| Titel: | Ueber die optische Messung hoher Temperaturen. | 
| Autor: | H. Le Chatelier | 
| Fundstelle: | Band 286, Jahrgang 1892, S. 44 | 
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                        Ueber die optische Messung hoher
                           									Temperaturen.Wir geben diese
                                 										Arbeit mit gütiger Erlaubniss des Herausgebers und der Verlagshandlung nach der
                                 											Physikalischen Revue (vgl. S. 24
                                    											dieses Heftes), Heft 7 S. 79, wieder.
                        Von H. Le Chatelier.H. Le Chatelier, Journ. de phys., 1892 (3) Bd. 1 S.
                                 										185.
                        Mit Abbildungen.
                        Ueber die optische Messung hoher Temperaturen.
                        
                     
                        
                           Eine Messungsmethode, welche hohe Temperaturen zugleich einfach und genau zu
                              									bestimmen gestattet, würde für gewisse Industrien von unbestreitbarem Nutzen sein.
                              									Bei dem Härten des Stahles, beim Porzellangiessen, bei der Chlorfabrikation mittels
                              									des Deacon-Processes genügt ein Temperaturfehler von nur 20°, um vollständige
                              									Misserfolge herbeizuführen. Auch hat sich, seitdem ich angegeben habe, unter welchen
                              									Bedingungen die thermo-elektrischen Säulen zur genauen Messung hoher Temperaturen
                              									dienen können, die Anwendung dieser elektrischen Pyrometer schnell in der Industrie
                              									verbreitet. Man darf indessen nicht verkennen, dass so feine Instrumente, wie es die
                              									elektrischen Apparate sind, sich kaum dazu eignen, den Arbeitern in die Hand gegeben
                              									zu werden.
                           Ich bin von verschiedenen Seiten ersucht worden, diese Frage, besonders vom
                              									Standpunkte der industriellen Bedürfnisse aus, wieder aufzunehmen; so entstanden die
                              									neuen Untersuchungen, welche ich über Pyrometrie angestellt habe.
                           Ein Ueberblick über die verschiedenen Verfahren, die zur Messung hoher Temperaturen
                              									dienen können, zeigt, dass nur die optischen Verfahren eine befriedigende Lösung des
                              									Problems geben können. In der That ersparen sie uns den Gebrauch besonderer
                              									thermometrischer Substanzen,
                              									welche alle den in gewissen Oefen vorkommenden, hohen Temperaturen auf die
                              									Dauer nicht widerstehen können. Sie erfordern keine materielle Verbindung zwischen
                              									Ofen und Instrument, die immer schwer herzustellen wäre, da in der Fabrik Arbeiter
                              									und Apparate oft ihren Ort wechseln.
                           Die Intensität der Lichtausstrahlung glühender Körper wächst mit der Temperatur, ihre
                              									Helligkeit nimmt zu. Diese Intensität wächst ungleichmässig für Strahlen von
                              									verschiedener Wellenlänge. Die Färbung des Körpers variirt also auch mit der
                              									Temperatur. Man kann nun aus Messungen der Helligkeit oder der Färbung eine
                              									Schätzung der Temperatur herzuleiten versuchen.
                           Pouillet hat 1836 eine Tabelle der Temperaturen
                              									aufgestellt, welche diesen verschiedenen Graden von Helligkeit und Färbung
                              									entsprechen, welche er mit blossem Auge schätzte. Diese Tabelle, so wenig genau sie
                              									bei einem so rohen Verfahren auch nur sein konnte, wird heute noch benutzt.
                           Edm. Becquerel hat 1864 in Folge seiner Untersuchungen
                              									über die Ausstrahlung glühender Körper ausgesprochen, es sei möglich, mittels
                              									photometrischer Messungen der Lichtintensität der von glühenden Körpern ausgesandten
                              									rothen Strahlen sich einen Begriff von den hohen Temperaturen zu machen. Er hat
                              									versucht, diese Methode zur Bestimmung des Schmelzpunktes von Palladium und Platin,
                              									der Temperatur von Kalk in einer Knallgasflamme und der Temperatur der Kohle im
                              									Voltabogen anzuwenden. Aber dieser Versuch schlug fehl wegen der unzureichenden
                              									Methode bei der Temperaturmessung und wegen der geringen Dehnbarkeit der angewandten
                              									photometrischen Methode, welche Experimente nur in einem Temperaturintervall von
                              									250° gestattete.
                           Seitdem ist die Ausführung dieser Methode nicht mehr versucht worden. Violle hat unterdessen einen wichtigen Schritt in
                              									unserer Frage vorwärts gethan, indem er die Ungenauigkeit des Strahlungsgesetzes von
                              										Dulong nachwies, welches die Experimente von Edm. Becquerel zu bestätigen schienen.
                           Crova suchte 1879 die Bestimmung hoher Temperaturen
                              									durch Messungen der relativen Intensitätsänderung verschiedener Strahlen (roth und
                              									grün) auszuführen, aber dieser Versuch misslang wegen seines Mangels an Genauigkeit
                              									und wegen der zu complicirten Apparate.
                           Noch heute benutzt man die Strahlung glühender Körper nach dem Verfahren von Pouillet oder nach analogen Methoden; d.h. man schätzt
                              									die Intensität oder vielmehr die Färbung der Strahlen entweder mit blossem Auge,
                              									oder indem man das Auge mit einem Cobaltglase oder mit Quarz zwischen zwei Nicols
                              									(Nouel- und Mesuré-Lupe) bewaffnet, welche die Strahlen mittlerer Brechbarkeit
                              									abfangen und dadurch die Aenderung in der Farbennuance der glühenden Körper
                              									verstärken. Diese Methoden befähigen einige Arbeiter, ziemlich befriedigende
                              									Resultate zu erhalten, aber sie setzen die Beobachter, welche keine lange Lehrzeit
                              									hinter sich haben, Fehlern von mehreren Hundert Graden aus. (Vgl. 1889 272 * 361.)
                           Um ein wirklich praktisches Pyrometer zu erhalten, muss man das Auge durch einen
                              									Messungsapparat unterstützen, der sehr genau und dennoch hinreichend einfach ist und
                              									zu seiner Anwendung keine lange Ausbildung erfordert. Das ist die Aufgabe, deren
                              									Lösung ich versucht habe.
                           Die Messung der Aenderungen in der Farbennuance, d.h. der ungleichen
                              									Intensitätsänderungen verschiedener Strahlen kann, wie man sich leicht überzeugen
                              									kann, kein genaues Resultat liefern, weil die zu messende Erscheinung nur
                              									Aenderungen aufweist, welche die Beobachtungsfehler zu wenig an Grösse übertreffen.
                              									Nach Violle variirt das Intensitätsverhältniss der
                              									Strahlen λ = 656 (roth) und λ
                                 										= 482 (blau) in dem Verhältniss 1 : 4,5 für ein Temperaturintervall von
                              									700°. Nun kann die Unsicherheit in der Messung dieses Verhältnisses praktisch nicht
                              									unter 10 Proc. sein, was schon einen Fehler von 50° verursachen würde, ohne
                              									Rücksicht auf andere gleich beträchtliche Fehlerquellen, welche dieser
                              									Beobachtungsmethode anhaften.
                           Die absolute Intensitätsänderung dagegen von Strahlen mit bestimmter Wellenlänge,
                              									z.B. der rothen Strahlen, erreicht für dasselbe Temperaturintervall – von 700° –
                              									zwischen 1000° und 1700° das Verhältniss 1 : 300. Es erhebt sich zwischen 600° und
                              									1800° bis auf 1 : 1000000. Man erkennt also die ganze Empfindlichkeit, welche eine
                              									auf die absolute Messung der Strahlung basirte pyrometrische Methode erreichen kann.
                              									Wenn man sich seit Becquerel nicht mehr mit dieser
                              									Methode beschäftigt hat, so liegt das ohne Zweifel an den Fehlern, welche vom
                              									theoretischen Standpunkte aus sicher in Betracht kommen, welche aber in der Praxis
                              									die Bedeutung nicht haben, welche man hätte befürchten können. Kirchhoff hat festgestellt, dass die von einem
                              									glühenden Körper ausgesandten Strahlen nicht nur von seiner Temperatur abhängen,
                              									sondern auch von seiner Beschaffenheit, von dem Zustande seiner Oberfläche und
                              									überhaupt von der Temperatur der Hülle, welche ihn umgibt. Nur bei den schwarzen
                              									Körpern, d.h. bei den Körpern, deren Absorptionsvermögen und daher auch deren
                              									Emissionsvermögen ein Maximum ist, hängt der Glanz nur von der Temperatur ab. Nun
                              									findet man, wie ich unten feststellen werde, dass oxydirtes Eisen, das
                              									interessanteste der industriellen Producte und das bei pyrometrischen Messungen am
                              									meisten interessirte, ein ähnlicher schwarzer Körper ist.
                           Ich hatte mich im Laufe dieser Untersuchungen zu beschäftigen mit:
                           1) der photometrischen Methode;
                           2) dem Emissionsvermögen;
                           3) dem Gesetz der Strahlung glühender Körper.
                           Ich werde am Schlusse die Ergebnisse, welche ich in verschiedenen Hüttenwerken sowohl
                              									mit dem optischen, wie andererseits mit dem thermoelektrischen Pyrometer erhalten
                              									habe, mittheilen.
                           Das Photometer. Der Zwang der industriellen Anwendung
                              									erfordert, dass man direct das Bild des zu untersuchenden Gegenstandes mit
                              									demjenigen einer Lichtquelle, welche als feste Einheit dient, vergleichen muss. Die
                              									Spectrophotometer, deren Aufstellung langwierig und delicat ist, sind nothwendiger
                              									Weise zu verwerfen; sie würden niemals die Beobachtung so flüchtiger Erscheinungen
                              									wie das Ablassen des Stahles, das Werfen einer Schiene beim Strecken gestatten.
                           Um Lichtintensitäten, welche im Verhältniss 1 : 1000000 schwanken können, gleich zu
                              									machen, kann man an kein anderes Verfahren als den Gebrauch von Absorptionsgläsern
                              									denken, die in grösserer oder geringerer Anzahl an einander gelegt werden. Für die
                              									Aenderungen innerhalb des Intervalles der auf einander folgenden Gläser kann man sich Nicol'scher Prismen oder einer Irisblende bedienen. Das
                              									zweite Mittel allein erschien mir hinreichend genau und praktisch. Die schwierige
                              									Regulirung und das leichte Verderben der Nicol'schen
                              									Prismen, sowie die partielle Polarisation des von den leuchtenden Körpern
                              									ausgesandten Lichtes sind Gründe, von denen jeder hinreichen würde, den Gebrauch der
                              									Polarisatoren zu verwerfen.
                           Textabbildung Bd. 286, S. 45Fig. 1.Photometer. Endlich ist es unerlässlich, bei diesen Vergleichungen mit einfarbigem
                              									Lichte zu arbeiten; die Strahlen müssen roth sein, weil die einzigen
                              									monochromatischen Gläser diese Farbe haben; die rothen Strahlen bieten andererseits
                              									den Vortheil, dass sie die ersten sind, welche sich bei glühenden Körpern
                              									entwickeln; ihre Anwendung erlaubt also die Messungen über das grösstmögliche
                              									Temperaturintervall zu erstrecken.
                           Diese verschiedenen Einrichtungen, welche sich einem pyrometrischen Photometer
                              									aufdrängen, sind alle in dem Photometer von Cornu
                              									vereinigt; ich hatte also nur dieses Instrument zu nehmen, indem ich allein die
                              									äussere Form abänderte, um sie den Bedürfnissen der Hüttenwerke anzupassen.Dieser Apparat
                                    											ist von Ph. Pellin construirt.
                           Das Mikroskop, welches in dem Apparate von Cornu dazu
                              									dient, die Bilder des glühenden Körpers und der Lichtquelle anzuvisiren, ist durch
                              									ein einfaches Ocular G (Fig.
                                 										2) ersetzt worden. Die besondere Erdöllampe ist durch eine kleine tragbare
                              									Lampe L ersetzt worden derart, dass sie am Apparate
                              									befestigt und von einer Hülle, die sie gegen den Luftzug schützt, umgeben ist. Das
                              									Photometer bildet also eine tragbare Lupe, welche nach Belieben in der Hand gehalten
                              									oder von einem Fuss getragen werden kann.
                           Ernste Schwierigkeiten boten sich sowohl bei der Wahl des rothen Glases, das vor dem
                              									Ocular G angebracht ist, als auch bei derjenigen der
                              									dunkeln Absorptionsgläser E vor der Irisblende D. Es gibt wenige rothe Gläser, welche für Messungen,
                              									welche sich auf sehr verschiedenes Licht erstrecken, hinreichend einfarbig sind,
                              									ohne gleichzeitig zu dunkel zu werden, um gute photometrische Messungen zuzulassen.
                              									Es glückte mir indessen, passende rothe Gläser ausfindig zu machen.
                           Der Schwierigkeit, dunkle absorbirende Gläser zu finden, welche die Farbe der
                              									durchgehenden rothen Strahlen nicht beträchtlich ändern, bin ich mit Hilfe des
                              									Herrn Appert Herr geworden, welcher nach meinen Angaben
                              									eine Reihe von Glascompositionen versuchte, und dem es gelang, eine zu finden,
                              									welche ausgezeichnete Resultate gibt. Die färbenden Oxyde sind ein Gemisch von
                              									Eisen- und Kupferoxyd mit einer kleinen Menge Mangan- und Nickeloxyd.
                           Um die Lichtintensitäten auszudrücken, muss man als Einheit ein bestimmtes Lichtmaass
                              									annehmen, welches leicht anzuwenden und zu reproduciren ist. Die Carcel-Lampe ist
                              									sehr complicirt für den Gebrauch in Fabriken und ihre Flamme zeigt eine sehr
                              									unregelmässige Helligkeit. Die kleine Normallampe mit Amylacetat habe ich versucht,
                              									aber für die Praxis ist sie zu verwerfen. Mit der grössten Sorgfalt regulirt, gibt
                              									sie vielleicht befriedigende Resultate, aber ohne besondere Vorsichtsmaassregeln
                              									angewandt, kann sie nur eine sehr unregelmässige Intensität liefern, die Metallampe
                              									bedeckt sich rasch mit Grünspan, der Docht imprägnirt sich mit Kupfersalz und lässt
                              									keine Flüssigkeit aufsteigen; endlich muss man das Acetat selbst präpariren, um
                              									seiner Reinheit sicher zu sein. Für industrielle Versuche gibt eine gewöhnliche
                              									Kerze oder eine kleine Lampe mit Petroleumäther eine viel stetigere Lichtintensität.
                              									Ich habe bei meinen Versuchen als Visirpunkt den hellsten Theil der axialen Gegend
                              									genommen und die Nähe der Ränder beiseite gelassen, bei denen die Intensität rasch
                              									wechselt.
                           Textabbildung Bd. 286, S. 45Fig. 2.Cornu's Photometer mit Mikroskop. So habe ich für verschiedene Lichtquellen die folgenden Resultate
                              									erhalten:
                           
                              
                                 Amylacetat.StearinkerzeGaskerze
                                 Pigeon-Lampemit Petroleum-äther
                                 Carcel-Lampe
                                 Gaslampe,Bengal.Sugg.
                                 Platin,in einer
                                    											Knall-gasflammeschmelzend
                                 
                              
                                 1
                                 1,10
                                 1,9
                                 0,74
                                 15
                                 
                              
                           Das auf Platin bezügliche Ergebniss ist ein wenig unsicher wegen der eigenen
                              									Helligkeit der Flamme des Knallgasgebläses, welches ich anwandte.
                           Intensitätsmessungen. Um mit diesem Photometer eine
                              									Intensitätsmessung auszuführen, verfährt man folgendermaassen:
                           Man muss nötigenfalls mit der Regulirung des Spiegels mittels dreier Stellschrauben
                              									beginnen, so dass das Lichtbündel,
                              									welches aus der Lampe kommt und vom Spiegel reflectirt wird, und dasjenige,
                              									welches direct vom anvisirten Objecte herkommt, vollständig in das Auge dringen.
                              									Diese Bedingung ist erfüllt, wenn die vom Ocular gelieferten Bilder der beiden
                              									Objective sich über einander lagern und in der Achse des Rohres liegen. Man
                              									verificirt das, indem man diese beiden Bilder, welche sich ein wenig hinter dem
                              									Ocularring bilden, mit einer Lupe ansieht. Selbstverständlich muss man beide
                              									Objective, um sie sichtbar zu machen, beleuchten, und zwar das eine mit der Lampe,
                              									das andere mit einer beliebigen Lichtquelle. Wenn die Uebereinanderlagerung nicht
                              									vorhanden ist, stellt man sie mit den drei Schrauben her, welche den Spiegel
                              									befestigen. Der Apparat muss, wenn er keine Stösse erhält, beliebig lange regulirt
                              									bleiben.
                           Die Vergleichslampe des Photometers muss, um constante Helligkeit zu geben, eine
                              									regelmässige Flammenhöhe haben, z.B. gleich der Höhe des rechteckigen Fensters,
                              									welche vor der Lampe aufgestellt wird. Ihr Bild muss durch die Spiegelkante genau in
                              									zwei Theile geschnitten werden, was man durch Drehen der Lampe in ihrem Gestelle, in
                              									welchem sie excentrisch sitzt, erreicht.
                           Endlich muss man vor Beginn der Messung etwa 10 Minuten warten, bis die Lampe ihre
                              									beharrende Erwärmung angenommen hat; nur dann gibt die Flamme eine stetige
                              									Helligkeit.
                           Um eine Messung auszuführen, visirt man durch das Rohr das leuchtende Object derartig
                              									an, dass sein Bild von der Spiegelkante durchschnitten und so mit dem Bilde der
                              									Flamme in Contact gebracht wird. Man verändert mittels des unten angebrachten
                              									Knopfes die Oeffnung der Irisblende, bis die gleiche Intensität der Bilder erreicht
                              									ist.
                           Es sei n die Anzahl der Theilstriche, welche die
                              									Oeffnung der Irisblende in diesem Augenblicke angeben; es sei n' die entsprechende Anzahl bei dem Anvisiren der
                              									Amylacetat-Normallampe, die gemessene Intensität ist dann
                           J=\left(\frac{n'}{n}\right)^2,
                           d.h. gleich dem umgekehrten Verhältniss der Oeffnungen der
                              									Irisblende.
                           Wenn, was im Allgemeinen der Fall ist, die anvisirten Objecte nicht den gleichen
                              									Abstand haben und daher verschiedene Einstellung erfordern, so erhält man, wenn man
                              										f und f' die
                              									Focalabstände der Bilder des Objectes und der Normallampe nennt,
                           J=\right(\frac{n'}{n}\right)^2\,\left(\frac{f}{f'}\right)^2.
                           Wenn endlich zur Ergänzung der Irisblende die dunkeln Absorptionsgläser nöthig sind,
                              									muss man mit der Bestimmung ihrer Absorptionscoefficienten beginnen. Dazu visirt man
                              									gegen ein Object von geeigneter Helligkeit, indem man ein dunkles Glas vor die
                              									Irisblende einschiebt oder nicht. Es sei N die Oeffnung
                              									der Irisblende ohne dunkles Glas und N' mit einem
                              									solchen; der Absorptionscoefficient des Glases wird dann
                           
                              K=\left(\frac{N'}{N}\right)^2.
                              
                           Bei einer Messung mit p Gläsern vor der Irisblende wird
                              									die Helligkeit
                           
                              J=\left(\frac{n'}{n}\right)^2\,\left(\frac{f}{f'}\right)^2\,\left(\frac{1}{K}\right)_p
                              
                           sein.
                           Wenn es sich im Gegentheile um ein weniger helles Object handelt und die Gläser
                              									vor die Lampe geschoben werden müssen (in der Fassung, welche das rechteckige
                              									Fenster trägt), wird die Intensität durch die Formel
                           
                              J=\right(\frac{n'}{n}\right)^2\,\left(\frac{f}{f'}\right)^2\,K^P
                              
                           gegeben.
                           Wenn man sehr kleine Objecte anvisiren will, ist es vortheilhaft, um ein hinreichend
                              									grosses Bild zu erhalten, sich sehr nahe aufzustellen; man bringt dann vor der
                              									Irisblende in die Fassung der dunkeln Gläser eine zweite, dem Objectiv des
                              									Photometers ähnliche Linse an. Man kann dann, indem man das anvisirte Object in
                              									ihren Hauptbrennpunkt bringt, in dem Photometer ein Bild in richtiger Grösse
                              									erhalten. So verfuhr ich bei allen Graduirungsversuchen, über welche unten berichtet
                              									wird. Diese Hilfslinse absorbirt ungefähr 10 Proc. der Lichtintensität.
                           Emissionsvermögen. Bevor man die Graduirung eines
                              									solchen optischen Pyrometers, d.h. das Verhältniss, welches zwischen der
                              									Strahlungsintensität der glühenden Körper und ihrer Temperatur besteht,
                              									festzustellen versucht, ist es unerlässlich, deren Emissionsvermögen zu prüfen. Das
                              									Emissionsvermögen ist das Verhältniss der Intensität der von einem glühenden Körper
                              									in eine kalte Umhüllung ausgesandten Strahlen zu der Intensität der von demselben
                              									Körper ausgesandten Strahlen, wenn er mitten in eine Umhüllung von gleicher
                              									Temperatur gestellt wird, wobei die Intensität durch ein unendlich kleines in diese
                              									Umhüllung gebohrtes Loch beobachtet wird. Ich habe anfangs versucht, dieses
                              									Verhältniss zu ermitteln, indem ich die Helligkeit einer Löthstelle eines
                              									Thermoelementes mass, die mit verschiedenen Körpern bedeckt war und entweder in der
                              									Flamme eines Bunsenbrenners erwärmt wurde, oder in der Mitte einer von aussen
                              									geheizten Thonröhre. Der Bunsenbrenner realisirt wegen der Transparenz seiner Flamme
                              									für leuchtende Strahlen den Fall der kalten Umhüllung; aber diese Methode gibt kein
                              									genaues Resultat, weil die kleinste Unsicherheit in der Temperaturmessung grosse
                              									Veränderungen der zu vergleichenden Lichtintensitäten nach sich zieht. Ausserdem ist
                              									es unmöglich, im Laboratorium Umgebungen von streng gleichförmiger Temperatur
                              									herzustellen; die Temperaturungleichheiten ziehen für Körper mit schwachem
                              									Emissionsvermögen und folglich mit starkem Diffusionsvermögen beträchtliche
                              									Helligkeitsänderungen nach sich. Z.B. wurden in einem Thonröhre bei der Temperatur
                              									von 800° folgende Ergebnisse erhalten:
                           
                              
                                 Strahlende Körper
                                 Lichtintensität
                                 
                              
                                      Fe3O4
                                 1
                                 
                              
                                 Pd
                                     1,32
                                 
                              
                                 Ag
                                   1,9
                                 
                              
                           Die Helligkeiten dieser drei Körper haben also vom einfachen zum doppelten variirt,
                              									und entgegengesetzt als man bei einer raschen Ueberlegung vermuthen könnte, ist es
                              									das Silber, ein Körper mit schwachem Emissionsvermögen, welches die grösste
                              									Helligkeit hat. Das zeigt einfach an, dass es durch wärmere Theile der Hülle, als es
                              									selbst war, zum Leuchten gebracht wurde.
                           In derselben Weise ergab ein kleines, schmelzendes Stück Platin mir merklich die
                              									gleiche Helligkeit, ob es in freier Luft oder in einer Kalkröhre erhitzt wurde. Um
                              									dieses Resultat zu erklären, genügt die Annahme, dass die Kalkhülle eine um 300°
                              									niedrigere Temperatur hatte als das Platin. Dies ist vollkommen zulässig mit
                              									Rücksicht auf die
                              									äussere Abkühlung der Hülle. Um die Emissionsvermögen zu messen, habe ich die
                              									folgende Bemerkung von Kirchhoff benutzt. Das Innere
                              									der Spalten eines Körpers lässt sich so auffassen, als sei es von einer Hülle von
                              									gleichförmiger Temperatur umgeben, natürlich vorausgesetzt, dass die Oeffnung der
                              									Spalten hinreichend klein ist. Das Emissionsvermögen eines Körpers ist also bei der
                              									betrachteten Temperatur gleich dem Verhältnisse der Lichtintensität der Oberfläche
                              									zu derjenigen des Bodens im Innern tiefer Spalten.
                           Um Messungen des Emissionsvermögens auszuführen, benutzte ich kleine Kugeln oder
                              									kleine Cylinder von 5 mm Durchmesser, in welche längs eines Durchmessers ein Loch
                              									von 1 mm Durchmesser und 4 mm Tiefe gebohrt war.
                           Ich habe folgende Ergebnisse für rothe Strahlen bei ungefähr 1300° erhalten.
                           
                              
                                 Körper
                                 Emissionsvermögen
                                 
                              
                                 Fe3O4,
                                    											C
                                 1
                                 
                              
                                 Pd
                                   0,6
                                 
                              
                                 Pt matt
                                   0,4
                                 
                              
                                 Pt polirt, weisser Thon
                                     0,25
                                 
                              
                                 MgO
                                   0,1
                                 
                              
                           Diese Zahlen zeigen, dass man für rothes Eisen, welches an seiner Oberfläche stets
                              									oxydirt ist, das Emissionsvermögen als der Einheit gleich ansehen darf. Die
                              									Intensität der Strahlung ist deshalb unabhängig von der Temperatur der Umgebung und
                              									von dem Glänze der Oberfläche, eine für die optischen Temperaturmessungen werthvolle
                              									Eigenschaft.
                           Im Laufe dieser Untersuchungen habe ich eine interessante Bestätigung der Theorien
                              										Kirchhoff's beobachtet. Für feste Körper wie für
                              									Gase sind die mit grösserer Intensität ausgesandten Strahlen auch diejenigen, welche
                              									am energischsten absorbirt werden, derart, dass die Farbe eines glühenden Körpers in
                              									gewissem Grade zu der Farbe complementär ist, welche er vor weissem Lichte
                              									beleuchtet zeigt. Zinkoxyd, welches von weissem Lichte beleuchtet gelb erscheint,
                              									wenn es etwas erhitzt ist, Magnesia u.s.w. erschienen blau, als sie bis zur
                              									Weissglut gebracht waren. Man erkennt die specifische Färbung eines Körpers sehr
                              									leicht, wenn man die Farbe der Oberfläche des in einer transparenten Flamme
                              									erwärmten Körpers mit der Farbe vergleicht, welche die Tiefe der Spalten zeigt,
                              									welche von der Temperatur allein abhängt und von der Beschaffenheit des betrachteten
                              									Körpers unabhängig ist.
                           
                              
                                 (Schluss folgt.)