kühlens, Vergährens und Abdestillirens müssen in 24 bezieh. 48 Stunden
                              									vollzogen sein. Als Rohmaterialien können natürlich nur sehr 
                              									stärkereiche Verwendung finden. Den Vorzug vor allen anderen Getreidearten
                              									verdient gemahlenes Weizenmalz, einmal seines hohen Stärkegehaltes wegen,
                              									andererseits deshalb, weil die durch den Keimprocess in günstiger Weise vorbereitete
                              									Stärke sich mit einer verhältnissmässig geringen Wassermenge gut und rasch
                              									verzuckern lässt, ferner die in reichlicher Menge darin vorhandene Diastase und die
                              									löslichen und leicht assimilirbaren Eiweisstoffe die Gährung vortheilhaft
                              									beeinflussen. Als Zumaischmaterial wird am häufigsten Mais in sehr variirendem
                              									Verhältniss verwendet, der wegen seiner Billigkeit und wegen der Eigenschaft, den
                              									Maischen eine weniger zähe und dünnflüssigere Beschaffenheit zu ertheilen als
                              									Weizenmalz allein, sehr geschätzt ist. Seltener werden Reis und Dari mit Weizenmalz
                              									zusammen verarbeitet. Letzterer kann den Mais in keiner Hinsicht ersetzen, während
                              									ersterer wohl zuckerreichere Maischen gibt, jedoch viel theurer ist und bezüglich
                              									seiner Stärkeverwerthung weit hinter dem Mais zurücksteht. Der Mais wird bei nicht
                              									zu hoher Temperatur bis auf 6 bis 10 Proc. Wasser getrocknet und dann möglichst fein
                              									gemahlen. Neuerdings wird der Mais vor dem Trocknen vielfach in warmem Wasser, dem
                              									eine gewisse Menge schwefliger Säure zugegeben wird, eingequellt, wodurch er an
                              									Elasticität verliert, sich besser mahlen lässt, eine bessere Aufschliessung und
                              									dünnflüssigere Maischen liefert. Die schweflige Säure entweicht beim Trocknen oder
                              									wird zu Schwefelsäure oxydirt, so dass sie keinen nachtheiligen Einfluss auf Geruch
                              									und Geschmack des Spiritus ausüben kann. Versuche, den Mais zu mälzen, haben zu
                              									keinem befriedigenden Resultat geführt, einmal wegen der oft schlechten
                              									Keimfähigkeit, dann auch, weil beim Keimen eine theilweise Zersetzung des Maisfettes
                              									eintritt, deren Producte nachtheilig für den Geschmack des Spiritus sind. Der
                              									Verfasser beschreibt näher die Construction der Vormaischbottiche, worauf wir nicht
                              									eingehen können. Zum Dämpfen des Maismehles werden Henzedämpfer oder liegende
                              									Cylinderdämpfer verwendet. Das Dämpfen und Maischen gestaltet sich folgendermaassen:
                              									Das Maismehl wird entweder direct in den Dämpfer geschüttet, in dem sich das gleiche
                              									Gewicht warmen Wassers und etwa 5 Proc. vom Maisgewicht an Gersten- oder Weizenmalz
                              									befindet, oder man lässt das Maismehl vorher einen besonderen kleinen Mischapparat
                              									passiren, welcher den Maisbrei direct in den Henzedämpfer befördert und durch dessen
                              									Thätigkeit die sonst leicht eintretende Klumpenbildung möglichst vermieden wird.
                              									Nachdem unter fortwährendem Gange des Rührwerkes sämmtlicher Mais in den Dämpfer
                              									eingeführt ist, wird das Mannloch geschlossen, sofort kräftig Dampf gegeben, kurze
                              									Zeit bei ganz geringem Druck und blasendem Ventil und dann noch etwa 30 Minuten bei
                              									3 at gedämpft. Während der ganzen Dauer bleibt das Rührwerk im Gange. Dann wird die
                              									gedämpfte Masse ausgeblasen, auf 72 bis 78°, je nach der Menge des zukommenden
                              									Weizenmalzmehles, abgekühlt, mit dem letzteren vermischt und bei einer Endtemperatur
                              									von 63°, mitunter sogar 68°, unter Stillstand des Rührwerkes der Zuckerbildung
                              									überlassen. Da eine sehr grosse Malzmenge zur Anwendung kommt und da bekanntlich bei
                              									Gegenwart grosser Zuckermengen die Schädigung der Diastase eine geringere ist, so
                              									dürfte selbst bei der hohen Temperatur von 68° noch genügend Diastase für die
                              									Nachgährung übrig bleiben. Ueber Gährtemperatur, Gährungsführung und Art und
                              									Menge der verwandten Hefe hat der Verfasser schon früher berichtet (vgl. 1890 275 44). Hier sei nur noch bemerkt, dass ausschliesslich
                              									Bierhefe zur Verwendung kommt und zwar bis zu 6 k für 1 hl Maischraum.
                           
                              
                                 (Fortsetzung folgt.)