| Titel: | Neuerungen in der Fabrikation der Mineralsäuren, der Soda, Potasche und verwandter Industriezweige. | 
| Fundstelle: | Band 286, Jahrgang 1892, S. 212 | 
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                        Neuerungen in der Fabrikation der
                           								Mineralsäuren, der Soda, Potasche und verwandter Industriezweige.
                        (Fortsetzung des Berichtes S. 88 d.
                           								Bd.)
                        Neuerungen in der Fabrikation der Mineralsäuren, der Soda, Potasche
                           								und verwandter Industriezweige.
                        
                     
                        
                           Veränderung der Volumgewichte der Salpetersäuren durch einen
                              									Gehalt an Untersalpetersäure.
                           Während die für Schwefelsäure und Salzsäure gegebenen Tabellen im Allgemeinen ohne
                              									erheblichen Fehler auch für technische Säuren brauchbar sind, sind es die für die
                              									Salpetersäuren aufgestellten nicht. Der in jeder rohen Salpetersäure vorkommende
                              									Gehalt an niedrigen Stickstoffoxyden ist meistens so gross, dass er bedeutende
                              									Fehler in der Gehaltsbestimmung nach dem Volumgewicht verursacht. Wie schädlich die
                              									Vernachlässigung dieses Umstandes sein muss, haben schon Loring Jackson und Wing, sowie R. Hirsch hervorgehoben, ohne jedoch einen Weg zur
                              									Abhilfe gezeigt zu haben.
                           G. Lunge und L. Marchlewski
                              									versuchten daher, für die verschiedenen Salpetersäuren Tabellen zu ermitteln, welche
                              									dem Fabrikanten und Verbraucher von Salpetersäuren gestattet, bei der
                              									Gehaltsbestimmung sich des Volumgewichtes zu bedienen, auch wenn Untersalpetersäure
                              									zugegen ist, vorausgesetzt, dass man den Gehalt der letzteren kennt.
                           Verf. stellten Versuche mit drei verschiedenen reinen Salpetersäuren an, welche sich
                              									den im Handel vorkommenden Stärken anschliessen. Bei der ersten stärksten Säure
                              									ergaben sich durchaus befriedigende Resultate, welche Verf. es ermöglichte, eine für
                              									praktische Zwecke brauchbare Tabelle aufzustellen. Dagegen gelang dies nicht für die
                              									beiden schwächeren Säuren (1,4509 und 1,4018).
                           Als Ausgangssäure diente Verf. eine Säure vom Volumgewicht
                           Tabelle I. Beobachtungsergebnisse.
                           
                              
                                 
                                 Proc. N2O4
                                 Proc. HNO3(Gesammtacidität)
                                 Spec. Gew. bei
                                    												\frac{15^{\circ}}{4^{\circ}}(luftl. Raum)
                                 Aenderung desspecifischen
                                    											Ge-wichtes fürjeden Tempe-raturgrad
                                 
                              
                                 I
                                 II
                                 Mittel
                                 I
                                 II
                                 Mittel
                                 I
                                 II
                                 Mittel
                                 
                              
                                 Specifisches Gewicht der
                                    											Ausgangssäure: 1,4960 bei \frac{15^{\circ}}{4^{\circ}} im
                                    											luftleeren Raum.
                                 
                              
                                 1.
                                   1,04
                                   1,04
                                   1,04
                                 93,29
                                 93,22
                                 93,25
                                 1,49856
                                 1,49870
                                 1,49863
                                 ± 0,00136
                                 
                              
                                 2.
                                   2,93
                                   2,93
                                   2,93
                                 93,47
                                 93,67
                                 93,57
                                 1,50731
                                 1,50757
                                 1,50744
                                    0,00141
                                 
                              
                                 3.
                                   5,81
                                   5,82
                                   5,82
                                 94,50
                                 94,60
                                 94,55
                                 1,51990
                                 1,51990
                                 1,51990
                                    0,00142
                                 
                              
                                 4.
                                   7,53
                                   7,52
                                   7,53
                                 95,09
                                 95,09
                                 95,09
                                 1,52615
                                 1,52605
                                 1,52610
                                    0,00144
                                 
                              
                                 5.
                                 12,70
                                 12,70
                                 12,70
                                 97,76
                                 97,79
                                 97,77
                                 1,54445
                                 1,54455
                                 1,54450
                                    0,00145
                                 
                              
                           Tabelle II.
                           
                              
                                 a
                                 b
                                 c
                                 d
                                 e
                                 f
                                 g
                                 h
                                 i
                                 k
                                 l
                                 
                              
                                 Gehalt anN2O4
                                 HNO3
                                    											entspre-chend dem Ge-halt an N2O4
                                 Gesammtsäureberechnet alsHNO3
                                 Wirklicher Geh.an HNO3 nachAbzug der demN2O4
                                    											entspre-chenend
                                 Geh. an HNO3nach Abzug derHälfte der demN2O4
                                    											entspre-chenden
                                 Gefundenesspec. Gewichtbei
                                    												\frac{15^{\circ}}{4^{\circ}} im
                                    											luftl.Raum
                                 Spec. Gewichtentsprechendder
                                    												wirklichvorhandenenHNO3
                                    											(Spalte d)
                                 Spec. Gewichtentsprechenddernach Spalte
                                    											eangen. HNO3
                                 ScheinbarerGeh. an HNO3entsprechend
                                    											d.gefundenenspec. Gewichte
                                 Aenderung desspecifisches Ge-wichtes
                                    											dervorh. HNO3durch die
                                    												vorh.N2O4
                                 Aenderung desspecifischen Ge-wichtes für
                                    											je1 Proc. N2O4
                                 
                              
                                 Specifisches Gewicht der Ausgangssäure:
                                    											1,4960 bei \frac{15^{\circ}}{4^{\circ}} im luftleeren
                                    											Raum.
                                 
                              
                                 Proc.
                                 Proc.
                                 Proc.
                                 Proc.
                                 Proc.
                                 
                                 
                                 
                                 Proc.
                                 
                                 
                                 
                              
                                   1,04
                                   1,42
                                 93,25
                                 91,83
                                 92,54
                                 1,4986
                                 1,4954
                                 1,49688
                                 93,38
                                 0,0032
                                 0,00317
                                 
                              
                                   2,93
                                   4,02
                                 93,57
                                 89,55
                                 91,56
                                 1,5074
                                 1,4899
                                 1,49495
                                 97,28
                                 0,0175
                                 0,00599
                                 
                              
                                   5,82
                                   7,97
                                 94,55
                                 86,58
                                 90,56
                                 1,5199
                                 1,4816
                                 1,49242
                                 99,66
                                 0,0383
                                 0,00658
                                 
                              
                                   7,53
                                 10,32
                                 95,09
                                 84,77
                                 89,93
                                 1,5261
                                 1,4760
                                 1,49085
                                 –
                                 0,0501
                                 0,00663
                                 
                              
                                 12,70
                                 17,40
                                 97,77
                                 80,37
                                 89,07
                                 1,5445
                                 1,4613
                                 1,48860
                                 –
                                 0,0832
                                 0,00654
                                 
                              
                           
                           1,4960 bei
                              										\frac{15^{\circ}}{4^{\circ}}. Dieselbe wurde mit
                              									verschiedenen Mengen reiner Untersalpetersäure vermischt, und so die Versuchssäuren
                              									1 bis 5 erhalten.
                           Die Ergebnisse der Untersuchungen sind in den nebenstehenden Tabellen
                              									zusammengestellt.
                           Tabelle I gibt die directen Beobachtungsergebnisse wieder, woraus der
                              									Genauigkeitsgrad derselben ersehen werden kann. Aus den Versuchsmitteln wurde nun
                              									die Tabelle II berechnet, um die vorhandenen Beziehungen klarzulegen. Spalte a bis d
                              									dieser Tabelle sind durch die Ueberschriften genügend erklärt. Spalte d zeigt also
                              									z.B. den Wirkungswerth der Säure in den Fällen, wo die Untersalpetersäure überhaupt
                              									gar nicht zur Wirkung kommt. Spalte e zeigt den Wirkungswerth der Säure für den
                              									Fall, dass die Hälfte des Stickstoffes der N2O4 zur Wirkung kommt, indem, ja diese Verbindung, das
                              									gemischte Anhydrid der Salpetersäure und salpetrigen Säure, durch Alkalien wie auch
                              									durch concentrirte Schwefelsäure in ihre beiden Componenten gespalten wird. Spalten
                              									g und h zeigen, um wie viel geringer das specifische Gewicht der untersuchten Säure
                              									ausgefallen sein würde, wenn sämmtliche N2O4 bezieh. der in salpetrige Säure übergehende Theil
                              									derselben hinweggedacht bezieh. durch Wasser ersetzt gedacht wird. Spalte i, welche
                              									sich bei Nr. 4 und 5 überhaupt gar nicht ausfüllen liess, zeigt, wie groben
                              									Täuschungen man sich aussetzt, wenn man das gefundene specifische Gewicht ohne
                              									Rücksicht auf Spalte a nach den Tabellen auf HNO3
                              									berechnet. Spalte k zeigt die Gesammtänderung des specifischen Gewichtes im
                              									vorliegenden Falle durch die Untersalpetersäure, endlich Spalte 1 die Aenderung des
                              									specifischen Gewichtes für je 1 Proc. Untersalpetersäure.
                           Tabelle II beweist, dass die Annahme Hirsch's, man könne allgemein für je 1 Proc. salpetrige Säure
                              									eine Zunahme des spec. Gewichts von 0,01 setzen, durchaus unstatthaft ist.
                           Nach Ermittelung des Gehaltes an Untersalpetersäure mittels Chamäleontitrirung gibt
                              									Tabelle III an, welchen Abzug man von dem specifischen Gewichte machen muss, um dann
                              									mittels der von Lunge und Rey aufgestellten grossen Tabelle den wahren Gehalt an Salpetersäure zu
                              									finden. Dieser Abzug gilt nur für den Fall, dass man sämmtliche Untersalpetersäure
                              									als unwirksam annimmt, was in der Praxis auch zu geschehen pflegt.
                           Wie schon erwähnt, fielen die Versuche des Verf., auch für schwächere Säuren eine
                              									derartige Tabelle aufzustellen, negativ aus. Weitere Untersuchungen stellten Verf.
                              									dann mit einer Anzahl stärkeren Säuren von sehr verschiedenem Gehalt an
                              									Untersalpetersäure an, welche ihnen von der Chemischen
                                 										Fabrik Griesheim zur Verfügung gestellt wurden, sowie an einer schwächeren
                              										„grünen“ Säure. Das Ergebniss dieser Arbeiten ist, dass ein allgemeines
                              									einfaches Gesetz für die Beeinflussung des Volumgewichtes der Salpetersäure durch
                              									einen Gehalt an N2O4
                              									bezieh. NO2H sich nicht aufstellen lässt. Man muss
                              									also zur Ermittelung des Gehaltes an wirklicher Salpetersäure denjenigen an
                              									Gesammtsäure auf alkalimetrischem Wege, sowie denjenigen an N2O4 durch Chamäleon
                              									bestimmen und den letzteren von ersterem abziehen.
                           Tabelle III.
                           (Specifisches Gewicht der Ausgangssäure: 1,4960 bei
                              										\frac{15^{\circ}}{4^{\circ}} im luftleeren Raum.)
                           
                              
                                 Proc. N2O4
                                 Aenderung desspec. Gewichtesdurch N2O4
                                 Proc. N2O4
                                 Aenderung desspec. Gewichtesdurch N2O4
                                 
                              
                                 0,25
                                 0,00050
                                   6,75
                                 0,04475
                                 
                              
                                 0,50
                                 0,00075
                                   7,00
                                 0,04650
                                 
                              
                                 0,75
                                 0,00150
                                   7,25
                                 0,04720
                                 
                              
                                 1,00
                                 0,00300
                                   7,50
                                 0,05000
                                 
                              
                                 1,25
                                 0,00475
                                   7,75
                                 0,05165
                                 
                              
                                 1,50
                                 0,00675
                                   8,00
                                 0,05325
                                 
                              
                                 1,75
                                 0,00775
                                   8,25
                                 0,05500
                                 
                              
                                 2,00
                                 0,01050
                                   8,50
                                 0,05660
                                 
                              
                                 2,25
                                 0,01250
                                   8,75
                                 0,05825
                                 
                              
                                 2,50
                                 0,01425
                                   9,00
                                 0,06000
                                 
                              
                                 2,75
                                 0,01625
                                   9,25
                                 0,06160
                                 
                              
                                 3,00
                                 0,01800
                                   9,50
                                 0,06325
                                 
                              
                                 3,25
                                 0,01985
                                   9,75
                                 0,06500
                                 
                              
                                 3,50
                                 0,02165
                                 10,00
                                 0,06600
                                 
                              
                                 3,75
                                 0,02350
                                 10,25
                                 0,06815
                                 
                              
                                 4,00
                                 0,02525
                                 10,50
                                 0,06975
                                 
                              
                                 4,25
                                 0,02690
                                 10,75
                                 0,07135
                                 
                              
                                 4,50
                                 0,02875
                                 11,00
                                 0,07300
                                 
                              
                                 4,75
                                 0,03050
                                 11,25
                                 0,07450
                                 
                              
                                 5,00
                                 0,03225
                                 11,50
                                 0,07600
                                 
                              
                                 5,25
                                 0,03365
                                 11,75
                                 0,07750
                                 
                              
                                 5,50
                                 0,03600
                                 12,00
                                 0,07850
                                 
                              
                                 5,75
                                 0,03775
                                 12,25
                                 0,08050
                                 
                              
                                 6,00
                                 0,03950
                                 12,50
                                 0,08200
                                 
                              
                                 6,25
                                 0,04175
                                 12,75
                                 0,08350
                                 
                              
                                 6,50
                                 0,04300
                                 
                                 
                                 
                              
                           Zu der bei rauchenden Säuren lästigen und schwer genau auszuführenden Bestimmung der
                              									Gesammtsäure schlagen Verf. folgendes Verfahren vor:
                           Man bringt in das äussere Rohr einer KugelhahnpipetteZeitschrift für angewandte Chemie, 1891 S.
                                    											165. etwa 5 cc Wasser und wägt das Rohr mit der Pipette selbst,
                              									ohne jedoch die letztere in das Rohr einzustecken und dadurch aussen mit Wasser zu
                              									benetzen. Dann füllt man die Pipette in der früher beschriebenen Art, indem man
                              									durch Saugen mit dem Munde einen luftverdünnten Raum in der Kugel hervorbringt, den
                              									oberen Hahn schliesst und durch vorsichtiges Oeffnen des unteren Hahnes eine
                              									genügende Menge der Säure in die Pipette aufsteigen lässt. Nun steckt man die
                              									Pipette in das mit Wasser beschickte äussere Rohr. Der Druck der Dämpfe der
                              									rauchenden Säure bewirkt gewöhnlich, dass etwas Säure aus der Spitze der Pipette
                              									ausgetrieben wird, in das Wasser eintropft und dieses schwach erwärmt. Man kühlt
                              									daher, etwas ab, bringt die Kugelhahnpipette in das Wagegehäuse und lässt sie einige
                              									Minuten vor dem Wägen darin. Auf diesem Wege kann also die Säure ohne jede
                              									Unbequemlichkeit vollkommen genau abgewogen werden. Nach dem Wägen nimmt man die
                              									Pipette aus dem äusseren Rohr heraus und stellt sie in ein mit wenig Wasser
                              									beschicktes Becherglas, in welches man den Inhalt des äusseren Rohres ebenfalls
                              									entleert. Die Pipette selbst entleert man auf bekannte Weise und titrirt dann das
                              									Ganze alkalimetrisch.
                           Verf. machen schliesslich noch darauf aufmerksam, dass man, nach einer Mittheilung
                              									des Herrn Dr. Lang in Griesheim, mit Methylorange trotz
                              									der Gegenwart der salpetrigen Säure titriren könne, wenn man wie folgt verfährt:
                              									Entweder setzt man den Indicator erst gegen Ende der Titrirung zu und ersetzt
                              									nöthigenfalls, wenn er doch ausbleicht, den Mangel durch einen neuen Tropfen der
                              									Farbstofflösung; oder aber man übersättigt mit titrirter
                              									Natronlauge, setzt dann erst den Indicator zu und titrirt mit Normalsäure
                              									zurück, wobei, wie alle Versuche gezeigt haben, der Umschlag stets erfolgt, wenn
                              									alle salpetrige Säure genau in NaNO2 umgewandelt
                              									ist. Gegenüber Methylorange verhält sich also salpetrige Säure beim Titriren gerade
                              									wie die starken Mineralsäuren, nicht wie die schweflige Säure, bei der die
                              									Neutralität gegen Methylorange durch die Bildung des sauren Salzes, HSO3Na, eintritt. (Nach Zeitschrift für angewandte Chemie, 1892 S. 10 und 330.)
                           
                        
                           Die Industrie der Borsäure und des Borax.
                           In einem Vortrage, den Dr. Scheuer im Hannoverischen
                              									Bezirks verein der Deutschen Gesellschaft für angewandte
                                 										Chemie hielt, gab derselbe einen Ueberblick über die Industrie der Borsäure
                              									und des Borax, dem Nachstehendes entnommen ist: Die deutsche Boraxindustrie hat sich
                              									seit den 70er Jahren so gehoben, dass sie jetzt wohl den inländischen Bedarf
                              									vollkommen deckt, während früher England die Hauptmenge lieferte. Das deutsche
                              									Fabrikat ist dem englischen vollkommen gleich an Reinheit und Schönheit und wird
                              									selbst von der bekannten englischen Marke Wood nicht
                              									übertroffen.
                           Seine Hauptanwendung findet der Borax jetzt in der Emailleindustrie zur Herstellung
                              									der Emaille; ferner zu Glasuren in der Steingut- und Fayencefabrikation. Desgleichen
                              									wird er gebraucht für Glas- und Porzellanfarben, sowie zu optischen Gläsern. Bekannt
                              									ist seine Verwendung in den Metallgewerben zum Löthen. Erwähnt sei hier nur das
                              									sogen. Kohler'sche Schweisspulver für Gusstahl, das aus
                              									8 Th. Borax, 1 Th. Salmiak und 1 Th. Blutlaugensalz besteht. Eine andere Mischung,
                              									die sich gut bewährt hat, besteht aus 64 Th. Borax, 20 Th. Salmiak, 10 Th.
                              									Blutlaugensalz und 5 Th. Colophonium. –
                           Nicht unwichtig ist die Verwendung in der Weisswaarenappretur, sowie zum Steifen der
                              									Wäsche. Bekannt ist ferner seine Anwendung zu Conservirungszwecken und in der
                              									Medicin. Auch in der Fabrikation von Siccativen und Firnissen spielen die Borate
                              									eine nicht unwichtige Rolle. Besonders beliebt ist die Verwendung des Manganborates
                              									zur Herstellung heller Firnisse.Eine
                                    											Vorschrift zu Manganboratfirniss befindet sich D. p.
                                       												J. 1892 286 24.
                           Als Ausgangsmaterialien zur Herstellung der handelsüblichen Marken reiner Borsäure
                              									und reinen Borax dienen:
                           1) die natürliche Borsäure;
                           2) der natürliche Borax oder Tinkal;
                           3) der Boronatrocalcit (Chilenischer Borkalk);
                           4) der Pandermit aus Kleinasien (Türkischer Boracit);
                           5) der Stassfurtit (Stassfurter Boracit).
                           Das natürliche Vorkommen der Borsäure ist hinreichend bekannt; ebenso dasjenige des
                              									Borax, des Tinkals in Tibet. In neuerer Zeit beansprucht jedoch der natürliche Borax
                              									Californiens ein grösseres Interesse. Derselbe findet sich in grosser Menge in dem
                              									400 Meilen von San Francisco entfernten Boraxsee. A.
                                 										Robottom, der 1874 den See besuchte, berichtet, dass in der Mitte des Sees
                              									eine 8 km lange Salzbank liegt, deren Rand aus Soda besteht, während etwa 1000 ha
                              									Landes mit rohem Borax von 8 bis 60 cm Mächtigkeit bedeckt sind. Dieser rohe Borax
                              									erneuert sich an der Oberfläche etwa alle 3 Jahre. Nach C. Napier HakeVortrag,
                                       												gehalten in der Society of Chemical Industrie. sind die
                              									Ausblühungen in den ersten 6 Monaten am reichsten an Borax (14,2 Proc.), während
                              									eine 4 Jahre alte Ausblühung nur noch 10,9 Proc. enthält. Die Verarbeitung ist sehr
                              									einfach; das Rohsalz wird mittels heissen Wassers ausgelaugt und die Lösung
                              									krystallisiren gelassen, wobei man prismatischen oder octaëdrischen Borax, je nach
                              									der Temperatur, als ersten Anschuss erhält. Monatlich werden auf diese Weise 100 t
                              									gewonnen.
                           Der chilenische Boraxkalk – Boronatrocalcit – Ulexit (Na2B4O7  +
                              										2CaB4O7 + 18 aq
                              									in reinem Zustande) findet sich als weisse knollige Massen im Norden Chiles, auf der
                              									Hochebene der Cordilleren. Das zuerst ausgebeutete Lager von Maricunga lieferte ein
                              									Mineral mit 18 bis 24 Proc. Borsäure, während das später entdeckte Lager von Ascotan
                              									ein solches mit etwa 35 Proc. Borsäure liefert. Dieser Boraxkalk enthält wenig Gyps,
                              									aber viel Chlornatrium. Die Einfuhr geschieht jetzt direct nach Hamburg, wo beim
                              									Einkauf der Gehalt an wasserfreier Borsäure zu Grunde gelegt wird.
                           Der türkische Boracit, Pandermit, kommt in derben rein weissen Stücken in Handel. Er
                              									hat einen Gehalt von 53 Proc. wasserfreier Borsäure und wurde anfangs nur in
                              									Frankreich auf Borax verarbeitet; gelangte dann nach England und neuerdings auch
                              									nach Deutschland, wo er dem chilenischen Borkalk erhebliche Concurrenz macht.
                           Das Vorkommen des Stassfurtit ist bekannt. Seine Zusammensetzung entspricht
                              									derjenigen des krystallirten Boracits: 2Mg3B8O15 + MgCl2 mit 62,5 Proc. Borsäure (wasserfrei). Anfangs kam
                              									der Stassfurtit so in den Handel, wie er aus dem Kainit ausgelesen (ausgeklaubt)
                              									wurde; jetzt nur noch gewaschen, getrocknet und zerkleinert.
                           Was die Bearbeitung der angeführten Rohmaterialien auf Borsäure und Borax anbelangt,
                              									so dürfte diejenige der Borsäure aus toscanischer Borsäure hinreichend bekannt
                              									sein.
                           Die Herstellung der Borsäure aus chilenischem Borkalk von Maricunga ist unlohnend;
                              									diejenige aus Ascotanborkalk geschieht durch Zersetzung mit Salzsäure. Pandermit
                              									wird wohl ebenfalls durch Säure zersetzt.
                           Bei Stassfurtit wird zweckmässig Schwefelsäure zur Gewinnung der Borsäure verwendet.
                              									Die Borsäure erhält eine schönere Farbe und aus den Mutterlaugen lässt sich leicht
                              									Bittersalz herstellen. Die Ausbeute beträgt bei Anwendung von gut gewaschenem und
                              									getrocknetem Boracit bis 80 Proc. von dessen Gewicht an krystallisirter Säure.
                           Die chemisch reine Borsäure wird aus der raffinirten durch Umkrystallisiren in
                              									Steingutgefässen gewonnen. Soll dieselbe in grossblätteriger Form erhalten werden,
                              									so wird eine nicht ganz gesättigte, heisse Lösung in vorgewärmten Thongefässen von
                              									150 l Inhalt, die mit schlechten Wärmeleitern umgeben sind, der langsamen
                              									Krystallisation überlassen. Innerhalb 8 bis 12 Tagen krystallisirt die Borsäure dann
                              									in der gewünschten Form aus.
                           Das Pulvern der Borsäure kann in Folge ihrer Structur nur in solchen
                              									Mahlvorrichtungen geschehen, welche zerreibend wirken, wie Kollergänge und bestimmte
                              									Arten von Kugelmühlen.
                           Um aus dem Rohborax der Boraxseen raffinirten Borax zu gewinnen, wird ersterer, da er
                              									mit einer fettigen Substanz
                              									verunreinigt ist, zunächst mit Kalkmilch behandelt und darauf in siedendem
                              									Wasser gelöst. Sobald die Lösung klar ist, wird sie abgezogen und etwas Chlorcalcium
                              									zugesetzt. Das entstehende Kalkborat reisst die Reste der Kalkseife mit nieder,
                              									worauf die geklärte Boraxlauge der Krystallisation überlassen wird.
                           Früher, bis gegen Ende der 70er Jahre, wurde der Borax fast ausschliesslich aus
                              									Borsäure gewonnen und auch jetzt noch dürfte der meiste Borax aus Borsäure
                              									hergestellt werden, da die Herstellung bei Beobachtung einiger Vorsichtsmaassregeln
                              									sehr einfach ist:
                           1) Der Borax krystallisirt am leichtesten und schönsten, wenn ein gewisser
                              									Sodaüberschuss vorhanden ist, etwa 5 Proc. Krystallsoda auf 100 Krystallborax. Fehlt
                              									es an Soda, so entstehen schwer krystallisirbare Laugen.
                           2) Uebersteigt der Sodaüberschuss eine gewisse Grenze, so krystallisirt das neutrale
                              									Borat aus (NaBO2 + 4 aq.); wichtig bei Verarbeitung
                              									der Mutterlaugen.
                           3) Wird eine bestimmte Concentration der heissen Laugen überschritten (24 bis 28° B.
                              									bei reinen Laugen), so krystallisirt octaëdrischer Borax (Na2B4O7 + 5 aq.) aus, welcher nur die Hälfte
                              									Krystallwasser enthält wie der prismatische Borax. Dies ist namentlich wieder bei
                              									Aufarbeitung der Mutterlaugen zu beachten.
                           4) Die handelsüblichen Krystalle können nur erhalten werden durch sehr langsame
                              									Abkühlung der heissen Laugen von richtiger Zusammensetzung, in grösseren
                              									Krystallisirgefässen von mindestens 5 cbm Inhalt.
                           Der gepulverte Borax wird theilweise aus dem Abfalle des Krystallborax durch
                              									Feinmahlen oder durch gestörte Krystallisation erhalten.
                           Die Fabrikation des Borax aus Boronatrocalcit durch Kochen mit Soda ist von WittingZeitschrift für angewandte Chemie, 1888 S.
                                       												483. ausführlich beschrieben worden, und es sei deshalb
                              									hier nur darauf hingewiesen. Die directe Darstellung des Borax aus Boronatrocalcit
                              									durch Kochen mit Soda wird für solche Fabriken vortheilhaft sein, welche keine
                              									Mineralsäuren darstellen. Stehen jedoch einer Fabrik Mineralsäuren billig zur
                              									Verfügung, so ist es wahrscheinlich zweckmässiger, zunächst Borsäure herzustellen
                              									und aus dieser erst Borax.
                           Ob auch Pandermit durch Kochen mit Soda direct auf Borax verarbeitet werden kann, ist
                              									noch nicht bekannt. Es ist dies unwahrscheinlich, weil in demselben Borsäure und
                              									Kalk nicht in dem für Borax nöthigen Atomverhältnisse stehen. Ein englisches Patent
                              									deutet auch hierauf hin. (Nach Zeitschrift für angewandte
                                 										Chemie, 1892 S. 241.)
                           
                              
                                 (Schluss folgt.)