| Titel: | Kegelschnittzirkel. | 
| Autor: | Ernst Fischer | 
| Fundstelle: | Band 287, Jahrgang 1893, S. 246 | 
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                        Kegelschnittzirkel.
                        Von Dr. Carl Hildebrandt in
                           									Braunschweig.
                        Mit Abbildungen.
                        Patent Nr. 56560. Klasse 42:
                           								Instrumente.
                        Kegelschnittzirkel.
                        
                     
                        
                           Zweite Abhandlung.D. p. J. 1891 282
                                    											241 ff.
                           Als wir die erste Abhandlung über das in der Ueberschrift genannte mathematische
                              									Instrument in diesen Blättern veröffentlichten, waren wir selbst noch nicht im
                              									Besitze eines solchen Apparates. Unterdessen haben wir aber mit drei Exemplaren
                              									desselben (das eine davon trägt bereits die Nr. 151) gearbeitet und befinden uns nun
                              									in der angenehmen Lage, die günstigen Resultate und Erfahrungen mitzutheilen, die
                              									wir dabei erreicht bezieh. gemacht haben.
                           Wie aus der folgenden Fig. 1 hervorgeht, hat das
                              									Instrument zunächst, und zwar auf unsere Anregung hin, eine bedeutende Verbesserung
                              									erfahren: der kreisförmige Bügel hat nämlich eine Eintheilung in Graden erhalten und
                              									gestattet nunmehr die Einstellung des Zeichenstiftes für einen bestimmten
                              									Oeffnungswinkel des Kegels, sowie für eine bestimmte Achsenneigung des Kegels. Alles
                              									Uebrige geht aus der perspectivisch gezeichneten Fig.
                                 										1 von selbst hervor, wenn man dabei die in der ersten Abhandlung gegebenen
                              									Daten berücksichtigt.
                           Der mathematische Mittelpunkt M kommt natürlich in Folge
                              									der Perspective etwas seitlich zu liegen, und aus dem gleichen Grunde erscheint die
                              									hier nicht gezeichnete kleine Achse der Ellipse, die conjugirt zu AB ist, stark verkürzt.
                           In Fig. 2 haben wir den Grundriss des
                              									Instrumentenfusses in wahrer Grösse dargestellt. ab
                              									muss immer genau in
                              									die Richtung der grossen Achse und b auf den einen
                              									Brennpunkt F zu liegen kommen. In n, n hat der Fuss zwei feine Nadelspitzen, welche sich
                              									in das Zeichenpapier eindrücken.
                           Textabbildung Bd. 287, S. 247Fig. 1.Kegelschnittzirkel. Während man nun den Instrumentenfuss mit dem Zeigefinger der linken Hand
                              									fest auf die Zeichenebene niederdrückt, beschreibt man den Kegelschnitt von B ausgehend, immer in zwei Hälften, d.h. einmal in A angelangt, lüftet man leicht den Stift aus seiner
                              									Hülse, führt denselben nach B zurück und beschreibt,
                              									wie es die Pfeile in Fig. 1 andeuten, die andere
                              									Hälfte. Beim Beginn der Bewegung muss der Stift leicht angedrückt werden, dann
                              									durchläuft er von selbst seine Bahn; gut ist es dabei, das linke Ende des Bügels
                              									zwischen den Fingern leicht zu halten, d.h. der zu schnellen Bewegung etwas bremsend
                              									entgegenzuwirken.
                           Uebrigens ist die dem Instrumente beigegebene Gebrauchsanweisung eine so vollkommene,
                              									dass wir hier am besten auf diese selbst verweisen.
                           Textabbildung Bd. 287, S. 247Fig. 2.Grundriss des Instrumentenfusses. Wir haben zuerst versucht, die Entstehungsweise der verschiedenen
                              									Kegelschnitte, den Uebergang aus dem Kreise in die Ellipse, sowie aus dieser in die
                              									Parabel und Hyperbel unseren Schülern zu veranschaulichen, und müssen gestehen, ein
                              									besseres Hilfsmittel für diesen Zweck bisher noch nicht besessen zu haben, als es
                              									der vorliegende Apparat bietet. Der Quetelet-Dandelin'sche Satz (1822) fand hierbei die festeste Einprägung.
                           Alsdann haben wir beliebige Kegelschnitte von willkürlicher, nicht vorgeschriebener
                              									Gestalt in grösserer Anzahl gezeichnet und gefunden, dass man es bei einiger Uebung
                              									bald so weit bringen kann, mit dem Instrumente Curven zu zeichnen, deren Exactheit
                              									durch punktweises Nachconstruiren sich erweisen liess.
                           Sind von einem Kegelschnitte die nöthige Anzahl von Punkten, bezieh. von Tangenten
                              									gegeben, so wird man allerdings bei deren Construction auf den Kegelschnittzirkel
                              									verzichten müssen und deren punktweise Auffindung durch Anwendung der schönen
                              									Sätze von Pascal und Brianchon vorziehen. Selbst bei gegebenen conjugirten Durchmessern hält
                              									die Bestimmung der Hauptachsen schon zu lange auf.
                           Sind aber die Hauptachse AB und ein Brennpunkt F, bezieh. der Parameter gegeben, so können die
                              									gewünschten Kegelschnitte in sehr kurzer Zeit und schön gezeichnet werden, da die
                              									Einstellung des Instrumentes sehr einfach ist.
                           Wir übergehen die letztere hier, da dieselbe in gründlichster Erklärung jedem
                              									Exemplare des Kegelschnittzeichners beigegeben ist. Dasselbe gilt von der sogen.
                              										„Vorbereitungsfigur“, deren Construction, sowie die Einstellung mit
                              									grösster Genauigkeit vollzogen werden müssen.
                           Kommt es weniger auf Genauigkeit an, so lässt sich auch durch Probiren annähernd die
                              									richtige Einstellung finden.
                           Grossen Werth haben wir immer auf die Darstellung confocaler
                                 										Kegelschnitte gelegt, und wir haben schon in der ersten Abhandlung unsere
                              									früheren Arbeiten dieser Richtung citirt.
                           Mittels des vorliegenden Instrumentes ist es uns nun gelungen, ganze Scharen solcher
                              									Curven mit Leichtigkeit und in verhältnissmässig kurzer Zeit zu zeichnen.
                           Als wir Herrn Dr. Hildebrandt mittheilten, dass wir auf
                              									die Idee gekommen seien, die Ossianide – eine ringförmige Fläche, welche zwei sich
                              									schneidende Haupttangentialebenen besitzt – mittels seines Zirkels darzustellen,
                              									indem deren Verticalprojection nur durch eine grössere Anzahl von Ellipsen der
                              									verschiedensten Achsenverhältnisse klar ersichtlich gemacht werden kann, gab uns
                              									derselbe gleich mehrere ähnliche Flächen an, die sich in gleicher Weise mittels des
                              									Kegelschnittzeichners darstellen lassen. Doch es ist hier nicht der Ort, auf diese
                              									und noch andere Mittheilungen des Erfinders näher einzugehen, um so mehr, als
                              									derselbe versprach, das betreffende Material in einer mathematischen Zeitschrift zu
                              									veröffentlichen.
                           Wichtig wird der Zirkel noch für den Kartographen, besonders bei jenen
                              									Kartenprojectionen, deren einzelne Linien Kegelschnitte sind. Da der Zirkel auch zum
                              									Gebrauche für die Wandtafel in grösseren Dimensionen ausgeführt wird, so können dann
                              									auch grosse Kartennetze damit gezeichnet werden.
                           Bei diesen grösseren Zirkeln wird der Fuss hohl gebildet und mit einer
                              									Kautschukscheibe unten geschlossen; wird dann der Hohlraum durch eine einfache
                              									Vorrichtung ausgepumpt, so schiebt sich die Kautschukscheibe nach und es entsteht
                              									unter derselben ein luftleerer Raum, wodurch der Apparat in Folge des äusseren
                              									Luftdruckes festgesaugt auf der Zeichenebene steht. Man kann dann frei mit dem
                              									Apparate hantiren.
                           Einen Satz, den Herr Dr. Hildebrandt in seinen dem
                              									Zirkel beigegebenen Erörterungen nur berührt und nicht bewiesen hat, gestatten wir
                              									uns, hier noch kurz zu erwähnen.
                           Satz: Man hat eine feste Gerade NN (Fig. 3) und auf ihr die beiden Punkte
                              										F und F1. In F berührt ein
                              									Kreis (M) mit festem Radius MF
                                 										= r. In F1
                              									berühren Kreise, deren Radius F1M1 sich ändern möge. Construirt man für jeden Kreis
                              										M1 den den beiden
                              									Kreisen M, M1
                              									entsprechenden äusseren Aehnlichkeitspunkt P, so liegen alle diese Aehnlichkeitspunkte auf einer Geraden, die durch F1 geht und durch den Gegenpunkt F'.
                           Beweis: Schneidet MF den
                              									Kreis noch in F', so muss die Verbindungslinie F'F1 durch P gehen, also liegt P
                              									immer auf dieser festen Linie.
                           Umgekehrt ist also der zweite Brennpunkt F1 immer auf der Linie F'P gelegen. –
                           Wenn wir in unserem früheren Artikel erwähnten, es möchte ermöglicht werden, in einer Zeitschrift immer das gesammte Material über einen Gegenstand nachschlagen zu können, so halten wir
                              									es heute für unsere Pflicht, noch kurz zweier Instrumente zu gedenken.
                           Textabbildung Bd. 287, S. 248Fig. 3. Das eine dieser Instrumente ist ein Ellipsograph, besprochen von Herrn Franz
                                 										SchrommZeitschrift für Instrumentenkunde, XII. Jahrg.
                                    											S. 139 bis 141., Professor an der Wiedner Oberrealschule in Wien.
                              									Die Construction dieses Apparates beruht auf dem Lehrsatze: „Bewegt sich eine
                                 										Strecke mit ihren Endpunkten längs zweier nicht paralleler Geraden, so
                                 										beschreibt jeder Punkt, der mit der Strecke zu einem starren System verbunden
                                 										wird und in einer Ebene parallel zu den beiden Leitlinien verbleibt, eine
                                 										Ellipse.“ Die Construction rührt her von Herrn E.
                                 										Ritter von Arbter, k. u. k. Generalmajor. Der Apparat ist für die
                              									Construction der Pleuel-Curven besonders geeignet. Die
                              									geradlinigen Führungen werden durch Anwendung des Peaucellier'schen Mechanismus ausgeführt.
                           Das zweite dieser Instrumente ist ebenfalls ein EllipsographA compass for describing Ellipses. By A. J. Wiley.
                                       												Engineering news. 12. Mai 1892 S. 473. und beruht
                              									darauf, dass die Zeichenebene einen Cylinder unter beliebig einzustellenden Winkeln
                              									schneidet; dabei steht eine originell angebrachte Reissfeder immer senkrecht zur
                              									Zeichenfläche. –
                           Unseren heutigen Mittheilungen gehört noch unbedingt die Erwähnung einer SchriftA. v. Braunmühl: Historische Studie über die
                                       												organische Erzeugung ebener Curven von den ältesten Zeiten bis zum Ende
                                       												des 18. Jahrhunderts. (Katalog der mathematischen Ausstellung zu
                                    											Nürnberg. September 1892.) München 1892. Dr. C. Wolf und Sohn.
                              									unseres verehrten Herrn Collegen A. v. Braunmühl an, in
                              									welcher die organische Erzeugung complicirterer Linien, als es die Gerade und der
                              									Kreis sind, von den ältesten Zeiten bis zum Ende des 18. Jahrhunderts sorgfältig
                              									behandelt wird. Wir finden darin somit auch Alles, was in Bezug auf Konographen von
                              									historischem Interesse ist. –
                           Schliesslich sei noch bemerkt, dass Herr Oscar Günther,
                              									Werkstatt für Präcisionsmechanik, Braunschweig in der Technischen Hochschule, die
                              									Herstellung und den Vertrieb der Hildebrandt'schen
                              									Kegelschnittzeichner übernommen hat.
                           München, im October 1892.
                           
                              Ernst Fischer.