| Titel: | Bemerkungen über die heutigen Kriegswaffen. | 
| Fundstelle: | Band 285, Jahrgang 1892, S. 105 | 
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                        Bemerkungen über die heutigen
                           								Kriegswaffen.
                        (Fortsetzung des Berichtes S. 73 d.
                           								Bd.)
                        Mit Abbildungen.
                        Bemerkungen über die heutigen Kriegswaffen.
                        
                     
                        
                           3) Belagerungs-, Festungs-, Küsten- und
                              									Schiffsgeschütze.
                           Im vorigen Jahre wurden über die neuesten Schnellfeuerkanonen Angaben veröffentlicht,
                              									welche zu nachstehender Zusammenstellung (S. 105 u. 106) benutzt worden sind. Die
                              									hier zur Erzielung einer raschen Uebersicht gruppirten Zahlen machen es indess
                              									schwer, Vergleichungen anzustellen, sie rufen im Gegentheil den Eindruck wach, dass
                              									die Schnellfeuerkanonen noch in der Entwickelung begriffen sind und dass noch
                              									schwierige Fragen ihrer Erledigung harren, ehe eine gewisse 
                              									Uebereinstimmung eingetreten sein wird, welche einen Abschluss andeutet (wie
                              									das z.B. bei dem heutigen Kastenmagazingewehr der Fall zu sein scheint).
                           Auffallend von einander abweichende Zahlen zeigen die Gewichte der Armstrong'schen Kanonen und die der zum Vergleiche
                              									daneben stehenden anderer Fabriken. Von ersteren sind die 12 cm L. 41,5 leichter als
                              									die Krupp'schen und viel leichter als die Canet'schen L. 40 Kanonen, aber die 15 cm L. 41,5
                              									schwerer als die Canet'schen 15 cm L. 45 (und viel
                              									schwerer natürlich als die Krupp'schen L. 35). Man kann
                              									also weder sagen, dass die Armstrong'sche Construction
                              									leichter, noch dass sie schwerer ist als die anderen.
                           Textabbildung Bd. 285, S. 105Fig. 16.110 Tons-Geschütz des englischen Panzerschiffes
                                    												„Victoria“. (S. S. 78 und 107.) Die Canet'schen Angaben über das Gewicht der
                              									Pulverladung und über die Anfangsgeschwindigkeiten dürfen mit den entsprechenden der
                              									anderen Fabriken wieder nicht verglichen werden, weil sie sich auf ein anderes
                              									Pulver (BN) beziehen (daher der starke Gewichtsunterschied); die beiden
                              									Pulversorten von Krupp (G. P. C/89) und von Armstrong („Cordite“) haben auch wahrscheinlich
                              									verschiedene Leistungen; wollte man nun aus den vorliegenden Geschwindigkeitszahlen
                              									die Arbeitsleistungen der Geschosse berechnen und aus diesen auf die Leistungen der
                              									zugehörigen Geschütze schliessen, so würde das entschieden fehlerhaft sein.
                           Dass die Pulverfrage die Zahlen für die Anfangsgeschwindigkeiten ändern kann, scheint
                              									die Erklärung der französischen Marineverwaltung in der schon berührten
                              									Kammerverhandlung vom December zu beweisen; danach ist zu vermuthen, dass alte
                              									Geschützrohre wesentlich durch Verwendung des neuen (rauchlosen) Pulvers auf
                              									Anfangsgeschwindigkeiten über 800 m gebracht werden sollen; beim alten Schwarzpulver
                              									hatten dieselben vielleicht 500 m (bei den ersten Versuchen mit rauchlosem Pulver
                              									möglicher Weise 700 bis 750 m).
                           Es darf hier nicht unerwähnt bleiben, dass die Zahlen für die Canet'schen Geschütze wahrscheinlich sehr von dem
                           Angaben über 12 und 15 cm-Schnellfeuergeschütze aus dem Jahre
                              									1891.
                           Nach der Revue d'Artillerie, Bd. 38
                              									und 39 (Hefte vom Juli, September und November 1891).
                           
                              
                                 
                                 12 cm L. 40(d.h. 12 cm Länge 40
                                    											Kaliber)
                                 12 cm L. 35 undL. 45
                                 15 cm
                                 
                                 
                              
                                 
                                    
                                    Krupp
                                    
                                 
                                    
                                    Canet
                                    
                                 Armstrong(L. 41,5)
                                 Krupp(L. 35)
                                 Canet(L. 45)
                                 Krupp(L. 35)
                                 Canet(L. 45)
                                 Armstrong(L. 41,5)
                                 
                              
                                 Bohrungsdurchmess.    (Kaliber)            mm
                                 120
                                 120
                                 120
                                 120
                                 120
                                 149,1
                                 150
                                 152,4
                                 
                                 
                              
                                 Ganze Länge        mm
                                 4800
                                 4800
                                 4930
                                 4200
                                 5400
                                 5220
                                 6750
                                 6331
                                 
                                 
                              
                                 Abstand des Patro-    nenbodens von
                                    											der    Bodenfläche des    Rohres in Kalibern
                                 –
                                 –
                                 –
                                 –
                                 –
                                 2,5
                                 1,5
                                 1,4
                                 Nach Zeichnungen und    dem Augenscheine
                                    											an-    nähernd angegeben.
                                 
                              
                                 Gewicht des Rohres    mit Verschluss     
                                    											k
                                 2200 †2112
                                 2800
                                 2083
                                 1900
                                 2900
                                 3888
                                 5700
                                 5842
                                 † Ein Krupp'sches 12
                                    											cm-    Rohr L. 40 lag in einer    Schlittenlaffete,
                                    											ein    zweites in einer mit    Gleitmuffe
                                    											(Wiegenlaf-    fete), die oberen Zah-    len gelten für
                                    											ersteres,    die unteren für letz-    teres.
                                 
                              
                                 Gewicht der Laffete    ohne Maske          k
                                 31552530
                                 3320
                                 1829
                                 3350
                                 8750
                                 5000
                                 5350
                                 6096
                                 
                                 
                              
                                 Gewicht der Maske    bezieh. des
                                    											Schil-    des                       k
                                 2075 + 11551590
                                 850
                                 526 + 914
                                 1350
                                 890
                                 1900
                                 985
                                 –
                                  Die Masken bez. Schilde    mit Zahlensummen
                                    											be-    standen aus zwei    Stücken.
                                 
                              
                                 Gewicht des Ge-    schosses               k
                                 1823,75
                                 21
                                 20,41
                                 18–23,75
                                 21
                                 34,5–45,5
                                 40
                                 45,36
                                 
                                 
                              
                                 Gewicht der
                                    											Pulver-    ladung                  k
                                 3,83,4
                                 5,75 (BN)
                                 2,54
                                 3,5
                                 6,5 (BN)
                                 7,55
                                 11 (BN)
                                 6,814
                                 Krupp und Armstrong ver-    wandten rauchschwa-    ches Pulver,
                                    											ersteres    wurde „G.P.C. 89“, letz-    teres
                                    												„Cordite“ ge-    nannt. Bei Krupp    wurden ausser den an-    gegebenen noch
                                    											an-    dere Ladungsgewichte    verwandt.
                                 
                              
                                 Gewicht der leeren    Hülse für die
                                    											La-    dung                    k
                                 –
                                 8
                                 –
                                 –
                                 8
                                 –
                                 15
                                 –
                                 
                                 
                              
                                 Anfangsgeschwin-    digkeit                m
                                 781657
                                 738
                                 670
                                 716
                                 782
                                 742
                                 750
                                 673
                                 
                                 
                              
                                 Schuss in der Minute
                                 8 oder 1213
                                 12
                                 10
                                 12
                                 12
                                 6
                                 10
                                 6
                                 Das Krupp'sche 12
                                    											cm-    Rohr in der Schlitten-    laffete gab 8 Schuss    mit
                                    											Abzugsschnur ab-    gefeuert, 12 mit auto-    matischem
                                    											Abfeuern.
                                 
                              
                           
                           Treffähigkeit schwerer Krupp'scher Schnellfeuerkanonen.
                           
                              
                                 
                                 Wahrscheinliche Abweichung
                                 
                              
                                 
                                 auf 2000 mnach der
                                 auf 2000 mnach der
                                 
                              
                                 
                                 Höhecm
                                 Breitecm
                                 Längem
                                 Höhecm
                                 Breitecm
                                 Längem
                                 
                              
                                 12 cm, 40 L. (Schlit-    tenlaffete)
                                 55
                                 56
                                 14
                                 –
                                 100
                                 19
                                 
                              
                                 12 cm, 40 L. (Wie-    genlaffete)
                                 30
                                 58
                                   9
                                 
                                 –
                                 –
                                 
                              
                                 12 cm, 35 L. (Schlit-    tenlaffete)
                                 66
                                 42
                                 15
                                 Granatgewicht 23,75 k
                                 
                              
                                 12 cm, 35 L. (Schlit-    tenlaffete)
                                 68
                                 81
                                 19
                                           „          20      „
                                 
                              
                                 12 cm, 35 L. (Schlit-    tenlaffete)
                                 48
                                 71
                                 11
                                           „          18      „
                                 
                              
                                 15 cm, 35 L. (Schlit-    tenlaffete)
                                 Granatgewicht 34 k
                                 –
                                 150
                                   9
                                 
                              
                                 15 cm, 35 L. (Schlit-    tenlaffete)
                                             „           45 k
                                 –
                                   85
                                 11
                                 
                              
                                 
                                 2500 m
                                 
                                 
                                 
                                 
                              
                                 15 cm, 35 L. (Schlit-    tenlaffete)
                                 70
                                 46
                                 18
                                 Granatgewicht 34,5 k
                                 
                              
                                 15 cm, 35 L. (Schlit-    tenlaffete)
                                 28
                                 42
                                   5
                                                  „           45    „
                                 
                              
                           Gasdrücke sind nicht angegeben, weil das Messen derselben nicht
                              									gleichmässig in den Fabriken erfolgt; ihre Angabe würde vielleicht Verwirrung
                              									hervorgerufen haben.
                           Nachrichten vom Februar 1892 besagen, dass in England neuerdings
                              									noch leichtere 12 cm-Schnellfeuerlaffeten versucht worden sind.
                           
                              
                                 (Von schweren Schnellfeuerkanonen sind
                                    											eingeführt bei der
                                 
                              
                                     französischen    russischen
                                 Marine„
                                 10,5; 14; 16 cm12; 15 cm
                                 SystemCanet
                                 
                              
                                     englischen    italienischen
                                 „
                                  12; 15 cm von Armstrong
                                 
                              
                                     deutschen
                                 „
                                  10,5 und 15 cm).
                                 
                              
                           in Frankreich eingeführten Pulvermonopol beeinflusst worden
                              									sind. Wenn dasselbe nicht in den Händen des Staates wäre, würden die betreffenden
                              									Angaben über Anfangsgeschwindigkeit und Gewicht der Pulverladung vielleicht ganz
                              									anders lauten. – Bringt man diese Erwägung über das französische Pulver mit der
                              									Zusammenstellung in Verbindung, so darf man wohl den Schluss ziehen, dass die
                              									neuesten Schnellfeuergeschütze 800 m Geschwindigkeit sehr wohl erreichen können.
                           Die Zahlen im Kopfe der Zusammenstellung (S. 105) deuten darauf hin, dass auch die
                              									Frage, wie lang ein Rohr im Verhältniss zum Kaliber sein muss, noch nicht gelöst
                              									ist. Die Länge der Krupp'schen Rohre ist mit 40 bezieh.
                              									35 Kaliber, die der Canet'schen mit 40 bezieh. 45 und
                              									die der Armstrong'schen mit 41,5 angegeben. Canet scheint früher die Ansicht gehabt zu haben, je
                              									mehr Geschwindigkeit das Geschoss haben soll, desto länger muss das Rohr sein. Jetzt
                              									scheint er aber mehr als 45 L. für Schiffsgeschütze nicht mehr zu nehmen. Vielleicht
                              									wird eine Rohrlänge von mehr als 5 bis 6 m auf Schiffen unbequem, möglicher Weise
                              									kann auch die Bearbeitung des Pulvers eine Verlängerung des Rohres ersetzen; es ist
                              									auch nicht ausgeschlossen, dass mit letzterer das Gewicht stark zu- und doch die
                              									Haltbarkeit abnimmt. Ausserdem wird sich ein sehr langes Rohr schon im Ruhezustände
                              									verbiegen, wenn es nicht besonders stark construirt ist.
                           Die Angaben für die Rohrlängen sind in Bezug auf Verwerthung der Pulverladung noch
                              									dadurch verbesserungsfähig, dass man eigentlich nur den Bohrungsraum in Betracht
                              									ziehen darf, den Geschoss und Pulver wirklich in Anspruch nehmen (also das, was
                              									bei den Vorderladegeschützen die „Seele“ hiess). Dann müssen für die Krupp'schen Geschütze 2,5, für die anderen nur 1,5
                              									bezieh. 1,4 Kaliber (für die ganze Stärke des „Bodens“) abgezogen werden. Für
                              									die Pulververwerthung sind also die Seelen der Krupp'schen Rohre nur 37,5 bezieh. 32,5, die der Canet'schen 38,5 bezieh. 43,5 und die der Armstrong
                              									'schen rund 40 Kaliber lang. Wenn auch
                              									diese Zahlen nicht gerade für die Verschlusseinrichtung von Krupp sprechen, so begründen sie vielleicht doch ein gutes Zeugniss für
                              									den Stahl und die Rohr- und Munitionseinrichtungen dieser Fabrik.
                           Um die Rohrgewichte der Zusammenstellung besser würdigen zu können, sei auf die
                              									Einrichtung der Rohrwände hingewiesen. Die Krupp'schen
                              									sind wahrscheinlich sogen. Mantelrohre, d.h. sie bestehen aus einem Kernrohr, das
                              									die eigentliche Seele enthält, einem Mantel und einem oder zwei Ringen, d.h. einem
                              									längeren und einem oder zwei kürzeren aufgeschobenen und befestigten Rohrstücken. Da
                              									sich der Verschluss im Mantel befindet, so haben die Wände des Kernrohres nur einer
                              										seitlichen Anstrengung zu widerstehen, das Metall
                              									des ersteren aber einer solchen in der Längenrichtung.
                              									Diese länger als 20 Jahre bewährte und durch Longridge
                              									zum Theil nachgeahmte Construction kann wohl als die haltbarste der in Vergleich
                              									gestellten Schnellfeuergeschütze angesehen werden. Das Canet'sche Rohr scheint auch im Wesentlichen aus einem Kernrohr und aus
                              									einem aufgeschobenen längeren und einem kürzeren Rohrstücke (jaquette und frette) zu
                              									bestehen, der Verschluss sitzt aber im Kernrohr und dessen Metall wird also auf
                              									einen Druck in seitlicher Richtung und auf einen in der Längenrichtung in Anspruch
                              									genommen (vielleicht ist letzterer durch den Rücklauf des Rohres in der Laffete um
                              									ein Geringes geschwächt). – Bei dem Armstrong'schen
                              									Geschütz sitzt der Verschluss zwar nicht im Kernrohre, sondern in einem
                              									Umhüllungsrohre; aber das Geschützrohr wird aus einem Kernrohre und nicht weniger
                              									als acht in zwei bezieh. drei Lagen auf einander geschobenen und verschraubten
                              									Rohrstücken gebildet. Es scheinen indess Zweifel an der Haltbarkeit dieser überaus
                              										„künstlichen Metallconstruction“ entstanden zu sein, von Canet ist sie verlassen worden.
                           Um einen richtigen Schluss auf das Gewicht machen zu können, welches ein Rohr zur
                              									Haltbarkeit nothwendig hat, müsste man es einer Gewaltprobe unterwerfen und aus
                              									Messungen (der Geschwindigkeiten und Gasspannungen bei steigenden Ladungen) dann
                              									Folgerungen auf seine Leistungen und auf den Sicherheitscoefficienten machen, den
                              									man bei Anwendung der Gebrauchsladungen haben würde (Aehnliches ist in Belgien
                              									geschehen, vgl. 1891 281 153). Solange das nicht
                              									stattgefunden hat, kann man ja nicht wissen, ob eine Fabrik wissentlich oder
                              									unwissentlich einen Sicherheitscoefficienten von beispielsweise 3, die andere einen
                              									von 5 hat; die erstere wird wohl das leichtere Rohr haben, aber nicht das
                              									empfehlenswerthere. Eine gewissenhafte Fabrik, die auf ihren Ruf hält, wird
                              									vielleicht für grössere Sicherheit construiren und anfertigen lassen und die
                              									Geschichte der von ihr gelieferten Geschütze wird dann dieses Bestreben der Welt
                              									zeigen. Es scheint, als ob in dieser Hinsicht die Fabrik von Krupp, welche schon seit 30 Jahren riesige Geschützlieferungen ausführte,
                              									bessere, d.h. sicherere Geschütze fertiggestellt hat als irgend eine andere.
                           
                           Die Unfälle beim Schiessen verschaffen auch ein
                              									Urtheil über die Haltbarkeit der Geschützrohre und die darauf einwirkenden Umstände.
                              									Zu den Vorkommnissen dieser Art, welche durch ihre Wiederholung sichere Schlüsse
                              									gestatten, gehört das Unbrauchbar werden französischer Marinekanonen von 37 mm und
                              									anderem Kaliber durch Lockern der Umhüllungsringe (les frettes ont joué). Da durch
                              									ein Schnellfeuer (d.h. durch ein 10- bis 20fach schnelleres Feuer) noch eine ganz
                              									andere Anspannung der Rohrwände nicht allein durch rasche Wiederholung der
                              									Erschütterungen, sondern auch durch eine viel stärkere Wärmeerzeugung als früher
                              									hervorgerufen wird, so ist ein Bedenken gegen die Beibehaltung des Verfahrens, ein
                              									Stahlkernrohr in eine Anzahl von Rohrstücken einzukapseln, wohl erklärlich. – Bei
                              									schweren französischen und englischen Geschützen haben sich Kernrohre an der Mündung
                              									gespalten oder aufgeweitet. Eine englische Erklärung sucht die Ursache in der Art
                              									der heutigen Pulverwirkung; das Bestreben, langsam brennendes Pulver zu gebrauchen,
                              									habe in den vorderen Theil der Rohrbohrung eine so grosse Arbeit gelegt, wie sie
                              									früher bei rascher brennendem Pulver nicht vorgekommen sein würde; man müsse daher
                              									davon abgehen, das Rohrmetall an der Mündung stark zu verjüngen, man solle es dort
                              									verstärken. (Auf Grund dieser Ansicht legt wahrscheinlich Armstrong jetzt die erste Lage von Rohrstücken bis zur Mündung und
                              									versieht das vorderste mit einem wulstartigen Kopf). Nach Ansicht von Longridge (Erfinder der Drahtgeschütze) kann ein
                              									Schrägstellen (Verkanten, coincement) des Geschosses in den Zügen mit zunehmender
                              									Drehung eine Aufweitung hervorrufen. Daraus würde das Aufreissen oder sogar das
                              									Abspringen des Vordertheils gefolgert werden können, ja selbst das Springen des
                              									ganzen Rohres, wenn das Verkeilen des Geschosses seine Zertrümmerung und die
                              									Entzündung seiner Sprengladung hervorrufen würde. Wenn demnach wirklich die
                              									Haltbarkeit des Rohres von der Schrägstellung des Geschosses abhängt, so wird das
                              									Geschütz durch die vordere Rohrverstärkung nicht gerade an Sicherheit gewonnen
                              									haben. Wohl aber könnte die Gefahr des Springens durch Einschränkung dieser
                              									Schrägstellung vermindert werden; z.B. durch Vermeidung kurzer (mit Spitze nur 2 bis
                              									2½ Kaliber langer) Geschosse und durch Feststellung sehr kleiner Spielräume für die
                              									äusseren Abmessungen der Geschosse und die inneren der Rohre und endlich durch
                              									peinliche Innehaltung dieser Abnahmevorschriften. – Eine dritte recht eigenthümliche
                              									Erscheinung beim Schiessen ist das Verbiegen von schweren Rohren. In der englischen
                              									Marine sind einige „sogen.“ 110 t-Kanonen vorhanden von 111 t Gewicht und von
                              									41,3 cm Bohrungsdurchmesser; Armstrong hat sie
                              									geliefert; zwei von ihnen sind auf der (Anfang Februar 1892 bei Platäa gestrandeten
                              									und wieder flott gewordenen) „Victoria“ (Fig.
                                 										16, S. 105), zwei auf der „Sans pareil“. Vor zwei Jahren bog sich
                              									das „Lange Feld“ (Vordertheil) einer der ersteren nach unten (um 2 bis 7 cm);
                              									eines der letzteren verbog sich nach unten und seitwärts, und da derselbe Vorfall
                              									sich nochmals wiederholte, so konnte das Schiff erst lange Zeit nach seiner
                              									eigentlichen Fertigstellung in „Dienst gestellt“ werden. In Anbetracht dieser
                              									Vorgänge scheint man jetzt von der Herstellung ähnlich schwerer Geschütze Abstand
                              									genommen zu haben. Die Ursache der Verbiegung nach unten ergibt sich vielleicht aus
                              									einer Betrachtung der Einrichtung dieser Geschütze. Die Rohre haben keine
                              									Schildzapfen, sondern sind durch Bänder fest mit einem Schlitten verbunden, der
                              									sich auf und in einem Rahmen bewegen kann. Eine hydraulische Bremse arbeitet
                              									zwischen beiden Theilen. (Dieselbe dient auch zum Verbringen des zurückgelaufenen
                              									Geschützes; indem Flüssigkeit unter hohem Druck in den Bremscylinder gelassen wird,
                              									drückt sie den Kolben und damit den Schlitten vor). Der Rahmen ist vorn, dicht unter
                              									der Scharte durch einen wagerechten Bolzen mit dem Thurme verbunden; etwas hinter
                              									der Mitte ruht er auf dem Kopfe eines Kolbens, der in einem Cylinder durch
                              									Flüssigkeitsdruck auf und ab bewegt werden kann. Da das Geschoss 900 k, die
                              									Pulverladung (aus braunem prismatischen Pulver bestehend) 480 k, also mehr als halb
                              									so schwer war, so muss der Rückstoss in einer äusserst heftigen Weise aufgetreten
                              									sein und auf eine Drehung des Rahmens um seinen Verbindungsbolzen gewirkt haben,
                              									indem der die Höhenrichtung vermittelnde Kolben etwas niedergedrückt worden ist.
                              									Diese Bewegung warf die Mündung der Kanone nach oben und wird in dem Augenblicke,
                              									als das Geschoss in dem recht dünnen vorderen Theil angekommen war, so schlagartig
                              									heftig gewesen sein, dass letzteres durch sein Beharrungsvermögen, vielleicht auch
                              									durch sein Gewicht ein Verbiegen nach unten verursachte. Die Wirkung eines
                              									derartigen, nur höchstens 2½ Kaliber langen Geschosses auf die sich stark windenden
                              									Züge würde vielleicht auch die gleichzeitig aufgetretene Seitwärtsbewegung des
                              									Rohres erklären. Falls noch ein Schuss aus einem derartigen, wenig Vertrauen
                              									erweckenden Rohre gewagt werden sollte, würde eine Messung der senkrechten Bewegung
                              									vielleicht sichere Auskunft über die Ursache des Verbiegens ertheilen. Letzterem
                              									würde vielleicht durch eine bessere Festlegung des Rahmens mehr vorgebeugt werden
                              									als durch eine Verstärkung des Rohres. (Es darf hier vielleicht wiederholt werden,
                              									dass die Firma Gruson bei ihrer 21
                              									cm-Haubitzpanzerlaffete eine besondere Bremse anbringt, um die Jacke des Rohres ganz
                              									festzulegen, wenn dessen Hintergewicht während des Rücklaufes stark nach unten
                              									zieht).
                           Eine weitere Aufzählung von einzelnen Rohr Unfällen, welche den Wirkungen eines zu
                              									heftigen, d.h. eines zu rasch brennenden Pulvers zuzuschreiben sind, hat für die
                              									Beschaffenheit der Geschützrohre wenig Werth. Sie gehört zu einer Besprechung des
                              									Schiesspulvers, welche augenblicklich an dieser Stelle nicht gegeben werden
                              									kann.
                           Bei den Geschossen ist zunächst zu bemerken, dass die
                              									Führung derselben im Rohre wieder eine Neuerung aufweist. Bei Einführung der
                              									gezogenen Geschütze mussten sich die Geschosse vorn und hinten in die Züge
                              									einschneiden; vor ungefähr 19 Jahren ging man dazu über, das Einschneiden vorn in
                              									Wegfall zu bringen, zum Ersatz gab man aber dem cylindrischen Theile da, wo er in
                              									die Spitze übergeht, eine solche Stärke, dass er ziemlich fest in den Feldern lag.
                              									In der neueren Zeit scheint man auch davon abgegangen zu sein und man macht diesen
                              									Theil nur so stark, dass er sich mit etwas Spielraum bewegen kann.
                           Um das Eindringen der Geschosse von Hartguss oder Stahl in Panzerplatten zu
                              									verbessern, sind in Oesterreich Versuche gemacht worden, die Metallspitze durch eine
                              									hölzerne zu ersetzen, welche eine gute Ueberwindung des Luftwiderstandes ermöglicht,
                              									aber beim Auftreffen abbricht und die Kante der flach abgeschnittenen Vorderfläche
                              									oder letztere selbst mit dem Ziele in Berührung kommen lässt. 
                              									Ein durch den kegelförmigen oder ogivalen Mantel der Spitze herbeigeführtes
                              									Abgleiten soll dadurch verhindert werden.
                           In der Anfertigungsweise vieler neuer Geschosse ist eine grosse Veränderung
                              									vorgegangen. Die Spitze wird aufgeschraubt und die innere Höhlung des cylindrischen
                              									Theiles durch Ausdrehen hergestellt, während sie früher durch den Rohguss gebildet
                              									wurde. Zeitungsnachrichten zufolge soll dies Ausbohren viele Arbeit erfordern, es
                              									wird also jedenfalls die Beschaffungskosten sehr vertheuern.
                           Die Beweggründe für diese feststehende Thatsache sind augenblicklich noch nicht mit
                              									Sicherheit anzugeben. Es ist aber wohl keinem Zweifel unterworfen, dass eine
                              									ausgedrehte Geschosswand sich von der nicht ausgedrehten, roh gegossenen durch eine
                              									grosse Gleichmässigkeit in der Dicke unterscheidet. Nach Zeitungsnachrichten haben
                              									mehrfach Schiessversuche stattgefunden, welche bewiesen, dass die Unsymmetrie in
                              									einer Geschosswand Einfluss auf die Treffähigkeit hat. Nach der Schweizerischen Zeitschrift für Artillerie und Genie
                              									von 1885, S. 68 u. ff., fand ein solcher Versuch im J. 1884 statt. Danach gaben
                              									Geschosse, deren Wandstärke an einer Seite grösser war
                              									als anderswo, besondere Treffpunkte, besondere Streuungen, je nachdem man diese
                              									dickere Stelle beim Laden unten, rechts, links oder oben legte. Damit ist der
                              									Einfluss einer Unsymmetrie ballistisch zweifellos festgelegt. Auf die Art, wie die
                              									Unsymmetrie eines Geschosses wirkt, lässt ein einfaches Experiment mit
                              									geschossartigen, frei rotirenden Holzcylindern einen Schluss zu. Versetzt man
                              									dieselben in Rotation um die Längsachse und lässt sie dann fallen, so behält
                              									letztere ihre Lage scheinbar bei und zeigt keine besondere bemerkbare Bewegung.
                              									Bringt man aber eine Bleibeschwerung in dem Mantel dieses Cylinders so an, dass er
                              									unsymmetrisch zur Achse wird, so nimmt die Erscheinung ein anderes Aussehen an.
                              									Bindet man z.B. ein Stück Blei vorn links fest, ein zweites hinten rechts, so
                              									umschreibt die Achse des frei fallenden, kreiselnden Körpers einen Doppelkegel,
                              									dessen Kegelwinkel mehr als 45° erreichen kann, je nach der Belastung und
                              									Umdrehungsgeschwindigkeit. Die Grösse dieses Winkels ist aus den schimmernden
                              									Umrissen zu ersehen. Wenn man aber die Bleistückchen in einer Seite (parallel der
                              									Längsachse) so anbringt, dass sie der unsymmetrischen Geschosswandverdickung bei den
                              									schweizerischen Versuchsgeschossen entsprechen und nun den kreiselnden Körper fallen
                              									lässt, dann nimmt die Achse eine eigenthümliche Bewegung an, die sich von der des
                              									unbelasteten oder des wie vorhin belasteten vollständig unterscheidet und die
                              									Vorstellung wachruft, als ob sie einen hohlen cylindrischen Raum umschriebe. Leider
                              									sind nur Schiessversuche bekannt geworden, deren Geschosse den letzteren (einseitig
                              									belasteten) Holzcylindern glichen, nicht mit solchen, deren Unsymmetrie der bei den
                              									vorletzten beschriebenen entsprach; es würde in dem Falle vielleicht eine viel
                              									bedeutendere Beeinflussung der Flugbahn eingetreten sein.
                           Wenn ein Einfluss der Unsymmetrie in der Geschosswand angenommen würde, dann wäre
                              									auch folgende auffallende Erscheinung erklärlich: als man die Wirkung einer
                              									Geschützsalve gegen ein Panzerziel versuchen wollte, zeigte es sich, dass dies auf
                              									1000 m unmöglich war, weil die Geschosse nicht gleichzeitig, sondern nach einander
                              									einschlugen; auf 300 m war es möglich. Es können diese Flugbahnunterschiede nur
                              									in der Bahn von 300 bis 1000 m entstanden sein; da alle sonstigen Verhältnisse
                              									gleich gemacht waren (Ungleichheiten der Geschwindigkeiten würden sich sogar eher
                              									verkleinert als vergrössert haben), so kann nur die Gewichtsvertheilung in den
                              									Geschosswänden, welche wahrscheinlich nicht peinlich genau ermittelt war, die
                              									Ursache der ungleichen Flugzeiten gewesen sein.
                           Wenn die aus den angegebenen drei Thatsachen gezogenen Schlüsse richtig sind, dann
                              									müssten Flugzeit und Wirkung der Geschosse dadurch erheblich verbessert werden, dass
                              									die Vertheilung ihrer Masse zur Längenachse, d.h. zu der Linie, um welche sich die
                              									Drehung im Rohre erzeugt, symmetrisch gemacht wird. Die Anfertigung der
                              									Treibriemenscheiben der Dampfmaschinen ist in dieser Hinsicht vielleicht auch für
                              									die Geschosse bezeichnend. Solche Scheiben zeigen in roher Anfertigung eine
                              									schleudernde Bewegung in den Lagern, sie „schlagen“, laufen die Lager warm
                              									und nehmen durch ihre Reibung unnütz Kraft in Anspruch. Werden sie sorgsam
                              									abgedreht, so mindert sich diese störende Bewegung; dieselbe wird aber erst dadurch
                              									ganz abgestellt, dass man die Scheibe „ausbalancirt“ oder
                              									„auswuchtet“, indem man sie in Umdrehung versetzt und durch Anbringung von
                              									Bleipfropfen Ungleichförmigkeiten in der Massenvertheilung so ausgleicht, dass der
                              									Schwerpunkt in die Drehungsachse gebracht wird. Diesem Vorgange entsprechend, würde
                              									das Ausdrehen der Geschosse nur eine geringe Verbesserung bedeuten, eine wesentliche
                              									würde aber erst ein dem „Ausbalanciren“ der Treibriemenscheiben
                              									entsprechendes Verfahren herbeiführen können.
                           Die Drehung der Geschosse, welche hier soeben berührt
                              									wurde, zählt wohl zu den dunkelsten Gebieten der Mechanik. Da die Herstellung der
                              									Waffen und der Befestigungs- und Vertheidigungsmittel eine grosse Bedeutung für die
                              									ganze Industrie bekommen hat, so ist vielleicht ein kurzer Ueberblick über diesen
                              									Gegenstand wünschenswerth.
                           Wenn ein Langgeschoss, dessen Schwerpunkt in der vorderen Hälfte liegt, ohne Drehung
                              									aus einer glatten Feuerwaffe geschossen wird, so macht es rasch wechselnde
                              									Schwankungen in der Luft, welche zuerst von einer nach
                              									oben gerichteten Bewegung der Mündung (ähnlich wie bei der englischen 110 t-Kanone)
                              									herrühren, später jedoch von anderen Umständen, die
                              									noch nicht genau bekannt sind, aber vielleicht in der inneren und äusseren
                              									Unsymmetrie der Geschosskörper zu suchen sein werden. Durch Verlegung des
                              									Schwerpunktes nach vorn werden die Schwankungen verkleinert, sie hören aber selbst
                              									dann nicht auf, wenn derselbe im vorderen Viertel der Länge liegt, denn man kann
                              									wohl als sicher annehmen; dass der Luftwiderstand mit wenig Druck und viel weniger
                              									steuernd auf das Hintertheil eines Geschosses wirkt als Wasser auf das Steuer eines
                              									Schiffes. Wenn der Schwerpunkt in der hinteren Hälfte des Geschosses liegt, findet
                              									ein Ueberschlagen statt, aber nur dann. Die Angabe in alten Lehrbüchern, dass alle rotationslosen Geschosse sich überschlagen,
                              									widerspricht der Wirklichkeit (vgl. 1891 280 207). Da ein
                              									unberechenbar schwankendes Geschoss keine berechenbare Bahn haben konnte, so musste
                              									ein Mittel, welches die Schwankungen aufhob, eine gewisse „Trefffähigkeit“
                              									herbeiführen. Ein solches Mittel war die Kreiselbewegung (Rotation), in welche die
                              									Geschosse 
                              									durch Windungen von Zügen im Laufe versetzt wurden. Man nahm bis vor ungefähr
                              									25 Jahren vielfach an, dass dadurch die Geschossachse das Bestreben bekäme, sich
                              									selbst parallel bleibend im Raume fortzufliegen, und erklärte sich das etwa in
                              									folgender Weise: Man denke sich auf den Enden eines starken Drahtes zwei ganz
                              									gleiche Kugeln und die Mitte des Drahtes auf einer wagerechten Achse befestigt,
                              									deren Achslager in einer drehbaren Gabel angebracht sind, und nehme dann an, dass
                              									die Achse in eine rasche Umdrehung versetzt sei. Bei dem Versuche, die Gabel zu
                              									drehen, werden die Kugeln gezwungen, die alte Ebene, in welcher sie einen Kreis
                              									beschrieben 9 zu verlassen und in einer neuen ihren
                              									Umlauf fortzuführen. Entweder wird bei diesem Verschiebungsversuche der
                              									Verbindungsdraht zwischen den Kugeln und der Achse sich verbiegen, oder es wird sich
                              									ein Widerstand der letzteren bemerkbar machen (bezieh. beides eintreten). Die Achse
                              									hat also ein Bestreben, in ihrer alten Lage zu verharren, welches von der Fliehkraft
                              									der Kugeln, also von deren Gewicht und von der Umdrehungsgeschwindigkeit abhängt; es
                              									besteht mithin hier eine „Stabilität der Drehachse“. Denkt man sich statt der
                              									beiden Kugeln einen aus vielen ebenfalls ganz gleichen zusammengesetzten
                              									Cylinderkörper, dessen geometrische Achse genau mit der Drehachse zusammenfällt, so
                              									wird letztere eine entsprechend grössere „Stabilität“ entwickeln können.
                              									Seiner Zeit glaubte man nun, man dürfe jedes aus einem gezogenen Rohr stammende
                              									Geschoss mit einem derartigen homogenen Körper vergleichen, seine Achse müsse durch
                              									die Umdrehung stabil geworden sein. Dass die Bewegung einer Geschossachse auch mit
                              									der rüttelnden, schlagenden Bewegung einer nicht ausbalancirten Drehscheibe der
                              									Drechsler oder Töpfer verglichen werden könne oder müsse, daran scheint man nicht
                              									gedacht zu haben. – Die Worte „Stabilität der Drehachse“ haben eine grosse
                              									Rolle gespielt. Vor 25 Jahren noch wurden sie als Grund für die Unmöglichkeit
                              									gezogener Mörser angegeben; man glaubte, dass deren Geschosse, welche meist unter
                              									einem grossen Winkel zur Wagerechten verfeuert werden, mit dem Boden zuerst auf die
                              									Zielfläche aufschlagen müssten. (In der That zeigten auch die meisten der bei Paris
                              									verfeuerten 21 cm-Mörsergranaten diese Erscheinung, welche eine mit ihnen
                              									beabsichtigte zerstörende Wirkung aufhob; wirft man ferner geschossförmige
                              									Holzkörper, nachdem man sie in eine rasche Drehung um die Längsachse versetzt hat,
                              									durch die Luft, so scheinen diese Achsen auch die
                              									einmal gegebene Lage festhalten zu wollen.) Indess nach fortgesetzten genaueren
                              									Beobachtungen gewann man die Ueberzeugung, dass die Geschosse eines besseren
                              									Geschützes sich nicht so verhielten, dass ihre Achsen sich den Flugbahntangenten
                              									näherten („der Bahnkrümmung folgten“) und mit den Spitzen, nicht mit den
                              									Böden auf wagerechte Ziele aufschlugen. Es wurde erkannt, dass diese Geschosslage
                              									die beste ist, und Sorge getragen, dass sie bei allen neueren Feuerwaffen annähernd
                              									erreicht wird. Um diese Erkenntniss mit der früheren Annahme über die „Stabilität
                                 										der Drehachse“ der Geschosse in Verbindung zu bringen, hat man Versuche
                              									gemacht, die Abweichung der Geschossachse von der ursprünglichen Lage, ihr
                              										„Mitgehen mit der Flugbahn“ dem Luftwiderstande oder irgend einem anderen
                              									Umstände zuzuschreiben. Man kann aber nicht behaupten, dass diese Versuche geglückt
                              									seien.
                           (Beiläufig sei bemerkt, dass in neuerer Zeit unter „Stabilität der
                                 										Geschosse“ das Beharren ihrer Achse in der Nähe der Flugbahn verstanden
                              									wird.)
                           Das heutige „Wissen“ oder besser gesagt „Nichtwissen“ von der Bewegung
                              									eines in der Luft fliegenden Geschosses wird treffend beleuchtet durch einen
                              									kürzlich geschehenen Ausspruch in der Revue
                                 										d'Artillerie; hier heisst es ungefähr (Bd. 39 S. 278): „Die Bedingungen,
                                 										welche den Winkel zwischen Geschossachse und Tangente an die Flugbahn zu einem
                                 										kleinen machen, sind noch aufzusuchen; oder, mit anderen Worten, es müssen
                                 										Beziehungen zwischen den ‚Elementen‛ des Geschosses und seinen beiden
                                 										Geschwindigkeiten, der Vorwärtsbewegung und der Kreiselbewegung, bestehen, damit
                                 										dieser Winkel innerhalb einer gegebenen kleinen Grösse bleibt, und diese
                                 										Beziehungen sind noch zu finden.“
                           Ein einfaches Mittel, diesen „Beziehungen“ nahe zu kommen, würde die
                              									Bestimmung des Neigungswinkels der Achse zur Flugbahn bei einem nicht ausgebohrten
                              									früheren und einem ausgebohrten neueren Hohlgeschoss sein. Der des ersteren betrug
                              									bis 7°, wenn der letztere kleiner ist, dann spielt unbedingt die Unsymmetrie der
                              									Geschosswand eine Rolle.
                           
                              
                                 (Schluss folgt.)