| Titel: | Elektrische Hilfseinrichtung zur Feststellung von Bremswirkungen. | 
| Autor: | L. Kohlfürst | 
| Fundstelle: | Band 288, Jahrgang 1893, S. 39 | 
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                        Elektrische Hilfseinrichtung zur Feststellung von
                           								Bremswirkungen.
                        Mit Abbildungen.
                        Elektrische Hilfseinrichtung zur Feststellung von
                           								Bremswirkungen.
                        
                     
                        
                           Bei den königl. preussischen Staatsbahnen werden seit Längerem eingehende Versuche
                              									über die Wirkungsweise der Carpenter-Bremse angestellt,
                              									und die hierbei erfolgten Feststellungen haben bereits ebenso reiche und
                              									interessante, als wichtige und werthvolle Ergebnisse geliefert. Jedoch bilden nicht
                              									diese letzteren den Gegenstand der nachstehenden Darlegungen, sondern hier sollen
                              									vorläufig lediglich die Art und Weise der Versuchsdurchführung, sowie die
                              									Hilfsmittel nähere Beleuchtung finden, welche bei den gedachten Feststellungen und
                              									zwar im Besonderen bei den im Juli und August 1891 seitens der königl. Eisenbahndirection Frankfurt a. M. auf der
                              									Strecke Hanau-Gelnhausen durchgeführten Versuchen in Anwendung gebracht worden
                              									sind.
                           Der dort benutzte Probezug bestand aus zwei Personenzugslocomotiven, fünf Brems-
                              									und fünfzehn gewöhnlichen Leitungswagen und war mit der Carpenter-Bremse (mit Brüggemann'schen
                              									Luftauslassventilen) ausgerüstet. Das Gesammtgewicht des Zuges betrug 366,08 t. Die
                              									eine der beiden Locomotiven konnte irgend eine verfügbare normale Personenzugsmaschine sein, während die zweite Locomotive von
                              									derselben Gattung, aber für die Versuchszwecke eigens eingerichtet war, deshalb jedem Versuchszuge beigegeben wurde und die Führung
                              									desselben zu übernehmen hatte. Für gewöhnlich durfte denn auch nur die Tenderbremse
                              									der letztgedachten Locomotive in Verwendung kommen, wogegen die Triebradbremse
                              									derselben, sowie die Tender- und Triebradbremsen der dem Zuge beigegebenen zweiten
                              									Locomotive ausschliesslich in Nothfällen bei etwaigen aussergewohnlichen
                              									Verkehrsereignissen benutzt werden sollten.
                           Von den zwanzig Wagen des Zuges waren drei Personenwagen (Bremswagen) mit den zur
                              									Durchführung der Beobachtungen und Messungen nöthigen Einrichtungen versehen und
                              									stand der erste davon – bei der Fahrt von Hanau nach Gelnhausen – als vierter Wagen
                              									hinter der zweiten Locomotive, der zweite als zwölfter und der dritte als letzter
                              									Wagen im Zuge. Bei der Rückfahrt standen die Wagen, da der Zug in Gelnhausen nicht
                              									umgesetzt werden konnte, mit dem früheren Schlusswagen hinter der zweiten Locomotive
                              
                              									beginnend in umgekehrter Reihenfolge.
                           An den fünf Bremswagen – dreiachsigen Personenwagen dritter Klasse – waren zunächst
                              									die Brüggemann'schen selbsthätigen Luftauslassventile
                              									derartig angebracht, dass sie ausgeschaltet werden konnten. Hierdurch wurde es
                              									ermöglicht, die Beobachtungen und Messungen am Versuchszuge sowohl für die Carpenter-Bremse ohne als mit den genannten Ventilen vorzunehmen. Schliesslich wurden bei dem
                              									gleichen Zuge die Bremswagen auch noch mit Kappa-Ventilen versehen und auch hierfür unter sonst gleichen
                              									Voraussetzungen dieselben Versuche und Feststellungen durchgeführt.
                           Die Feststellungen, um deren Gewinnung es sich nun in erster Linie handelte,
                              									waren:
                           a) die Zeit von dem Augenblicke des Umlegens des
                              									Bremshahnhebels auf „Bremse fest“ bis zum Beginne der Kolbenbewegung am
                              									Bremscylinder;
                           b) die Zeit vom Beginne bis zur Vollendung der Bewegung
                              									des Bremscylinderkolbens;
                           c) die Zeit von dem Augenblicke des Zurückstellens des
                              									Bremshahnhebels auf „Bremse lösen“ bis zum Beginne der Rückkehr des
                              									Bremscylinderkolbens;
                           d) die Zeit vom Beginne bis zur Vollendung des
                              									Bremskolbenrückganges.
                           Zu diesem Behufe war der Zug mit einer elektrischen Einrichtung versehen, wie sie in
                              										Fig. 1 schematisch dargestellt erscheint. Die
                              									Versuchzugslocomotive und die drei bereits oben namhaft gemachten Messwagen stehen
                              									unter einander durch vier längs des ganzen Zuges
                              									hingeführte Leitungsdrähte L1, L2, L3 und L4 in Verbindung. Auf
                              									der Locomotive befindet sich erstens der Kurbelumschalter k, welcher bei seiner in der Zeichnung dargestellten Ruhelage keinen
                              									Contact herstellt, hingegen, auf i gebracht, L1 mit L2 leitend verbindet;
                              									es ist ferner der Bremshahnhebel K mit der Leitung L2 dauernd verbunden
                              										und der
                              									Bremshahn mit zwei derart angebrachten Contacten versehen, dass durch das Umlegen
                              									von K auf „Bremse fest“
                                 										L2 mit L3, beim Umlegen auf „Bremse los“ hingegen L2 mit L4 in leitende
                              									Verbindung gebracht wird.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 288, S. 40
                              Fig. 1.Schematische Darstellung der elektrischen Bremseinrichtung. (K und k in
                                 										Ruhelagen.)
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 288, S. 40
                              Fig. 2.Elektrische Bremsvorrichtung. (Bei V sollte Feder x mit n in
                                 										Contact stehen.)
                              
                           In den drei Messwagen befinden sich absonderlich zur Erlangung der obenstehend
                              									angeführten Daten – was im zweiten Wagen noch Weiteres vorhanden ist, dient einem
                              									anderen Zwecke und wird erst später in Betracht zu ziehen sein – je eine galvanische
                              									Batterie b1, b2, b3, dann ein
                              									achtspangiger, doppelarmiger Umschalter U1, U2, U3 ferner ein Federumschalter V1, V2, V3 und die Schreib- oder Registrirvorrichtung M1, M2 und M3. Die letztere
                              									gleicht im Wesentlichen einem Morse-Farbschreiber, dessen Laufwerk jedoch mittels
                              									eines besonderen Pendelwerkes regulirt wird, damit die Abwickelungsgeschwindigkeit
                              									des Papierstreifens auf das Genaueste gleichmässig bleibt. Die Länge des in der
                              									Minute ablaufenden Streifens lässt sich über dem durch Einstellen des Apparates so
                              									wählen, dass selbst Aufschreibungen, welche nur kleinen Bruchtheilen von Secunden
                              									entsprechen, abgelesen werden können. Die Ingangsetzungdes Laufwerkes bezieh.
                              									des Papierstreifens kann mit Hilfe eines eigenen Elektromagnetes m1, m2, m3 bewirkt werden,
                              									indem der Anker desselben, sobald er angezogen wird, ein kleines Hebelwerk
                              									beeinflusst, welches dadurch die Hemmung des Papierstreifen-Laufwerkes löst. Was die
                              									Umschalter U anbelangt, so gleichen sie den bekannten
                              									Vorrichtungen dieser Art und wäre nur zu bemerken, dass die beiden Contactarme w und z durch ein
                              									isolirtes Gelenkstück verbunden sind und gleichzeitig umgelegt werden, was der
                              									Beobachter nach Erforderniss, und zwar mit der Hand, bewerkstelligt.
                           Der Federumschalter V ist es schliesslich, der die zu
                              									prüfende Wagenbremse mit der Schreibvorrichtung in Beziehung bringt. Die beiden
                              
                              									Contactfedern x und y
                              										(Fig. 1 und 2),
                              									der regulirbare zweiseitige Contact w, sowie die beiden
                              									Contactschrauben p und q
                              									sind an der Gestellsplatte des Umschalters isolirt befestigt; an letzterer ist eine
                              									mit zwei Seitenarmen versehene Rolle v angebracht, über
                              									welche ein Drahtseil d (Fig.
                                 										2) läuft, das durch eine Oeffnung des Wagenfussbodens, sowie über die
                              									nöthigen Führungsrollen geleitet ist und mit einem Ende an einer Spiralfeder f, mit dem anderen aber an der Kolbenstange des
                              									Bremscylinders des betreffenden Wagens befestigt wird. Mittels dieses Seiles wird
                              									die Rolle v durch das Einziehen des Bremskolbens im
                              									Sinne des eingezeichneten Pfeiles gedreht, ebenso aber auch beim Lösen der Bremse,
                              									d.h. beim Rücklauf des Bremskolbens durch die Feder f
                              
                              									in entgegengesetzter Richtung bewegt und in die Ursprungslage zurückgebracht. Dabei
                              									wirken die Seitenarme der Rolle v auf die Contactfedern
                              										x und y der Reihe nach
                              									so ein, wie dies in Fig. 2 unter I, II, III, IV und V
                              									dargestellt erscheint. Demgemäss ist bei der gewöhnlichen Ruhelage I die Verbindung p, x,
                              									sowie jene zwischen n und y vorhanden; sobald beim Bremsen die Bremskolbenstange ihren Weg beginnt,
                              									verlässt die Feder y den Contact n – Stellung II – und legt
                              									sich auf q – Stellung III
                              									–, d.h. die Verbindung n, y hört auf und y, q wird dafür hergestellt. Der letztgenannte Contact
                              									erfährt nun bis zum Rückgange des Bremskolbens keine Aenderung mehr, dagegen wird
                              									beim Abschlusse der Bremskolbenbewegung für „Bremse fest“ der bisher
                              									bestandene Contact p, x gelöst – Stellung IV – und dafür die Verbindung w, x Stellung V – hergestellt. Die gleichen
                              									Contactänderungen erfolgen auch wieder beim Lösen der Bremse, nämlich beim Rückgange
                              									des Bremskolbens, jedoch selbstverständlich in umgekehrter Reihenfolge.
                           Die Darstellung der früher angeführten vier Zeitabschnitte vollzieht sich nun mit
                              									Hilfe der Schreib Vorrichtungen M1, M2 und M3 in folgender Weise: Vorerst wird auf der
                              									Locomotive einige Secunden vor dem Bremsen die Umschalterkurbel k auf i gelegt und dadurch
                              									eine im mittleren Messwagen aufgestellte Batterie B
                              										(Fig. 1) wirksam gemacht. Durch den Strom dieser
                              									Batterie werden, wie es sich in der Zeichnung leicht verfolgen lässt, sämmtliche in die Leitung L1 eingeschalteten
                              									Elektromagnete m erregt und demgemäss in der schon oben
                              									erwähnten Weise die Laufwerke sämmtlicher Schreibvorrichtungen ausgelöst. Nachdem
                              									hiermit die letzteren schreibbereit gemacht sind, wird der Bremshahnhebel K auf der Locomotive auf „Bremse fest“ umgelegt. Hierdurch gelangen die Batterien b1, b2, b3 in Wirksamkeit und
                              									die angezogenen Ankerhebel der Schreibvorrichtungen M1, M2, M3 schreiben, weil der betreffende Strom in jedem der
                              									drei Messwagen seinen Weg über die Spulen des Elektromagnetes (M1, M2, M3), dann über 5, w, n, y, x, p, 2, 3, z, 7, L3, K, L2 zum Zinkpol geschlossen findet. Jeder dieser
                              									Ströme dauert so lange, als der Bremskolben der zugehörigen Wagenbremse nach dem
                              									Umlegen des Bremshahnhebels der Locomotive noch in Ruhe verbleibt; es tritt aber
                              									vermöge der sich ändernden Lage des Federumschalters V
                              									eine Stromunterbrechung ein, sobald der Bremskolben des Wagens seinen Weg beginnt
                              									und dabei y von n abhebt.
                              									Diese Unterbrechung dauert jedoch nur einen Augenblick, nämlich so lange, bis die
                              									Feder y sich auf q gelegt
                              									hat, da dann die Batterie b1 bezieh. b2
                              									oder b3 über den
                              									Elektromagnet der Schreibvorrichtung, dann über das zugehörige 5, w, 1, q, y, x, p, 2, 3, z, 7, L3, K, L2 geschlossen ist. Immerhin ist die dazwischen
                              									gefallene Stromunterbrechung aber genügend, sich am Papierstreifen durch eine kleine
                              									Lücke im geschriebenen Striche erkennen zu lassen. Bis dann der Bremskolben
                              									schliesslich seinen Weg vollendet hat und im Federumschalter F die Stellung IV und V (Fig. 2) erreicht wurde, hört die
                              									zugehörige Schreibvorrichtung auf zu schreiben, da nunmehr ersichtlichermaassen ein
                              									Stromschluss zufolge Aufhebung des Contactes p, x auf
                              									keinem Wege mehr möglich ist.
                           Nachdem nun der gebremste Zug vollständig still steht, wird auf der Locomotive der
                              									Bremshahnhebel K in die Mittelstellung zurückgebracht
                              									und werden in jedem Messwagen die Umschalter U durch
                              									den Beobachter nach rechts gekippt (wie es z.B. Fig.
                                 										7 zeigt); schliesslich wird K auf „Bremse los“ umgelegt. Hierdurch gelangen die
                              									Batterien b1, b2, b3 aufs Neue zur
                              									Wirksamkeit, indem ein Strom weg vom Kupferpol über die zugehörige
                              									Schreibvorrichtung, dann über 5, 6, w, w, p, x, y, q, 4, z,
                                 										8, L4, K und
                              										L2 zum Zinkpol
                              									hergestellt worden ist. Dieser Strom erfährt nun wieder eine momentane
                              									Unterbrechung, sobald in V die Lage IV (Fig. 2) eintritt,
                              									d.h. sobald der Bremskolben des bezüglichen Wagens seinen Rückweg beginnt; er
                              									entsteht jedoch neuerdings, wenn sich x, von v losgelassen, wieder auf p gelegt hat, da nunmehr ein Stromschluss über die Spulen der
                              									Schreibvorrichtung, ferner über 6, w, 2, p, x, y, q, 4, z,
                                 										8, L4, K und
                              										L2 entstand, der
                              									erst wieder aufhört, bis in V die Feder y wieder von q abgehoben
                              									wird, d.h. bis der Bremskolben vollkommen zurückgelaufen ist und die normale
                              									Ruhelage wieder gewonnen hat.
                           Das durch die geschilderten Vorgänge am Papierstreifen erzeugte Bild besteht sowohl
                              									für „Bremse fest“ als für „Bremse los“ aus je zwei dicht hinter
                              									einander liegenden Strichen, wie dies Fig. 3 und 4 zeigen. In Fig. 3 stellt, wie aus
                              									den bisherigen Klarlegungen bereits hervorgeht, die Linie PT die Zeit dar, vom Momente der Umlegung des Bremshahnhebels auf der
                              									Locomotive bis zur Beendigung der Bremskolbenbewegung am betreffenden Wagen und ist
                              									zusammengesetzt aus dem Stücke PQ, das der Zeit
                              									entspricht, welche die Wagenbremse nach Umlegung des Bremshahnhebels (K in Fig. 1) brauchte,
                              
                              									umthätig zu werden, und aus dem Stücke Q T, das
                              									die Zeit darstellt, welche vom Beginne bis zur Beendigung der Bewegung des
                              									Bremscylinderkolbens verlief. Die Linien XZ bezieh. XY und YZ in Fig. 4 geben dieselben
                              									Daten hinsichtlich der Lösung der Bremse; d.h. XZ gibt das Bild der Gesammtzeit vom Zurückstellen des
                              									Bremshahnhebels auf „Bremse los“ bis zur
                              									völligen Beendigung des Bremskolben-Rücklaufes und XY
                              									stellt die Zeit dar, welche zwischen der gedachten Bremshebelumlegung und dem
                              									Beginne des Bremskolben-Rücklaufes verfliesst. Da nun die Ablaufgeschwindigkeiten
                              									der Papierstreifen an den Schreib Vorrichtungen genau gemessen, bezieh. eingestellt
                              									und sonach bekannt sind – bei den hier in Betracht genommenen praktischen Versuchen
                              									lief der Papierstreifen in allen Schreibvorrichtungen 4 mm in der Secunde – so sind
                              									die Striche P, Q, T sowie X, Y,
                                 										Z unmittelbare, genaue Maasse der Zeitgrössen, durch welche sie gewonnen
                              									wurden.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 288, S. 41
                              Papierstreifen zur Bremsvorrichtung.
                              
                           Des weiteren war es nun wichtig und eine Hauptaufgabe der Versuche, die bezüglich des
                              									Festbremsens gewonnenen Zeitdaten und ausserdem die Zeit, welche vom Momente des
                              									Umlegens des Bremshahnhebels auf der Papierstreifen zur Brems Vorrichtung.
                              									Locomotive bis zum völligen Stillstande des Zuges verfliesst, als Weg darzustellen, bezieh. auf Radumdrehungen zu
                              									beziehen. Diesem Zwecke diente die bereits früher erwähnte ausserordentliche
                              									Einrichtung des mittleren Messwagens, welche aus einer zweiten Schreibvorrichtung
                              										MS (Fig. 1), dem
                              									Relais B, dem Taster T und
                              									den Batterien b, B1 und
                              										B2 besteht. Die
                              									Schreibvorrichtung MS hat zwei Schreibhebel, wovon der
                              									eine durch den Elektromagnet M thätig gemacht wird und
                              									mittels der Batterie B1
                              									im Localschlusse des Schreibhebels der früher in Betracht gezogenen
                              									Schreibvorrichtung M2
                              									steht. Dieser Schreibhebel macht also dieselben Zeichen, wie der Schreibhebel der
                              									Vorrichtung M2,
                              									schreibt sie jedoch, weil er nach bekannter Art eines gewöhnlichen elektrischen
                              									Rasselweckers auf Selbstunterbrechung eingerichtet ist, nicht in der Form eines
                              									gleichmässigen Striches, sondern als feinpunktirte Linien. Der zweite Schreibhebel
                              									der Schreib Vorrichtung MS wird vom Elektromagneten S thätig gemacht, der im Localschlusse des Relais R, der Batterie B2 und der Contactvorrichtung ac liegt. Letztere ist an der ungebremsten Achse des Messwagens – von den
                              									drei Achsen dieses Wagens waren nur zwei mit der Bremse verbunden – so angebracht,
                              									dass bei der einen halben Umdrehung der Wagenachse die metallische Verbindung
                              									zwischen den Gleitfedern a und c hergestellt, dagegen während der zweiten Umdrehungshälfte aufgehoben
                              									wird. Die zweihebelige Schreib Vorrichtung MS hat
                              									schliesslich gleich allen anderen Schreibvorrichtungen eine elektrische Auslösung
                              									ihres Laufwerkes, welche durch den Elektromagnet m
                              									genau so bewirkt wird, wie es bei M1, M2 und M3 durch m1, m2 und m3 geschieht.
                           Wenn nun bei einem Bremsversuche, wie er vorhin beleuchtet wurde, die Kurbel k auf i gebracht wird,
                              									gelangt der Strom
                              									der Batterie B ersichtlichermaassen auch nach m, und der Papierstreifen der Schreib Vorrichtung MS fängt zu laufen an; kommt dann K auf „Bremse
                                    										fest“, so schreibt die Batterie b2 die Striche PQ und
                              										QT (Fig. 4) auf dem Streifen
                              									der Schreib Vorrichtung M2 (Fig. 1), deren Schreibhebel diese
                              									Zeichen durch den Localschluss der Batterie B2 auf den zum Elektromagneten M gehörigen Hebel der Schreibvorrichtung MS überträgt. Auf dem Papier st reifen des letzteren
                              									entsteht aber gleichzeitig noch eine zweite gestrichelte Linie, die der vom
                              									Elektromagneten S thätig gemachte Schreibhebel
                              									hervorbringt, da das Relais R bezieh. die
                              									Linienbatterie b des Relais in demselben Augenblicke
                              									zur Wirksamkeit gelangt ist, als K mit der Leitung L3 (Bremse fest) in
                              
                              									Berührung gebracht wurde. Jeder Punkt oder vielmehr jedes Strichelchen dieser
                              									zweiten, genau parallel oberhalb der ersten erscheinenden Linie entspricht einer
                              									Umdrehung des nichtgebremsten Rades, und die einzelnen Strichelchen und leeren
                              									Zwischenpausen werden gegen das Ende der Linie stetig länger, weil die Contactdauer
                              									zwischen a und c natürlich
                              									in eben demselben Verhältnisse zunimmt, als die Zugsgeschwindigkeit abnimmt. Sobald
                              									der Zug nach erfolgtem Bremsen zum Stillstande kommt, drückt der Bahnbeamte, welcher
                              									im mittleren Messwagen die Beobachtungen vornimmt, den Taster T nieder und kennzeichnet dadurch auch noch den
                              									gedachten Moment auf dem Streifen der Schreibvorrichtung MS, so dass schliesslich das in Fig. 5 dargestellte Bild
                              									gewonnen wird. Die Linien PQ und QT sind dieselben wie in Fig. 3; D ist das Zeichen für den eingetretenen Stillstand des
                              									Zuges und die Strichlein in der oberen Zeile sind die Radumdrehungen, deren Anzahl
                              									für die einzelnen Entfernungen PQ, QT und TD ohne weiteres abgezählt werden kann.
                           Die hiermit gewonnenen Grössen bieten alle nöthigen Anhalte, um für die
                              									Bremswirkungen Schaulinien anzufertigen, welche, sei es in Bezug auf die
                              									verschiedenen Anordnungen der Carpenter-Bremse, sei es in Betreff der
                              									Gefällsverhältnisse der Bremsversuchsstellen, ebenso übersichtliche als genaue
                              									Vergleiche ermöglichen.
                           Für die letzte Periode der Versuchsfahrten zwischen Hanau und Gelnhausen, in der die
                              									Carpenter-Bremse bei Einschaltung von Carpenter-Schulze'schen Kappaventilen geprüft
                              									worden ist, hatte die Anordnung der drei Messwagen noch eine Vervollständigung
                              									erhalten, indem in den Stromweg zwischen dem Elektromagneten der Schreib Vorrichtung
                              										M1, M2, M3 (Fig. 1) und der Spange 5
                              									des zugehörigen Umschalters U noch je eine besondere
                              									Contactvorrichtung a, c, t (Fig. 6 und 7) eingelegt wurde. Diese
                              									Einschaltung geschah mit der Absicht, in den Linien QT
                              										(Fig. 3) und YZ (Fig. 4) jene Momente zu
                              									kennzeichnen, in welchen die Bremsklötze an den Messwagen mit den Radreifen in
                              									Berührung gelangen, bezieh. dieselben wieder loslassen. Zu dem Ende ist an dem über
                              									die Rolle v des Federumschalters V laufenden Drahtseil d,
                              									wie es Fig. 6 unter I,
                                 										II und III darstellt, mittels einer
                              									Schraubenklamme r ein zweites kurzes Stück h genau so befestigt, dass
                              									in dem Augenblicke, wo sich die Bremsklötze an die Radreifen legen, h straff gespannt wird und den durch die Spiralfeder
                              										s auf die Contactschraube c festgepressten Contactarm a auf die
                              									Contactfeder t legt. Beim Uebergange der Umschalterlage
                              									von I in III wird durch
                              									die dabei eintretende Zwischenstellung II, wie aus dem
                              										Stromschema(Fig. 7) hervorgeht – es darf
                              									übrigens bei der Betrachtung der Stromwege in Fig. 7
                              									nicht vergessen werden, dass der Umschalter U bereits
                              									für „Bremsen los“ gestellt ist, „Bremse fest“ jedoch die in Fig. 1 dargestellte Lage haben muss –, eine kurze
                              									Unterbrechung des den Elektromagnet M der Schreib
                              									Vorrichtung erregenden Stromes verursacht und sonach in dem Striche QT (Fig. 3) eine kleine Lücke
                              									hervorgebracht. Dasselbe wird bei der Lösung der Bremse hinsichtlich der Linie YZ (Fig. 4) bewirkt werden,
                              									sobald a (Fig. 6 und
                              										7) wieder auf c
                              									zurückgelangt, d.h. sobald die Berührung zwischen den Bremsklötzen und Radreifen
                              									wieder aufhört. Die auf diese Weise gewonnenen Bilder haben nunmehr die in Fig. 8 und 9 dargestellte Form und –
                              									das bisher Betrachtete nochmals zusammengefasst – gibt also PQ in Fig. 8
                              									die Zeit vom Umlegen des Bremshahnhebels der Locomotive auf „Bremse fest“ bis zum Beginne der Bewegung des
                              									Bremscylinderkolbens, Qq die Zeit vom Beginne der
                              									Kolbenbewegung bis zu dem Augenblicke, in welchem sich die Bremsklötze des
                              									Messwagens an die Radreifen anlegen und qT die Zeit vom
                              									letztgedachten Augenblicke bis zum Abschlusse der Bremskolbenbewegung.
                              									Uebereinstimmend damit gibt in Fig. 9 die Linie XY die Zeit vom Umlegen des
                              									Bremshahnhebels auf. „Bremsen los“ bis zum
                              									Beginn des Bremskolbenrücklaufes, Yy die Zeit vom
                              									Anfange des Kolbenrücklaufes bis zum Momente, wo die Berührung zwischen Bremsklötzen
                              									und Radreifen aufhört, und yZ schliesslich die Zeit bis
                              									zur Vollendung des Kolbenrücklaufes.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 288, S. 42
                              Fig. 6.Contactvorrichtung zur Bremse.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 288, S. 42
                              Fig. 7.Conractvorrichtung zur Bremse.
                              
                           Der Vollständigkeit wegen muss schliesslich noch der Umstand Erwähnung finden, dass
                              									seitens des Beobachters auf der Locomotive ausser den gewöhnlichen Aufschreibungen
                              									über die allgemeinen Verhältnisse des Versuchszuges und die örtlichen Umstände jeder
                              									Versuchsstelle auch noch für jeden einzelnen Versuch die Geschwindigkeit des Zuges
                              										beim Einschalten
                              									der Bremse nach Angabe eines eigens zu diesem Behufe vorhandenen Messapparates von
                              										Buss, Bombart und Co. (Magdeburg), ferner den
                              									Atmosphärendruck in der Bremsleitung bei der Umschaltung des Bremshahnes, sowie die
                              									Abnahme der Atmosphärendruckes im Hauptreservoir möglichst genau festzustellen und
                              									anzumerken ist.
                           Betreffs der oben geschilderten, sinnreichen elektrischen Anordnung und Ausrüstung
                              									des Versuchszuges wäre aber noch zu bemerken, dass dieselbe für den angestrebten
                              									Zweck einen wesentlichen Fortschritt bedeutet und sowohl einfacher als auch genauer,
                              									kurz weitaus vollkommener ist, als jene Hilfsmittel waren, welche bei den im Jahre
                              									1887 in Burlington stattgehabten „Concurrenzversuchen“ (vgl. Lumière électrique, Bd. 26 S. 301), sowie zwei Jahre
                              									später gelegentlich des Eisenbahncongresses in London (vgl. Engineering vom 20. December 1889 Bd. 48 S. 703) für die Gewinnung
                              									vergleichender Feststellungen über die Wirkungen der Eisenbahnzugsbremsen in
                              									Benutzung kamen.
                           
                              L. Kohlfürst.