| Titel: | Neuerungen in der Industrie der Fette, Oele, Mineralöle u.s.w. | 
| Fundstelle: | Band 288, Jahrgang 1893, S. 184 | 
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                        Neuerungen in der Industrie der Fette, Oele,
                           								Mineralöle u.s.w.
                        (Fortsetzung des Berichtes S. 165 d.
                           								Bd.)
                        Neuerungen in der Industrie der Fette, Oele, Mineralöle
                           								u.s.w.
                        
                     
                        
                           Verwendung des Harzes in der Seifensiederei.
                           Seitdem Aetznatron allgemein zur Herstellung der Siedelaugen Verwendung findet, darf
                              									man annehmen, dass ⅔ aller Hausseifen mit Harz gesotten sind und nur ⅓ ohne
                              									dasselbe. Das Harz wird einestheils deshalb benutzt, weil es billiger ist,
                              									anderentheils, weil es die Seifen leichter wasserlöslich macht. Es findet das Harz
                              									Anwendung für Kernseifen jeder Art, ebenso für Leim- und Potaschefasseifen. Dagegen
                              									kann es nicht gebraucht werden zu Eschweger- und Mottledseifen. – Ein Zusatz von
                              									Harz macht die Seife weicher.Vgl. Der Seifenfabrikant, 1892 Bd. 12 S.
                                    										701. Es ist dieser Umstand beim Fettansatz zu berücksichtigen. Ferner
                              									hat man beim Sieden zu beobachten:
                           1) Je höher der Procentsatz neben Fett ist, desto stärker hat man die Aetzlauge zu
                              									wählen, um eine vom Schnitt feste Seife zu erzielen. Ein Nachtrocknen ist nicht
                              									rathsam.
                           2) Beim Sieden der Kernseife setzt man das Harz zweckmässig zuletzt zu, namentlich
                              									wenn man viel Harz genommen hat.
                           3) Ein hoher Procentsatz Harz neben Fett verringert die Ausbeute, besonders wenn man
                              									die Seife so weit einsiedet, dass sie hart vom Schnitt ist.
                           4) Harzseifen, welche im Ansatz nur Kernöl und Harz haben, werden direct
                              									gesotten.
                           5) Ist dagegen im Ansatz neben Kernöl und Harz noch viel talgartiges Fett, so kann
                              									nicht direct auf Leimniederschlag gesotten werden. Es wird vielmehr die Kernseife
                              									mit Kochsalz getrennt, wobei sich der Kern blank und klar ausscheiden muss. Die
                              									Unterlauge pumpt man dann am besten ab und verseift den Kern mit schwacher Lauge
                              									oder mit heissem Salzwasser; bis sich dicke leimartige Lauge zeigt.
                           6) Der Harzzusatz darf, wie schon erwähnt, ein nicht zu grosser sein. Als eine
                              									billige Seife neben Harzkernseifen hat sich eine Harzleimseife bewährt aus gleichen
                              									Theilen Palm- und Kernöl und etwa 15 bis 20 Proc. Harz. Zum Härten können 10 bis 15
                              									Proc. Wasserglas verwendet werden, nur muss darauf geachtet werden, dass die Seife
                              									nicht gummiartig wird.
                           7) Jede Harzkernseife kann nachträglich vermehrt werden. Doch besonders zu empfehlen
                              									ist eine Vermehrung nicht, weil durch Trocknen viel Verlust entsteht. Auch der Fluss
                              									wird nicht so wie derjenige einer Kernseife.
                           Die Harzseifen eignen sich vorzugsweise zum Waschen mit hartem oder überhaupt
                              
                              									salzhaltigem Wasser.
                           Soll Harz zu Potaschefasseifen Verwendung finden, so ist beim Sieden zu
                              									berücksichtigen, dass das Harz die Seife weich macht. Soll eine solche Fasseife
                              									nachträglich mit Kartoffelmehl vermehrt werden, so verwendet man am besten kein
                              									Harz.
                           Auch die beiden Sorten Glycerinschmierseifen werden heute wohl allgemein mit Harz
                              
                              									gesotten, und zwar nimmt man auf 100 Proc. Oel etwa 10 Proc. Harz. Die Ausbeute an
                              									Grundseife richtet sich nach der Siedemethode und den angewendeten Laugen. (Nach Der Seifenfabrikant, 1892 Bd. 12 S. 237.)
                           
                        
                           Verseifung der Fette durch Behandlung mit schwefliger Säure
                              									oder Bisulfit unter Druck.
                           E. Stein, A. Bergé und E. de
                                 										Roubaix wollen Oele und Fette in der Weise verseifen, dass sie dieselben
                              									mit schwefliger Säure oder einem Bisulfite bei einer Temperatur von 170 bis
                              									höchstens 200° und einem Druck von 18 at während 9 Stunden behandeln. Zu diesem
                              									Zwecke wird ein cylindrischer Kupferkessel ungefähr zur Hälfte mit Fett gefüllt und
                              									dann mit etwa 2,5- bis 3procentiger schwefliger Säurelösung zu ¾ Theilen gefüllt und
                              									nun schweflige Säure oder Kohlensäure bis zu 6 at Druck nachgepresst.
                           Durch eine im Inneren des Kessels gelagerte Dampfschlange oder sonstige passende
                              									Heizanordnung wird nun die Temperatur auf 170 bis 200° C. gesteigert, und das Fett
                              									dadurch in seiner ganzen Masse mit der Schwefligsäurelösung in Berührung gebracht,
                              									dass im Inneren des Kessels ein Rührwerk vorgesehen ist, oder dass der an den Wänden
                              									mit vorstehenden Armen ausgestattete Kessel selbst in Rotation versetzt wird.
                           Durch die Steigerung der Temperatur erhöht sich der Druck von 6 auf 18 at, unter dem
                              									die ganze Masse 9 Stunden stehen bleibt, wobei darauf zu achten ist, dass die
                              									Temperatur nie über 200° steigt. Nach Verlauf der genannten Zeit soll das Fett
                              
                              									vollkommen verseift sein; die Fettsäuren schwimmen oben auf der Lösung und können
                              									leicht abgelassen werden, während das Glycerin in der Lauge gelöst bleibt.
                           In gleicher Weise wie die schweflige Säure wirken auch die Bisulfite, obwohl ihre
                              									Anwendung nicht so vortheilhaft ist als die der schwefligen Säure.
                              									(Oesterreichisches Patent vom 10. April 1892. Klasse 23.)
                           
                        
                           Verseifung des Leinöls auf kaltem Wege.
                           Während das feste Aetznatron als sogen. caustische Soda schon seit Jahren in der
                              									Seifenfabrikation Verwendung findet, so ist dasselbe bei dem festen Aetzkali – der
                              									caustischen Potasche – nicht der Fall. Der Seifenfabrikant causticirt meistens seine
                              									Potasche immer noch selbst, trotzdem das deutsche Aetzkali jetzt mit 75 bis 95 Proc.
                              									KOH in den Handel gebracht wird und man so direct durch Auflösen mit Dampf oder
                              									Wasser Laugen von beliebiger Grädigkeit herstellen kann. Da mit concentrirten Laugen
                              									der Verseifungsprocess rascher und glatter vor sich geht, so liegt der Vortheil der
                              									Anwendung festen Aetzkalis in der Seifenfabrikation auf der Hand.
                           Nach Häussermann verseift z.B. eine Kalilauge von 50°
                              									B., welche bei Gebrauch hochprocentiger Waare leicht durch Auflösen von 50 Th.
                              									Aetzkali in 50 Th. Wasser zu erhalten ist, Leinöl schon in der Kälte ziemlich vollständig, so dass nur
                              									ein nachträgliches kurzes Sieden erforderlich ist, um eine consistente Schmierseife
                              									zu erhalten. Bei Anwendung von 40 Th. dieser Kalilauge auf 100 Th. Leinöl erfolgt
                              									die Verseifung ohne äussere Wärmezufuhr fast vollständig innerhalb weniger Stunden,
                              									wenn man die sich sofort bildende Emulsion so lange umrührt, bis die nach kurzer
                              									Frist sich selbst erwärmende Masse wieder zu erkalten beginnt. Versetzt man dann die
                              									Masse nach mehrstündiger Ruhepause mit dem doppelten Gewicht Wasser und siedet dann
                              									eventuell unter theilweiser Erneuerung desselben fertig, so ist der Process in der
                              									Hälfte der früheren Zeit beendet. Man erhält so auf verhältnissmässig einfache und
                              									sichere Weise eine Seifengrundlage, welche allen billigen Anforderungen entspricht.
                              									Je nach dem Grad von Transparenz oder Festigkeit, welcher jeweils erforderlich ist,
                              									wird diese Vorschrift eine entsprechende Abänderung erfahren müssen. So erhöht ein
                              									kleiner Zusatz von Natronlauge bedeutend die Festigkeit, während ein Abbrechen an
                              									Kalilauge und Ersatz derselben durch Potasche die Transparenz befördert, (Nach Gewerbeblatt aus Württemberg, 1892 Bd. 43 S. 386.)
                           
                        
                           Zur Anwendung des festen Aetzkali in der
                              									Seifenfabrikation.
                           Obwohl nach der Ansicht Häussermann's, wie in
                              									vorstehendem Referat erwähnt ist, die Seifenfabrikanten ihre caustischen Kalilaugen
                              									bequemer aus festem Aetzkali bereiten, so scheint man in den Kreisen der
                              									Seifenfabrikanten aus pecuniären Gründen diese Ansicht nicht zu theilen. Wenigstens
                              									warnt ein Seifenfabrikant seine Collegen, aus Bequemlichkeit und der Annehmlichkeit
                              									wegen caustisches Alkali zu verwenden. (Nach Der
                                 										Seifenfabrikant, 1892 Bd. 12 S. 621.)
                           
                        
                           Anforderungen an eine Toiletteseife.
                           Auf der im vorigen Jahre zu Wien abgehaltenen Versammlung von
                                 										Nahrungsmittelchemikern und Mikroskopikern sprach Dr. Paschkis über die Anforderungen, welche man berechtigt
                              
                              									sei, an eine gute Toiletteseife zu stellen. Die erste Forderung, die man an eine
                              									gute Seife stellen müsse, sei die, dass letztere frei von ätzendem oder kohlensaurem
                              
                              									Alkali sei. Paschkis führte aus, welche Folgen die
                              									tägliche Anwendung einer ätzendes oder kohlensaures Alkali enthaltenden Seife auf
                              									die menschliche Haut mit sich bringe. Ferner sei der Wassergehalt der Toiletteseifen
                              									oft ein so hoher, dass das Publikum pecuniär geschädigt werde. Es gäbe im Handel
                              									Seifen, deren Wassergehalt ein annehmbarer sei und die ausserdem obigen
                              									Anforderungen entsprächen. Die Versammlung nahm daher auf Vorschlag Paschkis' folgende Thesen an:
                           1) Seifen, welche zum persönlichen Gebrauche bestimmt sind, dürfen nicht mehr als
                              									0,06 Proc. kohlensaures Alkali enthalten; Aetzkali darf überhaupt in denselben nicht
                              									enthalten sein.
                           2) Der Wassergehalt solcher Seifen darf 10 bis 15 Proc. nicht übersteigen.
                           3) Für hygienische und Kinderseifen sind diese Vorschriften mit besonderem Nachdrucke
                              									einzuhalten; es sind dazu nur Kernseifen zu verwenden.
                           4) Bei überfetteten Seifen ist der Procentgehalt des Fettzusatzes anzugeben.
                           5) Mindestens die sub 3 genannten Seifen sind einer periodischen Untersuchung zu
                              									unterziehen.
                           (Nach Der Seifenfabrikant, 1892 Bd. 12 S. 274.)
                           
                        
                           Verwendung von Seifenlösung zur Desinfection.
                           Bei der letzten Choleraepidemie war amtlicherseits neben anderen Desinfectionsmitteln
                              									auch Seifenlösung zur Desinfection angeordnet. Da die Schmierseifen des Handels
                              									bekanntlich meist stark gefüllt sind, so weist C.
                                 										Kohlmeyer darauf hin, dass derartige gefüllte Schmierseifen durchaus nicht
                              									zur Desinfection geeignet sind. (Nach Pharmaceutische
                                 										Zeitung, Bd. 37 S. 602, durch Chemisches
                                 										Centralblatt, 1892 Bd. 2 S. 836.)