| Titel: | Ueber ein für Wärmestrahlen undurchlässiges Glas. | 
| Autor: | Richard Zsigmondy | 
| Fundstelle: | Band 287, Jahrgang 1893, S. 108 | 
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                        Ueber ein für Wärmestrahlen undurchlässiges
                           								Glas.
                        Von Richard Zsigmondy.
                        (Schluss der Abhandlung S. 68 d. Bd.)
                        Ueber ein für Wärmestrahlen undurchlässiges Glas.
                        
                     
                        
                           Versuche mit dem Thermometer.
                           Um nicht zu weitläufig zu werden, möchte ich die weiteren Versuche mit der
                              									Thermosäule übergehen und an dieser Stelle gleich einige, den Praktiker mehr
                              									interessirende Versuche mit dem Thermometer anführen.
                           Es ist hier das Augenmerk zunächst auf die richtige Verwendung des Thermometers zu
                              									lenken. Mit einem gewöhnlichen Quecksilberthermometer mit Glaskugel lässt sich die
                              									strahlende Wärme nicht bestimmen, denn das Glas reflectirt einen Theil der darauf
                              									fallenden Wärmestrahlen, ein anderer Theil derselben wird vom Quecksilber, nachdem
                              									dieselben ohne Absorption durch das Glas der Kugel gedrungen sind, reflectirt, so
                              									dass Strahlen, welche einmal durch dickere Glasschichten gegangen sind, das
                              									Quecksilberthermometer überhaupt nicht oder nur unmerklich erwärmen. Dass aber
                              									solche Strahlen noch in ganz bedeutendem Maasse von der menschlichen Haut empfunden
                              									werden, davon kann man sich leicht durch eine Probe überzeugen: Man setze den
                              									Cylinder einer Argandlampe auf den Brenner, nachdem man zuvor ein ganz kleines
                              									blaues Flämmchen angesteckt hat. Der Cylinder bleibt eine Weile kalt, die in die
                              									Nähe gebrachte Hand wird wenigstens keine Wirkung der geringen Cylinderstrahlung
                              									verspüren. Wohl aber empfindet man ein ganz bedeutendes Wärmegefühl in dem
                              									Augenblicke, in welchem die Flamme plötzlich hochgedreht wird. Die Wärmeempfindung
                              									verschwindet sofort wieder, wenn man die Flamme abdreht, während ein
                              									Quecksilberthermometer weder im ersten, noch im zweiten Falle reagirt. Wäre, was man
                              									da empfindet, Cylinderstrahlung, so müsste dieselbe eine Weile nach dem Verlöschen
                              									der Flamme anhalten, könnte auch nicht gleichzeitig mit dem Hochbringen der Flamme
                              									auftreten.
                           
                           Nun haben wir ein ganz einfaches Mittel, um ein Quecksilberthermometer für alle
                              									Wärmestrahlen empfindlich zu machen: man russt die Thermometerkugel an.
                           Ein derartiges berusstes Thermometer wurde für die folgenden Versuche verwendet.
                              									Dasselbe wurde in einer kleinen, innen geschwärzten Holzschachtel, deren Vorderwand
                              									ausgebrochen worden war, befestigt und dann, 14 cm von der Mitte eines
                              									Erdölrundbrenners entfernt, in der Höhe der Flammenmitte aufgehängt.Diese
                                    											Anordnung wurde gewählt, um die Strahlung des erwärmten Thermometers nach
                                    											rückwärts hintanzuhalten.
                           Hinter der Holzschachtel wurde im Schatten derselben noch ein gewöhnliches
                              									Thermometer aufgehängt, das die Temperatur der Luft zu messen bestimmt war.
                              									Abwechselnd wurden nun Glasplatten, 6 cm von der Kugel entfernt, eingeschaltet und
                              									daselbst so lange belassen, bis der Stand des Thermometers constant wurde, oft auch
                              									eine halbe Stunde darüber. Zeit der Beobachtung und der jeweilige Thermometerstand
                              									finden sich in folgender Tabelle:
                           
                              
                                 I
                                 II
                                 III
                                 IV
                                 Zeit
                                 Bemerkungen
                                 
                              
                                 Temperaturdes
                                    											bestrahltenThermometers
                                 Lufttemperatur
                                 DifferenzzwischenI und II
                                 Procent dertotalen Strah-lung aus
                                    											IIIberechnet
                                 
                              
                                 Grad C.
                                 Grad C.
                                 
                                 
                                   Uhr Min.
                                 
                                 
                              
                                 38,239,339,2
                                 17,517,517,7
                                 ––21,5
                                 –––
                                   6    50  7      –  7    10
                                 Keine Platte zwischen-geschaltet. Flamme
                                    											warschon eine Weile vorherentzündet worden.
                                 
                              
                                 39,231,026,226,025,725,7
                                 17,717,717,817,817,917,9
                                 –––––7,8
                                 –––––36
                                   7    10  7    15  7    25  7    35  7    45  7    55––––––  8    00
                                 Platte A1 (3,5 mm) ein-geschaltet.
                                 
                              
                                 27,728,328,528,528,5
                                 18,018,018,018,018,0
                                 –––10,5–
                                 –––46,0–
                                   8    10  8    20  8    25  8    30  9    20––––––  9    20
                                 Platte A1
                                    											entfernt und einePlatte aus weissem Spie-gelglas (4,1 mm dick)
                                    											ein-geschaltet.
                                 
                              
                                 22,722,822,922,9
                                 18,018,018,018,0
                                 –––4,9
                                 –––22,9
                                   9    4010    
                                    											–10    0510    15––––––10    15
                                 Spiegelglas durch Platte A14,5 mm dick) ersetzt.
                                 
                              
                                 24,025,826,626,7
                                 17,417,617,617,6
                                 –––9,1
                                 –––42,5
                                 10    2010    3010    4010    50––––––11    00
                                 Platte A1
                                    											durch Spiegelglas7,5 mm dick)
                                       											ersetzt.
                                 
                              
                                 39,0
                                 18,0
                                 21,1
                                 –
                                 11    30
                                 Platte entfernt.
                                 
                              
                           Die grosse Constanz der Lufttemperatur beweist, dass die Versuchsreihe durch
                              									Luftströmungen wenig beeinflusst wurde.
                           Obgleich die Platten A1 durchaus nicht vollkommenes
                              									Schirm glas waren, sondern, wie wir oben gesehen haben, noch 15 bis 20 Proc. der
                              									strahlenden Wärme hindurch lassen, so ist doch die bedeutende Schirmwirkung dieses
                              									Glases auf den ersten Blick zu erkennen. In Folge der Einschaltung der Platte A1 (4,5 mm) fiel nämlich die Temperatur um 16,3° C.
                              									Der Thermometerstand war noch um 4,2° tiefer, als bei Einschaltung einer viel
                              									dickeren Platte aus Spiegelglas, dagegen 5,6° tiefer als der Thermometerstand
                              									bei Einschaltung einer ungefähr gleich dicken Spiegelglasplatte.
                           Bei Benutzung eines grösseren Rundbrenners wären die Temperaturunterschiede
                              									jedenfalls in noch höherem Maasse zur Geltung gekommen.
                           Ebenso würde der Einfluss der Wärmeabsorption des Eisenoxydulglases noch besser
                              									hervorgetreten sein, wenn man richtig zusammengesetzte und construirte Schirme
                              									verwendet hätte.
                           Auf die richtige Construction des Schirmes kommt jedenfalls viel an.
                           Ohne mich auf die Besprechung der Formen einzulassen, die ich ersonnen habe und für
                              									die zweckmässigsten halte, möchte ich nur des wesentlichsten Gesichtspunktes
                              									Erwähnung thun, der dabei maassgebend ist: Es ist anzustreben, das Glas durch
                              									Strahlung nach rückwärts und durch Luftkühlung möglichst kühl zu halten.
                           Sollte jedoch aus Rücksicht für gebräuchliche Fabrikationsweisen dem Schirme eine
                              									Form gegeben werden, bei welcher für Kühlung nur in unvollkommenem Maasse Rechnung
                              									getragen wird, so wäre darauf zu achten, die Strahlung des Schirmglases nach der der
                              									Flamme abgewendeten Seite nach Möglichkeit herabzusetzen. Auch dies wird sich
                              									vermuthlich erreichen lassen, und ich beabsichtige darauf hinzielende Versuche
                              									demnächst anzustellen.
                           Es werden noch zahlreiche systematische Versuche nothwendig sein, um die beste
                              									Construction brauchbarer Schirme zu finden, nur möchte ich an dieser Stelle davor
                              									warnen, dass derartige, ohne die nöthige Sachkenntniss und Sorgfalt hergestellte
                              									Schirme als reine Reclameartikel verwendet werden, da hierdurch das Glas selbst in
                              									Misscredit gerathen könnte.
                           
                              
                                 2. Gruppe.
                                 
                              Den Uebergang von der 1. zur 2. Gruppe bilden die Glasdachziegel. Dieselben
                                 										werden schon vielfach verwendet und haben mancherlei Vortheile für sich, so den
                                 										der Wetterbeständigkeit, Durchsichtigkeit u. dgl. mehr.
                              Allerdings haften ihnen zwei Uebelstände an: 1) erwärmen die durch das Glas
                                 										dringenden Sonnenstrahlen den im Hochsommer ohnehin meist sehr heissen Dachraum
                                 										mehr als nöthig ist, 2) wirken sie aber auch zuweilen als Sammellinsen. Die in
                                 										den Ziegeln häufig enthaltenen Hohlräume sollen die Ablenkung der parallelen
                                 										Lichtstrahlen verursachen, eine Wirkung, die so stark werden kann, dass die
                                 										darunter liegende Holzconstruction Feuer fängt.
                              Um diesen Uebelstand zu beseitigen, hat man vorgeschlagen, das Glas weiss
                                 										anzustreichen, dasselbe mit Riefen zu versehen oder zu mattiren.
                              Alle drei Mittel haben aber den Nachtheil, das Deckmaterial unnöthig zu
                                 										vertheuern und ausserdem dem Glase seinen Charakter zu nehmen. Wenn man aber ein
                                 										Glas verwendet, welches überhaupt nur 10 Proc. der strahlenden Wärme der Sonne
                                 										hindurchlässt, so wird die Fähigkeit der Sonnenstrahlen, das Dach zu entflammen,
                                 										diesen von vornherein genommen sein.
                              Ob bei Verwendung von Schirmglas auch die Lufttemperatur des sonnenbestrahlten
                                 										Dachraumes erheblich niedriger sein wird, als bei Verwendung von Dachziegeln aus
                                 										gewöhnlichem Glase, darüber können nur directe Versuche Aufschluss geben.
                                 										Leider standen mir nicht grössere Platten aus Schirmglas zur Verfügung, so dass
                                 										es mir nicht möglich war, die betreffende Untersuchung selbst anzustellen.
                              Ob ein derartiger Effect wahrscheinlich ist, das möge jedoch aus folgender
                                 										Betrachtung entnommen werden, die für Gläser der 2. Gruppe überhaupt gelten
                                 										soll.
                              Wie wir weiter oben gesehen haben, lässt gutes Schirmglas (in 8 mm Stärke) 10 bis
                                 										14 Proc. der Energie der darauffallenden Sonnenstrahlen hindurchgehen, weisses
                                 										Glas von gleicher Dicke aber 80 bis 90 Proc.
                              Ist nun ein Raum nach aussen durch Glas abgeschlossen, so wird es im ersten
                                 										Augenblick der Bestrahlung nicht gleichgültig sein, ob die Scheiben aus
                                 										Spiegelglas oder aus Schirmglas bestehen. Durch ersteres dringen 80 bis 90 Proc.
                                 										strahlender Wärme, durch letzteres nur 10 bis 14 Proc. Die durch das Glas
                                 										gedrungenen Strahlen werden von den im Räume befindlichen Gegenständen
                                 										aufgenommen und in Körperwärme verwandelt, die dann durch Mittheilung auch die
                                 										Luft des Innenraumes erwärmen wird. Für die von den
                                    											massig erwärmten Körpern ausgesandten dunklen Wärmestrahlen sind nun
                                 										alle Gläser undurchlässig, so dass die Wärme des Innenraumes nicht durch directe
                                 										Strahlung, sondern nur durch Wärmeleitung oder durch Ventilation wieder nach
                                 										aussen abgegeben werden kann. Bei andauernder Bestrahlung wird demnach der mit
                                 										gewöhnlichem Glase versehene Raum sich viel schneller erwärmen als der, welcher
                                 										mit Schirmglas gedeckt ist, dringt ja durch gewöhnliches Glas die 7- bis 8fache
                                 										Energie, die durch Schirmglas dringen würde.
                              Wir alle kennen die lästige Wirkung der durch die Fensterscheiben in die Stube
                                 										fallenden Wärmestrahlen. Es spricht sehr zu Gunsten des Schirmglases, dass diese
                                 										Wirkung durch dasselbe erheblich abgeschwächt wird.
                              Wäre nun die Temperatur des Innenraumes nur von den durch das Fenster dringenden
                                 										Sonnenstrahlen abhängig, so könnte die Sonne den ganzen Tag lang in einen mit
                                 										Schirmglas verschlossenen Raum scheinen, ohne diesen erheblich zu erwärmen. Nun
                                 										ist die Zimmertemperatur aber von manchen anderen Umständen abhängig, vor allem
                                 										von der Temperatur der Wände des Raumes.
                              Vorausgesetzt indess, das Holz- und Mauerwerk würde in beiden Fällen die gleiche
                                 										Temperatur besitzen, so gilt dies durchaus nicht von den Glaswänden bei
                                 										dauernder Bestrahlung. Während das eine Glas die Wärme hindurchlässt, nimmt das
                                 										andere sie auf, erwärmt sich dabei selbst und wird schliesslich durch
                                 										Mittheilung und Eigenstrahlung auch zur Erwärmung der Luft des zu schützenden
                                 										Raumes beitragen.
                              Dass dabei nicht alle vom Glase aufgenommene Wärme zur Erwärmung des Innenraumes
                                 										dienen wird, leuchtet sofort ein, wir brauchen uns ja nur an die Erklärung der
                                 										Schirmwirkung nach Tyndall zu erinnern. Das
                                 										erwärmte Glas wird vielmehr sowohl nach innen, als auch nach aussen in den
                                 										freien Raum strahlen, nach aussen wahrscheinlich mehr, weil das Glas an der
                                 										Aussenseite durch Zurückhaltung der Strahlen schneller Absorption am meisten
                                 										erwärmt wird. Ein anderer Theil der Wärme des Glases wird durch Mittheilung an
                                 										die Luft abgegeben. Da nun sowohl die Luft als der Raum, gegen welchen das Glas
                                 										nach aussen strahlen kann, meist kälter sind als Luft und Wände des Innenraumes,
                                 										so haben wir einen Grund mehr, anzunehmen, das Glas werde den grösseren
                                 										Theil seiner aufgenommenen Wärme nach aussen abgeben.
                              Es unterliegt hierbei keinem Zweifel, dass auch die Dicke der durchstrahlten
                                 										Glasschicht eine Rolle spielt; je dicker das Glas, um so weniger Wärme wird nach
                                 										innen dringen.
                              Wenn es sich jedoch darum handelt, die Strahlung und Mittheilung des erwärmten
                                 										Schirmglases möglichst vollständig vom Innenraume abzuhalten, wird es nothwendig
                                 										sein, eine zweite Glasschicht dahinter anzubringen, eine Art Doppelfenster zu
                                 										construiren. Das innere Glas könnte aus gewöhnlichem, dünnem Fensterglas
                                 										bestehen, der Zwischenraum braucht nicht breit zu sein und müsste zur
                                 										Ventilation oben und unten eine Oeffnung besitzen, die obere nach aussen zu. Es
                                 										würde dann die innere Glasschicht die dunklen, von der äusseren abgegebenen
                                 										Wärmestrahlen vollständig absorbiren und sich – dabei selbst etwas erwärmen. Die
                                 										beiden erwärmten Glaswände würden ihrerseits die zwischenliegende Luft erwärmen,
                                 										die dann – specifisch leichter geworden – oben entweichen würde. Die dadurch
                                 										bewirkte Luftcirculation endlich würde dazu dienen, die Glasschichten zu kühlen
                                 										und damit einer übermässigen Erwärmung des Innenraumes vorzubeugen.
                              Diese Betrachtungen mögen bei der Verwendung von Schirmglas für Fenster,
                                 										Glasjalousien u.s.w. in wärmeren Gegenden Beachtung finden.
                              In vielen Fällen wird der Verwendung von Schirmglas allerdings seine Färbung
                                 										hinderlich im Wege stehen.
                              Könnte man ein farbloses Schirmglas mit hoher Absorption für die Wärme der
                                 										Sonnenstrahlen herstellen, so würde dasselbe auch für Fenster von Wagen und
                                 										Eisenbahncoupees im Hochsommer oft gute Dienste leisten.
                              Ich möchte nicht schliessen, ohne noch einer Einrichtung Erwähnung zu thun, bei
                                 										welcher die Anwendung von Schirmglas gewiss von Vortheil sein wird. Ich meine
                                 										die der Treibhäuser. Es mag vielleicht als Widerspruch erscheinen, wenn ich
                                 										Treibhäuser, die ja dazu dienen, tropische Gewächse gegen den verderblichen
                                 										Einfluss unseres rauhen Klimas in der kalten Jahreszeit zu schützen, mit
                                 										Schirmglas gedeckt wissen möchte.
                              Die Pflanzen sind aber nicht nur empfindlich gegen Kälte, häufig sind sie es
                                 										ebenso sehr gegen übermässige Hitze, und wir sehen darum auch die Gärtner ihre
                                 										Pflanzen im Hochsommer gegen die durch das Glas dringenden Sonnenstrahlen durch
                                 										Kalkanstrich, Stroh- und Bretterbekleidung der Glastafeln schützen.
                              Es ist nicht schwer, das Unvollkommene eines derartigen Schutzes auf den ersten
                                 										Blick zu erkennen; nimmt man doch durch Strohdecken u. dgl. mit den schädlichen
                                 											Wärmestrahlen gleichzeitig die chemisch wirksamen, für das Wachsen und Gedeihen
                                 										der Pflanzen unbedingt nothwendigen Strahlen weg.
                              Das Gedeihen der Pflanzen hängt innig zusammen mit der Assimilation des
                                 										Kohlenstoffes. Nun hat schon Senebier den Nachweis
                                 										erbracht, dass die Zersetzung der Kohlensäure durch Pflanzen nur durch das
                                 										Licht, nicht aber durch die dunklen Wärmestrahlen bewirkt wird.
                              Spätere Forschungen haben dann festgestellt, dass speciell das gelbe Licht und
                                 										Lichtstrahlen der benachbarten Partien des Spectrums die Kohlensäurezerlegung
                                 										besonders begünstigen.
                              Gerade diese Strahlen dringen aber selbst durch intensiver gefärbtes Schirmglas
                                 										noch ganz gut hindurch. Die Färbung des Glases würde demnach der
                                 										Kohlensäurezerlegung und damit dem Wachsthume der Pflanzen keinen Eintrag
                                 										thun.
                              Wohl aber würde das Glas die dunklen Wärmestrahlen ziemlich vollständig
                                 										zurückhalten und auch der Erwärmung des Raumes vorbeugen, ebenso gut wie ein
                                 										dünnes Brett, vorausgesetzt, dass die Platten aus Schirmglas unter Beachtung der
                                 										weiter oben gegebenen Vorsichtsmaassregeln zur Bekleidung des äusseren Theiles
                                 										eines Doppelfensters verwendet würden.
                              Ich habe derartige Wände aus zwei Glasschichten mit einem ventilirbaren
                                 										Zwischenraum von etwa 1 dm Dicke an Treibhäusern in Schönbrunn bei Wien gesehen.
                                 										Zum Schütze gegen die Wirkung der Sonne im Hochsommer werden hier Roletten aus
                                 										dünnen Holzlatten über die Glaswand herabgelassen. An Stelle dieser Roletten
                                 										würde man mit Vortheil Schirmglas verwenden, ja ich glaube sogar, dass die
                                 										äussere Glaswand durch Schirmglas ersetzt werden könnte, ohne dass man zu
                                 										befürchten brauchte, dass den Gewächsen dadurch zuviel Licht im Winter entzogen
                                 										würde.
                              Ich glaube kaum, dass Besitzer von kostbaren tropischen Pflanzen die Kosten
                                 										scheuen werden, welche der Versuch, den Pflanzen die durch eine unzweckmässige
                                 										Beschirmung genommenen Lichtstrahlen wieder zurückzuerstatten, mit sich bringen
                                 										wird.
                              Fassen wir nun in einigen Worten die Hauptergebnisse der vorliegenden
                                 										Untersuchung zusammen, so sind zunächst folgende Thatsachen hervorzuheben:
                              1) Der Thonerde kommt weder in wässeriger Lösung,
                                 										noch wenn dieselbe im Glase gelöst wird, eine hohe Absorption ultrarother
                                 										Strahlen zu.
                              2) Eisenoxydul absorbirt in hohem Maasse die dunklen
                                 										Wärmestrahlen, gleichgültig, ob dasselbe als Salz in Wasser oder als Silicat im
                                 										Glase gelöst ist.
                              3) Die kräftige Absorption der Wärmestrahlen durch eisenoxydulhaltige Gläser
                                 										verspricht mancherlei Nutzen von der Verwendung derselben als Schirm gegen die
                                 										mit den Lichtstrahlen gemeinsam auftretenden Wärmestrahlen in allen jenen
                                 										Fällen, in welchen undurchsichtige Schirme untauglich sind.
                              Das Glas kann demnach verwendet werden: 1) um eine Fläche zu schützen (als Schutzbrille, Ofenschirm, Lampenschirm,
                                 										Dachziegel u.s.w.), 2) um einen Raum zu schützen
                                 										(als Dachziegel, Fensterglas, als Deckglas für Treibhäuser u. dgl. m.).
                              Ich bin mir wohl bewusst, in der vorliegenden Abhandlung den Gegenstand nicht
                                 										erschöpft zu haben. Es wäre Anmaassung, wollte ich heute schon behaupten, dass
                                 										in allen hier erwähnten Fällen das Glas sich wohl bewähren wird, und gern hätte
                                 										ich – wären mir Zeit und Mittel zur Verfügung gestanden – die praktische
                                 										Verwendbarkeit des Glases mit dem Thermometer in der Hand geprüft, um an Stelle
                                 										der theoretischen Betrachtungen die viel überzeugenderen Thatsachen zu
                                 										setzen.
                              Dennoch übergebe ich die Abhandlung in ihrer jetzigen Form der Oeffentlichkeit,
                                 										überzeugt davon, dass eine erfolgreiche Bearbeitung der technischen Seite des
                                 										Gegenstandes ohne Mitwirkung der Industriellen nicht möglich ist. Die hier
                                 										gegebenen Erörterungen mögen die Grundlage sein für Arbeiten, welche zum Zwecke
                                 										haben, einem Glase, dessen Eigenschaften ich festgestellt habe, eine neue
                                 										Stellung unter den Gebrauchserzeugnissen der Industrie zu verschaffen.
                              Einige der hier angeregten Fragen, so unter anderen das Studium des
                                 										Verhaltens von Eisenoxydul zu Gläsern verschiedener Zusammensetzung, ferner die
                                 										Aufgabe, das Schirmglas nach Möglichkeit zu entfärben, möchte ich selbst in
                                 										einer späteren Arbeit zum Gegenstande weiterer Untersuchung machen.
                              Zum Schlusse sei es mir noch gestattet, allen jenen Herren, welche so freundlich
                                 										waren, mich bei dieser in das Gebiet der Technik ebenso wohl, als in das Gebiet
                                 										der Chemie und Physik spielenden Arbeit zu unterstützen, meinen aufrichtigsten
                                 										Dank auszusprechen.
                              Wien, im October 1892.