Titel: | Triebwerke zur mechanischen Kraftübertragung. |
Fundstelle: | Band 288, Jahrgang 1893, S. 266 |
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Triebwerke zur mechanischen
Kraftübertragung.
(Fortsetzung des Berichtes S. 245 d.
Bd.)
Mit Abbildungen.
Triebwerke zur mechanischen Kraftübertragung.
II. Riemen und Riemenscheiben.
In der königl. technischen Versuchsanstalt in Charlottenburg sind seit acht Jahren
vielfach Versuche angestellt worden, welche den Zweck hatten, Treibriemen
verschiedener Einsender auf Festigkeits- und Elasticitätsverhältnisse zu prüfen. Der
stellvertretende Vorstand der Anstalt, M. Rudeloff, hat
aus den verschiedenen Versuchsreihen Zusammenstellungen gemacht, um durch diese zu
brauchbaren Schlussfolgerungen für die Beurtheilung der verschiedenen Materialien zu
gelangen. Diese Zusammenstellungen sind im sechsten Hefte 1892 und im ersten Hefte
1893 der Mittheilungen aus den königl. technischen
Versuchsanstalten zu Berlin veröffentlicht worden. Wir übergehen das reiche
Zahlenmaterial, welches den Schlussfolgerungen zu Grunde liegt, und geben unseren
Lesern auszüglich nur die wichtigeren Ergebnisse der Rudeloff'schen Untersuchungen, welche sich auf Riemen von Leder, Hanf,
Baumwolle und Haaren beziehen. Das Untersuchungsmaterial und die mit aller Sorgfalt
angebrachten Einspannvorrichtungen werden zu Eingang des Untersuchungsberichtes
ausführlich beschrieben und die Versuchsergebnisse tabellarisch mitgetheilt.
a) Lederriemen. Als mittlere Festigkeitseigenschaften
für Treibriemenleder ergeben sich aus den mit allen vollen Riemen erhaltenen Werthen
260 k/qc
Zugfestigkeit und 2870 m Reisslänge (d.h. diejenige Länge der betreffenden
Riemensorte, bei welcher der Riemen, an einem Ende aufgehängt gedacht; in Folge
seines eigenen Gewichtes abreissen würde). Die höchsterreichten Werthe betragen 360
k/qc und 4570
m Reisslänge, die geringsten 148 k/qc und 1750 m Reisslänge. Bei den im Anschluss
hieran gestellten Fragen, welchen Einfluss die Art der Gerbung und die Dichtigkeit
des Leders auf die Festigkeitsverhältnisse ausüben, wurde ermittelt, dass Leder mit
Eichenlohegerbung von einjähriger Dauer eine Bruchspannung von 282 k/qc und 2955 m
Reisslänge zeigte, während Leder von dreimonatlicher chemischer Gerbung als
entsprechende Zahlen 230 und 2530 ergab. Danach ist das in Eichenlohe gegerbte Leder
dem chemisch gegerbten überlegen, da letzteres nur 82 Proc. Bruchfestigkeit und 86
Proc. Reisslänge des mit Eichenlohe gegerbten Leders zeigt.
Nach weiteren Ermittelungen besitzt das chemisch gegerbte Leder jedoch die grössere
Dehnbarkeit, und zwar ist die grössere Dehnbarkeit des chemisch gegerbten Leders für
alle Laststufen um etwa 30 Proc. grösser.
Um den Einfluss der Dichtigkeit und der Dicke desLeders auf dessen
Festigkeitseigenschaften zu bestimmen wurde eine Reihe von Ergebnissen graphisch
dargestellt und aus denselben der Schluss gezogen, dass die Dicke des Leders sowohl
dessen Festigkeit als auch Reisslänge merklich, und zwar in der Weise beeinflusst,
dass beide Werthe mit zunehmender Dicke abnehmen.
Die Versuche bestätigten auch die bekannte Thatsache, dass für alle Riemendicken das
im mittleren Theil der Haut gelegene Stück die höchsten Werthe für Reisslänge und
Bruchfestigkeit aufweist. Von den beiden Endstücken ist bis zu etwa 3,5 bis 4 mm
Lederdicke das Halsstück, und bei grösserer Lederdicke das Schwanzstück als das
festere befunden.
Weiter ergab sich – nach Mittelwerthen – für die genähten Riemen 178 k/qc, für die
genieteten 189 k/qc Bruchfestigkeit, wobei immer die dünnere Probe in demselben Riemenpaare
die höhere Festigkeit hatte.
b) Baumwollriemen. Bedeutend grössere Schwierigkeit
bieten der Untersuchung die gewebten Riemen, die Tuchriemen und Gurten, bei denen
man zu einem zuverlässigen Urtheil über deren allgemeine Eigenschaften nur dann
gelangen kann, wenn die zu vergleichenden Riemen derselben Gruppe nicht nur aus
gleichartigem Rohmaterial hergestellt sind, sondern auch aus Fäden gleichen Dralles,
gleicher Garnzahl und gleicher Festigkeit bestehen. Der Berichterstatter hat sich
der angeführten Umstände wegen darauf beschränken müssen, nur diejenigen Fälle näher
zu ergründen, in denen die Ursachen für die Unterschiede in den
Festigkeitseigenschaften der Riemen auf äusserlich nicht erkennbare
Verschiedenartigkeiten des Rohmaterials oder der Garne zurückgeführt werden
mussten.
Von zwei nicht imprägnirten gewebten Baumwollriemen fand sich der doppelte dem
einfachen sowohl bezüglich der Festigkeit, als auch der Reisslänge überlegen. Setzt
man von diesen Werthen den für den doppelten Riemen ermittelten = 100, so ergeben
sich als Verhältnisszahlen für den vierfachen 65 Proc. für die Festigkeit und 77,5
Proc. für die Reisslänge. Die Kettenfäden in beiden Riemen sind einander gleich und
bestehen aus je neun Garnen.
Die Materialausnutzung, die sich in der Reisslänge des Riemens und in der
Bruchfestigkeit bezogen auf die Fadenzahl ausspricht, ergab sich beim vierfachen und
sechsfachen Gewebe im Allgemeinen geringer, als beim doppelten Gewebe.
Bei den baumwollenen Tuchriemen stellte sich als Endergebniss Folgendes heraus: Im
Allgemeinen wachsen bei Baumwolltuchriemen unter sonst gleichen Umständen, d.h. bei
gleichem Drall und Gewicht der Fäden, sowie gleichen Abmessungen und gleichem
Gewicht der Riemen mit zunehmender Zahl der Garne in den Kettenfäden des Gewebes die Festigkeit und
die Elasticität des Riemens, während die Dehnung abnimmt. Dieser Einfluss auf die
Festigkeit der Riemen scheint bei geringer Garnzahl der grössere zu sein, während er
hinsichtlich der Dehnung und Elasticität der Riemen erst bei grösseren Garnzahlen
überhaupt hervortritt.
Als Nebenergebnisse wurden bezüglich des Einflusses der einzelnen Fäden folgende
ermittelt:
1) Die Bruchbelastungen der Fäden bei annähernd gleichem Drall und Gewicht für die
Längeneinheit nehmen mit der Zahl der Garne im Faden ab.
2) Die Bruchdehnungen wachsen unter den gleichen Verhältnissen.
3) Proben mit kleinster Garnzahl weisen auch die kleinste Reisslänge auf, während
diese bei verschiedener Garnzahl annähernd gleich ist.
Die Reisslänge kann bei imprägnirten Riemen wegen der verschiedenen Eigengewichte in
Folge der Imprägnirung nur wenig in Betracht kommen.
c) Bei Hanfriemen ergab sich, dass dieselben im
vierfachen Riemen eine gleiche Materialausnutzung ermöglichen, wie im doppelten
Riemen, und dass die Materialausnutzung mit zunehmender Riemenbreite abnimmt.
Durch angemessene Anspannung der Bindefäden beim Weben, und durch Verwendung weniger
dehnbaren Materials zu den Bindefäden lässt sich die Materialausnutzung bei den
genannten Gewebearten auf dieselbe Stufe bringen. Hierbei haben geringe Anspannungen
der Bindefäden eine verhältnissmässig grössere Wirkung, als starke Anspannungen. Auf
die Festigkeit des Riemens wirkt ein geringerer Grad von Dehnbarkeit der Schussfäden
günstig dadurch, dass er bei im Uebrigen gleichen Verhältnissen das Geradestrecken
der Bindefäden hindert und diese nöthigt, an der Tragfähigkeit des Riemens
theilzunehmen. Bei einem straff gespannten Schuss werden dagegen die nach dem Rande
zu gelegenen Kettenfäden bei Dehnung des Riemens überlastet. Man verwende daher
zweckmässig zum Schuss wenig dehnbares Material und spanne dieses nicht
übermässig.
d) Die Balatariemen wiesen Reisslängen von 4300 bis 6100
auf. Im Vergleich zu den mit Mennigfarbe gestrichenen Baumwolltuchriemen erscheint
die Imprägnirung mit Balata einen günstigen Einfluss auf die Reisslänge ausgeübt zu
haben, da die Mittelwerthe bei Balatariemen 5200 m, bei mit Mennige angestrichenen
Wolltuchriemen nur 4000 m beträgt. Die Elasticitätsmoduli der Balatariemen zeigten
sich sehr verschieden.
Der Berichterstatter fasst die Ergebnisse seiner Untersuchung zu nachstehenden
Schlussfolgerungen zusammen:
e) Lederriemen.
1) Die Eichenlohgerbung liefert dem zur Untersuchung gelangten chemischen
Gerbverfahren gegenüber ein Material von höherer Festigkeit und geringerer, aber
gleichmässigerer Dehnung.
2) Mit zunehmender Dicke des Leders nehmen im Allgemeinen specifische Festigkeit,
Reisslänge und Volumengewicht ab.
3) Nach der Lage in der Haut unterschieden, zeigen die Mittel-(Rücken-)stücke die
grösste, die Schwanzstücke die geringere Festigkeit. Die Dehnung ist für die
Schwanzstücke am geringsten, für die Halsstücke am grössten, sie nimmt also vom Kopf
des Thieres nach dem Schwänze hin ab.
4) Der Einfluss des Nähens oder Nietens auf die Festigkeit des Riemens ist
gering. Die Dehnung ist innerhalb der Verbindung geringer als innerhalb des vollen
Leders.
5) Nach der Lage der Brüche in Bezug auf die Zuschärfung an den Stosstellen ist das
Leder an der Haarseite das festere. – Dieses Ergebniss steht im Widerspruch mit den
inzwischen veröffentlichten Versuchsergebnissen von GehrckensZeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure,
1893 S. 18.; nach denen die beiden äussersten, auf der Haarseite
und auf der Fleischseite gelegenen Schichten gleiche Festigkeit haben; spaltet man
dagegen Lederriemen der Dicke nach in zwei gleich dicke Schichten, so hat die
Haarseite nur etwa die halbe Tragfähigkeit der Fleischseite.
6) Doppelte Lederriemen besitzen wegen ungleichmässiger Dehnung der auf einander
geleimten Stücke eine verhältnissmässig geringe Festigkeit den einfachen Riemen
gegenüber.
7) Durch Rohreinlagen erlangen Doppelriemen eine ausgesprochene Elasticität, höhere
Bruchfestigkeit und grössere Reisslänge; der Werth solcher Einlagen muss indessen im
praktischen Betriebe festgestellt werden. Die Riemen nehmen im Allgemeinen die
Eigenschaften der Einlagen an.
f) Gewebte Riemen.
8) Die Materialausnutzung (Reisslänge des Riemens und Bruchfestigkeit bezogen auf die
Fadenzahl) ist beim vierfachen und sechsfachen Gewebe im Allgemeinen geringer als
diejenige beim doppelten Gewebe. Durch zweckentsprechende Anspannung der Bindefäden
beim Weben, oder durch die Verwendung weniger dehnbaren Materials zu den Bindefäden
lässt sich indessen erreichen, dass die Materialausnutzung bei den genannten
Gewebearten die gleiche wird. Hierbei haben geringe Anspannungen der Bindefäden eine
verhältnissmässig grössere Wirkung als starke Anspannungen.
Der Einfluss der Schussfäden auf die Festigkeit des Riemens ist abhängig von der
Dehnbarkeit dieser Fäden. Ein wenig dehnbarer Schuss wirkt günstig auf die
Riemenfestigkeit, indem er bei sonst gleichen Verhältnissen das Geradestrecken der
Bindefäden hindert und so diese nöthigt, an der Tragfähigkeit des Riemens
theilzunehmen. Ein straff gespannter Schuss wirkt dagegen ungünstig, indem er die
nach dem Rande zu gelegenen Kettenfäden beim Versuch in Folge seiner Schiefstellung
bei Dehnung des Riemens überlastet und auch schon beim Weben aus der Zugrichtung
ablenkt. Man wird daher zweckmässig zum Schuss wenig dehnbares Material verwenden
und dieses nicht übermässig spannen.
g) Tuchriemen.
10) Mit zunehmender Zahl der Garne in den Kettenfäden nimmt die Festigkeit der
Tuchriemen zu, ihre Dehnung bei gleichen Spannungen ab, vorausgesetzt, dass die
Riemen gleiche Abmessungen und gleiches Gewicht für das laufende Meter und die
Kettenfäden gleichen Drall und gleiche Feinheitsnummer haben.
11) Bei imprägnirten Tuchriemen verschiedener Dicke, aber gleichen Materials, kann
weder die Reisslänge wegen einseitiger Beeinflussung des Gewichtes durch die Menge
des Imprägnirungsstoffes, noch die Bruchspannung wegen Aenderung des Querschnittes
durch die Imprägnirung zur Beurtheilung der Materialausnutzung herangezogen
werden.
Ein zuverlässiges Maass hierfür liefert die Bruchlast, bezogen auf die
Breiteneinheit des verwendeten Tuchstreifens.
Hiernach ist die Materialausnutzung bei verschiedenen Riemendicken oder bei
verschiedener Anzahl der Tuchlagen gleich gross.
12) Die Imprägnirung scheint die Festigkeit günstig zu beeinflussen, auf die Dehnung
der Riemen aber ohne Einfluss zu sein.
Denjenigen Lesern, die sich eingehend für Riemen interessiren, können wir das Studium
der angeführten Quelle warm empfehlen.
Neuere Patente auf Riemen und Riemenverbindungen von hervorragender Bedeutung sind
zur Zeit nicht zu melden.
Textabbildung Bd. 288, S. 267
Demmeritt's Riemenbetrieb.
Beachtung verdient jedoch wohl die von Perry und
Demeritt in Montpellier, Nordamerika, angegebene Vorrichtung zu einem
Riemenbetriebe, bei dem treibende und getriebene Welle einander ganz nahe gerückt
werden können und dennoch selbst bei grossem Uebersetzungsverhältniss einen
zuverlässigen Betrieb ermöglichen. Bei dieser Anordnung ist (Fig. 39) A die treibende Scheibe, B
die getriebene,
C eine Spannscheibe. Der Riemen umschlingt die Scheiben
B und C und wird von
der Scheibe A durch Reibung an seiner Rückenfläche
mitgenommen. Wie schon aus der Figur zu ersehen, sind die Berührungsbögen durchaus
günstig. Der Betrieb kann durch Verschiebung der Rolle C geregelt und nach Bedarf in kürzester Frist unterbrochen werden. Die
Skizze (Fig. 40) zeigt
nach Electrical Engineer, dem wir vorstehende
Mittheilung entnommen haben, eine sehr wenig Raum erfordernde Anordnung dieses
Riemenbetriebes in seiner Anwendung auf Dynamomaschinen, deren 6 Stück auf kleinstem
Raume betrieben werden.
Textabbildung Bd. 288, S. 267
Gordon's verstellbare Riemenscheibe.
Eine für verschiedene Riemengeschwindigkeit verstellbare Riemenscheibe ist in The Engineering and Mining Journal vom 25. Februar 1893
beschrieben und abgebildet. Als Erfinder wird E. F.
Gordon in Dover, N. H., angegeben. Der zu Grunde liegende Gedanke ist der,
einen konischen schmalen Riemen oder ein Rundseil zu verwenden, welches der
treibenden oder getriebenen Achse näher oder ferner gestellt werden kann. In Fig. 41 ist A die treibende Welle.Von den die konische Scheibe
bildenden Hälften B und C
ist B fest auf die Achse gekeilt, C ist auf Feder und Nuth in der Achsenrichtung
verschiebbar. Die Verschiebung wird durch die Handräder F und G bewirkt, die mittels Gewinde
anstellbar sind und sich gegen den festen Stellring H
stützen. Wird der Scheibe C eine Bewegung in der
Richtung nach H hin gestattet, so rückt der Riemen E in die Nähe der Achse, die Riemengeschwindigkeit wird
bei gleichbleibender Umdrehungszahl der Welle geringer. Zwischen den Scheiben B und C ist noch die lose
Scheibe D angebracht, welche bei dem engsten Stande des
Riemens zur Verwendung kommt, indem sie den Riemen aufnimmt und damit Stillstand
herbeiführt. Wird die Vorrichtung an der getriebenen Welle angebracht, so ist der
Erfolg bezüglich der Geschwindigkeitsänderung der umgekehrte.
Fig. 42 zeigt eine
vereinfachte Ausführung, für den Fall berechnet, dass die konische Scheibe auf das
Ende der Welle gebracht werden kann. Bei dieser Ausführung ist die lose Scheibe
weggefallen, dagegen sind besondere Mitnehmerstifte zur Verwendung gekommen, während
bei der ersten Ausführung das Mitnehmen der Reibung des Riemens überlassen blieb. Es
bedarf wohl kaum des Hinweises, dass die Handräder F
und G insbesondere bei rasch gehender Welle zweckmässig
durch Reibungsräder ersetzt werden. – Die angeführte Quelle zeigt die Verwendung der
beschriebenen Scheibe auf den Betrieb einer Bandsäge; ob und in welcher Weise
Vorrichtungen getroffen oder erforderlich sind, den Riemen aus der engeren Stellung
wieder auf einen grösseren Abstand von der Achse zu bringen, darüber schweigt unsere
Quelle.
III. Wellen.
Den bisher üblichen Uebertragungen durch abgedrehte Wellen sind zwei Mitbewerber an
die Seite gestellt worden, die einen grossen Theil der bisherigen Verwendungsweise
zu übernehmen scheinen. Es sind dies die hartgewalzten blanken Wellen (vielfach
comprimirte Wellen genannt) und die hohlen Mannesmann-Wellen.
Die gezogenen Wellen besitzen in Folge ihrer Bearbeitung und der Wahl des Materials
(Siemens-Martinstahl mit 0,2 bis 0,25 Proc. Kohlenstoff) eine bedeutende
Zerreissungs- und Dehnungsfestigkeit und sind im Inneren von gleichartiger
Beschaffenheit auch bezüglich der Härte. Lagerstellen werden – wie jetzt bei allen
dergleichen Wellen – nur in seltenen Fällen eingedreht. Stellringe, Kuppelungen,
Riemenscheiben können ohne weiteres aufgeschoben werden, da die comprimirten Wellen
ohne Schwierigkeit mit so genauem Durchmesser hergestellt werden können, dass die
Abweichungen des Durchmessers nur noch 0,05 mm betragen.
Nach den Prüfungsergebnissen, welche in der königl. technischen Versuchsanstalt in
Charlottenburg angestellt worden sind, haben die comprimirten blanken Wellen eine
Bruchfestigkeit von nahezu 63 k/qmm und einen Elasticitätsmodul von 20960 k, während
die Bruchfestigkeit der schmiedeeisernen Wellen wohl nicht über 40 k/qmm angenommen
werden darf.
Die Wellenleitung aus comprimirten Wellen wird deshalb erheblich billiger als die aus
abgedrehten schmiedeeisernen Wellen, um so mehr als auch die übrigen
Wellenleitungstheile kleiner gehalten werden können.
Die Form der hohlen Wellen ist erheblich vortheilhafter als die der massiven,
insbesondere darf bei ersteren betont werden, dass sie erheblich weniger zittern.
Das Walzverfahren ist dem Anscheine nach jetzt so weit ausgebildet, dass ein
Schlagen der Welle wegen ungleichförmiger Wandstärke nicht mehr vorkommen dürfte.
Auch sind die Wellen aus Mannesmann-Röhren in genügender Glätte zu haben, die durch
nachträgliches Ziehen erzielt wird. Versuche zur genauen Ermittelung der
Festigkeitsverhältnisse sind in Angriff genommen.
Eine eigenthümliche Verwendung einer Wellenleitung hat Judson vorgeschlagen und auf einer Probestrecke ausgeführt. Sie mag hier
erwähnt werden, obwohl sie an dieser Stelle etwas fremdartig erscheint. Judson will nämlich Strassenbahnwagen mittels schräg zu
stellender Räder von einer der Fahrstrecke entlang gehenden Welle aus treiben. Das
Centralblatt der Bauverwaltung gibt nach dem
Berichte des Attaches bei der deutschen Gesandtschaft in Washington,
Regierungsbaumeister Petri, nachstehende
Mittheilungen:
Textabbildung Bd. 288, S. 268
Judson's Welle.
Es werde angenommen, dass auf einer Welle W (Fig. 43) eine drehbare
Rolle R so aufgelagert sei, dass die Achse dieser Rolle
schräg zur Achse der Welle gerichtet ist. Wird die Welle in Umdrehung versetzt, so
wird auch die Rolle sich drehen. Werden die Enden der Achse ab festgehalten, so wird gleichzeitig die Rolle auf dem Wellenumfange
gleiten; sind jedoch a und b auf zwei starren Linien L und L1 welche mit der Welle
W gleichlaufen, widerstandslos geführt, so wird die
Rolle auf der Welle in fortschreitender Bewegung entlang geführt, gewissermaassen
vorwärts geschraubt. Die Rolle beschreibt hierbei auf dem Umfange der Welle eine
Spirallinie. Die fortschreitende Bewegung wird beschleunigt oder verlangsamt, wenn
man den Neigungswinkel α ändert. Die Rolle behält ihren
Platz auf der Welle bei, sobald α = 0 oder auch = 90°
wird, die Rollenachse also parallel oder senkrecht zur Wellenachse steht. Eine
Umstellung der Rolle in die entgegengesetzte Richtung ertheilt derselben die
entgegengesetzte Bewegung. Soll die Rolle benutzt werden, um einen Gegenstand in der
Richtung der Welle fortzuschieben, so hat man nur nöthig, die Rolle mit einem
solchen Kraftaufwande auf die Welle zu pressen, dass eine ausreichende Reibung
zwischen beiden Theilen hervorgerufen wird. Zur Herstellung dieser Pressung wird
zweckmässig das eigene Gewicht des fortzuschiebenden Gegenstandes benutzt. Die von
der Rolle ausgehende Kraftäusserungist, wie sich von selbst versteht, nach der
Grösse des Druckes und der Neigung der Rolle verschieden. Die zu bewegenden
Strassenbahnwagen ruhen ausser auf ihren Rädern, welche in gewöhnlicher Weise in
festem Gleise laufen, noch mittels einer Anzahl von Rollen der beschriebenen Art auf
einer unter dem Gleise fortlaufenden Treib welle, durch deren Umdrehung die Wagen
fortgeschoben werden. Die Rollen sind paarweise vereinigt und sattelförmig auf die
Welle gelegt, wie in Fig.
46 und 47
angedeutet.
Es muss nun dem Führer des Wagens möglich sein, sowohl den Rollendruck auf der Welle
mit Rücksicht auf die Veränderlichkeit der Widerstände jederzeit nach Belieben zu
vergrössern oder zu verringern, als auch alle Rollen in jedem Augenblick
übereinstimmend gegen die Welle zu drehen, um die Bewegung des Fahrzeuges nach
Erfordern beschleunigen oder verlangsamen, oder dasselbe bremsen zu können. Das
Drehen der Rollen hat Judson wie folgt gelöst. Die
Achsen der Rollen R sind unter durchbrochenen
Kreisscheiben S in der in Fig. 44 gezeigten Weise
gelagert. Auf den Scheiben S ruht mittels unbeweglicher
Ringe T ein Theil des Wagengewichtes, doch so, dass die
Scheiben mittels besonderer Gelenkstangen gg1 innerhalb der Ringe nach beiden Richtungen gedreht
werden können. Es bedarf zu dem Ende nur der Längsbewegung einer unter dem
Strassenbahnwagen durchlaufenden Stange cd in der
Pfeilrichtung nach c oder nach d hin. Diese Bewegung wird vom Führerstande des Wagens aus mittels eines
Handrades und Zahngetriebes bewirkt.
Um die Pressung zwischen den Rollen R und der Welle
jederzeit ändern zu können, hat Judson die Ringe T mit Excentern E (Fig. 45 und 46) in Verbindung
gebracht, welche auf den Radachsen der Fahrzeuge angebracht sind. Ein besonderes,
zweites Handrad dient dem Führer, um diese Excenter mittels einer weiteren, unter
dem Wagen durchlaufenden Stange ef (Fig. 45) in der einen
oder anderen Richtung zu drehen und so die Rollen mit einem grösseren oder
geringeren Theil des Wagengewichtes zu belasten und auf die Welle zu pressen. In die
Excenterstange VV1 ist
eine Spiralfeder F eingeschaltet.
In einer von der Judson Pneumatic Street Railway Co.
herausgegebenen Druckschrift sind die Einzelheiten der praktischen Ausführung
dargelegt. Dieser Schrift ist auch zu entnehmen, dass die Ausführbarkeit des Systems
bereits früher durch Versuche auf einer Gleisstrecke von 60 m Länge mit Krümmungen
von 6,1 m Halbmesser und Neigungen von 1 : 10 und 1 : 8 erwiesen ist. Da die Versuche, obwohl nur im
Rohen betrieben, dennoch recht günstige Ergebnisse geliefert haben sollen, so hofft
man, bei den demnächst in Washington vorzunehmenden Probefahrten auf einer etwa 2,1
km langen Strecke die Bewährung dieses Systems ausser jeden Zweifel zu stellen. Man
glaubt dort bei 200 Wellenumdrehungen in der Minute und einem Ausschlage der Rollen
von 60° eine Geschwindigkeit der Wagen von 19 km in der Stunde zu erzielen.
Einzelheiten der Erfindung seien noch folgende angeführt: Die Treibwelle, welche in
einem Längskanal unter der Gleisachse läuft, wird hohl und mit 23 cm Durchmesser aus
Holzkohleneisen hergestellt. Für gerade Strecken werden Längen von 6,1 bis 7,3 m
verwendet; in Bahnkrümmungen ordnet man polygonartig gekuppelte kürzere Wellenstücke
an. Mit Benutzung von 3,35 m langen Rohrstücken ist man noch im Stande, Krümmungen
bis auf 16,8 m Halbmesser zu folgen. An den Lagerstellen der einzelnen Wellentheile
sind Leitschienen bündig mit der Welle angeordnet, welche verhindern, dass die
Reibungsrollen in die Zwischenräume fallen.
Zum Betriebe der Wellen sind unter dem Strassenpflaster an geeigneten Stellen kleine
liegende Pressluftmaschinen angeordnet, welchen die gepresste Luft durch ein unter
der Welle W gelagertes Rohr P (Fig. 46)
zugeführt wird. Die Reibungsrollen werden aus Eichenholz gefertigt und erhalten 20
cm Durchmesser; sie sind zu Doppelpaaren in besonderen Gestellen vereinigt, wie in
Fig. 47 in der
Ruhestellung der Rollen angedeutet ist. Zur Zeit ist in dem Capitol in Washington
ein im Maasstabe 1 : 12 ausgeführtes, betriebsfähiges Modell ausgestellt, welches
die Bewegung des Wagens durch Weichen und Gleiskreuzungen veranschaulicht. Eine
Kreuzung wird z.B. in der in Fig. 48 angedeuteten Weise hergestellt. Die Enden der Wellen W werden in Zapfen gelegt und durch Rädergetriebe mit
einander in Verbindung gesetzt. Eine um den Zapfen M
drehbare Führungsschiene ll verhindert das Hineinfallen
der Reibungsrollen in den Zwischenraum und wird je nach der Fahrrichtung in die
ausgezogene oder die punktirte Lage gebracht.
Textabbildung Bd. 288, S. 269
Bruch und Reparatur der Umbria-Welle.
Eine bemerkenswerthe Reparatur wurde an einer auf dem Schiffe Umbria – der Cunard Line gehörend – befindlichen Welle durch den Ingenieur
Tomlinson ausgeführt, wie Engineer vom 20. Januar 1893 berichtet. Die Welle hat 635 mm Durchmesser
im Schaft, 775 mm Durchmesser in den Kämmen der Lagerstelle, 82,5 mm Kammstärke und
165 mm Kammabstand; sie brach zwischen dem dritten und vierten Ringe des
Kammlagerzapfens. Nachdem auf die ersten Anzeichen des Bruches hin der Betrieb der
Maschine abgestellt war, stellte sich heraus, dass der Bruch,wie Fig. 49 zeigt, längs des
Halses nahe an dem einen Ringe sich hinzog, dann diagonal zum nächsten Ringe und von
hier noch ein Stück in der entgegengesetzten Richtung zurückging.
Textabbildung Bd. 288, S. 269
Stuart's Kuppelung.
Um die Welle wieder gebrauchsfähig zu machen, wurden durch die zwei benachbarten
Ringe je drei Löcher gebohrt (Fig. 49 und 50). Dabei wechselten wegen des beschränkten Raumes je fünf Mann einander
Tag und Nacht gruppenweise ab, und wurde auf diese Weise 72 Stunden lang
ununterbrochen gearbeitet.
Nach Fertigstellung der Löcher legte man ein Zugband um die gebrochene Stelle,
steckte hierauf drei starke Schraubenbolzen durch die Löcher und zog mittels
zweizölliger Schraubenmuttern die beiden Theile zusammen.
Zur weiteren Sicherung der Verbindung legte man um die Ringe und den Hals zwei
Zugbänder. Ueberdies wurde noch eine Kette um die Welle geschlungen und an den
oberen Trägern befestigt.
Nachdem die Reparatur beendet war, machte man einen Versuch bei langsam laufender
Maschine, aber zwei Stunden später brach einer der Bolzen. Die Auswechselung nahm 16
Stunden Zeit in Anspruch. Nunmehr gelang es, die Geschwindigkeit allmählich auf 8½
Knoten und dann auf 10½ Knoten zu steigern. Das Schiff erreichte New York ohne
weiteren Unfall. Die ganze Reparaturarbeit nahm somit vier Tage in Anspruch. In New
York beabsichtigte man die Welle durch eine neue zu ersetzen, ging aber des hohen
Preises wegen wieder davon ab, besserte die alte Welle aus, indem man das gebrochene
Stück herausschnitt und durch ein entsprechendes Stahlstück ersetzte, das von dem
zweiten bis zu dem fünften Ring reichte und an beiden Enden Flanschen hatte, die
durch Schrauben mit den benachbarten Ringen verbunden wurden.
IV. Kuppelungen.
a) Feste Kuppelungen, Eine Kuppelung mittels zweier
Keilstücke nach Fig. 51
bis 53 hat R. J. Stuart in New Hamburgh nach American Machinist vom 21. April 1892 angegeben; die
Keilstücke sind konisch, verschieben sich an einer konisch gearbeiteten Innenfläche
der Kuppelungshülse und sind von beiden Seiten durch Schraubenbolzen feststellbar,
nachdem sie durch Hammerschläge fest eingetrieben sind, so dass sie mit ihrer der
Welle angepassten inneren Fläche sich der Welle fest anlegen. Zum Lösen der
Kuppelungskeile benutzt man eine Stahlstange, welche von der der Keilrichtung
entgegengesetzten Seite eingeführt und mit Hammerschlägen angetrieben wird. Die
Kuppelung zeichnet sich durch einfache Handhabung aus, ob sie die Richtung genau
genug hält, ist jedoch zu bezweifeln.
Die Kuppelung von Barnaby bestellt nach American Machinist vom 27. October 1892, wie die Fig. 54 bis 56 zeigen, aus einer der
Länge nach getheilten Nabe A, an die ein rohrähnliches
Stück B angegossen ist, das die ganze Kuppelung
einhüllen soll. Die Nabe ist mit schwalben-schwanzförmigen Leisten versehen, über
welche zwei entsprechende Klemmstücke C geschoben sind.
Vier Stechschrauben, die von aussen mittels eines Büchsenschlüssels anstellbar sind,
klemmen die konischen Flächen an einander und pressen gleichzeitig die Nabentheile
fest an die Welle. Die Nabe ist, wie aus dem Querschnitte Fig. 56 zu ersehen ist,
in der Mitte nach dem senkrecht schraffirten Theil auch noch senkrecht zur Achse
ausgeschnitten, damit jedes Klemmstück vom anderen unabhängig angestellt werden
könne.
Textabbildung Bd. 288, S. 270
Barnaby's Kuppelung.
Während bei der Sellers-Kuppelung eine Muffe vorhanden ist, in welche zwei konisch
abgedrehte geschlitzte Ringe mittels dreier Schrauben gegen einander und damit gegen
die äussere Hülse sowohl als auch gegen die Welle gepresst werden, hat Verrier nach Revue
industrielle das umgekehrte Verfahren angewendet.
Textabbildung Bd. 288, S. 270
Verrier's Kuppelung.
Er stellt, wie die Fig.
57 und 58
zeigen, den inneren Theil aus einem Stück her, schlitzt ihn an einer Stelle und
schiebt auf seine doppelkegelförmig abgedrehte Aussenfläche zwei entsprechend
ausgebohrte Scheiben b, welche er durch drei Schrauben
d gegen einander anzieht, wodurch die feste
Verbindung der Kuppelung hergestellt wird. Die Schraubenköpfe der
Befestigungsschrauben sind in eine Rille eingelassen, um sie gegen Lösen zu
schützen. Die Scheiben b sind als Riemenscheiben
ausgebildet, so dass vorspringende Theile keine Unglücksfälle hervorbringen können.
Die Kuppelung kann auch als Ausdehnungskuppelung verwendet werden, indem man den
Theil a nur bis zur Mitte spaltet, so dass auch nur das
eine Wellenende eingeklemmt wird, während das andere frei in der Hülse sich
verschieben kann. Als Riemenscheibe kann sie unter Umständen auch Verwendung
finden.
Die Klemmkuppelung von Smith und Grace in Thrapston
(England) besteht nach The Engineer vom 9.
December1892 aus einem Stück und wirkt nur mittels der Reibung. Die Kuppelung
Fig. 59 bis 61 ist der Länge nach
von aussen bis nahe zur Mitte geschlitzt, in der Mitte selbst geht der Schnitt
rechtwinkelig nach oben, so dass das Ganze durch einen schmalen, scheibenartigen
Steg zusammengehalten wird. Auf diese Weise wird die obere Hälfte der Kuppelung in
zwei von einander unabhängige federnde Theile getheilt, welche mit der unteren
Hälfte mittels zwei Schrauben fest auf die Welle gezogen werden können.
Textabbildung Bd. 288, S. 270
Fig. 59.Kuppelung von Smith und Grace.
Die beiden Theile der oberen Hälfte werden oben durch ein eingeschobenes Stück in der
richtigen Entfernung von einander gehalten und durch eine Schraube mit einander
verbunden, um die Kuppelung gegen einen Bruch senkrecht zur Welle zu sichern.
Textabbildung Bd. 288, S. 270
Kuppelung von Smith und Grace.
Das Ganze ist, zur Sicherung der Arbeiter, von einer Blechhülse eingeschlossen.
(Fortsetzung folgt.)