| Titel: | Mitnehmereinrichtung für maschinelle Streckenförderung. | 
| Fundstelle: | Band 285, Jahrgang 1892, S. 252 | 
| Download: | XML | 
                     
                        Mitnehmereinrichtung für maschinelle
                           								Streckenförderung.
                        Mit Abbildungen.
                        Mitnehmereinrichtung für maschinelle Streckenförderung.
                        
                     
                        
                           Der dem Bergwerksdirector Stolz in Salzbrunn unter Nr.
                              									64124 patentirte Mitnehmer für maschinelle Streckenförderung, deren
                              									Anfertigungsrecht der Wilhelmshütte, Actiengesellschaft
                              									für Maschinenbau und Eisengiesserei in Eulau und Waldenburg in Schlesien, übertragen
                              									worden ist, dürfte in Verbindung mit dem vom Erfinder verbesserten Systeme der
                              									maschinellen Streckenförderung mit schwebendem Seil ohne EndeVgl. die Abhandlung von Stolz:
                                    											„Die neue Förder- und Verladeeinrichtung auf den G. v. Kramsta'schen Gruben bei Konradsthal in
                                       												Niederschlesien“ Bd. 39 S. 75 u. ff. der Zeitschrift für das Berg-, Hütten- und Salinenwesen im preussischen
                                       												Staate., geeignet erscheinen, die bisher fast allgemein
                              									angewendeten Kettenförderungen zu verdrängen und dem Bergbau grosse Summen in der
                              									Anlage und im Betriebe von maschinellen Streckenförderungen zu ersparen, wie aus den
                              									Veröffentlichungen in Nr. 93 Jahrg. 1891 der berg- und hüttenmännischen Zeitung Glückauf in Essen hervorgeht.
                           Während beispielsweise die als Muster geltenden Kettenförderungen der fiscalischen
                              									Steinkohlengrube von der Heydt bei Saarbrücken, und
                              									zwar diejenige im Burbachstollen für das Meter Förderstrecke 45,5 M., diejenige im
                              										von der Heydtstollen 25,4 M. Anlagekosten
                              									verursachten, stellten sich die Anlagekosten der Seilförderung auf Davidgrube bei
                              									Conradsthal auf nur 7,3 M. für das Meter.
                           Die reinen Förderkosten betragen bei der Kettenförderung im Burbachstollen 3,2 Pfg.
                              									für die Kilometer-Tonne, bei derjenigen im von der Heydtstollen 2,5 Pfg. für die
                              									Kilometer-Tonne, während sie bei der Seilförderung der Davidgrube, welche bis jetzt
                              									kaum zur Hälfte ausgenutzt wird, und die gegenwärtig das ungefähre Förderquantum
                              									des Burbachstollens und etwa ⅓ des von der Heydtstollens bewältigt, nur 2,096
                              									Pfg. für die Kilometer-Tonne betragen. Es werden also auf Davidgrube gegen die
                              									Kettenförderung im Burbachstollen 34,5 Proc., gegen diejenige im von der
                              									Heydtstollen 16,16 Proc. an reinen Betriebskosten und mit Rücksicht auf Verzinsung
                              									und Amortisation des Anlagekapitals gegen die Kettenförderung im Burbachstollen
                              									56,25 Proc. und gegen diejenige im von der Heydtstollen 19 Proc. erspart.
                           Im Hinblicke darauf, dass, soweit bekannt, alle anderen im Betriebe befindlichen
                              									Kettenförderungen theurer arbeiten als die erwähnten im von der Heydtstollen und
                              									Burbachstollen, kann es keinem Zweifel unterliegen, dass in Zukunft die Kette dem
                              									Seile bei der maschinellen Streckenförderung den Vorrang einräumen muss.
                           Mit Zunahme der Schachttiefen und der Ausdehnung der Grubenbaue steigern sich die
                              									Schwierigkeiten bei Verwendung von Ketten erheblich, während das Seil bequem in die
                              									entlegenen Grubenabtheilungen geführt werden kann.
                           In den Brüxer Braunkohlengruben dient das ursprünglich nur zur Förderung bestimmte
                              									Seil ohne Ende heute gleichzeitig mehreren Zwecken; man schaltet je nach Bedarf eine
                              									Zweigförderstrecke, eine Pumpe, einen Förderhaspel,
                              									einen Ventilator u.s.w. ohne Schwierigkeit und besondere Vorrichtungen in das
                              									Förderseil ein und benutzt somit letzteres nebenbei zur Kraftübertragung.
                           Wenn trotzdem die Kettenförderungen bisher beliebter sind als die Förderungen mit
                              									Seil, so liegt dies hauptsächsich in der grossen Bequemlichkeit, welche die
                              									Kettenförderungen bieten, und sodann daran, dass ein zweckentsprechendes Seilschloss
                              									gefehlt hat.
                           In wagerechten Strecken werden die Fördergefässe von der schweren Kette ohne Gabel
                              									mitgenommen und beim Durchfahren von Curven ist kaum Aufsicht nöthig, da der auf die
                              									doppelte schiefe Ebene gebrachte Wagen selbsthätig die Curven durchläuft und sich
                              									dann freiwillig wieder unter die Kette zum Weitertransport begibt. Anders ist dies
                              									bei den Seilförderungen. Hier muss immer eine feste Verbindung zwischen Fördergefäss
                              									und Seil meist durch Handarbeit erfolgen, was theuer ist und wodurch die Seile
                              									erheblich abgenutzt werden. Das Durchfahren von Curven bedingt besondere
                              									Vorrichtungen, da ein selbsthätiges Durchfahren von Curven mit schwebendem Seil ohne
                              									Ende nach dem Muster von Kettenförderungen ohne eine andere Vorrichtung, als Heben
                              									und Ablenken des Seiles, bisher nicht erreicht worden ist.
                           Der Stolz'sche Apparat bewirkt das Lösen des
                              									Fördergefässes vom Seile, das freie Durchfahren der Curven oder eingeschaltener
                              									Anschlagspunkte und das Wiederanschlagen des Wagens an das Seil am Ende der Curven
                              									ohne menschliche Beihilfe, selbsthätig. Der Verschluss
                              									zwischen Wagen und Seil, welches glatt ist und keine Seilknoten besitzt, wird dabei
                              									gleichzeitig um so fester, je grösser die Last bezieh. die zu überwindenden
                              									Steigungen oder das Gefälle werden.
                           Das in den Fig. 1 bis
                              										6 dargestellte
                              									Seilschloss besteht aus folgenden Theilen:
                           Die mit dem Fördergefässe in feste Verbindung zu bringende Stütze aa1 oder aa2
                              									a3 trägt in gewünschter
                              									Höhe über der oberen Wagenkante den Bund b und darüber
                              									den herzförmigen Stein d. Zwischen b und d befindet sich
                              									leicht drehbar um a der Ausleger e ee1 mit den
                              									Ausfräsungen f
                              									
                              									und f1 und dem
                              									gebogenen Zinken g. Der auf e ruhende Körper h besitzt zwei in f und f1 eingreifende Nasen i
                              									und k und endigt in dem geschweiften Zinken m, welcher dem Zinken g
                              									gegenübersteht und mit letzterem einen der zu verwendenden Seilstärke entsprechenden
                              									Spalt bildet. Der Körper h ist herzförmig
                              									ausgeschnitten und nimmt den Stein d auf, dessen
                              									vordere Ecken v und v1 durch die Spiralfeder l in immerwährender Berührung mit der Fläche w des Körpers h erhalten werden. Die
                              									Deckplatte n mit Schraube o schliesst den Mechanismus nach oben ab.
                           Die Wirkung des Apparates ist folgende: Das zwischen den Zinken g und m niedersinkende
                              									Betriebsseil legt sich auf den Ausleger e und bewirkt
                              									durch Reibung sofort eine Bewegung des letzteren in der Richtung des Seilzuges.
                              									Hierdurch wird durch die Nasen i und k ebenfalls der Körper h
                              									um den festen Stein d gedreht, wodurch in Folge der
                              									vorspringenden Winkel v oder v1 gleichzeitig eine Verschiebung des
                              									Körpers h auf e und
                              									dadurch eine Verengerung des Seilspaltes zwischen g und
                              										m stattfinden muss.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 285, S. 253
                              Mitnehmer für maschinelle Streckenförderung.
                              
                           Hierbei wird das Seil festgeklemmt und gleichzeitig etwas
                              									geknickt.
                           Soll das Seil gelöst und aus den Zinken entfernt werden, so ist nur ein Zurückführen
                              									des Auslegers e in die Normalstellung erforderlich, was
                              									das Seil dadurch selbsthätig ausführt, dass man die Förderwagen den Scheitelpunkt
                              									einer doppelten schiefen Ebene oder im Gefälle eine Bremse passiren lässt, unter
                              									gleichzeitiger Hochführung des Förderseiles. Sobald nämlich der Scheitelpunkt oder
                              									die Bremse überschritten werden, nimmt der Förderwagen mit dem Seilschlosse eine
                              									grössere Geschwindigkeit als das Seil an, wobei der Ausleger e mit h in die Normalstellung geführt, der
                              									Spalt gm aber durch die Feder l geöffnet wird und nunmehr das Seil, vom Drucke befreit, leicht
                              									herausspringt.
                           Das Seilschloss ist doppelt wirkend, weshalb es in Steigung oder Gefälle mit gleicher
                              									Zuverlässigkeit wirkt, auch Uebergänge der Förderbahnen in Steigung oder Gefälle
                              									werden sofort von ihm aufgenommen, so dass sich ein einmal angeschlagener Wagen von
                              									dem betreffenden Seilpunkte nicht entfernt.
                           Die Drehung des Seilschlosses ist beschränkt und beträgt nach jeder Richtung
                              									etwa 12° bei gleichzeitiger Verengerung des Zinkenspaltes gm um etwa 5 mm. In dieser geringen Drehbarkeit liegt die Bedingung für
                              									das selbsthätige Durchfahren starker Curven. Der Ausleger e wird vor dem Herausspringen des Seiles stets in die Normalstellung
                              									zurückgeführt. Durch die Stösse beim Durchfahren der Curven kann der Ausleger aber
                              									niemals so erheblich hiervon abgelenkt werden, dass das Betriebsseil nicht mehr von
                              									den seitwärts gebogenen Zinken erfasst würde. Das Seil wird stets in dem Spalte
                              									niedersinken und dadurch von neuem den Schluss des Apparates bewirken. – Das Schloss
                              									versagt nicht und hat sich schon seit Monaten praktisch bewährt.
                           In der grossen Verschiebbarkeit des Zinkens g gegen m liegt das Schutzmittel gegen die Abnutzung der
                              									gleitenden Theile des Körpers h an den Winkeln des
                              									Steines d und der Zinken g
                              									und m. Da letztere in ihrem unteren Theile 0,5 bis 1 mm
                              									weiter entfernt sind, als die Seilstärke beträgt, so kann eine Abnutzung der
                              									gleitenden Theile bis zu 4 mm eintreten – wozu eine sehr lange Zeit erforderlich ist
                              									– ehe ein Versagen eintritt.
                           Alle Theile des Schlosses sind leicht auswechselbar.
                           Durch die vereinigte Anwendung der Seilförderung und des Seilschlosses erzielt man
                              									somit die Bequemlichkeit der Kettenförderungen und hat gegen letztere die Billigkeit
                              									der Anlagen und der Betriebskosten voraus. Die letzteren werden sich sogar gegen die
                              									bisher erzielten noch durch die verminderte Bedienung bezieh. Wartung in den Curven
                              									ermässigen lassen, so dass selbst der Umbau von Kettenförderungen in Seilförderungen
                              									als wirthschaftlich angesehen werden wird.
                           Die Wilhelmshütte in Waldenburg in Schlesien baut
                              									Seilförderungen nach dem von Stolz verbesserten System
                              									und hat, wie Eingangs erwähnt, das Recht der Anfertigung und der Licenzertheilung
                              									des patentirten Seilschlosses erworben.