| Titel: | Ueber die Fortschritte der Photographie und der photomechanischen Druckverfahren. | 
| Autor: | J. M. Eder, E. Valenta | 
| Fundstelle: | Band 285, Jahrgang 1892, S. 278 | 
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                        Ueber die Fortschritte der Photographie und der
                           								photomechanischen Druckverfahren.
                        Von Dr. J. M. Eder und
                           									E. Valenta.
                           							
                        Mit Abbildungen.
                        Ueber die Fortschritte der Photographie und der photomechanischen
                           								Druckverfahren.
                        
                     
                        
                           Photographie mit der Lochcamera.
                           Die Bedingungen, unter denen man mit Hilfe der Lochcamera scharfe Bilder erhalten
                              									kann, erläutert Lord Raleigh. Die von Lommel gefundene Entwickelung des Problems der Beugung
                              									der Lichtstrahlen durch eine kleine kreisrunde Oeffnung diente ihm als Ausgangspunkt
                              									für seine Betrachtungen, doch muss in Betracht gezogen werden, dass die von Lommel gefundenen Beziehungen nicht ohne weiteres auf
                              									die Lochcamera angewendet werden können, weil man bei der photographischen Wirkung
                              									den durch eine Verkleinerung der Oeffnung bewirkten Intensitätsverlust durch eine
                              									Verlängerung der Expositionszeit wieder ausgleichen kann.
                           Die vortheilhafteste Grösse der Oeffnung ergibt sich nach den Untersuchungen Raleigh's aus folgender Gleichung:
                           r2= λf bis r2
                              									=½ λ
                           für Landschaftsaufnahmen, wobei r
                              									der Durchmesser der Oeffnung, f der Abstand derselben
                              									von der Platte und λ die Wellenlänge des Lichtes
                              									ist.
                           Hierzu muss bemerkt werden, dass ein Loch vom Radius r,
                              									als beugende Oeffnung für einen unendlich entfernten Lichtpunkt benutzt, in der
                              									Entfernung f=\frac{v^2}{\lambda} das erste Intensitätsmaximum
                              									erzeugt. (Beibl. zu den Annal. d. Phys.u. Chem., 1891
                              									S. 562.)
                           
                        
                           Photographische Objective.
                           Eine übersichtliche Darstellung der gebräuchlichsten Objective der neuesten Zeit gibt
                              										Eder (Die photographischen
                                 										Objective, ihre Eigenschaften und Prüfung, 1891, Knapp, Halle a. d. S.). –
                              									Die Firma Görz brachte verschiedene neue Objective in
                              									den Handel, von denen das sogen. Choroskop eine
                              									einfache Landschaftslinse mit Momentverschluss ist, welche den bescheidenen
                              									Anforderungen der Amateurphotographen bei billigem Preise genügen wird.
                           Die Linse ist ein Meniscus, nach dem Typus der französischen Chevalier'schen Linse aus Flint- und Crownglas gefertigt, welcher Typus
                              									den neueren Landschaftslinsen überhaupt zu Grunde liegt.
                           Die Görz'schen Rapid-Paraplanate haben die Form der Aplanate und bei einer Oeffnung von
                              										\frac{f}{8} einen Gesichtsfeldwinkel von etwa 80°. Die
                              									Helligkeit genügt für alle Zwecke der Amateurphotographie und können die Paraplanate
                              									auch zu Momentaufnahmen benutzt werden. Der Preis ist ein billiger. (Eder's Jahrbuch, 1892 S. 94.)
                           Die Einführung der neuen Jenenser Glassorten in die
                              									photographische Optik hat namentlich bezüglich Herstellung von Landschaftsaplanaten
                              									und Weitwinkelinstrumenten bedeutende Fortschritte hervorgerufen. So benutzt die
                              									bekannte Firma Steinheil's Söhne in München diese
                              									Gläser zur Herstellung ihrer ausgezeichneten Antiplanete und Aplanate, J. Voigtländer zur Herstellung seiner vortrefflicher
                              									Euryskope; Zeiss in Jena erzeugt unter Benutzung dieses
                              									Glases seine Anastigmat-Weitwinkelinstrumente, welche
                              									sich durch besondere Lichtstärke auszeichnen.
                           Swift in London erzeugte ein unter dem Namen Rapid-Paragon-Lens im Handel erscheinendes Objectiv,
                              									welches jedoch nichts anderes ist als die Steinheil'sche Aplanatenconstruction.
                           Durch Verwendung der oben angeführten Glassorten und auch dadurch, dass er einen oder
                              									beide Bestandtheile der Objective aus dreifachen Gläsern verkittet, wurde es Steinheil in München möglich, Aplanate für
                              									Specialzwecke zu erzeugen, welche den rigorosesten Anforderungen entsprechen.
                           Aehnliche Instrumente stellt Ernst Grundlach in
                              									Rochester her, dieselben sind eine Vereinigung von zwei 
                              									Triple-Meniscen zu einem Objective, welches der genannte Optiker unter dem
                              									Namen Rectigraph oder Perigraph in den Handel bringt. (Photogr.
                                 										Herold, August 1891.)
                           Dr. Miethe in Potsdam construirte ein neues telephotographisches Objectiv. Dasselbe besteht aus
                              									einer Sammellinse, welche von einem entfernten Objecte ein Bild gibt, das dann durch
                              									eine Zerstreuungslinse entsprechend vergrössert wird. Ein mit diesem Instrumente,
                              									das einen sehr geringen Cameraauszug (28 bis 55 cm) bedingt, hergestelltes Bild
                              									entspricht bezüglich seiner Grösse demjenigen, das unter sonst gleichen Umständen
                              									nur mit Hilfe eines Objectives von 2,4 m Brennweite erhalten werden könnte. Auch Steinheil in München und Dallmeyer in London führten (1891) solche „Teleobjective“ aus.
                           Als ein sehr erfreulicher Fortschritt muss die mehr und mehr um sich greifende
                              									Verwendung des Aluminiums zur Herstellung von Objectivfassungen bezeichnet werden,
                              									indem das Gewicht der Objective durch die Verwendung des Aluminiums auf die Hälfte
                              									herabgedrückt wurde, was für den Reisenden, der eine photographische Ausrüstung mit
                              									sich führt, gewiss angenehm sein dürfte. Derartige Objective werden in Oesterreich
                              									von der Firma Fritsch in Wien in sehr netter Ausführung
                              									in den Handel gebracht.
                           Ueber die Messung des Winkels, welchen ein Objectiv umfasst, schreibt Soret. (Eder's Jahrbuch,
                              									1892 S. 29.)
                           Ueber die sphärische Aberration von photographischen
                                 										Linsen liegt ein längerer Aufsatz von Dallmeyer vor. (The photogr. News, 1891 S.
                              									652.)
                           Dr. Kämpfer erörtert in ausführlicher Weise die Lichtstärke photographischer Objective in Beziehung zu
                                 										den übrigen Eigenschaften derselben.
                           Nachdem die Lichtstärke eines Objectives proportional dem Quadrate der relativen
                              									Oeffnung erklärt wird, zeigt Verfasser, dass eine andere sehr wesentliche
                              									Eigenschaft der Objective, die Tiefe, umgekehrt
                              									proportional der relativen Oeffnung ist, daher auch unabänderlich von der
                              									Lichtstärke bestimmt wird. Zwei Objective von gleicher Lichtstärke haben also auch
                              									immer dieselbe Tiefe; endlich ist die Tiefe dem Quadrate der Vergrösserung umgekehrt
                              									proportional.
                           Unabhängig von der Lichtstärke ist der Achromatismus und die sogen. Mittelschärfe.
                              									Jedes Objectiv muss achromatisch sein und in der Mitte des Gesichtsfeldes ein
                              									scharfes Bild geben.
                           Die übrigen Eigenschaften der Objective stehen zu der Lichtstärke im Gegensatze; je
                              									grösser dieselbe wird, um so mehr nimmt das brauchbare Bildfeld, die Ebenheit und
                              									Tiefe ab. Zwei wesentliche Eigenschaften scheinen bei den lichtstarken Objectiven
                              									besser erreicht zu werden, als bei den lichtschwächeren: die gleichförmige
                              									Beleuchtung des Bildfeldes und die Aufhebung des Astigmatismus. Doch scheint dies
                              									wesentlich in dem Umstände zu liegen, als die letzteren Objective meist einen
                              									grösseren Gesichtsfeldwinkel besitzen, in Folge dessen hier viel schiefere
                              									Strahlenbündel zur Wirkung gelangen. (Photogr.
                                 										Mittheil., Bd. 27 S. 302.)
                           Für die Zwecke der Spectralanalyse werden von Tompson
                              									Prismen aus Flusspath verwendet, welcher Körper auch von Zeiss zur Herstellung von Objectiven für mikrophoto-graphische Zwecke
                              									angewandt wird. (Beibl. zu den Annal. d. Phys.u. Chem.,
                              									1891 S. 512.)
                           
                        
                           Photographische Cameras und Momentverschlüsse.
                           Die Zahl der sogen. Detectivcameras, welche in den Handel gebracht werden, steigert
                              									sich von Jahr zu Jahr. Da diese Apparate hauptsächlich den Zwecken der Amateure
                              									dienen sollen, verlangt man von ihnen in erster Linie, dass sie ein gewisses Gewicht
                              									nicht überschreiten, ferner handsam gebaut sind und gute scharfe Bilder geben,
                              									welche eine etwaige 2- bis 3malige Vergrösserung zulassen.
                           Die ganz billigen derartigen Apparate entsprechen insbesondere der letzten Bedingung
                              									insofern nicht, als sie, wie dies ja nicht anders möglich ist, häufig mit einer
                              									einfachen Linse als Objectiv, im besten Falle aber mit einem Objective von
                              									zweifelhafter Güte versehen sind.
                           Eine gute Construction von Detectivcameras bringt Steinheil in München in den Handel. Diese Camera entspricht der obigen
                              									Bedingungen vollkommen. Sie zeigt mit 12 Platten (Format 9 × 12) beschickt ein
                              									geringes Gewicht, gestattet ein leichtes Wechseln der Platten mit Hilfe einer
                              									einfachen Wechselvorrichtung (Wechselsack), ist mit dem Steinheil'schen Momentverschlusse, welcher gut und sicher functionirt, und
                              									einem vorzüglichen Objective versehen und erlaubt sowohl Hoch-, als Querbilder
                              									aufzunehmen. (Vgl. Eder's Jahrbuch, 1892 S. 340.)
                           Eine Detectivcamera, welche sehr befriedigende Resultate gibt und dabei sehr
                              									compendiös gebaut ist, wird von Dr. Krügener unter dem
                              									Namen „Courir“ in mehreren Grössen in den Handel
                              									gebracht. Diese Camera lässt sich sowohl für Doppelcassetten, als auch für
                              									Wechselcassetten und für die beliebten Eastmann'schen
                              									Rollcassetten verwenden. Der Momentverschluss ist ein automatischer, welcher durch
                              									einen Druck auf eine Kautschukbirne zur Wirkung gebracht wird.
                           Lumière in Lyon construirte eine sehr sinnreiche
                              									Magazincamera, bei welcher das Wechseln der Platten in der Weise erfolgt, dass die
                              									belichtete Platte, welche auf Stiften im Inneren der Camera aufgehängt ist, durch
                              									Drehen von zwei eingekerbten Scheiben gehoben wird, worauf sie durch ihre eigene
                              									Schwere in ein am Boden der Camera befindliches Magazin gleitet.
                           Eine ähnliche Vorrichtung zeigt „Murers Express Newness“, eine sehr kleine billige Detectivcamera,
                              									welche statt eines Objectives eine einfache Linse enthält.
                           Die als vorzüglich bekannten Detectivcameras „Kodak“, welche von der Eastman
                                 										Compagny erzeugt werden, wurden in der Weise verbessert, dass die neuesten
                              									Apparate einen besseren Momentverschluss erhielten.
                           Von neueren Momentverschlüssen soll hier der von Monti in Paris erzeugte erwähnt werden. Dieser
                              									Verschluss, welcher in der Weise wirkt, dass eine dreiflügelige Scheibe mit Hilfe
                              									eines Metallstiftes, der durch pneumatischen Druck gehoben, ausgelöst wird und vor
                              									der Objectivöffnung rotirt, ist einfach und empfehlenswerth. Der pneumatische Druck
                              									wird mit Hilfe eines kleinen Apparates; Propulseur
                              									genannt, hervorgebracht, welcher aus einem Metallcylinder mit luftdicht
                              									schliessendem Kolben und darunter befindlicher Feder besteht, welche, wenn durch
                              									einen Druck auf einen Knopf ausgelöst wird, den Kolben rasch vorwärts bewegt, und so
                              									den pneumatischen Druck hervorruft, welcher mit Hilfe eines Kautschukschlauches und
                              									Säckchens auf den Auslösestift übertragen wird.
                           Ein sehr handsamer einfacher Momentverschluss wird von E.
                                 										Bachmann in Breslau beschrieben.
                           
                           Unter dem Namen Lancaster See-Saw-Verschluss kommt
                              									ein Momentverschluss in den Handel, dessen Princip zwei an einander vorbeigleitende
                              									durchlochte Scheiben darstellen.
                           Vorrichtungen, welche ein Wechseln der Platten an der Camera gestatten, sogen. Wechselcassetten, kommen stets mehr in Gebrauch. Solche
                              									Cassetten, welche eine grössere Anzahl Platten oder Films enthalten und sehr
                              									praktisch sind, wurden von R. Schreiner,
                                 										Grundmann-Zaspel u.a. construirt. Die Grundmann'sche Wechselcassette fasst 12 Platten oder Films in Blechrahmen
                              									und es wird hier durch einfaches Verschieben eines sogen. Jalousieschiebers das
                              									Wechseln besorgt, indem man die belichtete Platte in einen an der Cassette
                              									befindlichen Sack schiebt, so dass beim Zurückschieben der Jalousie eine neue Platte
                              									von der in der Cassette befindlichen Feder an Stelle der belichteten gebracht werden
                              									kann.
                           Damoizeau construirte einen interessanten Apparat für Panoramaaufnahmen; derselbe gestattet die
                              									Aufnahme des ganzen Horizontes von 360° und werden hierzu eigene Films verwendet.
                              										(Bul. Soc. franç., Photogr. Corresp., 1891 S.
                              									183.)
                           Bezüglich der näheren eingehenden Beschreibung der neuesten photographischen Apparate
                              									verweisen wir auf Eder's Werk: Die photographische Camera und die Apparate zu Momentaufnahmen, Halle a.
                              									d. S., Knapp, von welchem demnächst eine neue Auflage erscheint.
                           
                        
                           Verwendung der Photographie zu wissenschaftlichen
                              									Zwecken.
                           Zur Herstellung von Wolkenphotographien, insbesondere
                              									dort, wo es sich um Wiedergabe feiner Wolkengebilde handelt, wurde von R. Neuhauss die Anwendung von
                              									Erythrosinbromsilbergelatineplatten bei gleichzeitiger Anwendung des Zettnow'schen Kupferchromfilters empfohlen. (Phot. Nachr., 1891 S. 725.)
                           Man kann auch Wolken mit gewöhnlichen Bromsilberplatten deutlich photographiren, wenn
                              									man einen schwarzen Glasspiegel benutzt; da der blaue Himmel eine grosse Menge
                              									polarisirten Lichtes aussendet, die weissen Wolken aber nicht, so kann man (bei
                              									richtiger Stellung des Spiegels) jenes polarisirte Licht abschneiden (Clayden, Riggenbach. Eders Jahrb. f. 1892, S. 320.)
                           J. Sachse in Berwyn, Pennsylvanien, benutzte die
                              									Photographie, um unter Zuhilfenahme von Magnesiumblitzlicht schnell aufblühende
                              									Pflanzen (Cereusblüthen) zu studiren, indem er diese Blüthen von 15 zu 15 Minuten
                              									photographirte. (Eder's Jahrb. f. 1892, S. 63.)
                           Momentphotographien zum Zwecke des Studiums der Bewegungen
                                 										von Menschen und Thieren machte Muybridge.
                              									Derselbe gab ein grosses Tafelwerk: Die Bewegungen von
                                 										Menschen und Thieren (1891) heraus und liegen hierbei Serien- oder
                              									Reihenaufnahmen vor.
                           Die Momentcamera, mit welcher Muybridge arbeitete, ist
                              									durch Scheidewände in 13 Abtheilungen getheilt, deren jede mit einem Objective
                              									ausgerüstet ist. Diese Objective stehen in einer wagerechten Reihe neben einander;
                              									12 derselben sind zur Aufnahme, das 13. dagegen ist zum Einstellen bestimmt. Die
                              									Momentverschlüsse sind mit starken Gummibändern versehene Fallbrettchen, welche nach
                              									einander ausgelöst werden. Diese Auslösung geschieht mittels eines elektrischen
                              									Unterbrechungsrades, welches die Contacte der einzelnen Verschlüsse in gleichen
                              									Zeitintervallen öffnet. Solche „Camerabatterien“ benutzte Muybridge meist drei, welche von drei Seiten des zu
                              									photographirenden Menschen oder Thieres aufgestellt waren. (Photogr. Nachr., 1891 S. 171.)
                           Sehr sinnreich construirt ist der Apparat von Marey,
                              									welcher von ihm Chronophotograph genannt wird. (Vgl.
                              										Bull. Assoc. Belge de Photogr., December 1891.)
                           Bei demselben gelangen biegsame Films, welche sich abwickeln, statt photographischer
                              									Platten zur Verwendung. Dieselben wickeln sich von den Spulen ab und bleiben während
                              									der Belichtung (Momentaufnahme) kurze Zeit ruhig. Der Apparat fixirt die auf
                              									einander folgenden Phasen der Bewegung unter Umständen in weniger als 1/25000
                              									Secunde.
                           Edison construirte einen Apparat Kinetograph, welcher, eine Verbindung des Phonographen mit einer Art
                              									Schnellseher, dazu dienen soll, uns eine Oper u. dgl. nicht nur durch das Gehör,
                              									sondern auch das Gesicht ohne Mitwirkung der Schauspieler zu reproduciren, indem die
                              									Bilder in scheinbarer Bewegung auf eine Wand projicirt werden und der Phonograph
                              									zugleich den Text liefert.
                           O. Anschütz in Lissa macht seine Momentaufnahmen mit 18
                              									bis 24 neben einander aufgestellten Apparaten aus einer Entfernung von ungefähr 30 m
                              									und ist dadurch im Stande, die Aufstellung der Apparate ganz der Verschiedenheit der
                              									Vorwärtsbewegung anzupassen. Seine Aufnahmen sind schärfer als jene von Muybridge. (Photogr.
                                 										Nachr., 1891 S. 247.)
                           Einen Serienapparat beschreibt auch Kohlrausch, doch ist
                              									derselbe für Vorwärtsbewegungen nicht zu verwenden. (O.
                                 										Anschütz, Photogr. Nachr., 1891 S. 249.)
                           Das Problem, photographische Bilder zu telegraphiren,
                              									versuchte unter anderen Sirvin zu lösen. Der Genannte
                              									verwendet als Aufnahmsapparat eine mit einem lichtstarken Objective versehene
                              									Camera, bei welcher an Stelle der Mattscheibe eine in den Stromkreis eingeschaltete
                              									Selenzelle sich befindet, welche letztere, wie bekannt, die Eigenschaft besitzt, den
                              									Leitungswiderstand und damit die Stromstärke zu verändern, je nachdem mehr oder
                              									weniger Licht auf sie einfällt. Die Selenzelle ist auf einer mit einem kleinen Loche
                              									versehenen Metallplatte montirt, welches Loch rasch geschlossen und geöffnet werden
                              									kann, und so angeordnet, dass sie die Bildfläche in einer gewissen Zeit von rechts
                              									nach links durchläuft. Hierbei entstehen, je nach der Stärke der Beleuchtung der
                              									einzelnen Punkte des Bildes, im Stromkreise verschiedene Aenderungen der
                              									Stromstärke, welche Aenderungen in dem complicirt gebauten Empfangsapparate dazu
                              									verwendet werden, verschiedene Drehungen eines eine Flüssigkeitssäule passirenden
                              									Strahlenbüschels von polarisirtem Lichte zu bewirken, welche Drehungen wiederum mit
                              									Hilfe einer einfachen physikalischen Vorrichtung in Variationen der Helligkeit des
                              									austretenden Strahles umgesetzt werden. Diese verschiedenen Helligkeiten sollen nun
                              									im eigentlichen Empfangsapparate dazu verwendet werden, ein mosaikartiges Bild
                              									herzustellen. (Rev. suisse, Juli 1891.)
                           
                        
                           Photogrammetrie.
                           Auf dem Gebiete der Photogrammetrie (Lichtbildmesskunst)
                              									sind sehr erfreuliche Fortschritte zu verzeichnen. Nachdem das photogrammetrische
                              									Verfahren durch zahlreiche Versuchsarbeiten und grössere, dieses Stadium
                              									überschreitende 
                              									Arbeiten in Italien seine Existenzberechtigung dargethan hat, greift die
                              									Verwendung der Photogrammetrie immer weiter um sich und ist dieser Zweig der
                              									Vermessungskunde heute bereits Lehrgegenstand unserer technischen Hochschulen
                              									geworden.
                           Auf dem im April 1891 in Wien abgehaltenen 9. deutschen Geographentag waren eine
                              									Reihe von Arbeiten und Instrumenten zu photogrammetrischen Zwecken ausgestellt, von
                              									welchen letzteren wir hier die Phototheodolite von Paganini, den Koppe'schen Phototheodolit, den
                              										Pollak'schen Phototheodolit, die Instrumente der
                              									Professoren Steiner in Prag und Schell in Wien erwähnen wollen.
                           Textabbildung Bd. 285, S. 281Fig. 1.Gestell zu Meydenbauer's Apparat.Textabbildung Bd. 285, S. 281Fig. 2.Meydenbauer's Apparat. Nach V. Pollak lassen sich die zu
                              									photogrammetrischen Arbeiten zu verwendenden Apparate in drei Gruppen
                              									eintheilen:
                           1) Jeder mit einer richtig zeichnenden Linse versehene photographische Apparat kann
                              									zu photogrammetrischen Aufnahmen verwendet werden.
                           Wird nämlich die Bildebene des Apparates mit Hilfe geeigneter Vorrichtungen lothrecht
                              									gestellt und die Höhe des Objectives notirt, so können ohne weiteres solche
                              									Aufnahmen unter Zuhilfenahme einer zweiten Operation mittels eines anderen
                              									geodätischen Instrumentes benutzt werden.
                           An dieser Stelle soll des kleinen Meydenbauer'schen
                              									Apparates gedacht werden, wie selbigen Fig. 1 und
                              										2 darstellen.
                           Das nicht ausziehbare, für den Gebrauch ohne Vorbereitung jeden Augenblick fertige
                              									Instrument, umschliesst mit 12 in Blechrähmchen befindlichen Platten nur den Raum,
                              									der für die Platten 9 × 12 cm und die zugehörige Brennweite 15 cm unbedingt
                              									erforderlich ist. Ausserdem ist die Form nach dem Objectiv zu etwas abgeschrägt,
                              									wodurch eine bequemere Einführung in die Verpackungstasche ermöglicht wird.
                           Das Gewicht des Apparates ist entsprechend gering, da wegen der sehr geringen Grösse
                              									desselben die Holzstärke auf 9 mm vermindert werden konnte, und die stärkeren
                              									Metalltheile aus Aluminium hergestellt sind, soweit dies für den Gebrauch bei dem
                              									wenig widerstandsfähigen Metall zulässig ist. Der Platten Wechsel erfolgt in einem
                              									angehängten, lichtdichten Beutel, der bei schnell hinter einander folgenden
                              									Aufnahmen mehrere Platten aufnehmen kann.
                           Das Objectiv ist ein Görz'sches Lynkeioskop und wird
                              									durch vier Blenden und Senkrechtverschiebung bis zu 2,5 cm aus der Mitte auch
                              									vollständig ausgenutzt, was bei Aufnahmen von Landschaften im Gebirge, Baumgruppen,
                              									insbesondere aber von Architekturen und wissenschaftlichen Objecten, deren grösserer
                              									Theil über dem Horizonte liegt, von grösstem Nutzen ist. Es wird auf diese Weise das
                              									Bildfeld bis auf 30° über den Horizont ausgedehnt.
                           Das diesem Apparate beigegebene handliche Stativ ist in Fig.
                                 										1 abgebildet und dessen Einrichtung aus der Figur leicht ersichtlich.
                           2) Eigentliche photogrammetrische Apparate sind eigens
                              									für die Zwecke des Photogrammeters construirte photographische Apparate. Sie
                              									bestehen im Wesentlichen aus einer Balgcamera oder einer Camera mit fixem Auszuge
                              									(Metall, Holz), welche mit Hilfe geeignet angebrachter Libellen leicht horizontirt
                              									werden können. Die Rückseite der Camera besitzt am Mattscheibenrahmen innerhalb
                              									desselben befindliche Fähnchen oder Spitzen, welche ein Fadenkreuz markiren. Mit
                              									Hilfe dieses Fadenkreuzes kann bei bescheidenen Anforderungen auch eine
                              									Winkelmessung mit jenen Instrumenten, welche einen Horizontalkreis besitzen,
                              									vorgenommen werden. Die Orientirung der Bilder geschieht auf Grund der bekannten
                              									Lage einzelner in den Aufnahmsbildern erscheinender und vorher mit anderen
                              									geodätischen Methoden festgelegter Objectspunkte.
                           Textabbildung Bd. 285, S. 281Fig. 3.Maurer und Hafferl's Versuchsapparat.Fig. 3 zeigt einen von Maurer und Hafferl in Wien der Meydenbauer'schen Camera nachgebildeten
                              									Versuchsapparat.
                           Auf einem Metalldreifusse sitzt eine dreieckige leichte Metallgrundplatte, welche mit
                              									Hilfe von drei Stellschrauben und Kreuzlibellen wagerecht gestellt wird. Zwischen
                              									zwei 
                              									Spitzen an der Grundlinie des Dreieckes als wagerechte Achse ist die
                              									photographische Camera mit versteiften Blechwänden eingesetzt. Dieselbe ist an ihrer
                              									Objectivseite an einem Stabe gehalten, welcher durch Schraubenmuttern an der
                              									Grundplatte gehoben und gesenkt werden kann, wodurch es möglich wird, die Rückseite,
                              									in welche die Cassette oder die matte Scheibe eingeschoben wird, genau lothrecht zu
                              									stellen. An der Rückseite der Camera befinden sich zwei drehbare Verticalstäbe, auf
                              									denen mit Rectificirschrauben verschiebbare Marken (Fähnchen) angebracht sind. Durch
                              									Drehung können diese Fähnchen auf die lichtempfindliche Seite der Platten gelegt
                              									werden. Sie bezeichnen die Lage des Horizontalfadens und werden mitphotographirt.
                              									Das Objectiv besteht aus einem Suter-Aplanat C3 von 200 mm Brennweite, welcher mit kleinster
                              									Blende die Bilder von 18 × 24 cm scharf und richtig auszeichnet. Mit diesem Apparate
                              									wurden von Oberingenieur V. Pollak die grösseren
                              									Aufnahmen am Arlberg durchgeführt.
                           Textabbildung Bd. 285, S. 282Fig. 4.Hübl's photographischer Messtisch.Steiner hat mit Zuhilfenahme eines Nivellirinstrumentes
                              									einen photogrammetrischen Apparat zusammengestellt, indem er eine gewöhnliche
                              									Balgcamera anstatt des Fernrohres über dem Limbus anbrachte. Mit Hilfe eines an die
                              									Camera zu befestigenden Bügels wird die Bildweite fixirt und dient eine
                              									Aufsatzlibelle zur Horizontalstellung. Vor der Mattscheibe wurden Horizontalmarken
                              									angebracht.
                           Ein anderes Steiner'sches Photogrammeter ist für
                              									verschiedene Brennweiten (20 bis 60 cm) construirt.
                           An dieser Stelle soll noch des neuesten sehr einfachen handlichen und für
                              									Mappirungszwecke bestimmten Photogrammeters gedacht werden, welches der Constructeur
                              									k. k. Hauptmann Freiherr v. Hübl als Messtischphotogrammeter bezeichnet.
                           Der Apparat, wie ihn Fig. 4 darstellt, besteht aus
                              									einer photographischen Camera, deren obere Fläche ein kleines Messtischblatt
                              										M bildet, auf welchem die für die Orientirung
                              									nothwendigen Horizontalwinkel mit Hilfe einer Kippregel K gezogen werden. Die Camera besitzt alle jene Einrichtungen, welche von
                              									einem Photogrammeter verlangt werden, sie erlaubt die genaue Verticalstellung der
                              									Bildebene, besitzt Marken für die Anzeige der Horizontal- und Vertikalebene und ist
                              									derart gebaut, dass die unveränderte Lage von Objectiv und Bildebene gesichert
                              									ist.
                           Die empfindliche Schichte der Films oder Trockenplatten wird vor der Exposition
                              									mittels Federn gegen einen mit dem Objectiv starr verbundenen Metallrahmen
                              									mechanisch angepresst, wodurch eventuell vorhandene Cassettenfehler ausgeglichen
                              									werden.
                           Auf der oberen Fläche der Camera lässt sich der mit einer Pikirvorrichtung versehene
                              									Zapfen Z entweder in der Mitte des Brettchens oder über
                              									dem Objective befestigen. Um diesen Zapfen erfolgt die Bewegung der Kippregel, und
                              									die Pikirvorrichtung gestattet das Markiren des in der Linealkante liegenden
                              									Drehpunktes. Das Ziehen der die Horizontalwinkel bildenden Rayons und die
                              									Bezeichnung des erwähnten Drehpunktes erfolgt auf einem Cartonblatte, welches auf
                              									der oberen Fläche des Apparates unverrückbar festgeklemmt wird. Das Cartonblatt ist
                              									in der Ausdehnung des Drehzapfens durchlocht und lässt sich nach dem Auflegen soweit
                              									unter die Pikirvorrichtung schieben, dass der Nadelstich ausserhalb der Durchlochung
                              									zu liegen kommt, welche Einrichtung den Vortheil hat, dass die Horizontalwinkel auch
                              									durch kurze Rayonstücke vollkommen präcisirt erscheinen und sich bei Construction
                              									des Planes leicht und sicher übertragen lassen.
                           Die Camera ist fast ganz aus Aluminiummetall hergestellt und mit einem Anastigmat von
                              										Zeiss, welcher in einer mit genauer Theilung
                              									(Nonius) versehenen Schlittenführung auf- und abwärts beweglich ist, versehen. Der
                              									Apparat gestattet es, Momentaufnahmen zu machen. Er ist äusserst compendiös und muss
                              									für die Zwecke, für welche er gebaut worden ist, als vollkommen entsprechendes
                              									Instrument bezeichnet werden. (Photogr. Corresp., 1892
                              									S. 270.)
                           3) Phototheodolite sind photogrammetrische Instrumente,
                              									welche neben der Camera noch eine genaue Visirvorrichtung (Fernrohr) mit Horizontal-
                              									und Verticalkreis besitzen.
                           In Italien steht zum Zwecke von Karten aufnahmen seit ungefähr 10 Jahren der
                              									Phototheodolit von Paganini in Verwendung; derselbe hat
                              									das Fernrohr seitlich von der Camera durchschlagbar angebracht.
                           Der von Koppe construirte Phototheodolit ist ein
                              									Theodolit; welcher in der konisch ausgedrehten Horizontalachse eine kleine
                              									Metallcamera und ein excentrisch montirtes Fernrohr besitzt.
                           Der von V. Pollak construirte Phototheodolit soll hier
                              									etwas näher beschrieben werden, es ist dies das erste in Oesterreich gebaute
                              									Instrument, dem bald andere, wie dasjenige von Schell
                              									und jenes von Hartl, folgten.
                           Pollak's Phototheodolit in seiner ursprünglichen Form
                              									zeigt Fig. 5. Derselbe besteht aus einer Metallcamera
                              										C (Aluminium und Messing) mit constanter Bildweite
                              									für Platten von 18 × 24 cm. Die Camera steht in Verbindung mit einem Theodolit und
                              									ruht das Ganze auf einem solid gebauten Dreifusstativ. Die Camera ist über einem
                              									Horizontalkreise montirt und mit einem in senkrechter Richtung mittels Schlitten
                              									verschiebbaren Zeiss'schen Objective 
                              									(Anastigmat-Weitwinkel von 210 mm Brennweite), sowie mit vier an dem Rahmen, wo
                              									die Mattscheibe aufliegt, befindlichen drehbaren Fähnchen (zur Markirung des
                              									Fadenkreuzes) versehen. Seitlich der Camera ist ein durch ein Gegengewicht im
                              									Gleichgewichte erhaltenes Fernrohr F mit Aufsatzlibelle
                              										L an dem Fernrohrträger T angebracht; dasselbe ist umlegbar und mit einem Fadenkreuze zu
                              									Distanzmessungen versehen; es steht mit einem Verticalkreise und Nonius in
                              									Verbindung, wodurch ermöglicht wird, dass mit dem Instrumente nicht bloss
                              									photogrammetrische Aufnahmen, sondern auch Nivellements und tachymetrische Arbeiten
                              									durchgeführt werden können (Eder's Jahrbuch, 1892 S.
                              									227.)
                           Textabbildung Bd. 285, S. 283Fig. 5.Pollak's Phototheodolit. Das Instrument von Pollak besitzt ein
                              									seitlich angebrachtes Fernrohr, während die neueren Instrumente von Paganini und Schell das
                              									Fernrohr centrisch angebracht haben und bei dem Paganini'schen Instrumente ausserdem die Camera durchschlagbar
                              									eingerichtet ist. Beide letzteren Apparate besitzen ein in der Mattscheibe
                              									angebrachtes, mit Fadenkreuz versehenes Ocular, welches mit dem Objective des
                              									Apparates ein Fernrohr darstellt. Das Ocular ist beim Paganini'schen Apparate verschiebbar, beim Schell'schen fix in der Mitte der Mattscheibe angebracht.
                           Das nach den Angaben Prof. Schell's von Starke und Kamerer in Wien
                              									angefertigte Instrument besteht aus einer aus Holz hergestellten Camera, welche über
                              									dem Horizontalkreise in zwei Achsenlagern so gelagert ist, dass die Verticalachse
                              									dieses Kreises, sowie die wagerechte Drehungsachse für eine etwaige Neigung des
                              									Instrumentes durch den zweiten Hauptpunkt des Objectives gehen. Die Camera ist durch
                              									ein Gegengewicht ausbalancirt; sie besitzt eine fixe Bildweite und es ist mit Hilfe
                              									einer seitlich angebrachten, mit Mikrometerschraube beweglichen Vorrichtung und
                              									zweier Libellen leicht möglich, das Instrument, welches auf einem Starke'schen Stative sehr solid aufgestellt ist,
                              									in die Horizontale zu bringen. Das Objectiv ist ein Steinheil'scher Landschaftsaplanat von 20 cm Brennweite; es ist in einem
                              									mittels Schlitten und trieb verschiebbaren Objectivbrette befestigt und ausserdem
                              									axial verschiebbar montirt. Die Mattscheibe ist mittels Stahlschneiden und Lager auf
                              									der oberen Kante des Camerarücktheiles aufgehangen und wird mit zwei Haken an den
                              									breiten mit Centimetertheilung versehenen Rahmen angedrückt. Der Mattscheibenrahmen
                              									ist mittels Metallbänder verstärkt, um ein Verziehen auszuschliessen, und die
                              									Mattscheibe in der Mitte kreisförmig ausgeschnitten. Durch den Ausschnitt geht ein
                              									um die wagerechte Achse drehbares Ocular, welches mittels vier Haken leicht in der
                              									wagerechten Stellung fixirt werden kann. Dieses Ocular enthält ein Fadenkreuz und
                              									stellt in Verbindung mit dem Objectiv ein Fernrohr dar, mittels dessen auch bei
                              									verschobener Stellung des Objectivbrettes beliebige Punkte des Bildes anvisirt
                              									werden können. Die Cassetten sind mit lichtdicht schliessenden Lederbalgen versehen
                              									und derart construirt, dass nach dem Aufziehen des Schiebers die Platte mittels
                              									Federn fest gegen den getheilten Rahmen der Camera gedrückt wird.
                           Die Platten, welche Schell zu seinen Versuchsaufnahmen
                              									verwendete, sind aus Spiegelglas (Format 18 × 24 cm) und es wurden die Negative
                              									höchst genau mit Hilfe eines Comparators, welcher ein sehr präcises Ablesen
                              									gestattet, ausgemessen und so bei Bestimmung der Bildweite äusserst befriedigende
                              									Resultate erzielt.
                           
                              
                                 (Fortsetzung folgt.)