| Titel: | Normen für das Viscosimeter. | 
| Autor: | C. Engler | 
| Fundstelle: | Band 286, Jahrgang 1892, S. 210 | 
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                        Normen für das Viscosimeter.
                        Von C. Engler.
                        Mit Abbildung.
                        Normen für das Viscosimeter.
                        
                     
                        
                           Von verschiedenen Seiten sind mir in den letzten Wochen Reclamationen über
                              									Ungleichheiten in der Construction meiner Viscosimeter zugegangen, wodurch
                              									unliebsame Differenzen in den Angaben verschiedener Laboratorien über den
                              									Viscositätsgrad der Oele veranlasst wurden. Es hat sich bei näherer Untersuchung der
                              									fraglichen Fälle herausgestellt, dass jene Ungleichheiten grossentheils auf Apparate
                              									zurückzuführen sind, welche von einer Berliner Firma geliefert werden und an denen
                              									die vorgeschriebenen Dimensionen nicht eingehalten sind.
                           Den in Frage stehenden Apparat habe ich seiner Zeit in Veranlassung eines Auftrages
                              									der ständigen Tarifcommission der deutschen Eisenbahnen construirt, und er ist für
                              									die tarifarische Unterscheidung der Schmieröle von anderen Mineralölen eingeführt
                              									worden, worauf er dann auch in Handel und Industrie ziemlich allgemeine Annahme
                              									fand. Es erscheint nun aber zur Verhütung einer grossen Confusion im Oelgeschäft von
                              									grösster Wichtigkeit, dass der Gebrauch von Apparaten falscher Construction nicht
                              									noch mehr um sich greife, was mich auf mehrseitig ausgesprochenen Wunsch zu der
                              									Erklärung veranlasst, dass ich bis auf weiteres nur solche Engler'sche Viscosimeter als normale anerkennen kann, welche von der Firma
                              										C. Desaga, Universitätsmechaniker in Heidelberg,
                              									gefertigt und von der grossherzogl. chemisch-technischen Prüfungs- und
                              									Versuchsanstalt zu Karlsruhe (Marke ) geaicht sind.
                           Ueber die Festsetzung von Normalien und genauer Aichvorschriften sind Verhandlungen
                              									der chemisch-technischen Prüfungs- und Versuchsanstat Karlsruhe mit der
                              									mechanisch-technischen Versuchsanstalt in Charlottenburg im Gange, worüber seiner
                              									Zeit berichtet werden wird. Die in Folgendem geschilderte Construction ist bereits
                              									aus dieser Vereinbarung, theilweise aus Vorschlägen der Charlottenburger Anstalt,
                              									hervorgegangen.
                           Der Apparat hat jetzt die nebenstehend skizzirte Form, wobei jedoch bemerkt sei, dass
                              									die in allen ihren wesentlichen Theilen übereinstimmenden und nur in unwesentlichen
                              									Theilen etwas abweichenden älteren Viscosimeter der Firma Desaga, sofern sie die Aichmarke der Versuchsanstalt Karlsruhe tragen,
                              									nach wie vor als richtig anerkannt werden (siehe die bezügliche Beschreibung Chem. Zeitg., 1885 S. 189, und Post's Chemisch-technische Untersuchungen, 2. Aufl. Bd. 1 S. 323, mit
                              									welcher auch die folgende in der Hauptsache übereinstimmt).
                           Das Gefäss zur Aufnahme des zu prüfenden Oeles besteht in einer flachen, mittels
                              									Deckel A1 zu
                              									verschliessenden Kapsel A aus Messingblech, deren Form
                              									und Dimensionen auf beigefügter Skizze angegeben sind und welche für genaue
                              									Bestimmungen innen vergoldet ist. An den nach unten ausgebauchten Boden schliesst
                              									sich das genau 20 mm lange, oben 2,9 mm, unten 2,8 mm lichtweite Ausflussröhrchen
                              										a an; dasselbe kann mittels des unten schwach konisch
                              									zugespitzten Ventilstiftes b aus Hartholz verschlossen
                              									und geöffnet werden und muss für zuverlässige Bestimmungen aus Platin gefertigt
                              									sein, da Messingspitzen mit der Zeit durch die auslaufenden Oele angegriffen werden,
                              									namentlich wenn diese sauer sind; durch Versuche im hiesigen LaboratoriumD. p. J. 1887 263
                                    											193. ist zudem nachgewiesen, dass gewöhnliche Metalle wie Blei,
                              									Kupfer, Zink u.s.w., also auch Messing, durch neutrale Oele ebenfalls angegriffen
                              									werden. Drei Niveaumarken c sind in gleicher Höhe vom
                              									Boden des Behälters angebracht und dienen gleichzeitig zum Abmessen der Oelprobe und
                              									zur Beurtheilung richtiger wagerechter Aufstellung der Kapsel. Bis zu den
                              									Niveaumarken muss der Apparat 240 cc fassen, was bei schwach ausgebauchter Form des
                              									Bodens unter Festhaltung der durch die Zeichnung gegebenen Dimensionen der Fall ist.
                              									Thermometer t dient zum Ablesen der Temperatur des
                              									Versuchsöles. Kapsel A ist von einem oben offenen
                              									Mantel BB aus Messingblech umgeben, welcher zur
                              									Aufnahme eines schweren Mineralöles behufs Erwärmung des Inhaltes von A bis auf Temperaturen von 150° dient. Damit die Oele
                              									während des Auslaufes sich nicht zu sehr abkühlen, muss dieser Mantel das
                              									Ausflussrohr a umhüllen; ein zweites Thermometer taucht
                              									in die im Mantel befindliche Flüssigkeit. Dreifuss D
                              									dient als Träger des Ganzen, auch ist an demselben der Gasring d befestigt, mittels dessen vier Gasflämmchen das Oel
                              									auf die richtige Temperatur gebracht bezieh. darauf erhalten wird. Endlich ist unter
                              									dem Auslaufröhrchen ein Messkolben C aufgestellt.
                              									Derselbe zeigt an seinem Halse zwei Marken, die eine bei 200 cc, die andere bei 240
                              									cc, und damit der Hals und somit auch der Auslaufstrahl nicht zu lang werde, was die
                              									Genauigkeit des Versuches beeinträchtigen würde, ist eine Ausbauchung
                              									angeblasen.
                           Textabbildung Bd. 286, S. 211Engler's Viscosimeter.Wiederholt mache ich darauf aufmerksam, dass es absolut nothwendig ist, die
                              									gegebenen Dimensionen des Apparates genau einzuhalten, namentlich Länge und Weite
                              									des Ausflussröhrchens, Inhalt der Kapsel bis zu den Niveaumarken, sowie Höhe der
                              									letzteren über dem Auslaufröhrchen. Man kann ja allerdings durch Erweiterung und
                              									entsprechende Verlängerung des Auslaufröhrchens es leicht erreichen, dass in einem
                              									derartig abgeänderten Apparate Wasser genau in derselben Zeit ausläuft wie aus einem
                              									solchen mit normalen Dimensionen. Bei Vergleich zweier solcher mittels Wasser
                              									geaichter Apparate in Bezug auf die Auslaufzeit eines und desselben Oeles wird man
                              									jedoch stets grosse Differenzen finden und diese Differenzen müssen um so grösser
                              									werden, je zähflüssiger die Oele sind. Daher auch die unrichtigen Resultate mit
                              									Apparaten jener Berliner Firma, die zwar bei der Aichung mit Wasser die normale
                              									Auslaufzeit ergeben haben mögen, dagegen bei Prüfung der Oele wegen zu langer
                              									Auslaufspitze Differenzen zeigen müssen.
                           Abgesehen von der Aichung des Apparates, wobei ausser
                              									der Auslaufzeit des Wassers von 20° C. auch noch die wesentlichsten Dimensionen
                              									desselben controlirt werden und welche bis auf weiteres von der chemisch-technischen
                              									Versuchsanstalt in Karlsruhe ausgeführt wird, hat sowohl bei Ingebrauchnahme eines
                              									neuen Apparates, als auch nach längerem Gebrauche des Viscosimeters eine
                              									Controlprüfung stattzufinden, welche von dem betreffenden Experimentator nach
                              									folgender Vorschrift leicht selbst durchgeführt werden kann.
                           Prüfung des Apparates. Man bestimmt die Zeit in
                              									Secunden, welche 200 cc Wasser von 20° C. gebrauchen, um aus der bis zu den
                              									Niveauspitzen angefüllten Kapsel (A) auszufliessen. Zu
                              									diesem Behufe wird die Kapsel nach einander mit etwas Aether oder Petroleumäther,
                              									dann mit Weingeist, zuletzt mit Wasser ausgespült, dabei die Ausflussröhre mittels
                              									der Fahne einer Feder und eines kleinen Filtrirpapierstreifens gereinigt und der
                              									Ventilstift eingesetzt. Man misst alsdann in dem Messkolben (C) 240 cc Wasser ab, giesst es in die Kapsel, welche dadurch bis zu den
                              									Niveaumarken angefüllt wird, und bringt die Temperatur des Wassers auf 20° C. Dies
                              									geschieht dadurch, dass man das in dem äusseren Behälter (B) befindliche Wasser oder schwere Mineralöl so lange auf der gleichen
                              									Temperatur erhält, bis das innere Thermometer genau 20° zeigt und das äussere nur
                              									unmerklich davon differirt. Den Messkolben trocknet man unterdessen aus, stellt ihn
                              									dann unter die Ausflussöffnung, zieht den Ventilstift und beobachtet auf einer
                              									Secundenuhr, besser mittels eines Chronoskopes, die Zeit in Secunden, welche
                              									verläuft, bis sich der Messkolben genau bis zur Marke 200 cc angefüllt hat. Vor
                              									Ablaufenlassen der Flüssigkeit hat man darauf zu achten, dass letztere sich völlig
                              									in Ruhe befinde, insbesondere darf sie von vorhergehendem Rühren nicht mehr rotiren.
                              									Ist der Apparat richtig gebaut, so beträgt die Auslaufzeit zwischen 50 und 55
                              									Secunden; bei den neueren gut construirten Apparaten soll
                                 										diese Zeit nur zwischen 51 und 53 Secunden schwanken. Die genaue, den
                              									ferneren Proben zu Grunde zu legende Zahl, die übrigens auch in dem Aichscheine
                              									aufgeführt ist, muss für jeden einzelnen Apparat als Mittel aus mindestens drei
                              									Bestimmungen, die nicht mehr als 0,5 Secunde von einander abweichen, festgestellt
                              									werden und dieselbe ist dann = 1 zu setzen. Ganz genaue Bestimmungen müssen in einem
                              									der Temperatur 20° nahe
                              									kommenden Baume und mit Zuhilfenahme eines zuverlässigen Chronoskopes
                              									ausgeführt werden. Für gewöhnliche Zwecke genügt auch eine gute Secundenuhr.
                           Prüfung der Oele. Dabei ist aufs sorgfältigste darauf zu
                              									achten, dass alle Feuchtigkeit und jedweder Schmutz aus der inneren Kapsel entfernt
                              									sei, was durch Austrocknen und auf einander folgendes Ausspülen mit Alkohol, Aether
                              									oder Petroleumäther und Petroleum geschieht. Man spült dann den Apparat noch mit dem
                              									zu prüfenden Oele aus, füllt ihn bis zu den Niveaumarken damit an (nur dünne Oele
                              									lassen sich wie Wasser mittels des Messkölbchens einmessen) und bringt die
                              									Temperatur durch Erhitzen des Mineralölbades auf die gewünschte Höhe, auf welcher
                              									man vor dem Auslaufe 2 bis 3 Minuten lang erhält. Die Bestimmung der Auslaufzeit
                              									geschieht dann im Uebrigen genau wie oben bei der Prüfung des Apparates schon
                              									beschrieben wurde. Die dabei erhaltene Auslaufzeit des Oeles (z.B. 276 Secunden),
                              									dividirt durch die Auslaufzahl für Wasser von 20° im selben Apparat (z.B. 53
                              									Secunden), gibt die sogen. specifische Viscosität oder den Viscositätsgrad (hier
                              									also \frac{276}{53}=5,2). Oele, welche suspendirte Theile oder
                              									Wasser enthalten, müssen vor ihrer Prüfung durch ein trockenes Filter filtrirt
                              									werden.
                           Auf Verlangen liefert die Firma C. Desaga in Heidelberg
                              									zu den geaichten Apparaten auch geaichte Thermometer und bei 20° C. geaichte
                              									Messkölbchen. Da namentlich letztere nicht selten bedeutende Abweichungen zeigen,
                              									kann nur empfohlen werden, sich bei Proben von Belang nur geaichter Gefässe zu
                              									bedienen.