| Titel: | Neuerungen in der Fabrikation der Mineralsäuren, der Soda, Potasche und verwandter Industriezweige. | 
| Fundstelle: | Band 288, Jahrgang 1893, S. 236 | 
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                        Neuerungen in der Fabrikation der Mineralsäuren,
                           								der Soda, Potasche und verwandter Industriezweige.
                        Mit Abbildungen.
                        (Fortsetzung des Berichtes S. 185 d.
                           								Bd.)
                        Neuerungen in der Fabrikation der Mineralsäuren, der Soda, Potasche
                           								und verwandter Industriezweige.
                        
                     
                        
                           
                              5) Verfahren zur Herstellung von
                                    											Schmelzblöcken oder Broden aus Kochsalz.D. R. P. Nr. 61064.
                              Um Kochsalz nach grösseren Entfernungen versenden zu können, namentlich um es für
                                 										die Tropen versendbar zu machen, formt P. Vincent
                                 										in Paris aus demselben sehr feste und widerstandsfähige Blöcke. Es wird dies
                                 										dadurch erreicht, dass man das Kochsalz schmilzt und in Formen giesst. Man
                                 										erhält so allerdings marmorähnliche Blöcke, die dem Transporte den denkbar
                                 										grössten Widerstand zu leisten vermögen.
                              Allein es ist zu bedenken, dass das Kochsalz durch diesen Schmelzprocess seine
                                 										feinkrystallinische Beschaffenheit gänzlich verliert und zu einer
                                 										steinsalzähnlichen Masse wird, die sich nicht besonders für den menschlichen
                                 										Genuss eignet. Ferner dürfte die Herstellung dieser Blöcke etwas kostspielig
                                 										sein, da einmal das Kochsalz erst bei 776° schmilzt, wobei es auch gleichzeitig
                                 										zu verdampfen beginnt, und dann, weil das geschmolzene Kochsalz und dessen
                                 										Dämpfe die Schmelzgefässe heftig angreifen, sowohl Eisen als auch Thon.
                              Wie Verfasser bemerkt; lassen sich feste, widerstandsfähige Salzblöcke übrigens
                                 										viel vortheilhafter auf die Weise herstellen, dass man das feuchte Salz
                                 										centrifugirt und mittels hydraulischen Drucks in Formen bringt und schliesslich
                                 										scharf abdörrt. Ein solcher Salzblock behält trotz grosser Festigkeit im Inneren
                                 										die Zerreiblichkeit bei.
                              
                           
                              6) Neuerung an Salzabdampfpfannen
                                    											mit Austragvorrichtung.D. R. P.
                                       												Nr. 61719.
                              Reginald Coates Wilson in Liverpool construirte eine
                                 										Austragvorrichtung für Abdampfpfannen. Dieselbe besteht aus Haken oder
                                 										Schabeisen, welche in schräger Lage durch ein endloses Seil mittels Handwinde
                                 										von dem hinteren Ende der Pfanne nach dem vorderen gezogen werden und so das am
                                 										Boden niedergefallene Salz in den unbedeckten Raum derselben fördern. Der
                                 										Rückgang der Austragvorrichtung wird durch Drehung der Kurbel in
                                 										entgegengesetztem Sinne vorgenommen. Verfasser spricht dieser Neuerung keine
                                 										Bedeutung zu. Es sei daher an dieser Stelle nur auf das citirte Patent und auf
                                 										die Originalabhandlung verwiesen.
                              
                           
                              7) Austragvorrichtung für in
                                    											Verdampfapparaten ausgeschiedene Salze.D. R. P. Nr. 55316.
                              Die Austragvorrichtungen, welche bis jetzt für geschlossene Abdampfgefässe in
                                 										Anwendung kamen, erwiesen sich nie recht praktisch. Besser aber scheint, wie
                                 										Verfasser berichtet, der Dr. Sig. Pick patentirte
                                 										Apparat sich in der Praxis zu bewähren.
                              Der Pick'sche Apparat besteht aus einem
                                 										Vacuumverdampfungsapparat K (Fig. 5 und 6), ihm
                                 										schliesst sich ein konisch geformter Theil A an, welcher bei
                                 											B durch einen Schieber luftdicht abgeschlossen
                                 										ist. Unter diesem Schieber befindet sich ein zweiter Konus C in verkehrter Stellung, dessen Basis durch ein
                                 										durchlochtes Blech oder Drahtsieb G gebildet wird,
                                 										welches überdies noch mit einer filtrirenden Substanz oder einem Gewebe bedeckt
                                 										sein kann. Unter diesem Siebe befindet sich der cylindrische Abschluss H des ganzen Apparates.
                              
                                 
                                 Textabbildung Bd. 288, S. 237
                                 Fig. 5.
                                 
                              
                                 
                                 Textabbildung Bd. 288, S. 237
                                 Fig. 6.
                                 
                              Das Gefäss L wird mittels Luftpumpe evacuirt, und
                                 										die sich bildenden Dämpfe durch das in der Mitte des Apparates angebrachte Rohr
                                 											B in den Erhitzungsraum M gepresst. Dieser besteht aus zwei kreisrunden Blechplatten, zwischen
                                 										denen eine grössere oder kleinere Anzahl von Röhren dampfdicht eingesetzt
                                 										ist.
                              Ist nun der Apparat bis auf den nöthigen Dampfraum mit Soole gefüllt und bringt
                                 										man die Luftpumpe in Thätigkeit, so gibt der abgesaugte und darauf comprimirte
                                 										Dampf in dem Erhitzungsraum seine Wärme an die in den Röhren circulirende Soole
                                 										ab, condensirt sich und lässt sich durch eine unten am Erhitzungsapparat
                                 										angebrachte Oeffnung entfernen.
                              Aus der Soole werden im Verhältnisse der Wasserverdampfung Krystalle
                                 										ausgeschieden, welche, durch die Spritzröhren in den konischen Theil A auf den Schieber B
                                 										fallend, sich daselbst ansammeln werden. Ist der Behälter A nahezu mit Salz gefüllt, so wird der Schieber B geöffnet und der Salzbrei in den Behälter C eingelassen, wo derselbe auf das Sieb G fällt. Nun wird B
                                 										geschlossen und der Vacuumraum mittels eines Rohres durch den Hahn J mit dem unteren Gefässe H in Verbindung gebracht und gleichzeitig der Lufthahn E oder F geöffnet.
                                 										Dadurch wird sämmtliche Mutterlauge aus dem im Raume C angesammelten Salzbreie in das Gefäss H
                                 										und von da in den Raum L gesaugt. Das relativ
                                 										trockene Salz kann dann durch die Mannlöcher D aus
                                 											C entfernt werden.
                              Zur Speisung des Apparates mit Soole dient das Rohr r, welches unterhalb des Erhitzungsraumes einmündet. (Nach Oesterreichische Zeitschrift für Berg- und
                                    											Hüttenwesen, 1892 Bd. 40 S. 503.)
                              
                           
                        
                           Herstellung von feinkörnigem Borax.
                           Feinkörniger Borax soll nach J. Ascough erhalten werden
                              									durch Mischen und Schmelzen von 62 Th. Borsäuremit 71 Th. krystallisirtem
                              									Natriumcarbonat oder von 62 Th. Borsäure, 27 Th. trockenem Natriumcarbonat und 44
                              									Th. Wasser. In die Schmelze wird so viel Wasserdampf eingeleitet, als zur Lösung und
                              									zum Eintritt der Reaction nöthig ist. Ein etwaiger Ueberschuss an Wasser wird durch
                              									Verdampfen entfernt. Beim Abkühlen der Lösung soll sich der Borax in ganz
                              									feinkörnigem oder pulverförmigem Zustand abscheiden. (D. R. P. Nr. 64694 vom 1.
                              									August 1891.)
                           
                        
                           Herstellung von Plumbaten der Alkali- und
                              									Erdalkalimetalle.
                           Nach P. Naef erhält man durch Zusammenschmelzen von Blei
                              									oder Bleioxyd mit Nitraten und einem grossen Ueberschuss von Oxyden der Alkali- oder
                              									Erdalkalimetalle die entsprechenden Plumbate. Hierbei geht fast alles Nitrat in
                              									Nitrit und das Blei völlig in Plumbat über. Eine Abänderung des Verfahrens besteht
                              									in dem Einblasen von einem gut vertheilten Luftstrom in geschmolzenes Aetznatron
                              									oder Aetzalkali, welches Blei oder Bleioxyd vertheilt enthält. (D. R. P. Nr.
                              									66229.)
                           
                        
                           Das Mond'sche Verfahren der Gewinnung von Chlor aus
                              									Chlorammoniumlaugen.
                           Der Mond'sche ProcessEnglisches Patent Nr. 2575 von 1889 und D. R.
                                    											P. Nr. 54540. zur Gewinnung von Chlor aus Chlorammoniumlaugen
                              									verläuft in 5 Phasen:
                           1) Darstellung des Salmiaks durch Ausfrieren aus den Abfallaugen der
                              									Ammoniaksoda,
                           2) Vergasen des Salmiaks in antimonbelegten Gefässen durch Einbringen desselben in
                              									geschmolzenes Zinkchlorid,
                           3) Abscheidung des Chlors aus den Salmiakdämpfen bei 400 bis 500° durch kaolinhaltige
                              									Magnesiakugeln in ausgemauerten Gefässen, wobei das Ammoniak fortgeht,
                           4) Zersetzung der entstandenen Chlorverbindung in denselben Gefässen durch Einleiten
                              									von 800 bis 1000° heisser Luft unter Erzeugung eines 7- bis 10procentigen
                              									Chlors,
                           5) Abkühlen der Magnesiakugeln durch kalte Luft auf 400°, worauf von neuem
                              									Salmiakdämpfe aufgeleitet werden.
                           Ueber den ersten Theil des Processes, das Ausfrieren des
                                 										Salmiaks, lässt sich, da Einzelheiten nicht bekannt sind, nur sagen, dass
                              
                              									die Temperatur, bei welcher die völlige Ausscheidung des Salmiaks erfolgt, unter 0°
                              									liegen muss.
                           Die Verdampfung des Salmiaks geschieht jetzt nach vielfachen Umänderungen in der
                              									Weise, dass man denselben continuirlich oder chargenweise in mit Antimon belegte,
                              									retortenähnliche Gefässe bringt, in denen sich geschmolzenes Zinkchlorid befindet.
                              									Wie der obere Theil der Retorten, so müssen auch die Leitungen für die Salmiakdämpfe
                              									auf 350° gehalten werden und ebenso mit Antimon oder Ziegel ausgeschlagen sein.
                           Die Hauptapparate, in die nun die Dämpfe eintreten, sind mit geglühten Magnesiakugeln
                              									aus 100 Th. Magnesia, 75 Kaolin und 6 ungelöschtem Kalk gefüllt; die Masse wird vor
                              									dem Formen mit Chlorkaliumlösung vom specifischen Gewicht 1,1 angerieben. Diese
                              									Kugeln bilden jetzt die umsetzende Substanz des Processes, nachdem die Versuche, Nickel-, Kobalt-,
                              									Eisen-, Manganoxyde oder Salze mit nicht flüchtigen Säuren, wie Kiesel-, Bor-,
                              									Wolframsäure, zu verwenden, fehlgeschlagen sind. Das Zersetzungsmaterial muss stets
                              									bei niederer Temperatur das Chlor binden, bei hoher es abgeben; um die Gefässe, in
                              									denen es sich befindet, an dem Temperaturwechsel nicht theilnehmen zu lassen, hat
                              										Mond auch verschiedene heisse, über einander
                              									liegende Cylinder anwenden und das Material mechanisch von einem in den anderen
                              									befördern wollen. Jetzt werden die Magnesiakugeln 2 m hoch in ausgemauerten eisernen
                              									Cylindern aufgeschichtet, deren Mauerung (aus Ziegelsteinen) Zwischenlager von
                              									Magnesia in concentrischen Ringen zur Wärmeisolation enthält; die Gase treten stets
                              									oben ein, unten aus. Die Anlage ist so, dass die Retorten von aussen mit
                              									Producergasen geheizt werden können, in der Regel scheinen sie aber von innen mit in
                              									Cowper-Oefen erhitzter Luft auf die nöthige Temperatur gebracht zu werden.
                           Bei 350 bis 550° wird der Salmiakdampf eingeleitet und dessen Chlor aufgenommen,
                              									während Ammoniak und Wasser fortgehen; ist eine genügende Quantität durchgeführt, so
                              									wird der Salmiakdampf abgestellt und durch heisses, mit Schwefelsäure getrocknetes
                              									inertes Gas (Kalkofengas, Producergas, Austrittsgase der Absorptionsapparate der
                              									Ammoniaksodadarstellung) der Rest des Ammoniaks ausgetrieben, das in den
                              									Sodaapparaten verwendet oder sonst geeignet condensirt wird. Gegen Ende der
                              									Operation tritt Salzsäure auf, die ebenfalls condensirt wird. Wenn die Entwickelung
                              									dieser aufgehört hat, wird in Cowper-Oefen auf 800 bis 1000° erhitzte und durch
                              									Schwefelsäure getrocknete Luft eingeleitet, die das in der Magnesia aufgenommene
                              									Chlor entbindet und, mit einem Gehalt von 7 bis 10 Volumprocent Chlor entweichend,
                              									in grossen, mechanischen Apparaten mit mehreren in einander greifenden Schrauben
                              									nach Langer's Patent Chlorkalk erzeugt.
                           Wird das Gas schwächer, so geht es nach Passiren eines neuen Cowper-Ofens in einen
                              									anderen Zersetzer, um dort weiteres Chlor zu entbinden; sobald die Chlorentwickelung
                              									aufhört, wird der Apparat mit kalter Luft auf 400° abgekühlt und dann von neuem den
                              									Salmiakdämpfen ausgesetzt. Die dadurch erwärmte Luft wird in Cowper-Ofen weiter
                              									erhitzt, um in anderen Zersetzern wieder Chlor frei zu machen.
                           Ob dieses Mond'sche Verfahren zur Chlorgewinnung
                              									wirklich eine ernstliche Gefahr für die Leblanc-Sodafabrikation mit sich bringt, wie
                              									ein Artikel der TimesWiedergegeben in Berliner Börsenzeitung, Nr. 502 S. 3. behauptet, wird
                              									von den Praktikern sehr in Abrede gestellt, da die gesammte Ausführung des Processes
                              									bei den einzelnen Operationen, wie Ausfrieren des Salmiaks, Trocknen desselben,
                              									Dissociiren und Glühen des erhaltenen Magnesiumoxychlorides, einen sehr
                              									beträchtlichen Aufwand an Brennmaterial erfordern muss, dem sich in Folge der
                              									mannigfachen Operationen eine hohe Summe von Löhnen anschliessen dürfte.
                           Zum Schluss sei hier übrigens auf die Auslassungen zweier Praktiker bezüglich der
                              									Rentabilität des Mond'schen Verfahrens in der
                              									chemischen Industrie hingewiesen, welcher obige Mittheilungen ebenfalls entnommen
                              									sind. (Nach Die Chemische Industrie, 1892 Bd. 15 S. 466
                              									und 1893 Bd. 16 S. 10 und 63.)
                           
                        
                           Zusammensetzung des käuflichen, flüssigen Ammoniaks und
                              									Methode zur Darstellung eines reinen flüssigen Ammoniaks.
                           Die Untersuchung von sechs Handelssorten flüssigen Ammoniaks ergaben nach Hans v. Strombeck einen Gehalt von 96,98 bis 99,79
                              									Proc. Ammoniak, während der Rest aus carbaminsaurem Ammon, Wasser, Schmieröl,
                              									suspendirter Mineralsubstanz und einer farblosen Flüssigkeit bestand, welche
                              									Methyl-, Aethyl- und Isopropylalkohol nebst Aceton enthielt. Die Menge dieser
                              									Flüssigkeit schwankte zwischen 0,11 und 2,88 Proc. Verfasser untersuchte ausserdem
                              									eine breiige Masse, welche sich in dem Compressor einer Eismaschine abgesetzt hatte,
                              									und fand in derselben neben Wasser, Mineralöl, organischer Substanz 19 Proc.
                              									Eisenoxyd, 2 Proc. Schwefeleisen, sowie kleine Mengen Sulfide, Sulfat und Chlorid
                              									des Ammoniums.
                           Zur Darstellung eines reinen flüssigen Ammoniaks leitet Verfasser das Gas über
                              									geschmolzenes, metallisches Natrium, um die Kohlensäure zu binden und um Wasser
                              									nebst Alkohol festzuhalten. Da sich hierbei Wasserstoff entwickelt, wird das Gas
                              									über Palladiumschwamm geleitet und nach Absorption des Wasserstoffs comprimirt. Es
                              									gelingt so ein flüssiges Ammoniak zu erhalten, das aus 99,995 Proc. Ammoniak
                              									besteht. Zur Regenerirung des Palladiumschwammes wird derselbe dem Luftsauerstoff
                              									ausgesetzt.
                           Die Ursache der Explosionen, welche zuweilen in Eismaschinen auftreten, sucht
                              									Verfasser in dem Umstände, dass die Alkohole in Kohlenwasserstoffe zersetzt werden
                              									durch thermoelektrische Ströme unter Mitwirkung der Oxydation des Eisens in Folge
                              									des Gehaltes an Sulfid, Sulfat und Chlorid. Die thermoelektrischen Ströme können in
                              									den Condensatoren entstehen, weil die eisernen Röhren an zwei Enden mit Zinn
                              
                              									verlöthet sind, und das eine Ende warm, das andere kalt ist. (Nach Proceedings of the Chemical Section of the Franklin
                                 										Institute, 1892, durch Chemisches
                                 										Centralblatt, 1892 Bd. 2 S. 733.)
                           
                        
                           Ueber die Rolle des Chlorcalciums bei der Weldonschen
                              									Braunsteinregenerirung.
                           Es war bekannt, dass für einen günstigen Verlauf des Oxydationsprocesses mindestens
                              									2, besser aber 2½ Mol. CaCl2 für jedes Mol. MnCl2 vorhanden sein sollten. Auch Weldon selbst hatte beobachtet, dass die Gegenwart
                              									einer erheblichen Menge Chlorcalcium bei seinem Verfahren zur Regenerirung von
                              									Mangandioxyd aus Chlorlaugen eine wesentliche Bedingung für das Gelingen des
                              									Verfahrens sei. Allein nähere Angaben über diesen Punkt scheinen in der Literatur
                              									nicht vorzuliegen. G. Lunge in Gemeinschaft mit B. Zahorsky berichtet nun in einer grösseren Abhandlung
                              									über die Bedeutung des Chlorcalciums bei der Weldon'schen Braunsteinregenerirung.
                           Bekanntlich spielt bei dem Weldon-Verfahren der
                              									überschüssige Kalk eine Hauptrolle, indem dieser mit Manganoxydul und Sauerstoff
                              									Calciummanganit bildet, dem Endproducte des Processes. Es liegt daher nahe, dem
                              									Chlorcalcium die Rolle zuzuschreiben, dass es mehr Kalk in Lösung bringe, als durch
                              									Wasser allein geschehen würde, und dadurch den Oxydationsprocess befördere.
                           Da über die Löslichkeit des Kalkes in Chlorcalciumlösungen keine näheren Angaben
                              									vorlagen, so stellten Verfasser zunächst Versuche in diesbezüglicher Richtung an und fanden, dass
                              									die Löslichkeit des Kalkes in einer bis 10 Proc. enthaltenden Chlorcalciumlösung bei
                              									gewöhnlicher oder massig erhöhter Temperatur sich nur wenig von der in reinem Wasser
                              									unterscheidet. Bei höheren Temperaturen dagegen ist der Kalk leichter löslich in
                              									Chlorcalciumlösungen als in Wasser; seine Löslichkeit nimmt mit der Concentration
                              									der Chlorcalciumlösung zu, soweit nicht die Verhältnisse durch Ausscheidung von
                              									festem Oxychlorid complicirt werden. Wo diese ausbleibt, ist von 40° ab der Einfluss
                              									der Concentration der Chlorcalciumlösung viel ausgesprochener als derjenige einer
                              									Temperaturerhöhung.
                           Um nun die Rolle des Chlorcalciums im Weldon-Verfahren
                              									experimentell klar zu legen, construirten Verfasser einen Apparat, der es ihnen
                              									ermöglichte, die Versuchsbedingungen denjenigen der Praxis genügend anzunähern.
                           Ein Luftcompressor wurde mit einem als Regulator dienenden Blechcylinder verbunden,
                              									aus dem drei Glasröhren gleichzeitig die comprimirte Luft in drei 40 cm hohe
                              									Glascylinder führten, die in einem gemeinschaftlichen grossen Wasserbade aufgestellt
                              									waren. Die in die Glascylinder eintauchenden Enden der Röhren waren mit vielfach
                              									durchlöcherten Vorsprüngen versehen, um ähnlich wie im Grössen durch die
                              									Luftstrahlen gleichzeitig eine Oxydation und ein gründliches Umrühren der Masse zu
                              									bewirken. Die Temperatur des Wasserbades wurde auf der für den Process günstigsten
                              									von 55 bis 60° gehalten.
                           Die drei Glascylinder wurden nun mit je 800 ccm einer Lauge gefüllt, welche den der
                              									Praxis nahe kommenden Gehalt von 45,93 g MnO2Auf MnO2
                                    											umgerechnet, wie es nach Weldon in der Praxis
                                    											üblich ist. Im vorliegenden Fall war es natürlich MnCl2. in 1 l besass, die berechnete
                              									nöthige Menge Kalkmilch zugesetzt und das gefällte Manganoxydulhydrat absitzen
                              									gelassen. Die darüberstehende klare Lösung wurde analysirt, und wenn zuviel
                              									Chlorcalcium für den Versuch vorhanden war, so wurde der Ueberschuss durch Abhebern
                              									einer entsprechenden Menge der klaren Lösung beseitigt, im entgegengesetzten Fall
                              									aber Chlorcalcium zugesetzt und bis nahe an 2 l verdünnt. Dann wurden die Cylinder
                              									in ihrem Wasserbade auf 55 bis 60° erwärmt, so viel neue Kalkmilch zugesetzt, dass
                              									auf 2 Mol. Mn(OH)2 gerade 1 Mol. CaO (= 14,78
                              									gin 1 l) kam, und genau auf 2 l aufgefüllt. Nun wurde Luft eingeblasen und zwar
                              									für jeden Versuch 10 Stunden lang. In der folgenden Tabelle haben Verfasser die
                              									Ergebnisse ihrer Untersuchungen zusammengestellt:
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 288, S. 239
                              Absolute Mengen CaCl2; g; Mol. CaCl2; 1 Stunde; 2 Stunden; 3 Stunden; 4 Stunden; 5 Stunden; I. Vers.; II.
                                 										Vers.; Mittel; Mol. CaCl2; 6 Stunden; 7 Stunden;
                                 										8 Stunden; 9 Stunden; 10 Stunden; 12 Stund.; Mittel
                              
                           Bei allen Versuchen war die gleiche Menge von Manganoxydul (entsprechend 45,93 g
                              										MnO2 in 1 l = 1 Mol.) und von überschüssigem
                              									Kalk (entsprechend 14,78 g CaO in 1 l = ½ Mol.) in Wasser verwendet, aber diejenige
                              									des Chlorcalciums von 1 bis 6 Mol. wurde variirt, wie es die erste Spalte in Gramm,
                              									die zweite Spalte in Molekülen ausdrückt. Die unter den Stunden stehenden Zahlen
                              									bedeuten die procentische Umwandlung des vorhandenen Gesammtmangans in wirkliches
                              										MnO2; dabei sind jedesmal zwei Parallelversuche
                              									und dann das Mittel aus denselben angeführt.
                           Aus der Tabelle ist zunächst ersichtlich, dass im ersten Stadium des Processes die
                              									Bildung des Calciummanganits um so langsamer vor sich
                                 										geht, je mehr Chlorcalcium vorhanden ist, so zwar, dass die Oxydation bei 1
                              									Mol. CaCl2 fast dreimal so schnell vor sich geht,
                              									wie bei 6 Mol. Dieses Verhältniss verschiebt sich aber ganz stetig mit der Dauer des
                              									Lufteinblasens. Nach 6stündigem Blasen ist etwa Gleichgewicht eingetreten, während
                              									nach 10stündigem Blasen ganz regelmässig der Oxydationsgrad mit der Menge des
                              									vorhandenen Chlorcalciums steigt. Der Oxydationsgrad wächst ziemlich schnell, bis
                              									der Chlorcalciumzusatz 3 Mol. beträgt, wo er = 83,3 Proc. ist, dann noch langsam bis
                              									85,5 Proc. In der Praxis erreicht man selbst bei dem ersten Blasen selten erheblich
                              									über 79 oder 80 Proc.
                           Es ergibt sich demnach der Schluss, dass ein Zusatz von 3 Mol. Chlorcalcium auf jedes
                              									Atom Mangan das zweckmässigste Verhältniss für die Oxydation ist. Allgemein fällt
                              									die Operation immerhin im Ganzen um so günstiger aus, je mehr Chlorcalcium vorhanden
                              									ist.
                           Nachdem Verfasser die begünstigende Rolle des Chlorcalciums im Weldon-Process
                              									experimentell bestätigt gefunden hatten, traten sie der Frage näher, ob diese
                              
                              									Wirkung in der lösenden Kraft des Calciumchlorids auf Kalk zu suchen sei. Ihre
                              									weiteren Untersuchungen lehrten sie aber, dass das Chlorcalcium nicht allein durch
                              									sein Lösungsvermögen für Kalk wirken kann. Die Erklärung der bestehenden Thatsache
                              									ist vielmehr darin zu suchen, dass, wie auch Weldon selbst
                              									bemerkt hat, das Manganoxydul nicht allein in Wasser, sondern auch in neutralen
                              									Chlorcalciumlösungen nicht unbedeutend löslich ist. Verfasser beobachteten weiter,
                              									dass die Löslichkeit des Mn(OH)2 mit steigendem
                              									Chlorcalciumgehalt zunimmt; die entstehende Lösung ist farblos und gibt mit
                              									Chlorkalk sofort braunes Mangandioxydhydrat. Nach Weldon wird aber die Weiteroxydation des suspendirten Manganoxyduls durch
                              									die Gegenwart irgend einer gelösten Manganoxydulverbindung in neutralem Zustande
                              									erheblich vermindert. Dies ist sowohl bei MnCl2, als
                              									auch bei einer Lösung von MnO in CaCl2 der Fall.
                              									Wenn dagegen neben dem Manganoxydul auch noch Kalk in der Chlorcalciumlösung
                              									suspendirt sei, so gehe die Oxydation schnell vor sich unter Bildung von braungelben
                              									Lösungen, die Weldon für Auflösungen von
                              									Calciummanganit in Calciumoxychloridlösung hielt, aber nicht näher untersuchte.
                           Verfasser stellten diese braungelbe Lösung direct her und untersuchten dieselbe. Sie
                              									glauben, dass dieselbe nicht eine einfache Lösung von Mangandioxyd oder
                              									Calciummanganit in Chlorcalcium ist, sondern ein Mangandioxychlorid.
                           Aus dem entgegengesetzten Verhalten der Lösungen von Manganmonooxyd und Mangandioxyd
                              									in Chlorcalcium bei der Oxydation von Manganoxydul durch Sauerstoff geben Verfasser
                              									nun folgende Erklärung der anfänglich verzögernden Wirkung eines Ueberschusses an
                              									Chlorcalcium:
                           Das Chlorcalcium löst einen Theil des suspendirten Mn(OH)2 auf, und letzteres wirkt nun nachtheilig auf die Oxydation des
                              									ungelösten Mn(OH)2 durch den Luftsauerstoff ein. Je
                              									mehr CaCl2 vorhanden ist, desto mehr Mn(OH)2 geht in Lösung, und desto mehr macht sich dessen
                              									verzögernde Wirkung geltend. Da jedoch die Oxydation nur verzögert, nicht gehemmt
                              									wird, so entsteht allmählich immer mehr MnO2 (oder
                              									vielmehr CaMnO3), das sich ebenfalls zum Theil in
                              									der Chlorcalciumlösung auflöst und die erwähnte braune Flüssigkeit gibt, in der die
                              									Oxydationswirkung eine beschleunigte ist. So wird nach einer gewissen Zeit die
                              									verzögernde Wirkung der MnO-Lösung durch die beschleunigende der MnO2-Lösung aufgehoben, und noch später wird die
                              									letztere sogar vorwaltend. Jetzt macht es sich aber auch geltend, dass die Menge des
                              									in Lösung gehenden MnO2 ebenfalls mit derjenigen des
                              									aufgelösten CaCl2 steigt, und demnach muss in dem
                              									späteren Stadium auch die Beschleunigung der Oxydation mit der Menge des vorhandenen
                              									Chlorcalciums wachsen. (Nach Zeitschrift für angewandte
                                 										Chemie, 1892 S. 631.)
                           
                              
                                 (Schluss folgt.)