| Titel: | Ueber Fortschritte in der Spiritusfabrikation. | 
| Fundstelle: | Band 285, Jahrgang 1892, S. 204 | 
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                        Ueber Fortschritte in der
                           								Spiritusfabrikation.
                        (Patentklasse 6. Fortsetzung des Berichtes S. 161
                           								d. Bd.)
                        Ueber Fortschritte in der Spiritusfabrikation.
                        
                     
                        
                           I. Rohmaterialien und Malz.
                           Ueber Kartoffelcultur liegen mehrere Arbeiten vor, von
                              									denen wir zunächst den Bericht über die Anbauversuche der
                                 										deutschen Kartoffelculturstation im J. 1891 erwähnen, welchen der Vorsteher
                              									der Station, C. v. Eckenbrecher, in der Zeitschrift für Spiritusindustrie, Bd. 15
                              									Ergänzungsheft S. 38, veröffentlicht. Im Gegensatze zu früher gelangte diesmal neben
                              									Kunstdünger auch Stalldünger zur Anwendung. Das in Folge der schlechten Witterung
                              									für das Wachsthum der Kartoffel sehr ungünstige Jahr bot eine willkommene
                              									Gelegenheit, um die neueren Züchtungen auf ihre Widerstandsfähigkeit gegen
                              									Witterungseinflüsse und gegen die Krankheit zu prüfen. Es zeigte sich, dass eine
                              									ganze Anzahl von Varietäten im Stande war, auch in schlechten Jahren hohe Erträge zu
                              									liefern. So bewährten sich von den schon mehrmals geprüften Sorten auch im J. 1891
                              									wiederum gut: Richter's Imperator, Simson, Blaue
                              									Riesen; von den neuesten Züchtungen von Paulsen und Richter zeichneten sich besonders aus: Athene, Fürst
                              									von Lippe, Minister v. Lucius und Saxonia.
                           An derselben Stelle, S. 76, theilt F. Heine die Resultate seiner vergleichenden Anbauversuche mit
                                 										verschiedenen Kartoffelsorten im J. 1891 mit.
                           Weiter berichtet Märcker daselbst S. 14 über die Bedingungen des Anbaues der neuen
                                 										Kartoffelsorten. Bei den Anbauversuchen der Kartoffelculturstation haben
                              									einzelne Sorten ganz enorm hohe Erträge ergeben, so z.B. Blaue Riesen in einem Falle
                              									43480 k Kartoffeln auf den Hektar. Die Leistungen der einzelnen Sorten an
                              									verschiedenen Versuchsstellen sind aber nicht gleichartige, denn es wurden von
                              									Blauen Riesen an einem anderen Orte nur 16800 k geerntet. Diese Verschiedenheit
                              									führt der Verfasser darauf zurück, dass die ertragreichen Sorten sehr hohe Ansprüche
                              									an den Nährstoffgehalt des Bodens machen. Die hohe Ertragsfähigkeit der neueren
                              									Sorten kann daher auch nur dann voll zur Ausnutzung kommen, wenn durch
                              									aussergewöhnlich hohe Düngung für die Zufuhr genügender Nährstoffen engen Sorge
                              									getragen wird. Eine Ernte von 43480 k Kartoffeln entzieht dem Boden 200 k Stickstoff
                              									und 290 k Kali, und es ist klar, dass nur in den seltensten Fällen ein Boden im
                              									Stande sein wird, diese grossen Mengen herzugeben, dass es vielmehr einer
                              									reichlichen Zufuhr durch die Düngung bedürfen wird. Dass aber auch von einem an
                              									Nährstoffen armen Boden hohe Erträge durch starke Düngung erzielt werden können,
                              									lehren die Erfolge, welche Schultz-Lupitz aufzuweisen
                              									hat. Der Verfasser schlägt vor, im nächsten Jahre bei den ertragreichen Sorten 
                              									Versuche mit extrem hohen Gaben an Düngemitteln auszuführen, bei welchen neben
                              									Stalldünger und 40 bis 50 k Phosphorsäure 800 k Chilisalpeter und 1500 k Kainit
                              									finden Hektar zur Anwendung kommen müssten, und zwar zu verschiedenen Zeiten, theils
                              									im Herbst, theils im Frühjahr, und endlich auch als Kopfdüngung. Es wäre wohl
                              									möglich, dass eine so starke Düngung eine erhebliche Schädigung in der Qualität
                              									bewirkte, aber versuchen müsste man es trotzdem, denn man kann die Fähigkeiten der
                              									ertragreichen Varietäten nur dadurch erweitern, dass man ihnen die Nährstoffmengen
                              									gibt, auf welche sie Anspruch haben; sonst können sie nicht gedeihen. Auf einen
                              									zweiten Vortrag Märcker's, ebendaselbst S. 22, über den volkswirthschaftlichen Werth der Kartoffeln
                                 										verarbeitenden Industrien, können wir hier nur aufmerksam machen.
                           Untersuchungen über den Mais der Ernte 1891
                              									veröffentlicht Otto Reinke in der Zeitschrift für Spiritusindustrie, Bd. 15 S. 104. Es
                              									wurden folgende Extreme beobachtet:
                           
                              
                                 
                                 Wasser
                                 Stärkemehl
                                 
                                 
                              
                                 Pferdezahnmais
                                 13,75 bis 18,53
                                 61,69 bis 63,30
                                 Proc.
                                 
                              
                                 Europäischer Mais
                                 14,28 bis 21,05
                                 54,72 bis 63,80
                                 „
                                 
                              
                                 Mischung
                                 16,52 bis 18,21
                                 61,00 bis 62,40
                                 „
                                 
                              
                           Besonders bei dem europäischen Mais waren die Schwankungen im Stärkegehalt nicht
                              									allein durch den verschiedenen Wassergehalt bedingt, denn der auf Trockensubstanz
                              									berechnete Stärkegehalt zeigte hier Schwankungen zwischen 68 bis 76 Proc., während
                              									beim Pferdezahnmais mit etwa 74 Proc. Stärke in der Trockensubstanz nur geringe
                              									Schwankungen beobachtet wurden. Bei ersteren Maissorten muss der Reifegrad ein sehr
                              									verschiedenartiger gewesen sein. Auch in Bezug auf die hellere oder dunklere Farbe
                              									der Maischen zeigten sich grosse Unterschiede.
                           Ueber die Ergebnisse der Preisbewerbung zur Herstellung des
                                 										besten Malzes berichtet Hayduck in der Zeitschrift für Spiritusindustrie, Bd. 15
                              									Ergänzungsheft S. 28. Es waren 26 Malze aus Gerste, 10 aus Gerste und Hafer und ein
                              									reines Hafermalz eingegangen. Die Untersuchung erstreckte sich auf die Bestimmung
                              									der diastatischen Kraft, die Ermittelung des Hektolitergewichtes, der Korngrösse,
                              									des Gehaltes an Gesammt- und an in Wasser löslichem Stickstoff und des Gehaltes an
                              									in Wasser löslichen Stoffen überhaupt. Die Resultate dieser Prüfungen in Verbindung
                              									mit den Angaben über die Herstellung des Malzes ergaben im Wesentlichen Folgendes:
                              									1) Das diastatische Vermögen war sehr verschieden, am geringsten bei den Malzen aus
                              									Hafer oder Hafer und Gerste, woraus folgen würde, dass der Diastasegehalt des
                              									Hafermalzes im Allgemeinen weit geringer ist, als der des Gerstenmalzes. Die in der
                              									Praxis mit Hafermalz vielfach gemachten günstigen Beobachtungen müssen also einen
                              									anderen Grund haben; nach Ansicht Delbrück's findet
                              									vielleicht eine günstige Einwirkung auf die Hefe statt. 2) Ausser der Keimfähigkeit
                              									ist die Schwere des Kornes von Einfluss auf die diastatische Wirkung des Malzes;
                              									leichte Gersten geben ein wirksameres Malz. 3) Mit steigendem Gehalt der Gerste an
                              									Gesammtstickstoff sowohl wie an löslichem Stickstoff nimmt die diastatische Kraft
                              									des Malzes zu. Die Versuche bestätigten in dieser Beziehung also den von Lintner schon lange vermutheten und später von ihm und
                              									auch von Behrend nachgewiesenen Zusammenhang zwischen
                              									der diastatischen Kraft des Malzes und dem Gehalte der Gerste an
                              									Stickstoffverbindungen. 4) Die diastasereichsten Malze waren diejenigen, bei
                              									denen der Blattkeim die Länge des Kornes nicht übertraf. Mit aus wachsendem
                              									Blattkeim nahm die diastatische Wirkung der Malze ab. 5) Bei der Entwickelung der
                              									Wurzelkeime dagegen kommt es nicht auf die Länge derselben an, sondern auf den
                              									Gehalt der Wurzelkeime an Trockensubstanz. Mit zunehmendem Gehalte der
                              									Malzkeimtrockensubstanz wächst die diastatische Wirkung der Malze. 6) Die Menge der
                              									stickstoffreien Extractstoffe im Malze steht in keiner Beziehung zur diastatischen
                              									Wirkung. Eine solche Beziehung besteht nur zwischen den in Wasser löslichen
                              									stickstoffhaltigen Stoffen des Malzes. 7) Ein bestes Mälzungsverfahren liess sich
                              									nicht feststellen, mehr als das Verfahren kommt die Auswahl des Malzgutes in
                              									Betracht. Mit gutem Malzgut lässt sich nach den verschiedensten Verfahren ein gutes
                              									Malz gewinnen; im Allgemeinen wird das Verfahren in jedem Falle der Beschaffenheit
                              									des Malzgutes anzupassen sein. Bis zu einer gewissen Grenze kann die diastatische
                              									Kraft des Malzes auch durch ein rationelles Mälzereiverfahren erhöht werden.
                           
                        
                           II. Dämpfen und Maischen.
                           Vorschläge zur Anreicherung der Maismaischen mit
                                 										stickstoffhaltigen Hefenährstoffen werden in der Zeitschrift für Spiritusindustrie, Bd. 15 S. 26, gemacht. Während die
                              									Kartoffeln etwa ⅘, ihres Stickstoffes in Form von löslichen Verbindungen enthalten,
                              									und zwar zum grossen Theil in Form der als Hefenährstoffe anerkannt gut wirkenden
                              									Amide, bestehen die stickstoffhaltigen Körper des Mais fast ausschliesslich aus
                              									Eiweisstoffen, von denen nur ein geringer Theil löslich ist. Durch das Dämpfen
                              									findet nun zwar eine Bildung von Amidverbindungen statt; die Menge derselben ist
                              									jedoch zur Ernährung der Hefe in concentrirten Maischen nicht ausreichend, und
                              									hierin erblickt man eine wesentliche Ursache für die Schwierigkeiten, welche sich
                              									der Vergährung concentrirter Maismaischen entgegenstellen. Man pflegt daher, wenn
                              									man Maismaische zur Hefebereitung verwendet, derselben etwas Roggenschrot zur
                              									Erhöhung des Stickstoffgehaltes zuzusetzen. Dasselbe Mittel kommt in Betracht, wenn
                              									man die Hauptmaischen mit Stickstoff bereichern will, und der Verfasser empfiehlt
                              									einen Zusatz von etwa 50 k Roggenschrot oder noch besser von Roggenmalz während des
                              									Einmaischens für einen Bottich von mittlerer Grösse. Als ein weiteres Mittel wird
                              									das Zumaischen von Kartoffeln in Vorschlag gebracht, jedoch in dem Sinne, dass es
                              									sich dabei nicht um eine Bereicherung der Maische an Stärke, sondern lediglich um
                              									die Zuführung von geeigneten Hefenährstoffen handelt. Zu diesem Zwecke bringe man
                              									für jede Maischung 100 bis 150 k Kartoffeln mit dem Mais zusammen in das im
                              									Henzedämpfer befindliche Wasser und dämpfe den Mais ganz wie gewöhnlich; die
                              									Aufschliessung des Stärkemehles in den Kartoffeln wird dabei immerhin auch noch eine
                              									einigermaassen befriedigende sein. Endlich wird für den gedachten Zweck auf die
                              									Verwendung der Lupinen hingewiesen, welche schon an sich nicht unerhebliche Mengen
                              									löslicher Stickstoffverbindungen enthalten, deren Menge nach Untersuchungen von Behrend durch das Dämpfen noch erheblich vermehrt wird,
                              									so dass die Lupinen zur Anreicherung der Maischen an stickstoffhaltigen
                              									Hefenährstoffen sehr geeignet erscheinen. Man versuche einen Zusatz von 50 bis 100 k
                              									Lupinen für jede Maischung und 
                              									dämpfe dieselben gleichzeitig mit dem Mais. Eine Schädigung der Schlampe durch
                              									die Lupinen ist nicht zu befürchten, da die in denselben etwa vorhandenen Giftstoffe
                              									durch das Dämpfen zerstört werden. Auf die Zuführung von Hefenährstoffen durch die
                              									Lupinen ist vielleicht die mehrfach bei Verarbeitung derselben behauptete Erhöhung
                              									der Alkoholausbeute zurückzuführen, da die Lupinen an sich, weil sie kein Stärkemehl
                              									enthalten, direct zur Erhöhung der Ausbeute nicht beitragen können. – An derselben
                              									Stelle S. 42 berichtet Mann über Versuche, welche er,
                              									angeregt durch obige Vorschläge, mit Lupinen und
                                 										Lupinenmalz ausgeführt hat. Die Mehrausbeute von Mais wurde jedoch nur
                              									unerheblich, etwa um 782 Literprocent, gesteigert, so dass der Verfasser dem
                              									Zumaischen von Lupinen kein grosses Gewicht beilegt. Dagegen hält er die Anwendung
                              									von Lupinenmalz unter Umständen für zweckmässig zur Ersparung von Gerstenmalz. Man
                              									kann die Lupinen mit der Gerste gleichzeitig mälzen, nur müssen sie, da 30 Stunden
                              									Quellzeit ausreichend sind, später als die Gerste in den Quellstock gegeben
                              									werden.
                           
                        
                           III. Gährung und Hefe.
                           Die Bedingungen, welche Gährflüssigkeiten erfüllen müssen,
                                 										damit Fluorverbindungen in ihnen die grösste Wirkung ausüben, hat J. Effront studirt. Wie bekannt, ist die Wirkung der
                              									Fluoride eine doppelte: sie wirken einmal als Antiseptica, andererseits üben sie
                              									einen directen Einfluss auf das Protoplasma der Hefezellen aus, und der Verfasser
                              									hatte schon bei seinen früheren Untersuchungen gefunden, dass in einem bestimmten
                              									Nährmedium eine bestimmte Menge von Fluoriden eine bestimmte Wirkung auf die
                              									Fermente und auf die Hefe ausübt, und dass diese Wirkung sich ändert, sobald das
                              									Nährmedium eine Aenderung erfährt. Die jetzigen Versuche, durch welche diese
                              									Verhältnisse näher erforscht werden sollten, ergaben im Wesentlichen Folgendes:
                           1) Für die antiseptische Wirkung der Fluoride kommt in
                              									erster Reihe der Säuregehalt der Maischen in Frage. In einer neutralen oder
                              									alkalischen Würze zeigen die Fluoride, ebenso wie die Flussäure, fast gar keine
                              									Wirkung, diese beginnt erst, sobald die Würze schwach sauer ist, und steigert sich
                              									mit zunehmendem Säuregehalt der Würze. So beobachtete Effront z.B. die Entwickelung von Milchsäurebakterien in einer neutralen
                              									oder alkalischen Maische noch bei Gegenwart von 50 bis 100 mg Fluoriden, während in einer Brennereimaische schon 3 bis 6 mg, in einer
                              									Maische, deren Säuregehalt einem Gehalt von 3 g Schwefelsäure für 1 l entspricht,
                              									sogar schon 0,5 bis 1 mg Fluoride genügten, um die Entwickelung der Fermente zu
                              									hemmen oder sogar vollständig aufzuhalten. Ausser dem Säuregehalt ist auch die
                              									Temperatur von Einfluss auf die Stärke der antiseptischen Wirkung. Die günstigste
                              									Temperatur zur Erzielung der höchsten Wirkung liegt zwischen 50 und 60°, doch hat
                              									die Temperatur insofern eine mehr nebensächliche Bedeutung, als man mit grösseren
                              									Fluorgaben bei 30° dasselbe erreichen kann, wie mit kleineren Gaben bei 60°.
                           2) Bezüglich der Einwirkung der Fluoride auf das Protoplasma
                                 										der Hefezellen spielt die chemische Zusammensetzung des Nährmediums die
                              									Hauptrolle. In reinen Zuckerlösungen; wirkt das Fluor schon in Gaben von 6 mg
                              									Fluorverbindungen auf 100 cc Flüssigkeit schädlich auf die Hefe, sowohl
                              									bezüglich der Gestalt der Hefezellen, als auch der Alkoholproduction, in Malzwürzen
                              									dagegen steigern die Fluoride sehr deutlich das Wachsthum der Hefezellen und ihr
                              									Gährvermögen. Diese Verschiedenheit wird durch die Abwesenheit bezieh. Gegenwart von
                              									Hefenährstoffen bedingt. Vergleichende Versuche darüber, ob dabei die Gesammtheit
                              									der Nährstoffe oder hauptsächlich nur einer und in diesem Falle welcher in Frage
                              									kommt, führten zu dem Resultat, dass es die Phosphate und namentlich das
                              									Kaliumphosphat ist, welches die Wirkung der Fluoride auf die Hefe regulirt. Eine
                              									Zuckerlösung, welche keine Phosphate enthält, vergährt ohne Fluoride besser als mit
                              									denselben, sind aber Phosphate zugegen, so verhält sich dieselbe Zuckerlösung gerade
                              									entgegengesetzt. Ein besonderes Interesse hat der Einfluss der Phosphate auf die
                              									Wirkung der Fluoride bei der Gährung der Melasse. Man hat hier die Fluoride schon
                              									vielfach angewendet und bei richtiger Anwendung sehr befriedigende Resultate
                              									erhalten. Die Erfahrung hat aber gelehrt, dass die Anwendung mit grosser Umsicht
                              									geschehen muss und dass man bestimmte Grenzen nicht überschreiten darf, ohne sich
                              									einer Verlangsamung oder einem Aufhören der Gährung auszusetzen. Effront führte Versuche mit Melasse aus unter Zugabe
                              									wechselnder Mengen von Natriumphosphat und Fluorammonium, deren Ergebniss folgendes
                              									war: Phosphat allein in Gaben von 0 bis 80 mg war ohne Einfluss auf die Ausbeute an
                              									Alkohol. Fluorid allein in Gaben von 2 mg steigerte die Ausbeute, während 4 und 6 mg
                              									sowohl die Ausbeute verminderten, wie auch die Vergährung verschlechterten. Dagegen
                              									wurde bei gleichzeitiger Anwendung von Phosphat und Fluorid die Ausbeute gesteigert,
                              									und zwar bei 6 mg Fluorid die höchste Ausbeute und beste Vergährung unter allen
                              									Versuchen erzielt. Die Versuche zeigen demnach, wie die Wirkung der Fluoride durch
                              									die Phosphate begünstigt wird, und zwar tritt diese Wirkung sowohl, wie auch
                              									diejenige der Fluoride um so mehr hervor, je geringer die Menge der angewandten Hefe
                              									war, eine schon früher von Effront u.a. gemachte
                              									Beobachtung. Andere Versuche, welche mit sterilisirter Melasse unter Anwendung von
                              									spaltpilzfreier Reinhefe ausgeführt wurden, bei denen also eine antiseptische
                              									Wirkung der Fluoride nicht in Frage kam, zeigten ebenfalls, dass wenn Fluor nicht
                              									als Antisepticum wirkt, es die Gährung jedesmal verzögert, wo es sich nicht in
                              									Gegenwart von Phosphaten befindet, dass dagegen die Vergährung und Ausbeute
                              									gesteigert wird, sobald die Flüssigkeit reich an Phosphaten ist. – Auch die Wirkung
                              									der Fluoride auf die Hefe wird durch den Säuregehalt der Würze beeinflusst.
                              									Versuche, welche mit Milchsäure in dieser Richtung ausgeführt wurden, ergaben, dass
                              									die Hefevermehrung und Alkohol ausbeute um so mehr durch die Flussäure eingeschränkt
                              									wird, je höher der Säuregehalt der Würze ist. (Nach Moniteur
                                 										scientifique Quesneville, Februarheft 1892 S. 81.)
                           Ueber die Erzielung reiner Gährungen unter Verwendung von
                                 										spaltpilzfreien reinen Heferassen und Pilzgiften berichtet Delbrück nach Untersuchungen von Matthes, Lafar und Hanow
                              									in der Zeitschrift für Spiritusindustrie, Bd. 15
                              									Ergänzungsheft S. 24. Die Arbeiten von Märcker, Cluss
                              									und Schuppan gaben dem Verfasser Veranlassung, die
                              									Wirkung der verschiedenen Antiseptica nochmals eingehend studiren zu lassen. Neben
                              									Flussäure und schwefliger Säure 
                              									wurde noch Milchsäure verwendet, theils allein, theils in Verbindung mit den
                              									beiden anderen. Zu den ersten Versuchen diente eine Würze aus Darrmalz oder aus
                              									Maismaischen hergestellt. Durch die Zusätze wurde der Ertrag an Alkohol erheblich
                              									gesteigert, und zwar bei der Darrmalzwürze am meisten durch die Milchsäure, am
                              									wenigsten durch die Flussäure, die schweflige Säure stand in der Mitte. Bei der
                              									Maiswürze gaben alle drei Antiseptica die gleiche Ertragserhöhung. Diese Resultate
                              									differirten also erheblich mit den von Märcker
                              									erhaltenen. Es wurden nun dieselben Versuche statt mit Würze mit Maische wiederholt,
                              									also mit einer träberhaltigen Flüssigkeit, und hier war das Resultat gerade das
                              									umgekehrte, denn es wurden erhalten: ohne Zusatz 10 Proc. Alkohol, mit Milchsäure
                              									10,6 Proc. mit schwefliger Säure 11,4 Proc. mit Flussäure 12,4 Proc. Auf Grund
                              									dieser Resultate erkennt der Verfasser an, dass in Maischen die Flussäure das
                              									stärkere Pilzgift ist und dass die Ansicht Märcker's,
                              									die Flussäure habe für die Praxis eine höhere Bedeutung als die schweflige Säure,
                              									zutreffen. Das verschiedene Verhalten der Antiseptica einerseits in Würzen,
                              									andererseits in Maischen erklärt der Verfasser damit, dass die Würze weniger
                              									inficirt ist, indem ein Theil der Spaltpilze von den Trabern zurückgehalten werde.
                              									In der weniger inficirten Würze vermag daher schon die Milchsäure der Hefe
                              									genügenden Schutz zu gewähren, und da sie die Hefe am wenigsten schädigt, gibt sie
                              									hier die höchsten Erträge; für die stärker inficirte Maische dagegen reicht die
                              									antiseptische Wirkung der Milchsäure zur Tödtung der Spaltpilze nicht mehr aus,
                              									daher ist hier die Flussäure als das am energischsten wirkende Pilzgift
                              									überlegen.
                           In einer anderen Versuchsreihe wurde spaltpilzfreie Reinhefe verwendet und zum
                              									Vergleiche gewöhnliche Hefe unter Zusatz von Flussäure und etwas Milchsäure. Bei
                              									Anwendung von Würze ergab die Reinhefe einen um 0,6 Proc. höheren Ertrag als die
                              									Flussäure, dagegen war in der Maische wieder das Umgekehrte der Fall, hier zeigte
                              									sich die Flussäure der Reinhefe um 1,8 Proc. überlegen. Verschiedene Beobachtungen
                              									deuteten darauf hin, dass auch die Maischtemperatur schon eine pilztödtende Wirkung
                              									ausübt in der Art, dass dadurch zwar die Spaltpilze nicht vollständig abgetödtet,
                              									aber doch so weit geschwächt werden, dass, sofern eine spaltpilzfreie Hefe dazu
                              									kommt, diese die Spaltpilze nicht aufkommen lässt. Es wurden daher die obigen
                              									Versuche sowohl mit Würze, wie mit Maische wiederholt, einmal bei einer
                              									Maischtemperatur von 65°, dann bei einer solchen von 58,75°, die Reinhefe wurde
                              									dabei noch durch Zusatz von Milchsäure unterstützt. Die Resultate waren
                              									folgende:
                           
                              
                                 
                                 Würze
                                 Maische
                                 
                                 
                                 
                              
                                 
                                 65°
                                 58,75°
                                 65°
                                 58,75°
                                 
                                 
                                 
                              
                                 Ohne Zusatz
                                   9,6
                                 10,8
                                   9,5
                                 11,2
                                 Proc.
                                 Alkohol
                                 
                              
                                 Mit Flussäure
                                 10,5
                                 12,1
                                 11,0
                                 12,8
                                 „
                                 „
                                 
                              
                                 Mit Reinhefe
                                 10,4
                                 11,1
                                 11,5
                                 12,1
                                 „
                                 „
                                 
                              
                           Bei der niederen Temperatur war also die Flussäure sowohl in der Würze, wie in der
                              									Maische der Reinhefe überlegen, bei der hohen Temperatur war diese Ueberlegenheit in
                              									der Würze nur noch sehr gering und in der Maische gab die Reinhefe das höchste
                              									Resultat. Es folgt also daraus, dass die Reinhefe nur dann im Stande ist, eine reine
                              									Gährung zu vollziehen, wenn eine ausreichend hohe Maischtemperatur, welche eine
                              									pilztödtende Wirkung auszuüben vermag, gewährt wird. Zu diesem Behufe muss man
                              									an die möglichst oberste Grenze herangehen.
                           In der Praxis stehen nun drei Concurrenzverfahren einander gegenüber. Zunächst das
                              									alte, bewährte Verfahren, das charakterisirt ist durch die Anwendung des lebenden
                              									und thätigen Milchsäurepilzes als Schutz für die Hefe, welches sichere und hohe
                              									Erträge gibt, aber zur Ausführung tüchtiger, geschulter Brennereiverwalter bedarf.
                              									In Concurrenz tritt damit das Flussäureverfahren, welches als kritischen Punkt den
                              									hat, dass es die Krankheiten der Brennerei durch das einfachste Mittel, einfach
                              									durch Zuführung eines Pilzgiftes, beseitigt, und welches unter ungünstigen Umständen
                              									das alte Verfahren schlägt, unter günstigen Umständen nicht. Als drittes komme in
                              									Betracht die Anwendung der reinen Heferassen, unter Abtödtung der Spaltpilze mittels
                              									Maischtemperatur und Ausscheidung auch des Milchsäurepilzes aus der
                              									Kunsthefebereitung mittels Wiederanwärmens des Hefegutes nach der Säuerung. Welcher
                              									der drei Concurrenten endgültig das Feld behaupten werde, müsse die Praxis lehren
                              									und könne wohl erst nach Jahren entschieden werden. Bestehen bleibe aber auf alle
                              									Fälle die Nothwendigkeit, bestimmte, für die Brennerei geeignete Heferassen zu
                              									verwenden. Denn selbst wenn die Flussäure schliesslich den Sieg davontragen würde,
                              									so ist in Bezug auf die Reinhefe doch zu beachten, dass dieselbe nicht nur eine von
                              									Spaltpilzen freie, sondern auch eine in sich reine Rasse darstellt und dass es
                              									festgestellt ist, dass in den deutschen Brennereien zahlreiche Varietäten von Hefen
                              									geführt werden, von denen die einen geeignet, die anderen ungeeignet sind, eine
                              									vollkommene Vergährung zu erzielen. Das zu beseitigen und dafür eine dauernd
                              									leistungsfähige Heferasse einzuführen, ist die Aufgabe, welche sich die bereits im
                              									Betriebe befindliche Hefereinzuchtanstalt des Vereins gestellt hat.
                           Im Anschlusse hieran weist Cluss an derselben Stelle S.
                              									28 darauf hin, dass auch die Reinhefe leicht inficirt werden könne, dass man
                              									dieselbe aber durch einen kleinen Zusatz von Flussäure schützen könne, worauf auch
                              										Delbrück ein Zusammengehen des Flussäureverfahrens
                              									mit der Reinhefe für sehr möglich hält. Ferner weist Cluss auf die Möglichkeit hin, dass die Flussäure ihren physiologischen
                              									Einfluss auf die Hefe auch bei der reinen Hefe geltend machen könnte.
                           Endlich berichten Cluss und Delbrück übereinstimmend, dass sie mit dem Verfahren mit Schwefelkohlenstoff keine Erfolge haben erzielen
                              									können. Cluss beobachtete gar keine Ertragserhöhung,
                              									wohl aber eine Schädigung der Qualität des Spiritus. Auch Hesse und Schindke haben keine bessere
                              									Ausbeute mit diesem Verfahren erzielt (Zeitschrift für
                                 										Spiritusindustrie, Bd. 15 S. 1).
                           Wie ist eine geringe Mehrausbeute an Alkohol im
                                 										Brennereiverfahren festzustellen? Findet eine Nachaufschliessung von Stärke
                                 										während der Gährung statt? Diese Fragen erörtert Delbrück in der Zeitschrift für
                                 										Spiritusindustrie, Bd. 15 S. 95. Der Verfasser hält es für sehr schwer,
                              									wenn nicht unmöglich, kleine Differenzen von etwa 0,2 Proc. vom Maischraum noch mit
                              									Sicherheit nachzuweisen. Den besten Anhalt gibt noch der Alkoholfactor, d.h. die
                              									Zahl, welche besagt, wie viel Alkohol von 1 Proc. vergohrener Saccharometeranzeige
                              									gewonnen sind. Zur Feststellung dieser Zahl muss man die Saccharometeranzeige in der
                              									süssen und in 
                              									der vergohrenen Maische und den Alkoholgehalt bestimmen. Aber auch diese
                              									Methode ist nur verwendbar zum Vergleiche an Maischen, welche auf genau gleiche
                              									Weise hergestellt sind, da Aenderung der Rohmaterialien, des Dämpfprocesses und
                              									besonders der Maischmethode grosse Differenzen hervorbringen. Eine grosse Rolle
                              									dabei spielt auch die Nachaufschliessung der Stärke während der Gährung, welche
                              									Verfasser bei seinen im vorigen Referate mitgetheilten Versuchen mit Würze
                              									nachgewiesen hat. Die Saccharometeranzeige in der trüben und in der ganz klar
                              									filtrirten Würze zeigte Unterschiede von 2 bis 3 Proc. und nur bei Zugrundelegung
                              									der in der trüben Würze ermittelten Zahl erhielt man richtige Werthe für den
                              									Alkoholfactor. Es ist kein Zweifel, dass die ganze Menge der in der trüben Würze
                              									vorhandenen Stärkekörnchen während der Gährung gelöst worden ist.
                           Versuche über die Wirkung von Flussäure und
                                 										unterschwefligsaurem (? der Ref.) Kalk auf die
                              									Gährung von Melassemaischen theilen Kraul und Wilkening in der Zeitschrift
                                 										für angewandte Chemie, 1892 S. 112, mit. Bei den Versuchen, bei welchen
                              									absichtlich abnorme, nicht frische Hefen verwendet wurden, zeigten beide Antiseptica
                              									eine conservirende, die Ausbeute erhöhende Wirkung. Bei normalen Verhältnissen trat
                              									die gährungshemmende Wirkung hervor und nur in einem Falle ergab auch hier die
                              									Flusssäure eine höhere Ausbeute. Die Versuche sollen mit Reinhefe wieder aufgenommen
                              									werden.
                           Schlinke hat Hefe unter Zusatz
                                 										von Flussäure ohne Milchsäure gezüchtet und diese Hefe mit gutem Erfolg für
                              									die Spirituserzeugung verwendet. (Zeitschrift für
                                 										Spiritusindustrie, Bd. 15 S. 96.)
                           Ein Hefeverfahren zur Uebergehung der todten Punkte bei der
                                 										Kunsthefebereitung beschreibt Johann Ernst
                                 										Brauer in der Zeitschrift für
                                 										Spiritusindustrie, Bd. 15 S. 2. Das Vorstellen findet nicht mit süsser
                              									Maische, sondern mit saurem Hefegut statt. Muttereimer zur Aufbewahrung der Hefe
                              									werden bei dem Verfahren überflüssig. Die todten Punkte werden in folgender Weise
                              									übergangen. Das Kühlen des Hefegutes wird bei 50° begonnen und energisch und schnell
                              									über die schädlichen Temperaturen von 30 bis 34° hinweggeführt. Bei 31,3° erfolgt
                              									die Anstellung der Hefe, so dass diese bei den günstigen Temperaturen sogleich ihre
                              									volle Function aufnimmt und auch durch die starke Angährung bei der Abkühlung auf
                              									11,3 bis 12,5° fortsetzt. Bei diesen niederen Temperaturen sind etwa eingeschleppte
                              									Bakterien wenig lebensfähig, vielmehr werden dieselben von der bereits stark
                              									entwickelten Hefe unterdrückt. Die Hefe enthält zwar äusserst geringe Säuremengen,
                              									die Säure ist aber sehr rein. An derselben Stelle S. 17 berichtet Gohr günstig über dieses Verfahren, ebenso über ein
                              									anderes Verfahren, welches er jetzt verwendet und bei welchem die von Delbrück vorgeschlagene Andämpfungsmethode in Anwendung
                              									kommt.
                           Die Einführung der Reinhefe in die Brennerei hat mit
                              									Eröffnung der von dem Verein der Spiritusfabrikanten Deutschlands errichteten
                              									Hefereinzuchtanstalt ein allgemeines praktisches Interesse gewonnen. Delbrück veröffentlicht in der Zeitschrift für Spiritusindustrie, Bd. 15 S. 41, 49, 71, 79, 87 und 88,
                              									eine Reihe von darauf bezüglichen Abhandlungen, denen wir hier das Folgende
                              									entnehmen. Die Hefereinzuchtanstalt bezweckt, die Reinhefe schnell und in grossem
                              									Umfange in Deutschland einzubürgern, um durch Versuchsanstellung im grössten
                              									Maasstabe ein endgültiges Urtheil über den Nutzen, welchen die Reinhefe gewähren
                              									kann, zu gewinnen. Die Anlage ist so ausgeführt, dass täglich bis 125 k Reinhefe
                              									hergestellt werden, wodurch es möglich gemacht ist, das Kilo Reinhefe zum Preise von
                              									5 M. abzugeben.
                           
                              
                                 (Fortsetzung folgt.)