| Titel: | Fortschritte und Neuerungen auf dem Gebiete der Fabrikation von Stärke, Dextrin, Traubenzucker u.s.w. | 
| Autor: | J. Brössler | 
| Fundstelle: | Band 287, Jahrgang 1893, S. 285 | 
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                        Fortschritte und Neuerungen auf dem Gebiete der
                           								Fabrikation von Stärke, Dextrin, Traubenzucker u.s.w.
                        (Schluss des Berichtes S. 231 d. Bd.)
                        Fortschritte und Neuerungen auf dem Gebiete der Fabrikation von
                           								Stärke, Dextrin, Traubenzucker u.s.w.
                        
                     
                        
                           Was nun die fabriksmässige Erzeugung des reinen Stärkezuckers anbelangt, so sind
                              									bisher nur wenige Methoden bekannt, und von diesen wenigen Methoden ist es leider
                              									noch nicht erwiesen, ob sie derart ausgebildet sind, dass die Herstellungskosten
                              									genügend billige sind, um den erzeugten Stärkezucker marktfähig zu machen.
                           Das Soxhlet'sche Verfahren ist entschieden zu
                              									kostspielig und konnte daher bis heute im Grossen nicht betrieben werden. Von dem
                              									Verfahren der Alexander Trampedach und Alfred Seyberlich (siehe D. p.
                                 										J. 1887 264 178 u. 266 520, 1889 271 512), welches auch auf die
                              									Verarbeitung von rohem Mais, Reis und Sago ausgedehnt ist, wissen wir heute auch
                              									noch nicht, ob dasselbe in der Fabrikspraxis Eingang gefunden hat. Die Gewinnung
                              									reinen krystallisirten Traubenzuckers nach dem Verfahren von Cords-Virneisel hat in der letzten Zeit bedeutende Verbesserungen
                              									erfahren, und wir wollen aus dem Berichte des Dr. E. O. von
                                 										Lippmann das Wesentliche hierüber hier mittheilen: Das Verfahren von Cords-Virneisel bezweckt, Stärke in reinen
                              									krystallisirten Traubenzucker überzuführen, ferner unter Umgehung der vorherigen
                              									Darstellung von Stärke die Rohproducte, insbesondere Kartoffeln, unmittelbar zur
                              									Zuckergewinnung zu benutzen. Dies geschieht entweder durch Inversion mittels Säuren
                              									in verdünnter Lösung (entsprechend dem von Soxhlet
                              									angegebenen Verfahren) oder durch Auslaugung der zweckmässig zerkleinerten Rohstoffe
                              									mit säurehaltigem Wasser nach Art des Diffusionsverfahrens in der
                              									Rübenzuckerfabrikation. Während der Campagne 1889 hatte Lippmann Gelegenheit, die Resultate dieser nach sehr grossen
                              									Anfangsschwierigkeiten wesentlich verbesserten Fabrikation im praktischen Betriebe
                              									kennen zu lernen und einige Analysen der dabei entfallenden Producte vorzunehmen.
                              									Beide oben erwähnte Fabrikationsmethoden wurden im Grossen versucht. Die directe
                              									Verarbeitung von Kartoffeln lieferte zwar annähernd dieselbe quantitative Ausbeute
                              									wie die eines entsprechenden Quantums Stärke, die Qualität liess aber zu wünschen
                              									übrig, indem, wenigstens mit den vorhandenen, recht unvollkommenen Mitteln, die
                              									Beseitigung gewisser Extractstoffe nicht gelang, welche dunkel, übelschmeckend,
                              									leicht weiter veränderlich und bei fernerer Reinigung nicht ohne grösseren Verlust
                              									zu entfernen sind. Bis zur erfolgten weiteren Ausbildung dieser Arbeitsmethode wird
                              									man sich daher zunächst an die ersterwähnte halten, d.h. erst reinste Stärke und dann aus dieser Traubenzucker
                              									darstellen. Das zur Zeit seiner Anwesenheit erzielte Product, von dem wochenweise
                              									viele hundert Centner erhalten wurden, war körnig krystallisirt und im Aeusseren den
                              									geringen Rübenkornzuckern völlig gleich.
                           Es war hellgelb, bestand aus Traubenzuckeranhydrid und konnte daher ohne Zersetzung
                              									oder Zerfliessen bei 100 bis 110° C. völlig getrocknet werden. Entgegen dem sonst
                              									bei Stärkezucker üblichen Befunde, gab die Polarisation etwas niedrigere Zahlen als
                              									die Reduction, was auf Abwesenheit stark rechtsdrehender Dextrine und auf hohe
                              									Reinheit schliessen lässt. Die Analysen sind von Staudinger, Chemiker der Rossitzer Zuckerraffinerie, nach drei Methoden,
                              									Polarisation, Reduction und Gährung, ausgeführt worden: ferner wurde noch das
                              									Verhältniss der Birotation zur späteren normalen Drehung in Betracht gezogen,
                              									welches gleichfalls einen Rückschluss auf die Reinheit ermöglicht. Die Zahlen der
                              									Polarisations- und Reductionsmethode stimmten im Ganzen sehr gut überein, die der
                              									Gährungsmethode zeigten indess, obwohl man durch Anstellung von Parallelversuchen
                              									mit reiner Dextrose die Differenzen möglichst zu vermindern suchte, in einzelnen
                              									Fällen Abweichungen von 1½ Proc. vom Mittel der übrigen. Nach den kürzlich von Jodlbauer gegebenen Auseinandersetzungen kann dies nicht
                              									überraschen. Begnügt man sich mit den Mittelzahlen aus den besten Bestimmungen nach
                              									allen drei Methoden, die selbstverständlich auf wissenschaftliche Genauigkeit keinen
                              									Anspruch machen können, so enthielt das untersuchte erste Product 94,78 Proc. Zucker
                              									und 0,78 Proc. Asche, das aus dessen Syrup gewonnene zweite Product 94,20 Proc.
                              									Zucker und 0,82 Proc. Asche. Letzteres war schlechter krystallisirt und enthielt
                              									auch etwas mehr organische Stoffe. Der hohe Aschengehalt war vornehmlich durch
                              									schlechten Kalk und ungenügende mechanische Hilfsmittel verursacht, und es gelang
                              									alsbald, diesen Misständen vorzubeugen und noch erheblich reinere, namentlich
                              									aschenärmere Rohzucker darzustellen.
                           Mit 200 Centnern dieses besseren Rohzuckers wurde, während der Osterpause, ein
                              									Raffinirversuch ausgeführt. Die Lösung wurde über 60 Proc. gute Knochenkohle
                              									filtrirt, wobei sie in ganz überraschender Weise entfärbt und in einem fast
                              									wasserhellen, höchst angenehm (rein honigsüss) schmeckenden Saft übergeführt wurde,
                              									und gelangte dann sofort zum Einkochen. Hierbei ergab sich die merkwürdige und
                              									bisher ganz unbekannte Thatsache, dass dieser Saft im Vacuum auf Korn zu kochen war,
                              									und ist es daher zum erstenmale im Grossen nachgewiesen, dass Traubenzuckersäfte von
                              									genügend hoher Reinheit sich ganz ebenso wie Rübensäfte auf Krystall versieden
                              									lassen. Schon nach 2- bis 3maligem Nachziehen bildet sich ein sehr egales Korn ganz
                              									kleiner sechseckiger Blättchen (Dextroseanhydrid), die in gewohnter Weise
                              									weiterwachsen und sehr schöne, gleichmässige Krystalle ergeben.
                           Die Säfte sind aber gegen Einwirkung von Wärme
                              									ausserordentlich empfindlich, weshalb auch in einem Hallström'schen Röhrenvacuum (ohne Schlangen) gekocht wurde. Der Erfinder
                              									des Verfahrens hatte, seinen Erfahrungen nach, gerathen, die Concentration bei
                              									diesem Versuche ziemlich weit zu treiben. Dies erwies sich indess als fehlerhaft,
                              									denn die Füllmasse krystallisirte so kräftig und rasch, dass es nach dem Abkühlen
                              									nicht mehr möglich war, die Blöcke unbeschädigt aus den Füllkästen zu bekommen und
                              									sie zu centrifugiren. Nur bei einigen, am längsten warm gebliebenen Kästen gelang
                              									dies noch, und es wurde so eine trockene, hellgelbe, schön krystallisirte Füllmasse
                              									erhalten. Da inzwischen der Betrieb der eigenen Raffinerie wieder aufgenommen war,
                              									blieb nichts weiter zu thun übrig, als den Rest der Füllmasse nochmals aufzulösen
                              									und nach blosser Filtration durch eine Filterpresse wieder einzukochen. Diese
                              									Einwirkung der Wärme zeigte sich indessen als sehr nachtheilig, denn der Saft
                              									dunkelte nach, roch brenzlich und liess sich nicht wieder auf Korn kochen. Nach dem
                              									Erkalten war jedoch die Füllmasse gut krystallisirt, und es gelang, sie zu
                              									schleudern und auch versuchsweise zu decken. Hierbei wurde fester, weisser Zucker
                              									gewonnen, der zwar noch einen gelblichen Stich zeigte, jedoch bei ungestörter,
                              									normaler Arbeit zweifellos in ganz tadelfreier Qualität erzielt werden kann. Ob dies
                              									technisch und finanziell vortheilhaft wäre, muss noch dahingestellt bleiben.
                              									Angesichts der bei jedem Umkochen und Erwärmen unvermeidlichen Verluste dürfte es
                              									sich eher empfehlen, direct hochprocentige Rohzucker darzustellen, deren hohe
                              									Reinheit sie zu allen gewerblichen Zwecken ohne weiteres verwendbar macht und
                              									ohnehin nicht mehr erheblich gesteigert werden kann.
                           Den Durchschnittszahlen (wie oben) gemäss enthielt der angewendete
                              									Dextroserohzucker:
                           
                              
                                 95,74
                                 Proc.
                                 Zucker,
                                 
                              
                                 3,32
                                 „
                                 Wasser,
                                 
                              
                                 0,29
                                 „
                                 Asche,
                                 
                              
                                 0,65
                                 „
                                 Organisches.
                                 
                              
                           Die Füllmasse:
                           
                              
                                 85,41
                                 Proc.
                                 Zucker,
                                 
                              
                                 13,36
                                 „
                                 Wasser,
                                 
                              
                                 0,20
                                 „
                                 Asche,
                                 
                              
                                 1,03
                                 „
                                 Organisches.
                                 
                              
                           Die weisse Waare:
                           
                              
                                 99,64
                                 Proc.
                                 Zucker,
                                 
                              
                                 0,19
                                 „
                                 Wasser,
                                 
                              
                                 0,04
                                 „
                                 Asche,
                                 
                              
                                 0,13
                                 „
                                 Organisches.
                                 
                              
                           Die Asche bestand stets zu einem relativ grossen Theile aus Magnesia, vermuthlich
                              									weil sich diese mit dem Traubenzucker chemisch vereinigen kann. Die Thatsache, dass
                              									die Füllmasse eine etwas geringere Reinheit zeigt, als der Rohzucker, ist jedenfalls
                              									auch durch beginnende Zersetzung in Folge des Erwärmens und Kochens zu erklären.
                              									Diese Erscheinung, begleitet von Schwierigkeiten und Verlusten bei der Raffination,
                              									hat sich und zwar in erhöhtem Grade auch bei einer, in der anfangs erwähnten Fabrik
                              									selbst versuchten Umarbeitung jener Rohzucker gezeigt, die direct aus Kartoffeln bereitet worden waren. Falls man daher letzteren
                              									Arbeitsgang überhaupt befolgen will, dürfte sich gleichfalls die unmittelbare
                              									Darstellung hochprocentiger Rohzucker empfehlen.
                           Da eine Verwendung des Dextroserohzuckers zu gährungsgewerblichen Zwecken, besonders
                              									zur Weinverbesserung, in grossem Maasstabe in Aussicht stehen soll, so ist es
                              									wichtig, auch über die Vergährbarkeit der Dextrosenachproducte nähere Angaben zu
                              									besitzen, und dürfte daher eine Parallelanalyse von unkrystallisirtem Dextrosezucker
                              									(drittes Product obiger Fabrik) und reinstem, gewöhnlichem Stärkezucker einer
                              									renommirten Firma (weisse, seifige Masse) von Interesse sein. Betrachtet man als den
                              									wirklichen Zuckergehalt des Dextrosezuckers III = 75,44, als den des Stärkezuckers
                              									68,47, so erhielte man folgenden Ausdruck für die Zusammensetzung beider Sorten:
                           Dextrosezucker III enthält:
                           
                              
                                 75,44
                                 Proc.
                                 Zucker,
                                 
                              
                                 16,69
                                 „
                                 Wasser,
                                 
                              
                                 0,82
                                 „
                                 Asche,
                                 
                              
                                 7,05
                                 „
                                 organische Stoffe,
                                 
                              
                           wovon 5,68 Proc. gährungs- und reductionsfähig sind.
                           Der Stärkezucker enthält:
                           
                              
                                 68,47
                                 Proc.
                                 Zucker,
                                 
                              
                                 22,67
                                 „
                                 Wasser,
                                 
                              
                                 0,19
                                 „
                                 Asche,
                                 
                              
                                 8,67
                                 „
                                 organische Stoffe,
                                 
                              
                           welche hochpolarisirend, nicht
                              									gährend und nicht reducirend sind. Vergährbar sind von 100 Th. Trockensubstanz 97,39
                              									bezieh. 88,54 Th.
                           Alle diese Zahlen besitzen selbstverständlich auch nur technischen, nicht
                              									wissenschaftlich genauen Werth.
                           Aus dem Angeführten dürfte hervorgehen, dass die Frage der Herstellung reinen,
                              									krystallisirten Traubenzuckers in technischer Hinsicht im Principe gelöst ist.
                              									Sollte sich der in Aussicht genommene grosse Absatz für dieses Product in der
                              									erwarteten Weise und binnen kurzer Zeit bewerkstelligen lassen, so wird es wohl
                              									rentabel sein, die Fabrikation desselben im Grossen und mit vollkommeneren als den
                              									bisher benutzten mechanischen Hilfsmitteln zu betreiben. Hierzu sollen schon von
                              									verschiedenen Seiten Vorbereitungen getroffen werden.
                           Wie wir sehen, ist es mit sehr grossen Schwierigkeiten verbunden, direct aus den
                              									Rohmaterialien, mit Umgehung der Erzeugung von Stärke, reine Dextrose in fester oder
                              									flüssiger Form zu erzeugen. Es werden aber fortwährende Versuche gemacht, dieses
                              									Ziel zu erreichen, und in dem patentirten Verfahren von Carl
                                 										Pieper in Berlin haben wir neuerdings einen solchen beachtenswerthen
                              									Versuch vor uns.
                           Dieses Verfahren bezweckt die Darstellung von Traubenzucker und Traubenzuckersyrup
                              									unmittelbar aus Kartoffelreibsel, Kartoffelpülpe, Schlammstärke und anderen
                              									stärkemehlhaltigen Producten.
                           Es hat auch den Zweck, sämmtliche stärkemehlhaltige Bestandtheile, welche bei der
                              									Fabrikation der Stärke in den Rückständen verbleiben, durch Herstellung von
                              									Traubenzuckerfabrikation zu verwerthen.
                           Nach Pieper erleidet man einen Verlust von 15 bis 20
                              									Proc. Stärke, wenn man Kartoffeln zu Stärke und dann erst diese zu Traubenzucker
                              									verarbeitet. Dieser Verlust von 15 bis 20 Proc. verbleibt in der Pulpe und in der
                              									Schlammstärke.
                           In der Patentschrift heisst es ferner: „Ich habe nun die Erfahrung gemacht, dass
                                 										unter Anwendung geeigneter geringer Säuremengen, geringem Druck bei der
                                 										Conversion zunächst nur die Stärke und dann erst der Faserstoff angegriffen
                                 										wird, und habe auf diese Erfahrung das nachstehende Verfahren gegründet, welches
                                 										ermöglicht, den Faserstoff rein und frei von Stärke von der durch die Konversion
                                 										filtrirbar gemachten Stärke zu trennen.
                           
                              Das Verfahren ist wie folgt: Nach dem Reiben der Kartoffeln trennt man die Pulpe
                                 										nicht vom Reibsel, sondern lässt das gesammte Reibsel in den Stärkebassins, wie
                                 										bei der Stärkefabrikation, abwassern. Die so gewonnene Masse wird nun in der
                                 										gleichen Weise wie die Stärkemilch in ein Kochfass gebracht und mit Säure bis
                                 										zum Flüssigwerden der gesaramten Stärke und der Befreiung der Kartoffelfaser von
                                 										derselben gekocht, was durch Probenahme leicht zu erkennen ist, in welchem
                                 										Zeitpunkte die Stärkemilch durch die Conversion filtrirbar geworden und die
                                 										Faser von der anhaftenden Stärke befreit ist. Die Säuremenge und der Druck sind
                                 										auf Grund vorzunehmender Proben so niedrig zu bemessen, dass der Faserstoff
                                 										unangegriffen bleibt, und ist ferner die Anwendung geschlossener Kochfässer
                                 										geboten, um das Ueberschäumen zu verhüten; als Säure dient Schwefelsäure oder
                                 										eine andere, zur Bildung von Traubenzuckersäften geeignete Säure. Sobald die
                                 										Probenahme ergibt, dass die gesammte Stärke flüssig geworden ist, wird der ganze
                                 										Inhalt des Kochfasses durch eine Filtrirvorrichtung in ein zweites Kochfass
                                 										gedrückt und in letzterem die Conversion zu Ende geführt; im Falle man festen
                                 										Traubenzucker darzustellen beabsichtigt, verdoppelt man bei dieser zweiten
                                 										Conversion die Säuremenge.
                              
                           
                              Werden, wie in den meisten Stärkezuckerfabriken, die Kartoffeln erst zu
                                 										Kartoffelmehl und die geringeren Stärkesorten erst zu Syrup bezieh. Zucker
                                 										verarbeitet, so führt man das Verfahren in der Weise aus, dass man die
                                 										Pulpe in die zu convertirende Stärkemilch fliessen lässt und dann die Conversion
                                 										in der beschriebenen Weise in zwei Abschnitten mit dazwischen erfolgender
                                 										Filtration vornimmt. Das Verhältniss der Faser zur Stärke wird dann ein
                                 										bedeutend engeres, weil man die von der Gesammtmenge der Kartoffeln gelieferte
                                 										Pulpe mit höchstens ⅓ bis ½ der gewonnenen Stärke zu mischen hat. Man hat in
                                 										diesem Falle natürlich entsprechend mehr Filterfläche nöthig.
                              
                           
                              Da die Mischung von Stärkemehl und Pulpe wegen des grossen Wassergehaltes der
                                 										letzteren bei der Fabrikation zu dünne Säfte ergeben würde, so ist es
                                 										zweckmässig, durch eine geeignete Vorrichtung die Mischung nach Bedarf zu
                                 										entwässern, was durch Nachstellen der Mischbottiche und durch ein enges Sieb
                                 										geschehen kann, welches die Stärkepartikelchen beim Entwässern zurückhält. Aus
                                 										der Schlammstärke lassen sich die darin neben anderen mechanischen
                                 										Verunreinigungen enthaltenen feinen Faserstoffe durch Auswaschen und Sieben nur
                                 										unter grossen Stärkeverlusten trennen, wenn man weisse, verkaufsfähige Stärke
                                 										erzielen will. Mit dem vorliegenden Verfahren lässt sich die Schlammstärke in
                                 										vortheilhafterer Weise auf Traubenzucker, bezieh. Syrup verarbeiten, in Folge
                                 										der Möglichkeit, die Fasern und anderen Verunreinigungen durch Filtration von
                                 										der durch die Conversion filtrirbar gewordenen Schlammstärke zu trennen.
                              
                           
                              Der gewonnene reine Traubenzucker wird in bekannter Weise auf das gewünschte
                                 										Fabrikat verarbeitet.“
                              
                           Wenn dieses Verfahren zu einer glatten und ökonomischen Fabrikationsweise ausgebildet
                              									sein wird und man mit demselben auch reinen Traubenzucker wird darstellen können, so
                              									wird es jedenfalls einen grossen Fortschritt bedeuten. Bis heute ist jedoch davon
                              									nichts bekannt.
                           Ebenso wenig wissen wir, ob das Verfahren von Colas und
                              										Davoine (Distillerie
                                 										française, 1890 S. 474), welche aus dem Maiskorn direct Stärkezucker
                              									darstellen, bereits in der Industrie Eingang gefunden hat und ob die so
                              									dargestellten Producte eine genügende technische Reinheit besitzen.
                           P. Petit berichtet in den Comptes rendus, 1892 Bd. 114 S. 1375 über ein Oxydationsproduct der Stärke. Wenn man 4 Gew.-Th. Stärke mit einem
                              									Wassergehalt von 20 Proc. mit 5 Gew.-Th. reiner Salpetersäure zusammenreibt, so
                              									erhält man eine gummiartige Masse, welche, wenn man sie einige Tage auf 40° C.
                              									erwärmt, sich aufbläht, grün färbt und schliesslich eine poröse und sehr voluminöse
                              									weisse Substanz liefert.
                           100 g Stärke und 125 g Salpetersäure geben 100 g dieses Productes. Der so erhaltene
                              									Körper wird beim Trocknen bei 100° C. gelbroth und entwickelt dann salpetrige
                              									Dämpfe. Beim Behandeln mit Wasser gibt er Kohlensäure und weiter nitrose Dämpfe ab,
                              									beim Erhitzen ist diese Gasentwickelung ziemlich reichlich. Die Lösung in Wasser
                              									erfolgt nahezu vollständig.
                           Ersetzt man das Wasser durch Alkohol, so erfolgt die Gasentwickelung weniger
                              									intensiv, besonders in der Kälte, aber es resultirt auch eine weniger vollständige
                              									Lösung.
                           Aus der kalten alkoholischen Lösung fällt Aether eine weisse, gummiartige Substanz,
                              									welche sich an der Luft verflüssigt, aber in trockener Luftleere fest wird. Dabei
                              									verringert sich die Löslichkeit der Substanz in Alkohol, bis sie schliesslich ganz
                              									aufhört.
                           
                           Die durch wiederholtes Wiederauflösen in Wasser und Fällen mit Alkohol
                              									gereinigte Substanz hat die Zusammensetzung C5H6O5 und löst sich
                              									sehr leicht in Wasser; die saure Lösung ist stark rechts drehend und reducirt in der
                              									Kälte ammoniakalisches Silbernitrat und auch Fehling'sche Lösung.
                           Bei Behandlung der Lösung dieser Säure mit eingestellter Barytlösung in Gegenwart von
                              									Phenolphtalein erhält man eine Färbung, welche bei Verbrauch von 32,1 Proc. Baryum
                              									einem Salze von der Zusammensetzung Ba(C5H5O5)2 entspricht.
                           Mit Phenylhydrazinacetat liefert diese Säure das Hydrazon C5H6O4(N2HC6H5). Wird die in kaltem Alkohol unlösliche Säure
                              									lange mit Wasser gekocht oder einige Minuten mit verdünnten Mineralsäuren behandelt,
                              									so wird sie durch Bindung von Wasser wieder löslich in Alkohol. Fügt man die
                              									ursprünglich erhaltene kalte alkoholische Lösung nach und nach zu alkoholischem
                              									Ammoniak, bei grossem Ueberschuss des letzteren, so erhält man ein gelbliches,
                              									amorphes, zerfliessliches Product, welches mit Wasser eine fast braune Lösung gibt
                              									und dem Ammonsalze C5H5O5.NH4
                              									entspricht.
                           Durch Einwirkung von gasförmigem Ammoniak auf die alkoholische Lösung entstehen, je
                              									nachdem die Säure mehr oder weniger gesättigt ist, Producte von verschiedener
                              									Zusammensetzung, welche bei der Behandlung mit der theoretischen Menge Salzsäure und
                              									Phenylhydrazinacetat bei 60 bis 70° C. ein Hydrazon: C5H8O5(N2HC6H5) liefern, welches im Vacuum in einigen Wochen
                              									Wasser verliert und in das Hydrazin der Säure C5H6O5 übergeht.
                           Behandelt man die kalte alkoholische Lösung mit alkoholischem Kali oder mit
                              									Cadmiumcarbonat, so erhält man Salze der Säure C5H8O6,
                              									deren Salze sämmtlich amorph sind.
                           Invertirt man die Säure C5H6O5 durch die berechnete Menge
                              									Schwefelsäure und behandelt dann mit Barytwasser, so sind zur Sättigung 29,7 Proc.
                              									Baryum erforderlich, entsprechend dem Salze: (C5H7O6)2Ba: es hat also die Bindung von 1 Mol. Wasser
                              									stattgefunden.
                           Man hat also zwei Säuren mit C5, während sich für die
                              									Verbindung (C6H10O5)8J,
                              									8,92 berechnen. Es hat somit die Verbindung von Stärke mit Jod, welche in Gegenwart
                              									eines Stärkeüberschusses entsteht, die Zusammensetzung (C6H10O3)8J, welche mit der von Mylius gefundenen Formel übereinstimmt.
                           Schon früher hatte Rouvier gefunden, dass Jod in
                              									Gegenwart eines Ueberschusses an Stärke eine Verbindung liefert, welche von der in
                              									Gegenwart eines Jodüberschusses entstehenden Jodstärke verschieden ist, und hat
                              									nunmehr deren Zusammensetzung ermittelt.
                           lieber die Bindung von Jod durch Stärke (Comptes rendus, 1892 Bd. 114 S. 1366). G. Rouvier fügte zu Stärkewasser ein bestimmtes Volum
                              									einer titrirten Jodlösung, ferner ein dem Stärkewasser gleiches Volum einer
                              									gesättigten Chlorammonlösung. Nach dem Absetzen wurde decantirt und, nachdem
                              									constatirt war, dass die Flüssigkeit Stärkeüberschuss enthielt, wiederholt durch
                              									Decantiren mit concentrirter Chlorammonlösung ausgewaschen. Zur Ermittelung der an
                              									Jod gebundenen Stärke bestimmte Rouvier den Kohlenstoff
                              									durch Ueberführung in Kohlensäure. Da der Niederschlag reichlich Salmiak enthielt,
                              									so wurde die Kohlensäure nicht in Kalilauge, sondern in Ammoniak aufgefangen und
                              									dann mit Chlorbaryum gefällt.
                           Der Verfasser fand so bei fünf Versuchen den Procentgehalt an Jod zu: 8,63,
                              									8,57, 8,75, 9,03 und 9,12, welche augenscheinlich Derivate von Säuren mit C6 sind; hierfür spricht das Entweichen der
                              									Kohlensäure beim Lösen des ursprünglichen Reactionsproductes.
                           Nach Steiger und Auer-Schollenberger (D. R. P. Nr. 51943) stellt man aus Kleie und anderen
                              									Getreideabfallen einen unvergährbaren, krystallisirbaren Zucker und einen dem
                              									Gummiarabicum ähnlichen Klebstoff auf folgende Weise dar: Man befreit die Kleie
                              									zunächst durch Auswaschen mit Wasser vom anhaftenden Stärkemehl, kocht sie zur
                              									Entfernung der Proteinstoffe mit einer Ammoniak- oder Kochsalzlösung, presst sie ab
                              									und laugt sie aus, kocht die auf diese Weise erhaltene Zellstoffmasse, welche ein
                              									bisher unbekanntes Kohlehydrat, das Metaraban, enthält, sechs Stunden lang mit 1-
                              									bis 2procentiger Schwefelsäure aus, wodurch das Metaraban verzuckert wird,
                              									neutralisirt wie bei der Stärkezuckerfabrikation mit kohlensaurem Kalk, entfärbt mit
                              									Thierkohle und dampft ein, worauf aus der Lösung eine unvergährbare Zuckerart
                              									auskrystallisirt. Zur Darstellung von Gummi kocht man die das Metaraban enthaltende
                              									Zellstoffmasse aus Kleie mit Kalkmilch oder etwa 1procentiger Alkalilauge unter
                              									Druck, presst ab, neutralisirt, entfärbt und concentrirt die Lösung und erhält so
                              									ein Gummi von grosser Klebkraft.
                           
                              J. Brössler.