| Titel: | Ueber Verbundlocomotiven. | 
| Autor: | Fr. Freytag | 
| Fundstelle: | Band 287, Jahrgang 1893, S. 49 | 
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                        Ueber Verbundlocomotiven.
                        Von Fr. Freytag in
                           									Chemnitz.
                        (Schluss des Berichtes S. 25 d. Bd.)
                        Mit Abbildungen.
                        Ueber Verbundlocomotiven.
                        
                     
                        
                           Besondere Beachtung verdienen ferner die Versuche, welche mit einer Verbundmaschine
                              									der Locomotivwerkstätten von Rhode-Island (Nordamerika)
                              									und einer gleichgebauten gewöhnlichen Locomotive angestellt wurden.
                           Wie die Zeitschrift des Vereins deutscher
                                       												Ingenieure vom 21. November 1891 S. 1332 nach der
                              											Schweizerischen Bauzeitung vom 17. October 1891 Bd. 18 S.
                                 										89 bezieh. der Railroad Gazette und Revue générale
                                       												des chemins de fer mittheilt, waren beide Maschinen
                              									Vierkuppler nach dem System Forney und standen auf der
                              									Brooklyner Hochbahn im Dienst; auf dieser Linie fanden auch die Versuche statt.
                           Die hauptsächlichsten Maasse der beiden Locomotiven sind in dem Folgenden
                              									wiedergegeben:
                           
                              
                                 
                                 
                                 Verbund-maschine
                                 GewöhnlicheMaschine
                                 
                              
                                 Durchmesser des Dampfkessels
                                 m
                                 1,060
                                 1,060
                                 
                              
                                 Röhren: Durchmesser
                                 m
                                 0,037
                                 0,037
                                 
                              
                                              Länge
                                 m
                                 1,778
                                 1,778
                                 
                              
                                              Anzahl
                                 
                                 124
                                 124
                                 
                              
                                 Abmessungen des Rostes
                                 m
                                 1,390 × 1,040
                                 1,390 × 1,040
                                 
                              
                                 Rostfläche
                                 qm
                                     1,459
                                    1,459
                                 
                              
                                 Gesammte Heizfläche
                                 qm
                                 26,88
                                 26,88
                                 
                              
                                 Hochdruckcylinder:
                                 
                                 
                                 
                                 
                              
                                 Durchmesser
                                 m
                                       0,292
                                 0,279
                                 
                              
                                 Hub
                                 m
                                       0,406
                                 0,406
                                 
                              
                                 Länge der Dampfeintrittsöffn.
                                 m
                                       0,022
                                 0,022
                                 
                              
                                 Breite   „              „
                                 m
                                       0,253
                                 0,216
                                 
                              
                                 Länge   „ Dampfaustrittsöffn.
                                 m
                                       0,050
                                 0,044
                                 
                              
                                 Breite   „              „
                                 m
                                       0,253
                                 0,216
                                 
                              
                                 Schädlicher Raum
                                 Proc.
                                       11
                                 8
                                 
                              
                                 Durchmesser des Dampfzulei-    tungsrohres
                                 m
                                       0,050
                                 0,076
                                 
                              
                                 Aeussere Schieberüberdeckung
                                 m
                                       0,022
                                 0,016
                                 
                              
                                 Niederdruckcylinder:
                                 
                                 
                                 
                                 
                              
                                 Durchmesser
                                 m
                                       0,457
                                 –
                                 
                              
                                 Hub
                                 m
                                       0,406
                                 –
                                 
                              
                                 Länge der Dampfeintrittsoffn.
                                 m
                                       0,025
                                 –
                                 
                              
                                 Breite   „              „
                                 m
                                       0,432
                                 –
                                 
                              
                                 Länge   „ Dampfaustrittsöffn.
                                 m
                                     0,50
                                 –
                                 
                              
                                 Breite   „              „
                                 m
                                       0,432
                                 –
                                 
                              
                                 Schädlicher Raum
                                 Proc.
                                 10,2
                                 –
                                 
                              
                                 Durchmesser des Dampfzulei-   tungsrohres
                                 m
                                       0,088
                                 –
                                 
                              
                                 Aeussere Schieberüberdeckung
                                 m
                                       0,025
                                 –
                                 
                              
                                 Durchmesser der Dampfent-   weichungsdüse
                                 m
                                        0,076
                                  0,082
                                 
                              
                                 Durchmesser der Kolbenfüh-   rungstange
                                 m
                                        0,050
                                  0,050
                                 
                              
                                 Durchmesser der gekuppelten   Räder
                                 m
                                        1,060
                                  1,060
                                 
                              
                                 Schieber
                                 
                                       entlastet
                                 entlastet
                                 
                              
                                 Grösster Excenterhub
                                 m
                                        0,127
                                  0,101
                                 
                              
                                 Vertheilung der Last auf die    gekuppelten Räder
                                 k
                                       14304
                                 14100
                                 
                              
                                 Vertheilung der Last auf das    Radgestell
                                 k
                                         6493
                                   6493
                                 
                              
                                 Gesammtgewicht der Last
                                 k
                                       20797
                                 20593
                                 
                              
                           Die Versuche bestanden in Fahrten mit jeder der beiden Locomotiven auf der
                              									gleichen Strecke, und zwar gleich oft mit zwei, drei oder vier angehängten grossen
                              									Wagen, wie sie auf der Brooklyner Hochbahn im Gebrauche stehen. Jede der beiden
                              									Locomotiven durchlief insgesammt 558,081 km, wobei die gewöhnliche Locomotive
                              									1768,61 k Kohle oder 3,17 k für 1 km, die Verbundlocomotive nur 1022,22 k oder 1,97
                              									k für 1 km verzehrte; dies gibt für die Verbundlocomotive eine Kohlenersparniss von
                              									37,85 Proc. Die während der ganzen Ausdehnung der Versuche verdampfte Wassermenge
                              									betrug bei der gewöhnlichen Locomotive 11766,95 k, gemessen bei 14,4° C., bei der
                              									Verbundlocomotive 9019,14 k, gemessen bei 8,5° C., oder im ersteren Falle 21,10 k
                              									für 1 km, im zweiten 16,17 k; hieraus berechnet sich für die Verbundmaschine eine
                              									Wasserersparniss von 23,36 Proc. Ferner ergibt sich, dass mit 1 k Kohle die
                              									Verbundmaschine 8,182 k Wasser verdampft, die gewöhnliche Locomotive nur 6,654 k;
                              									auch wurde bei der ersteren ein sanfterer Gang beobachtet, sowie eine geringere
                              									Aschen- und Funkenbildung festgestellt, als bei der letzteren.
                           Ein weiteres Interesse bietet die Einrichtung, welche an den Verbundlocomotiven der
                              										Rhode-Island-Werkstätten nach Angaben des ersten
                              									Constructeurs der genannten Werke, C. H. Batchellor
                              									(Amerikanisches Patent vom 22. September 1891) getroffen wurde, um die Zufuhr
                              									directen Kesseldampfes in beide Cylinder zu ermöglichen; es arbeiten dann die
                              									Locomotiven ohne Verbundwirkung und dies ist, wie schon früher hervorgehoben,
                              									namentlich für ein sofortiges Anfahren derselben von Wichtigkeit.
                           Nach dem Journal of the Franklin Institute vom Mai 1892
                              									(Ergänzungsband) ist zu diesem Zwecke in dem zwischen den beiden Cylindern in der
                              									Rauchkammer liegenden Verbindungsrohr (dem Zwischenbehälter) ein Gehäuse
                              									eingeschaltet; in dem sich ein aus drei Kolben gebildeter Schieber selbsthätig hin
                              									und her bewegt, ausserdem ist noch ein selbsthätiges Druckminderventil, ein
                              									Ausströmventil und ein vom Führer bethätigtes Absperrventil angeordnet. Befindet
                              									sich der Kolbenschieber in irgend welcher Stellung und wird der Regulator geöffnet,
                              									so tritt in der gewöhnlichen Weise frischer Kesseldampf in den Hochdruckcylinder und
                              									ferner durch eine vom Hauptdampfrohr abgehende Zweigleitung durch einen Kanal in den
                              									durch die beiden kleineren Kolben des Hauptschiebers gebildeten Raum des Gehäuses,
                              									so dass sich der Schieber nun nach rechts bewegt und durch den Kanal, sowie das
                              									Druckminderventil Dampf in den Schieberkasten des Niederdruckcylinders treten kann;
                              									die Druckminderung des Dampfes findet hierbei, da beide Cylinder gleiche Arbeiten
                              									entwickeln sollen, dem Verhältniss ihrer Volumina entsprechend statt. In der
                              									Stellung, in welcher sich der Hauptschieber jetzt befindet, kann kein Dampf aus dem
                              										Zwischenbehälter
                              									in den Schieberkasten des Niederdruckcylinders treten.
                           Die drei Kolben des Hauptschiebers sind derart bemessen, dass sie selbsthätig in ihre
                              									der Verbundwirkung der Maschine entsprechende Endstellung gelangen, sobald der vom
                              									Hochdruckcylinder kommende Abdampf eine bestimmte Spannung im Zwischenbehälter
                              									erreicht hat; die Maschine fährt demnach mit directem Kesseldampf in beiden
                              									Cylindern an und arbeitet, sobald ein bestimmter Dampfdruck im Zwischenbehälter
                              									erreicht ist, ohne irgend welches Zuthun des Führers, mit Verbundwirkung.
                           Um zu jeder beliebigen Zeit die Verbundwirkung der Maschine aufheben zu können,
                              									öffnet der Führer das in seinem Bereiche liegende Absperrventil und es tritt dann
                              									Dampf unter das Ausströmventil; dieses öffnet bei seiner Vorwärtsbewegung einen
                              									Kanal, so dass der Zwischenbehälter mit dem Ausströmrohre in Verbindung kommt und
                              									der im Hochdruckcylinder wirksam gewesene Dampf direct durch den Exhaustor ins Freie
                              									entweicht.
                           Um die Stellung des Kolbenschiebers beim gewöhnlichen Betriebe der Locomotive zu
                              									sichern, tritt, bevor der letztgenannte Kanal durch das Ausströmventil geöffnet
                              									wird, gespannter Dampf auch hinter den kleinsten Kolben des Schiebers, so dass der
                              									Kesseldampf nach dem Passiren des Druckminderventiles ungehindert in den
                              									Niederdruckcylinder bezieh. dessen Schieberkasten strömen kann.
                           Den Bewegungen des Kolbenschiebers arbeitet eine Flüssigkeitsbremse entgegen, so dass
                              									er nicht von selbst, sondern nur dann seine Stellung ändert, wenn entsprechend
                              									grössere Kräfte auf ihn einwirken.
                           Die französische Nordbahn, welche von den sechs grossen Eisenbahngesellschaften
                              									Frankreichs (Nord, Ouest, Est, Midi, Paris-Orléans, Paris-Lyon), sowie der
                              									Staatsbahnverwaltung dem Verbundsystem an Locomotiven bisher wohl die meiste
                              									Aufmerksamkeit zuwandte (1890 275 * 587), hat vor
                              									ungefähr einem Jahre zwei viergekuppelte Schnellzuglocomotiven mit vorderem
                              									Drehgestell in Dienst gestellt, welche in ähnlicher Weise wie eine der genannten
                              									Gesellschaft gehörige Schnellzuglocomotive mit vorderer radialer Laufachse (Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure, Bd. 34
                              									Nr. 24 vom 14. Juni 1890 S. 610) mit Verbundwirkung arbeiten und nach Mittheilungen
                              									des Oberingenieurs G. du Bousquet in der Revue générale des chemins de fer vorzügliche
                              									Betriebsresultate ergeben haben.
                           Die mit vier Cylindern ausgerüsteten, die Nummern 2.121 und 2.122 führenden
                              									Locomotiven, d.h. nach der Bezeichnungsweise der Locomotiven der französischen
                              									Nordbahn Nr. 121 und 122 mit zwei gekuppelten Achsen, sind von der Elsässischen Maschinenbaugesellschaft zu Belfort
                              									entworfen und ausgeführt; sie besitzen, um Vergleiche anstellen zu können, denselben
                              									Kessel wie die vorgenannte, in Paris 1889 ausgestellt gewesene Schnellzuglocomotive
                              									mit vorderer radialer Laufachse, unterscheiden sich jedoch im Wesentlichen von
                              									derselben dadurch, dass die Hinterachse hier hinter die Feuerbüchse gelegt ist, die
                              									beiden Treibachsen gekuppelt sind und ferner noch eine Vorrichtung angebracht ist,
                              									welche ein Entweichen des Dampfes aus den kleinen Cylindern direct ins Freie und die
                              									Speisung der grossen Cylinder mit Dampf von 6 at Spannung direct aus dem Kessel
                              									gestattet, sobald irgend welcher Umstand ein derartiges Betreiben der Locomotive
                              									wünschenswerth erscheinen lässt. Aehnliche Locomotiven mit nur zwei
                              									innenliegenden Cylindern befinden sieh übrigens bereits seit längerer Zeit auf der
                              									französischen Nordbahn in Dienst.
                           Die beiden Hochdruckcylinder liegen ausserhalb der Rahmen zwischen hinterer Laufachse
                              									des Drehgestelles und vorderer Treibachse, die beiden Niederdruckcylinder unter der
                              									Rauchkammer der Locomotive innerhalb der Rahmen, jedoch so, dass ihre Schieberkasten
                              									von aussen leicht zugänglich sind. Bei der in Paris 1889 ausgestellt gewesenen
                              									Locomotive war die Anordnung der Cylinder eine entgegengesetzte, d.h. die
                              									Hochdruckcylinder lagen innerhalb der Rahmen in der Ebene der Laufachse, die
                              									Niederdruckcylinder ausserhalb der Rahmen zwischen Lauf- und erster Treibachse. Der
                              									Weg des Dampfes vom Kessel nach den Ausströmrohren in der Rauchkammer ist demnach
                              									jetzt ein viel directerer geworden, auch liegt die Ebene, in welcher die motorische
                              									Kraft der äusseren Cylinder wirksam ist, nicht so weit von den Rahmen entfernt, als
                              									bei der vorgenannten Locomotive, woraus geringere Biegungsbeanspruchungen der Rahmen
                              									resultiren. Die Niederdruckcylinder wirken auf die doppeltgekröpfte, vor der Feuerbüchse liegende, die Hochdruckcylinder auf
                              									die hinter derselben gelegene Treibachse. Die auf die Treibkurbeln übertragenen
                              									Maximalkräfte sind damit um ein Bedeutendes verringert und betragen für die
                              									Niederdruckcylinder höchstens 12710 k, für die Hochdruckcylinder höchstens 13235
                              									k.
                           Die Hoch- und Niederdruckkurbeln jeder Maschinenseite sind zur Vermeidung von
                              									Zeitverlusten beim Anfahren um 162° versetzt, so dass eine stete Einführung von
                              									Dampf in den einen oder anderen Cylinder stattfinden kann; ferner lässt man in
                              									derartigen Fällen den in den Hochdruckcylindern als Gegendruck auftretenden Dampf
                              									des Zwischenbehälters direct in das Ausströmrohr entweichen. Dies geschieht mit
                              									Hilfe zweier vom Führerstande aus regelbaren Vorrichtungen, die aus kleinen, unter
                              									dem Kessel liegenden und von diesen mit Dampf versorgten Cylindern bestehen, deren
                              									Kolben mit Drehschiebern, welche in die bezüglichen Rohrleitungen eingebaut sind, in
                              									Verbindung stehen. Das Ausströmrohr eines jeden Hochdruckcylinders ist nämlich an
                              									seinem freien Ende von einem metallenen Ringe umgeben, der mittels Stopfbüchse in
                              									einem rohrartigen Ansätze des Schiebergehäuses derart geführt wird, dass hierdurch
                              									die Ausdehnung des Rohres in keiner Weise behindert ist. Der in einer Bohrung des
                              									Schiebergehäuses liegende und wie dieses aus Gusseisen gefertigte Drehschieber ist
                              									von cylindrischer Gestalt und mit drei Durchbrechungen versehen, welche dazu dienen,
                              									eine Verbindung des oben genannten Ausströmrohres mit dem grossen Cylinder bezieh.
                              									dem Zwischenbehälter oder einem ins Freie tretenden Rohre herzustellen; der
                              									Drehschieber trägt eine nach aussen mittels Stopfbüchse abgedichtete kurze Stange,
                              									auf deren äusserem Ende ein Hebel festgemacht ist, der mit den Kolben der erwähnten
                              									kleinen Cylinder verbunden ist und je nach dem Bewegungssinne derselben
                              									entsprechende Drehungen des Schiebers hervorbringt.
                           Mit Hilfe dieser Einrichtung lässt sich die Zugkraft der Locomotive beim Anfahren bis
                              									auf 10000 k steigern, wobei die Dampfspannung im Zwischenbehälter 6 at beträgt, und
                              									es gestattet derselbe überdies 1) ein gewöhnliches Arbeiten der Maschine mit
                              									Verbundwirkung: 2) ein von einander unabhängiges Arbeiten der beiden Hoch- und
                              									Niederdruckcylinder beim Anfahren, wobei die ersteren Dampf von 14 at, die
                              									letzteren von 6 at Spannung erhalten; 3) ein Betreiben der Locomotive mit den beiden
                              									Hochdruckcylindern allein, wenn irgend welcher Defect an den Niederdruckcylindern
                              									bemerkbar ist, oder umgekehrt.
                           Der auf 14 at Dampfspannung geprüfte Kessel besteht aus teleskopartig in einander
                              									geschobenen Schüssen von 18 mm Blechstärke, von denen der vordere Schuss der grösste
                              									ist; in der Feuerbüchse der einen Maschine befindet sich behufs Vergrösserung der
                              									Heizfläche ein Sieder nach Tenbrink (1863 167 * 90), in der anderen eine aus Chamottesteinen
                              									gebildete Feuerbrücke. Die directe Heizfläche beträgt (exclusive der durch den
                              									Tenbrink-Sieder erhaltenen) 10,87 qm. Der Dom befindet sich auf dem hinteren,
                              									kleinsten Kesselschuss und die Dampfentnahme erfolgt mit Hilfe zweier über einander
                              									liegender Schieber; die zwei Sicherheitsventile mit directer Belastung sind auf dem
                              									hinteren Theile des Feuerbüchsmantels befestigt. Vor den Rädern der vorderen
                              									Treibachse liegen mit Dampf betriebene Sandstreuer, System Gresham.
                           Die Steuerung der Hoch- und Niederdruckcylinder erfolgt vom Führerstande aus mittels
                              									eines einzigen Handrades, welches sich entweder frei auf einer Verlängerung der die
                              									Dampfvertheilung der Niederdruckcylinder regelnden Steuerungschraube dreht und in
                              									diesem Falle, da es mit einem hinterliegenden Zahnrade aus einem Stück gegossen und
                              									dieses mit einem ähnlichen, auf der zu den Hochdruckcylindern gehörigen Steuerwelle
                              									festgekeilten Zahnrade in Eingriff steht, die letztere Welle bethätigt, oder durch
                              									eine Klinke in feste Verbindung mit seiner Achse gebracht wird und so eine
                              									gleichzeitige Einstellung der nach dem System Heusinger von
                                 										Waldegg angeordneten Steuerungen beider Cylinderpaare ermöglicht. Die
                              									Feststellung der beiden neben einander liegenden Steuerungschrauben in irgend
                              									welcher Lage wird, wie bei jeder gewöhnlichen Locomotivsteuerung, durch eine zweite,
                              									hinter der ersteren gelegene Klinke bewirkt. Steht das Handrad in fester Verbindung
                              									mit seiner Achse, so lassen sich, was namentlich beim Anfahren der Locomotive
                              									wichtig ist, vorausgesetzt, dass auch von gleichzeitigen Todtpunktlagen ausgegangen
                              									wurde, für beide Cylinderpaare gleiche Füllungen erreichen und während des Ganges
                              									nach Ausschalten der vorderen Klinke Aenderungen in der Füllung der
                              									Hochdruckcylinder vornehmen, ohne dass hierdurch die Füllung in den
                              									Niederdruckcylindern irgendwie beeinflusst wird.
                           Der Rahmen der Maschine wird durch zwei einfache Eisenbleche von je 28 mm Dicke
                              									gebildet, welche zwischen der ersten Treib- und der Hinterachse des Drehgestelles
                              									durch einen aus Gusstahl gefertigten, mit Rippen versehenen durchbrochenen Kasten
                              									von 680 mm Länge solid mit einander verbunden sind; der letztere dient auf seinem
                              									vorderen Theile auch zum Tragen der Gleitschienen der Hochdruckcylinder und nimmt
                              									auf seinem oberen Theile zum Tragen der Steuerungscoulissen dienende Lager auf. Das
                              									wie bei allen Schnellzuglocomotiven der Nordbahn ausgebildete vordere Drehgestell
                              									besitzt vor den Rädern liegende Längsrahmen.
                           Die doppelt gekröpfte Treibachse ist nach dem System Worsdell mit kreisförmigen Kurbelscheiben versehen, welche die Festigkeit
                              									der Kurbel arme trotz Verringerung ihrer Stärke nicht unwesentlich erhöhen.
                           Die Maschine ist mit einer durch zwei in der Rauchkammer liegende Ejectoren
                              									bethätigten Vacuumbremse ausgerüstet, deren zwei Cylinder (System Hardy) vorn unter dem Tender hängen und durch
                              									Kolbenübertragung auf die Bremswelle bezieh. auf die Bremsschuhe der vorderen
                              									Treibräder wirken; der dreiachsige Tender fasst 14 t Wasser und 4 t Kohle. Einige
                              									Hauptabmessungen der Locomotive folgen nachstehend:
                           
                              
                                 Rostfläche
                                 2,04
                                 qm
                                 
                              
                                 Feuerrohre: Anzahl
                                 202
                                 
                                 
                              
                                                    Aeusserer Durchmesser
                                 0,045
                                 m
                                 
                              
                                                    Dicke
                                 0,0025
                                 m
                                 
                              
                                 Zwischen den Rohrwänden
                                 3,900
                                 m
                                 
                              
                                 Heizfläche der Feuerbüchse
                                 10,87
                                 qm
                                 
                              
                                        „        des Tenbrink-Sieders
                                 2,70
                                 „
                                 
                              
                                        „        in den Rohren
                                 98,98
                                 „
                                 
                              
                                        „        total
                                 112,55
                                 „
                                 
                              
                                 Kesseldruck
                                 14
                                 at
                                 
                              
                                 Höchster Dampfdruck im Zwischen-    behälter
                                 6
                                 „
                                 
                              
                                 Verhältniss der Cylindervolumen
                                 2,42
                                 
                                 
                              
                                        „    des Volumens vom Zwischen-    behälter zum
                                    											Volumen der kleinen    Cylinder
                                 1,36
                                 
                                 
                              
                                 Maximale theoretische Zugkraft
                                    											(mit    Verbundwirkung)
                                 7847
                                 k
                                 
                              
                                 Maximale theoretische Zugkraft (mit    Auspuff der
                                    											kleinen Cylinder in die    freie Atmosphäre und Speisung
                                    											der    grossen Cylinder mit directem Kessel-    dampf von 6 at
                                    											Spannung)
                                 10000
                                 k
                                 
                              
                                 Wirkliche Zugkraft (mit Verbundwirkg.)
                                 5070
                                 k
                                 
                              
                                 Leergewicht der Locomotive
                                 43,80
                                 t
                                 
                              
                                 Betriebsfähiges Gewicht
                                 47,80
                                 t
                                 
                              
                                 Hiervon kommen auf die 1. Achse
                                 17,30
                                 t
                                 
                              
                                                                         2.     „
                                 17,30
                                 t
                                 
                              
                                                                         3.     „
                                 15,35
                                 t
                                 
                              
                                                                         4.     „
                                 15,15
                                 t
                                 
                              
                           G. du Bousquet stellte mit diesen Schnellzugmaschinen in
                              									den Monaten Februar, März und April 1892 eingehende Untersuchungen an und erzielte
                              									auf einer Fahrt von 153 km Länge eine durchschnittliche Kohlenersparniss von 14,45
                              									Proc., sowie einen Minderverbrauch an Wasser von 23,28 Proc. gegenüber den
                              									Schnellzuglocomotiven gewöhnlicher Bauart Nr. 2.876 und 2.887 der Nordbahn.
                           Im Anschlusse an die mit Verbundlocomotiven verschiedener Construction erzielten
                              									Betriebsresultate bringen wir eine zeichnerische Bestimmung zusammengehöriger
                              									Füllungsgrade in den beiden Cylindern gewöhnlicher Verbundlocomotiven, wie solche
                              									von dem Maschineninspector der dänischen Staatsbahnen J. B.
                                 										Bruun in Kopenhagen in dem Organ für die
                                 										Fortschritte des Eisenbahnwesens, 1892 S. 107, ausführlicher begründet
                              									worden ist.
                           Man stellt im Allgemeinen, wie dies auch bei zweicylindrigen stationären
                              									Verbundmaschinen der Fall ist, an die zweicylindrigen Verbundlocomotiven die
                              									Forderung, dass die Arbeitsleistung in beiden Cylindern nahezu gleich sei, soweit
                              									dies mit einer passenden Zusammendrückung in den Cylindern und ohne erhebliche
                              									Veränderlichkeit der Dampfspannung des Verbinders bei den vorwiegend anzuwendenden
                              									Füllungsgraden erreicht werden kann.
                           Will man dieser Forderung Genüge leisten, so müssen selbstverständlich die
                              									Füllungsgrade in den beiden Cylindern verschieden sein und der Hochdruckschieber
                              									muss die Dampfeinströmungen in dem Cylinder früher absperren als der
                              									Niederdruckschieber.
                           Um beim Entwürfe einer diesen Anforderungen entsprechenden Steuerung die Verhältnisse
                              									zwischen den einzelnen Theilen derselben feststellen zu können, ist es deshalb
                              									nothwendig, vorerst die theoretisch richtigen Füllungsgrade in den beiden Cylindern
                              									zu bestimmen, und dies lässt sich mit Hilfe des unten angegebenen Verfahrens leicht
                              									erreichen. Bezeichnet:
                           d den Cylinderdurchmesser,
                           l den Kolbenhub,
                           l0
                              									den, unter der Wirkung des Volldampfes, im kleinen Cylinder zurückgelegten
                              									Kolbenweg,
                           x den Füllungsgrad
                              										=\frac{l_0}{l}
                           in der Weise, dass die Bezeichnungen mit dem Zeichen 1 für den kleinen, mit dem Zeichen 2 für den grossen Cylinder der Maschine gelten,
                           \frac{1}{n} – das Inhaltsverhältniss beider
                              									Cylinder =\frac{l_1{d_1}^2}{l_2{d_2}^2},
                           p1 die
                              									Dampfspannung bei der Füllung des kleinen Cylinders,
                           p2 die
                              									Dampfspannung am Ende der Dampfdehnung im kleinen Cylinder,
                           p3 die
                              									Dampfspannung im Verbinder,
                           p4 die
                              									Dampfspannung am Ende der Dampfspannung im grossen Cylinder,
                           p5 den
                              									Gegendruck auf den grossen Kolben,
                           so erhält man unter der Annahme, dass der Dampf nach dem Mariotte'schen Gesetz expandirt und die Spannung
                              									desselben während der ganzen Einströmung in den Cylinder unverändert bleibt, aus den
                              									Arbeitsgleichungen beider Cylinder nach einiger Umformung:
                           \frac{p_1x_1}{n}\,\left(ln\,\frac{x_2}{x_1}-\frac{1}{nx_2}\right)+p_5=0
                              									. . . . . 1)
                           und
                           p_4\,\left(ln\,\frac{x_2p_1}{np_4}-\frac{1}{nx_2}\right)+p_3=0
                              									. . . . . 2)
                           Textabbildung Bd. 287, S. 52Fig. 6. Diese Gleichungen können im Allgemeinen zur Ermittelung der
                              									zusammengehörigen Füllungsgrade in den Cylindern dienen. Gl. 1 lässt sich auch
                              									schreiben:
                           ln\,\frac{1}{x_2}+\frac{1}{n}\ .\
                                 										\frac{1}{x_2}=ln\,\frac{1}{x_1}+\frac{p_5n}{p_1}\ .\ \frac{1}{x_1} . .
                              									. 3)
                           und hieraus kann x2 berechnet werden, sobald man für x1 verschiedene Werthe
                              									einsetzt; da die Gleichung jedoch transcendent ist, kann sie nicht genau gelöst,
                              									wohl aber zu zeichnerischen Bestimmungen von x2 benutzt werden, wenn man dieselbe unter Einsetzung
                              									von
                           \frac{1}{x_2}=y und ln\
                                 									y=Z
                           auf die Form bringt:
                           Z+\frac{l}{n}\,y=ln\,\frac{1}{x_1}+\frac{p_5n}{p_1}\ .\
                                 										\frac{1}{x_1} . . . 4)
                           Dies ist die Gleichung für eine Schaar grader Linien mit dem Parameter x1, die rechtwinklig
                              									gegen eine Linie (Fig. 6) gezogen sind, welche durch
                              									den Anfangspunkt geht und mit der Z-Achse einen durch
                              										tg\ v=\frac{1}{n} bestimmten Winkel bildet.
                           Die Hilfsgleichung
                           Z=ln\ y . . . . . . . 5)
                           stellt eine logarithmische Linie dar, welche die Z-Achse zur Asymptote hat, und die Schnittpunkte
                              									zwischen der Schaar Gl. 4 und der krummen Linie Gl. 5 geben die Werthe von y, somit auch von x2, das dem für jede Linie der Schaar Gl. 4 benutzten
                              									Werth von x1
                              									entspricht. Da Gl. 5 unabhängig von der Dampfspannung und dem Inhaltsverhältniss der
                              									Cylinder, muss dieselbe Linie bei allen Untersuchungen
                              									der Füllungsgrade benutzt werden, weshalb es genügt, diese ein für alle Mal zu
                              									bestimmen.
                           Die Auftragung wird nun folgendermaassen bewirkt:
                           Die Linien L und L1, welche mit der Abscissenachse die durch
                              										tg\ v=\frac{1}{n} und tg\
                                 										v_1=\frac{p_5\,.\,n}{p_1} bestimmten Winkel bilden, werden zuerst
                              									durch den Anfangspunkt gezogen.
                           Um dann den Werth von x2
                              									zu finden, der x1 = a entspricht, wird der Punkt A der Ordinate =\frac{1}{a} bestimmt. Von A wird alsdann eine Linie P1 rechtwinkelig gegen L1 und von dem
                              									Schnittpunkte C zwischen P1 und der Abscissenachse eine Linie P rechtwinkelig gegen L
                              									gezogen. P schneidet dann die krumme Linie im Punkte
                              										B mit der Ordinate \frac{1}{b}
                              									und x2 ist also gleich
                              										b. Die Auftragung ist in der Abbildung (Fig. 6) für n=2,25,
                              										p_1=11 at (einem Kesselüberdrucke von nahezu 10 at
                              									entsprechend) und p_3=1,4 at gezeichnet, folglich ist
                              										tg\ v=\frac{1}{2,25} und tg\
                                 									v_1=0,286.
                           Die Ergebnisse der Auftragung sind hierunter zusammengestellt, wobei noch zu bemerken
                              									ist, dass sich die rechte Seite der Gl. 4 als dasjenige Stück ergibt, welches auf
                              									der Abscissenachse von einer Linie abgeschnitten wird, die von dem Punkte der
                              									Ordinate \frac{1}{x_1} in der krummen Linie rechtwinkelig gegen
                              									eine Linie L1 gezogen
                              									ist, welche durch den Anfangspunkt geht und mit der Abscissenachse den Winkel v1 aus tg\
                                 										v_1=\frac{p_3n}{p_1} bildet.
                           
                              
                                 
                                    
                                    x
                                    1
                                    
                                 
                                    y_1=\frac{1}{x_1}
                                    
                                 
                                    ln\,\frac{1}{x_1}+\frac{p_5n}{p_1}\
                                       												\frac{1}{x_1}
                                    
                                 
                                    y=\frac{1}{x_2}
                                    
                                 
                                    
                                    x
                                    2
                                    
                                 
                              
                                 0,1
                                 10,00
                                 5,17
                                 7,2
                                 0,139
                                 
                              
                                   0,15
                                   6,67
                                 8,81
                                 5,0
                                 0,200
                                 
                              
                                 0,2
                                   5,00
                                 3,04
                                 3,86
                                 0,259
                                 
                              
                                 0,3
                                   3,33
                                 2,16
                                 2,68
                                 0,373
                                 
                              
                                 0,4
                                   2,50
                                 1,63
                                 2,06
                                 0,485
                                 
                              
                                 0,5
                                   2,00
                                 1,27
                                 1,70
                                 0,588
                                 
                              
                                 0,6
                                   1,67
                                 0,99
                                 1,41
                                 0,709
                                 
                              
                                 0,7
                                   1,43
                                 0,77
                                 1,22
                                 0,820
                                 
                              
                                 0,8
                                   1,25
                                 0,58
                                 1,10
                                 0,909
                                 
                              
                           
                           Die in den beiden untersten Reihen angeführten Werthe von x2 müssen indessen ein
                              									wenig berichtigt werden, um eine genügende Zusammendrückung im Niederdruckcylinder
                              									zu erreichen und die Füllungsgrade x1 = 0,1, 0,15 und 0,2 dürfen besser nicht benutzt
                              									werden, da anderenfalls der Dampf im Verbinder zu sehr zusammengedrückt würde.
                           Aus weiteren rechnerischen Untersuchungen ergibt sich, dass für den Fall gleicher
                              									Arbeitsleistung in beiden Cylindern die drei Grössen p1, n und x2 derart von einander
                              									abhängig sind, dass sich aus je zweien derselben die dritte durch Auftragung nach
                              										Fig. 6 bestimmen lässt.
                           Kann z.B. n nicht grösser als 2,4 gemacht werden und
                              									wird nach v. BorriesOrgan für die Fortschritte des Eisenbahnwesens,
                                    											1887 S. 18. angenommen, dass die Locomotiven am vorteilhaftesten
                              									arbeiten, wenn einem Füllungsgrade von 0,4 im kleinen Cylinder ein solcher von 0,5
                              									im grossen entspricht, so ist tg\ v=\frac{1}{2,4}=0,42, die
                              									Linien L, P und P1 können also gezogen werden. Wird nun L1 vom Anfangspunkte
                              									rechtwinkelig gegen P1
                              									gezogen, so ergibt die Auftragung, dass tg\ v_1=0,248, und p1 berechnet sich dann
                              									aus tg\ v_1=\frac{p_5n}{p_1} zu p_1=13,24 at.
                              									Nimmt man an, dass p_1-1=0,9\,p ist, so wird
                              										p=13,6 at, d.h. der Kesselüberdruck darf diesen Werth nicht
                              									überschreiten.
                           Zur Ermittelung der Endspannung p4 im grossen Cylinder dient Gl. 2 und es lässt sich
                              									mit Hilfe derselben p4
                              									auf ähnliche Weise wie vorhin x2 zeichnerisch ermitteln, indem man nur nöthig hat,
                              									entsprechende Werthe für x2 einzusetzen und den Ausdruck \beta=ln\,\frac{p_1}{n}
                              									links von den entsprechenden Schnittpunkten zwischen den Linien P1 und der
                              									Abscissenachse abzusetzen. Von den so bestimmten Punkten (z.B. D
                              									Fig. 6) zieht man Linien P2 rechtwinkelig gegen L2, dann ist die
                              									Ordinate der Punkte (z.B. E
                              									Fig. 6), in welchen diese Linien P2 die krumme Linie
                              									schneiden, y_2=\frac{1}{p_4}, und die gesammten Grade der
                              									Dampfdehnung werden folglich \frac{p_1}{p_4}=y_2p_1.
                           Für die früher gewählten Werthe von p1, p3 und n wird
                              										tg\ v_2=1,4 und \beta=1,587; die
                              									Auftragung ergibt dann, dass z.B. für den bei n=2,25 nach v. Borries gebräuchlichsten Füllungsgrad im
                              									Hochdruckcylinder, von 0,3 bis 0,35, Füllungsgrade von 0,37 bis 0,43 im
                              									Niederdruckcylinder bei einem gesammten Expansionsgrade von 7,48 bezieh. 6,38
                              									erreicht werden.
                           Die theoretisch günstigste Füllung im Hochdruckcylinder erreicht man für
                              										x_2=\frac{1}{n}=0,44 oder y=n=2,25. Wird
                              									nun angenommen, dass der Kesselüberdruck p=12 at und
                              										p_1-1=0,9\,p, also p_1=11,8 ist, so
                              									berechnet sich tg\ v_1=0,267 und \beta=1,657.
                              									Aus der Auftragung erhält man dann x_1=0,347 und
                              										\frac{1}{p_4}=0,55, d.h. den gesammten Expansionsgrad von
                              									6,49.
                           Es ergibt sich also, dass die günstigste Füllung im kleinen Cylinder 35 Proc. mit
                              									6½facher Expansion des Dampfes wird, wenn das Inhaltsverhältniss der Cylinder gleich
                              									2,25 und der Kesselüberdruck 12 at beträgt.