| Titel: | Neuerungen in der Papierfabrikation. | 
| Autor: | Alfred Haussner | 
| Fundstelle: | Band 285, Jahrgang 1892, S. 145 | 
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                        Neuerungen in der Papierfabrikation.
                        Von diplom. Ingenieur Alfred
                                 									Haussner.
                           							
                        Mit Abbildungen.
                        Neuerungen in der Papierfabrikation.
                        
                     
                        
                           Ersatz für Hadern.
                           Neben vielen Ersatzstoffen für die Papierfabrikation, hat man neuerdings den Kehricht
                              									verwendet. Es hat sich nämlich gezeigt, dass der Inhalt der Kehrichtbehälter
                              									gewöhnlich über 3 Proc. Lumpen, Papier, Stroh und eine Menge anderer Faserstoffe
                              									enthält, von denen bisher höchstens die Lumpen ausgelesen und verwendet worden sind.
                              									Die Refuse Disposal Company in London siebt den
                              									gesammelten Kehricht vorerst mechanisch derart, dass grössere Stücke, wie Büchsen,
                              									Lumpen u. dgl., abgeschieden werden, sodann wird derselbe durch einen Luftstrom
                              									weiter getrennt. Die specifisch leichteren Theile, hauptsächlich aus Faserstoffen
                              									bestehend, werden in üblicher Weise mittels Kollergänge, Holländer u.s.w. weiter
                              									zerkleinert und auf einer Papiermaschine zu braunem Packpapier verarbeitet, während
                              									die gewichtigeren Theile weiter sortirt werden und zu Dünger und anderen Zwecken
                              									verwendbar sind.
                           Weniger merkwürdig als die Benutzung der eben erwähnten Rohstoffe ist die auch in
                              									dieser Zeitschrift besprochene Verwendung der Rindenfasern
                                 										des Affenbrotbaumes, die um etwa 20 M. für 100 k käuflich sind und
                              									ausgezeichnetes, festes Papier liefern, das dem japanischen ähnelt, – der in
                              									Brasilien verwendeten Pflanzen Sapé, Cito, Pitá, die von Prof. Wiesner untersucht wurden, – der Ramiefaser, die neuerdings in Oesterreich und
                              									Deutschland im Grossen verwendet und aus China und Indien als „rohes
                                 										Chinagras“ eingeführt, aber auch seit kurzem in Europa gebaut wird, – der
                              									noch im Torf enthaltenen Fasern, – der aus Tabakstengeln durch eine Art von
                              									Celluloseverfahren zu gewinnenden Fasern. Die periodisch auftauchende Nachricht von
                              									der Gewinnung von „Fasern“ aus Kartoffeln ist wegen der Beschaffenheit der
                              									letzteren nicht ernst zu nehmen.
                           Textabbildung Bd. 285, S. 145Fig. 1.Apparat zum Gewinnen der Torffaser von Beckmann. Die brauchbaren Fasern aus der Torfmasse
                              									können nach den im D. R. P. Nr. 50516 niedergelegten Ausführungen (Patentinhaber B. J. Beckmann in Papenburg) in folgender Weise
                              									gewonnen werden. Es wird (Fig. 1) in dem grösseren,
                              									mit Wasser gefüllten Kasten A ein kleiner Behälter B mit Siebboden a von der
                              									Welle c aus in schaukelnde Bewegung gesetzt, nachdem
                              										B mit Moor gefüllt worden ist. Dieses wird dabei an
                              									die Gitterwände g geworfen, zertheilt und der
                              									Einwirkung des ebenfalls in Bewegung gerathenden Wassers zugänglicher gemacht, so
                              									dass die feineren, erdigen Theilchen durch das Sieb a
                              									in das Wasser von A gelangen und endlich nach
                              									Erforderniss durch die Hähne v und w abgelassen werden können. Es bleibt schliesslich im
                              									Raume B eine weniger reine Fasermasse zurück, die nach
                              									dem Aufheben der Klappe k durch den Schlauch s nach unten austreten kann. Der Siebboden a ist durch vier Wände nach unten versteift und kann
                              									wohl durch die schaukelnde Bewegung des Siebkastens B
                              									ein störendes Verstopfen der Sieblöcher hintangehalten werden.
                           
                        
                           Wasserreinigung.
                           Für Papierfabriken ist bekanntlich reichliches und vor allem gutes, d.h. reines
                              									Wasser eine Existenzbedingung. Insbesondere ist eisenhaltiges Wasser aus dem Grunde
                              									gefürchtet, weil es das schönste Ganzzeug verderben kann und Ursache von schlechtem,
                              									unansehnlichem, oft hässlichem Papier ist. Wasser ganz oder nahe eisenfrei für die
                              									Zwecke der Papierfabrikation zu erhalten, ist entschieden sehr wichtig. Ingenieur
                              										C. Piefke in Berlin empfiehlt ein Verfahren,
                              									welches das Entfernen des Eisens aus dem Wasser dadurch ermöglicht, dass dasselbe
                              									mit Luft reichlich in Berührung gebracht wird. Er beobachtete, dass ein Wasser
                              									unmittelbar nach dem Zubringen in 1 l an Eisen 3,24 mg enthielt. Nachdem dieses
                              									Wasser in flachen Gefässen 30 Stunden gestanden hatte, waren in demselben nur noch
                              									0,45 mg Eisen als Oxydul enthalten und eine filtrirte Probe blieb vollkommen klar,
                              									nachdem das Eisen als Ferridhydrat grösstentheils abgeschieden war. Letzteres konnte
                              									sich eben aus den im Wasser befindlichen Eisenverbindungen unter Zutritt der
                              									atmosphärischen Luft bilden. Auf diese Beobachtungen gestützt, will Piefke das Entfernen von Eisen derart durchführen, dass
                              									das Wasser zur Höhe eines mit Koksbrocken gefüllten Cylinders gepumpt und von dort
                              									in feinen Strahlen durch die Koksschicht abwärts fliessen gelassen wird. Nachdem das
                              									Wasser dann auch noch Sandfilter bekannter Anordnung durchflössen hat, kann es als
                              									von Eisen genügend gereinigt verwendet werden. Bei einer Grundfläche des
                              									Kokscylinders von 1 qm und einer Höhe desselben von 1,5 m können im Tage bis 100 cbm
                              									Wasser von 3 bis 4 mg Eisengehalt auf das Liter verrieselt werden.
                           Diese Piefke'sche Methode der Wasserreinigung gehört in
                              									jene Gruppe von Verfahren, welche durch Zugabe geeigneter Substanzen ein
                              									Flockigwerden des Niederschlages 
                              									und dadurch ein leichteres Entfernen, Abfiltriren desselben ermöglichen. Es
                              									hängt dabei ganz von örtlichen Verhältnissen ab, ob dieser Vorgang durchführbar ist,
                              									ob nicht ein derartiges Verfahren als zu theuer erklärt werden muss. Bei dem durch
                              									so mancherlei Stoffe verunreinigten Flusswasser wird wohl nur eine genaue Analyse
                              									sicheren Aufschluss über die Anwendbarkeit eines besonderen Verfahrens gewähren.
                              									Probeweise können bewährte Fällungsmittel benützt und ihr Erfolg beobachtet werden.
                              									So kann auch unter Umständen ein Zusatz von Alaun und
                                 										Soda Hilfe bringen, indem Thonerdehydrat gebildet wird, welches suspendirte
                              									Theile einhüllt und zum Absetzen zwingt, so dass das Wasser klar abfiltrirt werden
                              									kann.
                           Textabbildung Bd. 285, S. 146Fig. 2.Warren's Filter. Für Filter ist nach der Papierzeitung eine interessante Einrichtung von John Warren (Fig. 2)
                              									durch die Cumberland Manufacturing Co. in Boston gebaut
                              									worden. Es wird durch geeignete Hahnstellung bei E
                              									zuerst Wasser in den Filterkästen über die Filterschicht C gedrückt. Das Wasser reinigt sich während des Durchtretens durch das
                              									Filter und die gelochte Platte B und fliesst klar durch
                              										J ab. Ist das Filtermaterial C schon zu stark verunreinigt, so wird der Strom
                              									umgekehrt, indem filtrirtes Wasser zum Waschen von J
                              									kommend durch das Filtermaterial getrieben wird, ein eingesenkter Rührer D dasselbe noch der Einwirkung des Waschwassers
                              									zugänglicher macht, welches dann durch ein Rohr G mit
                              									Unreinigkeiten, aber wahrscheinlich auch noch mit einer Menge Filtersubstanz
                              									beladen, abgelassen wird. Wegen des letzterwähnten Umstandes dürfte wohl ein
                              									Nachfüllen von Sand u. dgl. nothwendig werden, indem das Waschwasser, bis es klar
                              									wird, viel Filtersand mitnehmen wird.
                           
                        
                           Rohfasern.
                           
                              a) Hadern.
                                 									
                              Für das alte Papierrohmaterial, die Hadern, ist auch
                                 										heute noch kein gleichwertiger Ersatz, wenigstens für die besseren und besten
                                 										Sorten gefunden. Schon jahrelang verfolgte Referent die Preise der Lumpen und
                                 										fand für die feinsten weissen, leinenen Lumpen S. P. F. F. F. fast beständig den
                                 										Preis 42 M. für 100 k. Diese geringe Veränderlichkeit im Hadernpreise gilt
                                 										allerdings nicht für alle, insbesondere die minderwerthigen Lumpen, für diese
                                 										können eben die Ersatzstoffe, wie sie heute hergestellt werden, schon gut
                                 										eintreten, und vermag dieser Umstand natürlich ein Drücken, überhaupt ein
                                 										Schwanken in den Preisen jener Sorten zu bewirken.
                              Gegen das Entseuchen der Hadern wird begreiflicher
                                 										Weise, wegen der damit verbundenen Kosten, von Seite davon Betroffener viel
                                 										geeifert. Besonders hervorgehoben wird von gegnerischer Seite, dass doch die
                                 										Lumpensammler und jene Arbeiter nicht geschützt werden können, welche das
                                 										Beschicken der Dämpfapparate, in welchen das Entseuchen geschehen soll, besorgen
                                 										müssen. Doch scheint es mir, als ob es noch immer besser ist, wenigstens einen
                                 										Procentsatz der Betheiligten den schädlichen Einwirkungen der in den Lumpen oft
                                 										enthaltenen Krankheitskeime, dem Staube u. dgl. zu entziehen, als gar Niemanden.
                                 										Auch der Einwand, dass die Lumpen unter der Einwirkung von Wasserdampf von etwa
                                 										115° leiden könnten, scheint mir hinfällig, weil doch von Seiten der
                                 										Wäscherinnen ein Behandeln der Lumpen mit kochendem Laugen- oder Seifenwasser
                                 										geschieht.
                              Zum Abscheiden von gröberen Bestandtheilen gehen die Lumpen meistens durch
                                 										mehrere Stäuber. Dies wollen Ch. E. Taylor und H. D. Bradburn in der Weise einfacher gestalten,
                                 										dass sie nach ihrem amerikanischen Patent Nr. 428429 zwei Cylindersiebe mit
                                 										ungleich grossen Oeffnungen in einander legen. Durch das innere, mit weiteren
                                 										Löchern fallen nur die grösseren Lumpenstücke nicht durch, während das äussere
                                 										nur Staub und Aehnliches durchlässt, während Knöpfe, kleine Hadernstücke u. dgl.
                                 										zurückbleiben und später einfacher als im Lumpenhaufen im Ganzen abgeschieden
                                 										werden können.
                              Für ein ganz eigenthümliches Verfahren hat Karl
                                    											Kellner in Wien das D. R. P. Nr. 57593 genommen. Er will nämlich durch
                                 										Zuhilfenahme der Elektrolyse von Acetat-, Nitrat- oder Sulfatlösungen, mit
                                 										welchen die Faserstoffe befeuchtet wurden, ein Verändern der Eigenschaften
                                 										derselben erzielen. So soll es möglich sein, Leinenfasern die Eigenschaften von
                                 										Baumwollfasern und umgekehrt zu ertheilen. Wie weit dies möglich ist und ob in
                                 										der Praxis davon viel Gebrauch gemacht werden wird, mag dahingestellt
                                 										bleiben.
                              
                           
                              b) Holzschliff.
                                 									
                              Für Holzschleifer sind eine Reihe von Abänderungen
                                 										vorgeschlagen worden. Vielfach wird dabei auf Langschliff hingearbeitet, wenn
                                 										auch derselbe auf anderem Wege erlangt werden soll als der Tangensschliff nach
                                 										Patent Schmidt (vgl. 1890 275 530). Es wird in den meisten Fällen das Holz so eingelegt, dass
                                 										die Faserrichtung mit der Drehungsrichtung des Steines übereinstimmt. Dies
                                 										bringt bei solchen Schleifern, welche mit der Mantelfläche arbeiten, unter
                                 										Umständen jene Nachtheile mit sich, wie ich sie an vorbenannter Stelle
                                 										geschildert habe. Diesen Nachtheilen ist nun allerdings ausgewichen, wenn die
                                 										ebenen Steinflächen schleifen. Keineswegs sollen jedoch dabei die sonstigen,
                                 										schon so vielfach erörterten Nachtheile, die 
                                 										z.B. derartigen wagerechten Schleifern anhaften, vergessen werden. Es ist
                                 										sehr fraglich, ob der früher bemerkte günstige Umstand, sowie auch die Gewinnung
                                 										grösserer Schleiffläche hinreichen, die sonstigen Unannehmlichkeiten wett zu
                                 										machen. Doch liegen gerade für wagerechte Schleifer eine Reihe von Neuheiten
                                 										vor, die sämmtlich die bessere Ausnutzung der Schleiffläche bezwecken. So ist zu
                                 										dem 1890 275 533 beschriebenen, Otto Kapp patentirten Holzschleifer von C. F. Haubold in Wernsdorf ein Zusatzpatent (D. R.
                                 										P. Nr. 46362) genommen worden. Während Kapp die
                                 										Schleifkästen durch einen Schaltmechanismus radial verstellen lässt, wird durch
                                 											Haubold die continuirliche radiale Bewegung
                                 										vorgeschlagen. Diese geschieht durch eine ganz ähnliche Einrichtung wie bei Kapp, nur ist statt des Schaltwerkes ein
                                 										Schneckentrieb vorhanden. Es sollen sich nämlich, durch die ruckweise Bewegung
                                 										der Schleifkästen veranlasst, Splitter vom Holze lösen, was dann allerdings
                                 										durch die ruhigere, continuirliche Bewegung vermieden würde.
                              Textabbildung Bd. 285, S. 147Fig. 3.Theuerkorn's Holzschleifmuhle. In dem D. R. P. Nr. 57595 von Otto
                                    											Theuerkorn in Chemnitz ist dieselbe Aufgabe anders gelöst. Da sich
                                 										nämlich bei der Bewegungsumkehr der Schleifkästen doch Späne abspalten sollen,
                                 										wird diese Umkehr ganz allmählich durchgeführt. Nach der Patentschrift ist in
                                 											Fig. 3 eine Skizze der Maschine gegeben. s ist der Stein, auf welchem die Presskästen z, zu einem zusammenhängenden Ganzen durch den Ring
                                 											a verbunden, lasten. In dem Gehäusedeckel b ist eine kreisrunde, gegen die Steinachse c excentrisch gestellte Oeffnung de vorhanden, in welche der Ring a sammt den Kästen z
                                 										passt. Denken wir uns den Stein in Drehung versetzt, so wird vermöge der an
                                 										seiner Oberfläche auftretenden Reibung der Ring a
                                 										drehend mitgenommen. Da dieser aber in dem festen, excentrisch gegen die
                                 										Steinachse liegenden Loch de des Deckels sich
                                 										befindet, wird er sammt den Kästen z eine Bewegung
                                 										gegen den Steinmittelpunkt erhalten. Dabei würde aber ein Abschleifen von Fasern
                                 										nur in geringem Maasse stattfinden, entsprechend der langsamen relativen
                                 										Bewegung zwischen Stein und Holz, so als ob man ein Holzstück auf die
                                 										Steinoberfläche angedrückt in der Richtung von und zu dem Mittelpunkte hin und
                                 										her schieben würde, während der Stein stille steht. Halten wir andererseits den
                                 										Ring a sammt den Kästen z fest, so wird, wie bei jedem anderen, nach ähnlichem System gebauten
                                 										Schleifer, Holzschliff gewonnen werden, nur sind hier die Kästen z nicht in derselben Entfernung vom Mittelpunkt, so
                                 										dass also fast die ganze Steinoberfläche benutzt werden kann. Da wegen der
                                 										unvermeidlichen Ungleichmässigkeit in den Pressendrücken u. dgl. auch der Stein
                                 										ungleich abgenutzt werden kann, so wird die radiale Bewegung doch eingeleitet,
                                 										aber man lässt die excentrische Scheibe nicht einfach vom Steine mitnehmen,
                                 										sondern benutzt Keilräder f, welche in den
                                 										entsprechend gestalteten Umfang von a eingreifen
                                 										und durch Riementrieb mit der Steinwelle c
                                 										verbunden sind, um die Drehungsgeschwindigkeit der excentrischen Scheibe a und damit auch die Bewegung in der Richtung des
                                 										Steinhalbmessers zu regeln. Der Stein ist bei dieser Construction sehr
                                 										vortheilhaft gefasst.
                              Textabbildung Bd. 285, S. 147Fig. 4.Haase's Holzschleifmühle. Wenn wir in Fig. 3 die Scheibe a thatsächlich festlegen, so dass die Schleifkästen
                                 										in verschieden grossen Entfernungen vom Steinmittelpunkte sich befinden, wie es
                                 										auch bei der eben geschehenen Besprechung erwähnt wurde, so erhalten wir die
                                 										durch D. R. P. Nr. 54666 geschützte Holzschleifmaschine von C. Haase in Borstendorf. Dieselbe ist nach der
                                 										Patentschrift in Fig. 4 gezeichnet. Schon auf den
                                 										ersten Blick stellt sich die ganze Anlage als wesentlich einfacher dar als in
                                 											Fig. 3. Die Schleifkästen b sind hier unmittelbar im Deckel fest und kann
                                 										dieser und mit ihm die Schleifkästen nach Bedarf relativ gegen den
                                 										Steinmittelpunkt von Hand aus verstellt werden, indem die Schrauben c gelüftet werden und der Deckel, da die Schrauben
                                 											c sich in langen Schlitzen desselben befinden,
                                 										verschoben wird. Für den praktischen Gebrauch scheint mir diese einfache
                                 										Vorrichtung noch am meisten empfehlenswerth. Auch hier ist der Stein sehr solid
                                 										gehalten.
                              Textabbildung Bd. 285, S. 147Fig. 5.Glauch's Holzschleifmühle. Von L. Plattner in Jenbach wird ein
                                 										Schleifer ohne Presskästen vorgeschlagen. Das Holz soll dabei in Scheiten von
                                 										etwa 1 m Länge durch endlose Ketten dem Steine zugeführt werden. Derselbe muss
                                 										daher ungewöhnlich breit werden. Es ist richtig, dass bei diesem Verfahren 
                                 										ein weitgehendes Spalten und Zerkleinern des Holzes wie für andere
                                 										Schleifer vermieden wird. Doch mag es vorläufig, bevor Genaueres über die
                                 										Detailausführung bekannt ist, wohl noch als zweifelhaft hingestellt werden, ob
                                 										ein genügendes Anpressen des Holzes zur Herstellung von wirklich gutem,
                                 										gleichmässigem, langfaserigem Schliff, wie der Erfinder behauptet, auf so
                                 										einfache Weise möglich ist.
                              Für selbsthätige Holzzuführung in die Pressen der Schleifer hat Th. Glauch das D. R. P. Nr. 56445 erhalten. In der
                                 										nach der Patentschrift beigegebenen Skizze Fig. 5
                                 										erkennen wir, dass dem gut gelagerten wagerechten Stein durch die Pressen d das Holz mittels des Rades a zugeführt werden soll. Von oben fällt das Holz,
                                 										entweder auch selbsthätig durch den Zutheiler c
                                 										gebracht oder durch einen Arbeiter geworfen, zwischen die Arme des Rades a. Dieses wird hier durch Schneckentrieb von der
                                 										Schleifwelle aus langsam angetrieben, soll mit der Unterseite der Arme das Holz
                                 										an den Schleifer pressen und allmählich sich drehend einen neuen Klotz in die
                                 										Presse gleiten lassen. Hierbei mag wohl gefragt werden, wo dann, wenigstens für
                                 										kurze Zeit, der Druck auf das Holz bleibt? Bei dieser Art der Ausführung mit dem
                                 										Antriebe des Rades a von der Schleif welle aus
                                 										scheint es mir ganz unvermeidlich, dass zeitweise eine derartige Entlastung bei
                                 										einer oder der anderen Presse eintritt und so der Stein entschieden einseitig
                                 										gedrückt wird. Wenigstens theilweise könnte dies vermieden werden nach Ansicht
                                 										des Referenten, wenn der Antrieb, ähnlich wie bei so vielen
                                 										Schleiferconstructionen, bei Rad a unabhängig von
                                 										der Schleifwelle z.B. durch Gewichte oder hydraulischen Druck in irgend einer
                                 										Ausführung geschähe. Falls sich dann einmal ein Radarm nicht auf das Holz legt
                                 										und dieses presst, wie gerade nach dem Abwerfen eines Klotzes möglich, so wird
                                 										der selbständige Antrieb von a schon ein rasches
                                 										Nachdrehen desselben bewirken. Allerdings kämen dann möglicher Weise nicht
                                 										unbedeutende Stösse vor.
                              Textabbildung Bd. 285, S. 148Lebelt's Holzschleifer. An die Constructionen, welche einen Ersatz des theueren, unter
                                 										Umständen gefährlichen Schleifsteines erstreben, Ausführungen, auf die ich auch
                                 										in meinen früheren Berichten hingewiesen habe, reiht sich eine neue von Emil Lebelt in Bautzen, für welche Maschine das
                                 										österreichische Privilegium vom 23. Januar 1890 ertheilt worden ist. In der
                                 										Maschine, welche nach dem österreichisch-ungarischen Patentblatt in Fig. 6 und 7 skizzirt ist, haben
                                 										wir den Stein durch die Feilenscheibe A ersetzt,
                                 										welche selbst wagerecht auf der lothrechten Welle B
                                 										festgekeilt ist. Durch diese Feilenscheibe, ein Werkzeug, wie es schon lange
                                 										ganz ähnlich bei dem Centrifugalholländer Kingsland's benutzt wird, ist die Maschine charakterisirt. Wenn wir in
                                 											Fig. 7 diesen
                                 										arbeitenden Theil etwas näher ansehen, so bemerken wir die aus Gusstahl
                                 										hergestellten Feilenstücke H in Abständen im
                                 										Umkreise angeordnet, und sind dieselben durch Schraubenverbindungen lösbar und
                                 										auswechselbar mit der Scheibe A verbunden.
                                 										Aehnlich wie die Steinschärfe, die Quarzkörnchen, werden hier die Feilenzähnchen
                                 										Fasern von dem Holze lösen, welches sich in den wie gewöhnlich angebrachten
                                 										Schleifkästen E befindet und durch deren Thüren P eingelegt werden kann. Wasser vermag durch das
                                 										Ringrohr Q zuzutreten und spült den Schliff in den
                                 										Kasten D mit Thür S,
                                 										von wo er durch das Rohr R abgeleitet wird.
                                 										Vielleicht ist es möglich, hier durch die solide Lagerung der lothrechten Welle
                                 										die unangenehmen Folgen einseitiger Drücke bei wagerechten Schleifern mehr
                                 										hintanzuhalten. Doch scheint einem Stein gegenüber ein entschiedener Nachtheil
                                 										darin zu liegen, dass die arbeitenden Zähne nicht im ganzen Umfange vorhanden
                                 										sind. Doch liesse sich dies ja verbessern, so dass die Holzklötze nicht bald auf
                                 										die hervorragenden Feilen, bald wieder auf die glatten Flächen von A gepresst würden, was nicht ohne ganz merkliche
                                 										Stösse geschehen kann.
                              Textabbildung Bd. 285, S. 148Fig. 8.Bonett's Holzschleife. Nach Ansicht von E. F. Millard in seinem
                                 										amerikanischen Patente Nr. 449586 ist der hohe Druck, welcher bei den Pressen
                                 										der Holzschleifer angewendet wird, Ursache, dass so viel Holz zu weit
                                 										zerkleinert, todt gemahlen wird. Er erhofft von geringerem Drucke, etwa ⅕ des
                                 										bisher angewendeten, ein wesentlich besseres, gleichmässigeres Product. Es mag
                                 										zugegeben werden, dass bei geringerem Drucke die abgelösten Fasern glimpflicher
                                 										behandelt werden, doch wird Holz allein für Papier
                                 										immer ein sehr fragwürdiges Endproduct liefern und ist auch bei geringem Drucke
                                 										nur eine entsprechend kleinere Menge von Stoff in der Zeiteinheit zu
                                 										erwarten.
                              Edwin J. Bonett hat das amerikanische Patent Nr.
                                 										440616 für einen Schleifer erhalten, bei dem der Stein statt mit Wasser mit
                                 										Dampf gespült wird. In der nach der amerikanischen Patentschrift in der Papierzeitung erschienenen Skizze Fig. 8 umgibt den Schleifstein A, an den durch hydraulische Pressen G die Holzklötze B
                                 										gedrückt werden, eine Haube E dichtschliessend. In
                                 										den Zwischenraum zwischen Stein und Haube wird durch die Rohre D, D1 Dampf
                                 										zugeleitet, der dann durch F nach Bedarf abgeleitet
                                 										werden kann. Der Erfinder erhofft von der Benutzung des Dampfes ein geringeres
                                 										Verschmieren des Steines durch 
                                 										das Harz des Holzes, weiter aber auch ein Erweichen des Holzes selbst, so
                                 										dass wohl eine Art schwach gekochter, brauner Holzschliff folgen soll.
                                 										Jedenfalls wird sehr viel auf guten Verschluss gesehen werden müssen,
                                 										insbesondere bei den Pressen, wenn nicht sehr viel Dampf verbraucht werden
                                 										soll.
                              Andere Verfahren, das Holz vor dem Schleifen zu erweichen, ohne die kostspieligen
                                 										Kocher wie für Braunholzschliff zu brauchen, sind von J.
                                    											Robein in Reichshofen und von A. F. Fölle
                                 										in Vienenburg angegeben worden. Man erhält nach beiden Verfahren Producte, die
                                 										in ihrem Werthe zwischen Holzschliff und Cellulose liegen dürften, ähnlich wie
                                 										Braunholzschliff. Nach Robein's D. R. P. Nr. 57538
                                 										werden 3 bis 5 cm dicke Holzscheiben in eine warme Lösung caustischer Soda
                                 										getaucht und dann in eine cementirte Grube geschüttet; dieselbe hat geneigten
                                 										Boden mit einem Abflussrohr und einem gelochten Dampfrohr. Sobald die Grube mit
                                 										Holzstücken fast gefüllt ist, kommt eine Schicht Sägespäne, dann Tücher darüber,
                                 										worauf das Ganze mit Brettern und Steinen beschwert wird und Abdampf, durch das
                                 										Dampfrohr zuströmend, das Holz durch etwa acht Tage dämpft. Mit hinreichend
                                 										Wasser gewaschen, soll das Holz dann im Kollergang zerquetscht und schliesslich
                                 										unter Einwirkung von Kalk bei 5 at Ueberdruck in einem Kocher gar gekocht zu
                                 										braunem Holzschliffe werden.
                              Textabbildung Bd. 285, S. 149Fig. 9.Chelius' Stoffsortirer. Während hier doch noch ein Kocher nothwendig ist, soll nach dem D. R.
                                 										P. Nr. 56107 von A. F. Fölle das zerkleinerte Holz
                                 										nur in einem Kessel kalt bei 5 at Ueberdruck der
                                 										Einwirkung einer Lauge aus Holzasche, Kochsalz, Portlandcement und Wasser durch
                                 										10 bis 12 Stunden ausgesetzt werden. Dadurch soll nach dem Schleifen eine
                                 										hinreichend zähe Faser erhalten werden, um ohne Zellstoff haltbare Pappen
                                 										herstellen zu können.
                              Sogar Nadeln der Nadelhölzer sollen zu Fasermaterial gebildet werden, dessen
                                 										Brauchbarkeit für die Zwecke der Papierfabrikation, so wie die Sache derzeit
                                 										liegt, noch bezweifelt werden mag. Auf Apparaten, welche mit gewissen Maschinen
                                 										der Streichgarnspinnerei auffallende Aehnlichkeit auch in der principiellen
                                 										Einrichtung haben, sollen die Nadeln vorerst gequetscht und gebrochen und dann
                                 										zu einem Faserbande gebildet werden. A. Scott in
                                 										Cronly hat hierfür das D. R. P. Nr. 54228 erlangt.
                              Prof. Mitscherlich ist dem Problem näher getreten,
                                 										Holzabfälle, wie Hobel- und Sägespäne, zu gewerblich brauchbaren Stoffen,
                                 										insbesondere auch aus Sägespänen geeigneten Holzschliff zu machen. Derartige
                                 										holzige Pflanzentheile sollen nach seinem D. R. P. Nr. 57889 mit einer billigen
                                 										concentrirten Salzlösung getränkt und dann sich selbst überlassen werden. Nach
                                 										dem Verdunsten des Wassers ist das Ganze wegen des Krystallisirens des Salzes zu
                                 										einer mehr weniger harten, spröden Masse geworden, die durch Mahlen, Walzen,
                                 										Kollern oder sonst auf geeignete Weise gepulvert und sodann wieder durch
                                 										Auslaugen von den Salzen befreit werden soll. Durch Anwendung des
                                 										Gegenstromsystemes kann der Salzverbrauch sehr her abgedrückt werden.
                              In einer eigenthümlichen Form verwendet C.
                                    											Chelius in Rumbeck ebene Siebe zum Sortiren von Papierstoff nach D. R.
                                 										P. Nr. 50359. Fig. 9 gibt nach der Patentschrift
                                 										eine Zeichnung. Ueber die Walzen A und B, von denen B die
                                 										angetriebene ist, läuft das endlose Sieb S, jedoch
                                 										nicht einfach eben im oberen und unteren Theile, sondern oben zu einer Art
                                 										Siebtrog gebildet. Dies wird erzwungen mittels der geriffelten Walzen C und D, die an ihren Enden konisch gemacht sind,
                                 										sowie durch die schief gestellten Leitrollen E.
                                 										Ganz begreiflich ist es, dass das Sieb dabei sehr angestrengt wird, indem es aus
                                 										dieser geknickten Form unten wieder in die ebene überzugehen hat. Es wird das
                                 										Sieb daher trotz des seitlichen Besatzes mit Gummistreifen wohl bald zu Grunde
                                 										gehen. Dieser Mangel dürfte reichlich die Annehmlichkeit aufwiegen, dass auch
                                 										seitlich ein Durchtreten des Stoffes, ein Sortiren, stattfinden kann. Im
                                 										Uebrigen sei bemerkt, dass der Stoff bei J
                                 										überfallend auf das Sieb gelangt. Der das Sieb durchdringende Theil füllt den
                                 										umgebenden Trog K, aus welchem er bei u überfliesst und durch v abgeleitet wird. Die gröberen Theile werden bis zur Walze B mitgenommen und dort durch ein Spritzrohr oder
                                 										sonst in passender Weise abgenommen und weiter verarbeitet. Eine Rolle F dient zum Spannen und Leiten des Siebes mittels
                                 										der Hebel H und H1, durch welche ein Verschieben der Lager von
                                 											F möglich ist. Hebel H1 kann durch das vorbeistreifende
                                 										Sieb selbst so gestellt werden, dass dasselbe gerade geführt wird.
                              Ohne wesentliche Neuerung scheint der Sortirer mit ebenem Sieb und Saugwirkung
                                 										von Guilford D. Rowell
                                 										nach dem amerikanischen Patent Nr. 457013 zu sein. Lassen wir bei dem 1890 277 181 beschriebenen Eilers'schen Apparate die Auf- und Abbewegung des Bodens statt durch
                                 										Excenter durch schwingende Hebel geschehen, so haben wir die „neue“
                                 										Einrichtung, von der weniger Stösse, was wohl als zweifelhaft anzusehen ist,
                                 										erhofft werden.
                              Zwei rotirende Siebcylinder benutzt nach D. R. P. Nr. 49745 August Thumb in Rattimau. Der innere Cylinder ist
                                 										konisch gemacht, hält nur die gröbsten Theile zurück, welche gegen den weiten
                                 										Theil kollern und dort nach dem Verschieben eines die Achse der Cylinder lose
                                 										umfassenden und geführten Tellers durch eine Oeffnung in der Seitenwand des
                                 										Siebcylinders herausfallen können.
                              Nach dem D. R. P. Nr. 54614 verwendet M. Bässler in
                                 										Zwickau zum Sortiren von Papierstoff die Centrifugalkraft. In Fig. 10 ist b das um
                                 										eine lothrechte Achse sich drehende Sieb im Kasten a. Dem konischen Siebe wird der Stoff aus dem Ringkanale c mittels eines Ueberfalles und des
                                 										Vertheilungsschirmes g zugeführt. Wie aus der
                                 										Zeichnung zu ersehen, gelangt der Stoff im ganzen Umkreise ziemlich gleichmässig
                                 										auf das Sieb. Er strebt, dem Gesetz der Schwere folgend, abwärts, durch
                                 										Nebenwiderstände etwas aufgehalten, und jedenfalls wird die Flüssigkeit gut
                                 										ausgeschleudert. Es scheint aber der Erfinder selbst zu fürchten, dass der Stoff
                                 										nicht im selben Maasse durchgeht, denn er wendet energische Bespritzung 
                                 										durch das Rohr h an, welches viele über die
                                 										ganze Länge vertheilte Spritzlöcher besitzt und auch noch auf und ab gehende
                                 										Bewegung durch Zapfen und Nuth l erhält, um auch
                                 										etwas festgesessenen Stoff abzuwaschen. So sollen endlich alle feineren Theile
                                 										in den Kanal p, die gröberen Theile in den Kanal
                                 											m gelangen, von wo dieselben abgeleitet werden.
                                 										Ob dieser Vorgang jedoch thatsächlich so stattfindet, ob nicht viele feine Theile auch im inneren Raume bleiben –
                                 										diese Frage kann wohl nur durch einen praktischen Versuch gelöst werden.
                              Textabbildung Bd. 285, S. 150Fig. 10.Bässler's Sortirmaschine. Ich entschloss mich, um den wirklichen Vorgang thunlichst nachzuahmen,
                                 										Sägespäne in sehr viel Wasser, sowie einen Blechcylinder von etwa 300 mm
                                 										Durchmesser zu benutzen, der für diesen Versuch jedenfalls genügend weite
                                 										Oeffnungen, nämlich Schlitze von 7 bis 8 mm Weite und ungefähr 75 mm Länge, im
                                 										Umkreise vertheilt, besass. Der Blechcylinder wurde in rasche Drehung versetzt
                                 										und sodann am Rande das Gemenge von Sägespänen und
                                 										Wasser vorsichtig eingegossen. Schon während des Ganges merkte ich das
                                 										Ausspritzen von Feuchtigkeit; nach dem Stillsetzen der Trommel befand sich
                                 										begreiflicher Weise noch Wasser am Boden des Cylinders mit etwas Sägespänen,
                                 										während deren viele an der Wand des Cylinders klebten, trotzdem dieser mit
                                 										Oelfarbe angestrichen war. Aussen herumgespritzte Sägespäne konnte ich nur wenig
                                 										bemerken. Es gelang mir auch nicht, trotzdem ich der Trommel absichtlich Stösse
                                 										während der Drehung ertheilte, die an der Wand klebenden Sägespäne wesentlich
                                 										zum Fortrücken, allenfalls zum Durchfliegen durch die Schlitze zu zwingen, auch
                                 										wenn ich die Späne stark mit Wasser behaftet ganz an den Rand des Schlitzes
                                 										brachte. Ich glaube daraus schliessen zu dürfen, dass für das Sortiren von der Benutzung der Centrifugalkraft in
                                 										der geschilderten Weise nichts Besonderes zu erwarten ist (weil tangential die festen Holztheile nicht durchfliegen
                                 										können), wenn auch durch ein Spritzrohr, also durch Wasser, wie oben erwähnt,
                                 										fortwährend gespült wird und dieses allenfalls
                                 										Stoff nach aussen treibt. Es wird doch hauptsächlich Wasser ausgeschleudert
                                 										werden, so dass ohne das fortwährende Zuführen des Wassers eine Art Trocknung
                                 										des Stoffes geschähe, während der Stoff, nur wenig sortirt, von dem
                                 										nachströmenden Wasser in den inneren Kanal m der
                                 											Fig. 10 abgespült werden wird. Bei grösserem
                                 										Winkel des Siebkegels gegen die Achse könnte meines Erachtens besser sortirt
                                 										werden, man käme aber dann leicht auf unförmliche Ausdehnung.
                              
                           
                              c) Cellulose.
                                 									
                              Für die Herstellung von Zellstoff richtet sich
                                 										erhöhte Aufmerksamkeit auf jene Kocher, welche nach dem Verfahren von Dr. Salomon und Brüngger, worüber schon 1890 276 54 berichtet worden ist, innen mit einer
                                 										Schutzkruste bedeckt sind, so dass das Verbleien oder Ausmauern der Kocher ganz
                                 										entfällt. Diese Schutzkruste, welche sich als Calciummonosulfit erwiesen hat,
                                 										ist nach dem D. R. P. Nr. 50789 dadurch zu erhalten, dass der von aussen geheizte Kocher innen jene Füllung von
                                 										Sulfitlauge, Gyps u. dgl. erhält, wie ich es in meinem früheren Berichte
                                 										angegeben habe. Leider gelang es mir trotz unmittelbaren Ansuchens bei den
                                 										Erfindern nicht, ein Stück jener Kruste zur Beurtheilung zu erhalten. Nach den
                                 										vorliegenden Berichten jedoch sind wenigstens vorerst für Drehkocher, wo die
                                 										Lauge unbedingt überall hingelangen kann, sehr günstige Erfahrungen gemacht
                                 										worden, so dass man wirklich versucht ist, von einer selbsthätigen, richtiger
                                 										von einer selbsterneuernden Kocherauskleidung zu sprechen. Doch ist
                                 										hervorzuheben, dass nur bei ganz bestimmter Laugenzusammensetzung, welche
                                 										begreiflicher Weise geheim gehalten wird, und richtiger Leitung des
                                 										Kochprocesses ein günstiges Resultat zu erhoffen ist. Es sollen dann keine
                                 										grösseren Stücke sich ablösen; auch soll sich die Kruste gleichmässig erhalten.
                                 										Der Wärmeaufwand, zur Heizung von aussen, ist nicht bedeutend; überdies kommt
                                 										derselbe ja auch dem Kochen selbst, wenigstens theilweise, zu gute. Gibt es doch
                                 										so viele Cellulosetechniker, welche unbedingt die Heizung der Kocher von aussen
                                 										vorziehen.
                              Lange zweifelte man, ob dieses Verfahren für stehende, cylindrische Kocher werde
                                 										anwendbar sein. Doch scheinen die bezüglichen Schwierigkeiten überwunden, indem
                                 										von Brüngger selbst in der York Haven Paper Co. in Pennsylvanien nach The
                                    											Paper Mill zwei aufrechtstehende, cylindrische Kocher nach dem
                                 										erwähnten Patente innen verkrustet worden sind. Die Kocher sollen derart
                                 										zufriedenstellend arbeiten, dass für die bedeutenden Fabriken von Pusey und Jones in Wilmington sechs Kocher von
                                 										derselben Art bestellt sind. Auf denselben Gegenstand bezieht sich auch das
                                 										amerikanische Patent Nr. 443924 von Sidney Smith,
                                 										welcher statt der von Salomon und Brüngger gewöhnlich angewendeten Heizung mit
                                 										Dampfmantel eine solche durch directe Feuerung (erhitzte Feuergase)
                                 										empfiehlt.
                              Neben der Salomon und Brüngger'schen Erfindung beansprucht volles Interesse eine
                                 										eigenthümliche Krustenauskleidung von Wilhelm
                                    											Wenzel in Wien. Blei entfällt auch hier vollständig als Schutzmaterial.
                                 										Dabei wird langsam und schichten weise eine etwa 10 cm dicke Einlage auf die
                                 										Kocherwandung gemacht, welche durch ein Gerippe von starken Eisendrähten mehr
                                 										Halt bekommt. Die Zusammensetzung der Masse ist Geheimniss. Doch verlautet, dass
                                 										Cement und Wasserglas wesentliche Bestandtheile derselben bilden. In diese
                                 										Schicht werden eigenthümliche Porzellanplatten, von Lederer und Nesseny in Wien erzeugt, eingebettet und die Fugen mit
                                 										Cement verstrichen. Nach 
                                 										
                                 										Wenzel's Angabe kann etwa am zwölften Arbeitstage
                                 										die erste Kochung gemacht werden. Dabei zeigt sich dann noch bei den absichtlich
                                 										im Kocherbleche zahlreich angebrachten Löchern ein Rinnen oder doch Schwitzen.
                                 										Die Auskleidung muss dann nach der Kochung ausgebessert werden und ist nach etwa
                                 										15 bis 20 Kochungen die Kruste vollständig undurchlässig. Wie bemerkt, wird das
                                 										Kocherinnere damit ausgekleidet, nur die Stutzen werden aus Phosphorbronze
                                 										gemacht, weil sich dieselbe mit der Krustensubstanz innig verbinden soll. Die
                                 										absichtlich offen gelassenen Löcher, Controllöcher, sollen ein allfälliges
                                 										Undichtwerden sofort anzeigen. Für Kocher mit innerer Heizung gewährt diese
                                 										dicke Kruste jedenfalls guten Wärmeschutz, wie auch die Erfahrung zeigt; doch
                                 										ist es wohl fraglich, ob diese Kruste bei Drehkochern geeignet ist, ob dieselbe
                                 										bei solchen nicht während des Kochens zerstört wird und ob deren Gewicht hierbei
                                 										nicht unangenehm empfunden wird. Zu den zahlreich vorliegenden günstigen
                                 										Gutachten ist jedoch zu bemerken, dass nur die besondere Erfahrung und Hingebung
                                 											Wenzel's und seiner Arbeiter gute Erfolge
                                 										erwarten lassen. Ohne diese Erfahrung mag ein Versuch wohl sehr gewagt sein.
                                 										Ganz merkwürdige Aehnlichkeit, um nicht zu sagen Uebereinstimmung, mit Wenzel's Verfahren zeigt nach dem amerikanischen
                                 										Patente Nr. 445235 das von G. F. Russell in
                                 										Lawrence, Mass.
                              Viel Aehnlichkeit mit dem Wenzel'schen Verfahren hat
                                 										auch das österreichisch-ungarische Privilegium vom 19. November 1890, ertheilt
                                 										an Jung und Lindig in Freiburg i. S. Danach soll
                                 										eine schützende Schicht aus Calciumeisensilicat und Calciumsilicat an denjenigen
                                 										Stellen gebildet werden, wo Sulfitlauge hingelangen kann. Der Kocher wird innen
                                 										zur Entfettung und Reinigung mit Natronlauge oder Aehnlichem abgewaschen und
                                 										dann getrocknet. Darauf folgt der Anstrich mit doppeltschwefligsaurem Kalk,
                                 										wodurch sich Calciumeisensulfit bildet. Nach abermaligem Trocknen folgt ein
                                 										Anstrich mit Kali- oder Natronwasserglas, um Calciumeisensilicate zu bilden.
                                 										Darauf kommt eine 1 bis 5 cm starke breiige Schicht aus 30 Th. Calciummonosulfit
                                 										und 50 Th. Wasserglas nebst etwa 100 Th. Chamottemehl, Quarzsand oder
                                 										Aehnlichem; diesen Ueberzug lässt man ruhig erhärten. Beim Kochen erwarten dann
                                 										die Genannten die Bildung von kieselsaurem Kalk, der den Kocher vor den
                                 										Angriffen der Sulfitlauge schützt. Allenfalls kann der Anstrich, wie früher
                                 										beschrieben, einige Male wiederholt werden, um mehrere schützende Schichten zu
                                 										bekommen. Auch Rohre, Ventile u. dgl. sollen ähnlich behandelt werden. Die
                                 										Erfinder erwarten ein gutes Anhaften der Kruste wegen der Vorbehandlung des
                                 										Eisens, sowie auch deshalb, weil der Ausdehnungscoefficient von Eisen und jener
                                 										Masse bis zur fünften Decimalstelle übereinstimmen sollen. Auf elektrolytischem
                                 										Wege können Sprünge und Risse, welche schliesslich doch entstehen, unschädlich
                                 										gemacht werden, indem sich die Zersetzungsproducte der Füllung gerade an jenen
                                 										Stellen absetzen sollen, nachdem dieselben im leeren Kocher mit Wasserglaslösung
                                 										bestrichen wurden. Viel einfacher scheint jedenfalls das Salomon und Brüngger'sche Verfahren zu sein.
                              Ohne jeden Schutz werden Kocher von der Desoxidized Metal
                                    											Company in Bridgeport, Nordamerika, vorgeschlagen. Aus Eisen können
                                 										solche Kocher nicht sein, weil dieselben von der Säure zu stark angegriffen
                                 										würden. Nach dem österreichisch-ungarischen Privilegium vom 1. Mai 1890
                                 										sollen dieselben aus nicht angreifbarer Bronze, frei von Oxyden und
                                 										Oxydulen, hergestellt werden. Solche Bronze soll erhalten werden, indem in
                                 										geschmolzenes Kupfer, das mit thierischem Horn sorgfältig bedeckt ist, Zinn
                                 										eingetragen wird, bis das Verhältniss von 1 Th. Zinn auf 9 Th. Kupfer erreicht
                                 										ist. Die Kocher, welche nur aus gegossenen und dann zusammengeschraubten Theilen
                                 										bestehen und sich im Ganzen von schon bekannten Formen nicht unterscheiden,
                                 										müssen wohl erst erprobt werden. Sichere Erfahrungen liegen darüber nicht vor.
                                 										Ob nicht der jedenfalls sehr hohe Preis solcher Kocher ein bedeutendes
                                 										Hinderniss für die Einführung derselben ist, mag dahingestellt bleiben. Kommen
                                 										wirklich wenig Corrosionen vor, so wird allerdings gegenüber dem Bleifutter viel
                                 										Zeit mit dem Ausbessern gespart.
                              
                                 
                                    (Fortsetzung folgt.)