| Titel: | Brandproben feuersicherer Bauconstructionen. | 
| Fundstelle: | Band 288, Jahrgang 1893, S. 271 | 
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                        Brandproben feuersicherer
                           								Bauconstructionen.
                        Mit Abbildungen.
                        Brandproben feuersicherer Bauconstructionen.
                        
                     
                        
                           Zum Zweck des Austrages eines Preisausschreibens, welches der Verband deutscher
                              									Privatfeuerversicherungsgesellschaften gelegentlich der Deutschen Allgemeinen
                              									Ausstellung für Unfallverhütung in Berlin vom Jahre 1889 für hervorragende
                              									Leistungen auf dem Gebiete des Feuerschutzes ausgeschrieben hatte, wurden
                              									insbesondere bezüglich derjenigen Einrichtungen und Constructionen, die einen
                              									entstehenden Brand einzuschränken geeignet sind, vom 9. bis zum 11. Februar
                              									laufenden Jahres Versuche angestellt, über die inzwischen der von Stude und Reichel
                              									verfasste ausführliche amtliche Bericht in dem Verlage von J. Springer, Berlin, erschienen ist. Wir folgen im Nachstehenden einem von
                              										C. Mühlke unterzeichneten Berichte der Deutschen Bauzeitung:
                           Um die Prüfung der Constructionen möglichst der Wirklichkeit entsprechend zu
                              									gestalten, war seiner Zeit beschlossen worden, dieselben in ein zum Abbruch
                              									bestimmtes Gebäude einzubauen und daselbst einem den Verhältnissen bei einem
                              									Schadenfeuer möglichst ähnlichen Brande zu unterziehen. Als ein zu derartigen
                              									Versuchen geeignetes Gebäude wurde von den städtischen Behörden ein zum Abbruch
                              									bestimmtes altes Fabrikgebäude zur Verfügung gestellt.
                           Es nahmen 18 Firmen an der Bewerbung Theil, indem sie ihre Constructionen in das Haus
                              									einbauten, und zwar theils aus eigenem Antriebe, theils in Folge einer Anregung,
                              									ihre Constructionen zur Prüfung bereit zu stellen.
                           Das Einbauen begann im October 1892 und konnte in Folge des anhaltend auftretenden
                              									starken Frostwetters nur so gefördert werden, dass im Januar mit dem Einbringen der
                              									Brennmaterialien seitens der Feuerwehr vorgegangen wurde. Hierbei wurde so
                              									verfahren, dass die einzelnen Räume des aus Erdgeschoss, I. und II. Obergeschoss,
                              									sowie Dachgeschoss mit Ziegeldach bestehenden Hauses möglichst mit gleichem Inhalt
                              
                              									versehen wurden, wie derselbe in Wohnräumen, Tischlereien, Leistenfabriken, Drogen-
                              									und Erdöllagern thatsächlich vorkommt. In dem alten Treppenhause blieb die alte
                              									Holztreppe im Erdgeschoss und Dachgeschoss bestehen und wurde nur an letzter Stelle
                              									nach der später unter 1 beschriebenen Weise ummantelt. Im I. und II. Obergeschoss
                              									waren neue Treppenstufen verschiedenen Materials zur Prüfung eingebaut.
                           Zur Feststellung der erzielten Temperaturen wurden sowohl in den Räumen selbst, als
                              									auch innerhalb der Säulenummantelungen und unter den Fussböden Schmelzproben
                              									angebracht, welche theils von der königl. mechanisch-technischen Versuchsanstalt zu
                              									Charlottenburg zur Verfügung gestellt waren, theils aus dem chemischen Laboratorium
                              									für Thonindustrie (Professor Dr. H. Seger und E. Cramer) bezogen waren. Die Schmelzproben waren
                              									geeignet, Temperaturen bis 1460° C. festzustellen. Während durch dieselben in den
                              									verschiedenen Räumen als wahrscheinliche Temperaturen 1000 bis 1300° C. nachgewiesen
                              									wurden, haben die Hitzegrade innerhalb der Eisensäulenummantelungen und unterhalb
                              									der Fussböden (Xylolith, Cementbeton, Gypsestrich u.s.w.) 310° C. nicht
                              									überschritten.
                           Die Belastungen der Eisenconstructionen konnten mit Rücksicht auf den Zustand des
                              									alten Gebäudes nur gering genommen werden. Dieselben wurden als Einzellasten aus
                              									Eisenbarren aufgebracht. Die Widerstandsfähigkeit der Fussböden, Glasplatten u.s.w.
                              									während des Brandes gegen Stösse wurde insofern geprüft, als Eisenbarren im Gewichte
                              									von 50 k, auf Bammelagen oder Holzstössen gelagert oder sonst in der Schwebe
                              									gehalten, nach Durchbrennen des Holzes herabstürzten.
                           In dem Preisgerichte wirkten zehn Personen.
                           Die Vorarbeiten für die Brandversuche, sowie letztere selbst waren von dem
                              									Vorsitzenden des Preisgerichtes, Branddirector Stude,
                              									und dem Brandinspector Reichel geleitet, die sich auch
                              									der Ausarbeitung des ausführlichen amtlichen Berichtes unterzogen, der mit seinen
                              									vielseitigen Abbildungen dem Studium jedes interessirten Technikers auf das wärmste
                              									empfohlen werden kann.
                           Die nach dem Brande noch auf Antrag einzelner Aussteller ausgeführten
                              									Belastungsproben von Decken, Treppen u.s.w. sind in Gegenwart und unter Aufsicht,
                              									des Bauinspectors Gropius der Bauabtheilung des
                              									Polizei-Präsidiums vorgenommen worden.
                           Die Bestimmungen des Preisausschreibens sind nachstehend deshalb genau erwähnt, weil
                              									dieselben erklären, wenn hier und da eine dem Techniker zum Vergleich recht
                              									erwünschte Bauconstruction gefehlt hat. Dieselben lauteten:
                           
                              „B. Einrichtungen und Constructionen, welche geeignet sind, einen entstehenden
                                 										Brand einzuschränken:
                              
                           
                              6) feuerbeständiger Fussbodenbelag, der in Geschossen mit hölzernen Balken und
                                 										Dielenboden angelegt werden kann, und zugleich für Beschädigungen durch Nässe,
                                 										heftige Stösse u. dgl. ausreichend widerstandsfähig ist;
                              
                           
                              7) feuerbeständige Thüren;
                              
                           
                              8) feuersichere Bauconstructionen in anderem Material als in Stein ausgeführt,
                                 										mit welchen feuersichere Räume auch in bereits bestehenden Gebäuden hergestellt
                                 										werden können;
                              
                           
                              9) Schutzmittel für Eisenconstructionen (Träger und Pfeiler), welche diese im
                                 										Falle eines Brandes vor der Einwirkung der Glut schützen und deren Anbringung
                                 										auch in bereits vorhandenen Gebäuden möglich ist.“
                              
                           In einem der Brandstätte benachbarten Restaurationssaal waren Zeichnungen, Modelle
                              									und Materialproben der eingebauten Constructionen ausgestellt, daselbst gab
                              									Branddirector Stude über Zweck und Werth der
                              									beabsichtigten Versuche Auskunft, aus der Folgendes hervorgehoben sei:
                           
                              „Die Brenn proben sollen nicht Reklamezwecken dienen, sondern weiteren Kreisen
                                 										die neueren Erzeugnisse und Constructionen hinsichtlich ihres Verhaltens gegen
                                 										ein Schadenfeuer bekannt machen. Allerdings ist auch nach derartigen Proben dem
                                 										Neuen gegenüber immer noch Vorsicht geboten, besonders wenn es sich nicht um
                                 										einfache, sichtbar erkennbare Stoffe, sondern um Zusammensetzungen und
                                 										Fabrikgeheimnisse handelt. In letzterem Falle verschlechtern sich
                                 										erfahrungsgemäss derartige Fabrikate in kurzer Zeit nach ihrer Einführung. Zu
                                 										betonen ist auch, dass durch feuersichere Construction und Stoffe niemals eine
                                 										absolute Feuersicherheit erzielt werden kann, vielmehr nur erreicht wird, dass
                                 										ein Feuer sich nicht schnell verbreitet und leichter in gewissen Grenzen
                                 										gehalten wird. Die grösste Gefahr bildet immer der brennbare Inhalt eines
                                 										Hauses, der der Bestimmung und Benutzung des Hauses entsprechend verschieden
                                 										ist. Für den Schutz der Menschenleben bildet der bei einem Feuer entstehende
                                 										Rauch und Qualm die nächste und schlimmste Gefahr und ist daher die Schaffung
                                 										möglichst mehrerer von einander getrennter Rettungswege, Treppen und Ausgänge
                                 										der beste Schatz. Hinsichtlich des Schutzes des Eigenthums ist ausserdem der
                                 										Grundsatz zu beachten, dass Mittel und Zweck im Einklang bleiben müssen.“
                              
                           Das Inbrandsetzen des Hauses geschah in einzelnen Abtheilungen.Am 9. Februar
                              									wurden zunächst der Raum oberhalb des Treppenhauses, sodann die Dachräume,
                              									schliesslich die Bodenkammer mit dem gesammten Dachstuhl abgebrannt. Am zweiten Tage
                              									folgten einzeln die Tischlerei, dann die Wohnräume mit den Erdöllagern und der
                              									Geräthekammer im II. Obergeschoss und schliesslich die Tischlerei nebst der
                              									Leistenfabrik im I. Obergeschoss. Am dritten Tage wurde zunächst das Treppenhaus,
                              									später das Drogenlager abgebrannt. Den Schluss bildeten die übrigen
                              									Erdgeschossräume.
                           Das Ablöschen der in Brand gesetzten Räume wurde wie im Ernstfalle, und zwar unter
                              									Anwendung zweier Rohre der Wasserleitung und eines Rohres einer Dampfspritze
                              									ausgeführt. Hierbei fand sich mehrfach Gelegenheit, zu beobachten, welche Gewalt der
                              									Strahl der Dampfspritze ausübt, wonach es wohl erklärlich ist, wenn Drahtputz oder
                              									ähnliche Constructionen, die dem Feuer gerade noch widerstanden haben, von den)
                              									Dampfspritzenstrahl vollständig zerstört werden.
                           Nach dem Ablöschen der einzelnen Abtheilungen des Brandes wurde das Ergebniss
                              									zunächst vom Preisgericht und alsdann auch von den übrigen Zuschauern besichtigt,
                              									ehe die neue Abtheilung in Brand gesetzt wurde. So war den weitesten Kreisen
                              									Gelegenheit gegeben, die Wirkungen der einzelnen Brände an Ort und Stelle zu
                              									besichtigen. Die Ergebnisse der Versuche seien zunächst an der Hand der
                              									Veröffentlichung des Preisgerichtes besprochen, wobei jedoch die für die Bautechnik
                              									weniger wichtigen Constructionen nur kurz erwähnt werden können.
                           1) Aussteller Zimmermeister Schubert-Breslau. Das
                              									eigentlich Wesentliche an den Schubert'schen
                              									Constructionen ist ein Holzleistengeflecht, das als Träger des gewöhnlichen
                              									Kalkputzes dient. Die Leisten sind, wie in der beigegebenen Fig. 1 dargestellt ist, über Eck gestellt, um das Herumgreifen des Putzes
                              									um die Leisten möglichst zu erleichtern. (Holzleisten als Träger des Deckenputzes
                              									sind im Uebrigen bekanntlich schon vielfach verwendet und bilden in westlichen
                              									Gegenden Deutschlands fast die Regel). Dieser Schubert'sche Putz, der in Breslau bereits vielfach an Stelle des Rohrputzes
                              									Verwendung gefunden hat, war in einer Bodenkammer, welche äusserlich als Dachluke
                              									sichtbar war, in verschiedenen Anwendungsarten zur Prüfung gestellt, als
                              									selbständige Wand von 4 bis 5 cm Stärke aus doppeltem Leistengeflecht mit sich
                              									kreuzenden Stabtheilungen, als Doppelwand mit Schlackenausfüllung, als einfacher
                              									Schutz des alten Holzwerkes der vorhandenen Fachwände und als untere Bekleidung der
                              									Dachsparrenlage, schliesslich als Träger eines Cementfussbodens (vgl. die Fig. 2). Trotzdem die erzielten Hitzegrade 1000°
                              									überstiegen, zeigte der Putz nur unbedeutende Risse. Das theilweise freigelegte
                              									Holzgeflecht war auch hier nur angekohlt und es hatte der dahinter liegende Putz
                              									noch weiteren Schutz gewährt. Der Cementfussboden auf Holzgeflecht war unversehrt
                              									und auch dicht gegen Löschwasser.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 288, S. 271
                              Fig. 1.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 288, S. 271
                              Fig. 2.
                              
                           Die gleichfalls von Schubert nach seinem System
                              									ummantelte Holztreppe im Dachgeschoss war nach einem intensiven Brande zwar auch
                              									noch gangbar; die Ausführung hat aber für die Bautechnik wenig Werth. Ausser dem
                              									Holzleistenputz waren nämlich noch Magnesitplatten, Drahtgeflecht mit Cementputz,
                              									Lehm- und Cementstaakung, Schlackenfüllung u. dgl. Hilfsmittel verwendet. Der
                              									Holzbelag der Trittstufen war ausserdem noch 14 Tage in Salz gelegt und mit
                              									Asbestlinoleum bedeckt worden, genug, ein Aufwand von Schutzmaassregeln gemacht, der
                              									zu dem beabsichtigten Zwecke in keinem Verhältnisse steht, ganz abgesehen davon,
                              									dass das Aussehen der Treppe nichts weniger als befriedigend war. In ähnlicher Weise
                              									waren Schubert's weitere Ausstellungsgegenstände, eine
                              									feuersichere Thür und die Ummantelung eines Trägers und einer Säule, mit so viel
                              									kostspieligen Hilfsmitteln versehen, dass eine Anwendung derselben in der Praxis
                              									sich verbietet. Die ausgestellte Thür, aus einer einzigen Magnesitplatte von 1,70 m
                              									Höhe, 0,60 m Breite und 20 mm Stärke mit doppelter Juteeinlage bestehend, welche 1½
                              									Stunde dem Feuer bis über 1000° C. ausgesetzt war, hatte sich seitwärts abgebogen.
                              									Theile der Magnesitmasse hatten sich abgeblättert. Das Feuer konnte demnach in die
                              									Bodenkammer eindringen. Eine feuersichere Decke, die nach Art des beschriebenen
                              									Fussbodens mit Cementputz und Luftisolirschicht hergestellt war, blieb dagegen
                              									unversehrt und war jedenfalls nirgends ganz durchgebrannt.
                           
                           Das Urtheil des Preisgerichts spricht sich über das eigentliche Schubert'sche System günstig aus und erkennt an, dass
                              									der Holzleistenputz dem Feuer einen bedeutend grösseren Widerstand entgegensetzt,
                              									als gewöhnlicher Rohrputz, während den übrigen complicirten Constructionen der Thür,
                              									der Treppe und den Ummantelungen gleichfalls wenig praktischer Werth beigelegt wird.
                              									Auch die Magnesitthür wird nicht günstig beurtheilt.
                           2) Der Aussteller Weber-Falkenberg-Köln a. Rh. hatte
                              									feuersicher imprägnirte wasserdichte Leinenstoffe zur Prüfung hergegeben, und zwar
                              									als äussere Giebelbekleidung, als Dachdeckung und als Fussbodenbelag eingebaut. Nach
                              									dem Urtheil des Preisgerichtes brannte der Stoff, sobald derselbe von der Flamme
                              									getroffen wurde, sofort hoch und zeigte keinen merkbaren Widerstand gegen das Feuer.
                              									Es sei jedoch nicht ausgeschlossen, dass ein kurz vorher angebrachter und noch nicht
                              									trockener Oelfarbenanstrich, sowie die mangelhafte alte Dachconstruction und
                              									Schalung ungünstig auf die Widerstandskraft einwirkten.
                           3) Paul Stolte-Genthin stellte eine grössere Anzahl von
                              									Decken- und Wandconstructionen aus Böklen'schen
                              									Patentcementdielen zur Prüfung aus. Das Material soll aus reinem Sande und Cement
                              									bestehen. Die in der Fabrik fertig gestellten Platten kommen eben und gebogen zur
                              									Verwendung. In beiden Fällen sind sie auf der Rückseite wabenartig ausgehöhlt. Es
                              									handelt sich also um eine Betonconstruction, die an Ort und Stelle nur
                              									zusammengesetzt wird. Die wabenartige Aussparung hat den Zweck, Material zu sparen,
                              									da Beton bekanntlich auf Druck stärker beansprucht werden kann als auf Zug.
                              									Schneidet man nämlich aus einer Platte der Länge nach einen Streifen heraus, so
                              									erhält man ungefähr die Form eines ⊥-Eisens mit zickzackförmigem Steg (Fig. 3). Im Uebrigen werden diese Aussparungen bei
                              									Deckenconstructionen (Fig. 4 und 5) durch Lehm, Koksasche oder sonstiges Füllmaterial
                              									ausgefüllt. So waren die Decken der Tischlereien im Erdgeschoss, I. und II.
                              									Obergeschoss mit Sandaufschüttung versehen. Die gebogenen Cementdielen waren theils
                              									zwischen ⌶-Trägern, theils zwischen den alten Balken eingespannt. Die Träger- und
                              									Balkenunterseiten wurden durch Cementplatten mit Drahteinlage noch besonders
                              									geschützt. Die aus den Platten hervorragenden Drahtenden waren seitlich um die
                              									Flanschen bezieh. Balkenseiten herumgebogen und mit Cement verputzt. Die
                              									Construction hat Hitzegraden von über 1000° C. erfolgreich widerstanden. Nur der
                              
                              									Cementverputz ist hier und da abgeblättert. Nach Abschlagen der Platten zeigten sich
                              									die Balken unversehrt oder höchstens leicht angekohlt. Auch die Träger, welche mit
                              									einer Einzellast von 1600 k belastet waren, zeigten keine Veränderung. Am Tage nach
                              									dem Brande wurden weitere Belastungen der Decken vorgenommen. Bei einer Belastung
                              									von 3922 k auf 0,44 qm Fläche wichen die Träger seitlich aus und erhoben sich die
                              									Nebenkappen um 1 cm; bei weiterer Belastung bis 4562 k erfolgte der Bruch.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 288, S. 272
                              Fig. 3.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 288, S. 272
                              Fig. 4.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 288, S. 272
                              Fig. 5.
                              
                           Im Kehlgebälk und der Dachsparrenlage einiger Räume waren ebene Platten auf
                              									angenagelten ⌜-Eisen verlegt und mit Lehmestrich abgeglichen, das Dach darüber mit
                              										Stolte's Patentcementfalzziegeln mit Drahteinlage
                              									gedeckt. Das Feuer in einem der Räume kam nicht recht zur Entwickelung, da die aus
                              									Drahtglas hergestellten Dachfenster den Luftzutritt verhinderten, so dass hier nur
                              									Temperaturen bis 400°, während im anderen, wo die Stichflamme hinzog, bis 1000°
                              									erzielt wurden. Dementsprechend waren auch die Wirkungen verschieden. Dort schützte
                              									sogar einfacher Putz das Holzwerk, hier verkohlten unter der äusserlich unversehrt
                              									gebliebenen Cementverkleidung ein Stiel und ein Unterzug, welche die heftigsten
                              									Stichflammen auszuhalten hatten, fast vollständig.
                           Die Kehlbalkendecke und Sparrenverkleidung widerstand jedoch überall so, dass die
                              									Dachdeckung vom Feuer ganz unberührtblieb. Die durch mehrere Geschosse
                              									reichende; aus zwei Lagen 10 cm bezieh. 7 cm breiter Cementdielen mit Luftisolirung
                              									dazwischen hergestellte Brandmauer hat zwar einen in der Mitte durchgehenden und
                              									mehrere seitliche Risse erhalten, denselben wird jedoch keine grosse Bedeutung
                              									beigemessen, um so mehr, als die Wand von beiden Seiten, zuweilen gleichzeitig
                              									sogar, Feuer erhielt, was bei Brandmauern kaum vorzukommen pflegt.
                           Das Urtheil des Preisgerichtes lautet denn auch dahin, dass die Böklen'sche Construction sich bewährt hat und als
                              									durchaus feuersicher anerkannt wird. Die Cementdielen eigneten sich besonders zur
                              									Herstellung feuersicherer Räume in bereits bestehenden Gebäuden, sowie als wirksames
                              									Schutzmittel für Eisenconstructionen. Die zur Prüfung gestellten Bauconstructionen
                              									waren seiner Zeit auch ganz unabhängig von der Witterung schnell und solide
                              									ausgeführt worden und machten einen gefälligen Eindruck.
                           Ueber die Böklen'schen Constructionen sei noch
                              									hinzugefügt, dass die Verwendung der Platten zur Herstellung von Wänden seitens des
                              									Erfinders für alle möglichen Zwecke, selbst für mehrgeschossige Häuser an Stelle der
                              									massiven Umfassungsmauern angeboten wird. Wenn auch die Böklen'schen Platten für provisorische Bauten, transportable Häuser,
                              
                              									Fabrikschuppen, schnell herzustellende Bauten z.B. für den Mobilmachungsfall,
                              									mancherlei Vorzüge bieten, so wird einer allgemeineren Einführung des Materials für
                              									Neubauten doch eine langjährige Erfahrung über die Bewährung vor allem gegen äussere
                              									Witterungseinflüsse vorangehen müssen. Auch bleibt der Vorzug einer massiv
                              									gemauerten Mauer, da sie gleichzeitig raumabschliessend ist und grosse Lasten tragen
                              									kann, bestehen. Ebene beiderseitig glatte Cementdielen werden vielleicht in Häusern,
                              									die stark der Nässe ausgesetzt sind, wie in Badeanstalten und Wäschereien für die
                              									Zwischenwände ein willkommenes Material sein. Auch ist nicht ausgeschlossen, dass
                              									die gebogenen Cementdielen in Fabriken, Ställen und ähnlichen Bauten an Stelle der ½
                              									Stein starken Kappen deshalb öfter zur Ausführung kommen werden, weil die Böklen'schen Decken in schnellerer Zeit und
                              									unabhängiger von der Witterung hergestellt werden können, während als Nachtheil
                              									wieder zu beachten ist, dass na an mit der Trägerentfernung immerhin an bestimmte
                              									Maasse gebunden ist, auch das Material bei ländlichen Bauten nicht an Ort und Stelle
                              									gewonnen werden kann.
                           4) Das von der Actiengesellschaft F. Siemens in Dresden
                              									ausgestellte Drahtglas (vgl. 1892 284 263) war, in der
                              									Grösse von 53 × 100 cm, in einen ⌞-Eisenrahmen eingeschlossen und mit Cementdichtung
                              									versehen in den Treppenrost des I. Obergeschosses eingelegt. Die Platte wurde
                              									während des Brandes durch einen mausefallenartig abgestützten Eisenbarren von 50 k
                              									Gewicht durch Stoss beansprucht. Die Temperatur stieg bis 1300°. Der herabgefallene
                              									Eisenbarren hatte die Platte bis 8 cm tief durchgebogen. Die Unterseite zeigte Quer-
                              									und Längsrisse und war erheblich verschmolzen; trotzdem war die Platte nach dem
                              									Brande noch tragfähig.
                           Die seitliche Verglasung im Treppenhause, zwei Glasplatten von 80 : 90 cm und 10 mm
                              									stark, konnte während des Brandes stets beobachtet werden. Das Glas erhielt bald
                              									feine Sprünge, liess aber keinen Rauch durch. Das einer Hitze von 1000° ausgesetzte
                              									Glas machte den Aufenthalt in der Nähe unerträglich. Ein zu dieser Zeit auf die
                              									Platte abgegebener Wasserstrahl brachte keine erhebliche Aenderung hervor. Ein
                              									Oberlicht im Dache von 8 mm Stärke war verhältnissmässig geringen Temperaturen
                              									ausgesetzt und zeigte nur geringe Beeinflussungen. Nachträglich wurde es mit
                              									Handbeilen zertrümmert, um festzustellen, ob im Ernstfalle die Beseitigung des
                              									Glases behufs Abzug des Qualms ausführbar sei. Nach dem Urtheile des Preisgerichtes
                              									haben sich die Platten durchaus bewährt.
                           5) Mack's Gypsdielen waren in verschiedener Weise
                              									eingebaut. Bei der Decke im I. Obergeschoss waren Gypsdielen zwischen ⌶-Trägern über
                              									der Unterflansche mit Nuth und Falz so eingelegt, dass sie 1 cm über den Flansch
                              									herausragten; letzterer war mit Drahtgeweben überspannt und hierüber Mörtel geputzt.
                              									Die Sandschüttung war zur Hälfte mittels Cementbeton mit Rundeiseneinlage und
                              									Cementestrich, zur Hälfte mit 17 mm starken Xylolithplatten auf Lagerhölzer belegt.
                              									Die auf 5,9 m freitragenden Träger trugen in der Mitte 1000 k Belastung, ausserdem
                              									herabgestürzte Balken und Schutt. Bis auf das Abfallen des Deckenputzes und eine
                              									geringe Durchbiegung der belasteten ⌶-Träger war das Feuer ohne Wirkung
                              									geblieben.
                           Die Gypsdielendecke war in die alte Balkenlage eingebaut, nämlich 3 cm starke Dielen
                              									an Stelle des Deckenputzes, 5 cm starke an Stelle der Staakung und 7 cm starke Diele
                              									mit Gypsestrich darüber an Stelle des Holzfussbodens. Die Decke hat immer noch
                              									besser gehalten als die gewöhnliche Holzstaakendecke. Die 3 cm starken Gypsdielen
                              									sind zwar abgefallen und die Balken an der Unterseite angekohlt, doch blieben die Staakung und der
                              									Fussboden ohne besondere Veränderung.
                           Eine Gypsdielenwand aus 10 cm starken Holzgypsdielen und eine Ummantelung mit 5
                              
                              									cm-Dielen haben ebenfalls gut widerstanden. Zwei Säulenummantelungen waren mit
                              									Luftisolirschicht, Gypsputz auf Drahtunterlage und darüber Cementputz hergestellt.
                              									In beiden Fällen hat sich die Verbindung zwischen Gyps und Cement gelöst. An der
                              									einen Säule war auch ein Theil des Gypsmörtelputzes zerstört, ohne dass jedoch die
                              									Eisensäule gelitten hätte. Das Preisgericht spricht sich über die Gypsdielen günstig
                              									aus, besonders über die Ausstaakung der Decken.
                           Zum Vergleiche mit den neueren Constructionen waren von der Feuerwehr einfache
                              									berührte und geputzte Bretterwände, Decken, Holzsäulen, mit Blech beschlagene
                              									Stubenthüren eingebaut. Die geputzten Bretterwände sind, so lange sie nur von einer
                              									Seite Feuer erhielten, vorwiegend nur auf einer Seite angekohlt. Ungünstiger hielten
                              									sich die Putz decken, bei denen sogar die Staakung zerstört und der darüber liegende
                              									Holzfussboden durchgebrannt war. Zwei starke Holzsäulen, verputzt und unverputzt,
                              									waren nur an der Oberfläche verkohlt, so dass die Tragfähigkeit nicht gelitten
                              									hatte. Die mit Blech beschlagenen Thüren haben nur wenig gelitten.
                           7) Die Bau-Isothermalanstalt J. F. Heilemann hatte eine
                              									Decke und eine Drahtputzwand ausgestellt. Decke und Wände wurden durch das Feuer
                              									zerstört und die ⌶-Träger stark verbogen.
                           8) Die eingebauten Mannesmannsäulen waren mit Ummantelung versehen und hatten vom
                              									Feuer nicht gelitten.
                           9) Vom Asphaltwerk Wigankow war eine Kleine'sche, Deckenconstruction mit Bandeiseneinlage
                              									und aus rheinischen Schwemmsteinen eingebaut. Die 5,8 m langen Träger standen 83 cm
                              									aus einander. Abgesehen von dem theilweisen Abfalle des Deckenputzes war keine
                              									Veränderung wahrzunehmen. Bei einer späteren Belastung der eigentlichen Deckenplatte
                              									mit 3200 k/qm
                              									zeigten sich keine Risse. Die Kleine'sche Construction
                              									erwies sich als durchaus feuersicher.
                           10) Die von Schultz und Co. in Berlin ausgestellten
                              									Schönweider Kunstsandsteinstufen waren zum Vergleich mit Granitstufen eingebaut. Die
                              									im Treppenhause entwickelte Stichflamme hatte bis zu 1300° erzeugt. Der Befund
                              									ergab, dass sämmtliche Granitstufen zersprungen und herabgefallen waren, dagegen
                              									waren bei den Kunstsandsteinstufen nur einzelne Stücke an der Stirnseite abgeplatzt.
                              									Die Treppe konnte gleich nach dem Ablöschen gefahrlos betreten werden, und wurden
                              									die Kunstsandsteinstufen als durchaus feuersicher bezeichnet. Bei nachträglichen
                              									Belastungsversuchen bewährten sich die Stufen ebenso gut.
                           11) Die von der Actiengesellschaft für Monierbauten
                              									ausgestellten Monierconstructionen bestanden aus einer mittleren, 4 m breiten Kappe
                              									von (einschliesslich des Fussbodens) 8 cm Scheitelstärke bei 7 cm weitem
                              									Eisengeflecht von 7 und 5 mm Drähten und daran anschliessenden ebenen 1,30 m
                              									freitragenden Monierplatten. Letztere lagen entweder auf den Unterflanschen, oder
                              									waren wenigstens so nach unten abgebogen, dass der Steg und die Oberseite der
                              									Unterflanschen mit gedeckt wurden. Die Unterfläche der unteren Flanschen war im
                              									Uebrigen noch mit Drahtputz ummantelt. Die Träger waren gegen seitliches Ausweichen
                              									durch Anker geschützt. Die Decke wurde, abgesehen von theilweisem Abblättern des
                              									Putzes an der Unterflanschumhüllung, vom Feuer in keiner Weise verändert. Eine
                              									nachträgliche Belastung des Gewölbes wurde einseitig vom Scheitel bis zum Widerlager
                              									vorgenommen und konnte mit Rücksicht auf das alte Gebäude nur bis 2613 k für 1 qm
                              									gesteigert werden, ohne dass sich Risse u. dgl. zeigten.
                           Die im Erdgeschoss besonders eingebaute Moniertreppe wurde von zwei durchbrochenen
                              									Monierwänden getragen. Die Stufen waren über dem steigenden Moniergewölbe mit Beton
                              									aufgebaut. An der Treppe, welche der nach einem Fenster im II. Obergeschoss
                              									hinziehenden Stichflamme besonders ausgesetzt war, wurde nur ein Theil der
                              									Betonmasse rings um die Aussparungen der Stützwände zerstört vorgefunden, ohne dass
                              									die Tragfähigkeit der Treppe, welche nachträglich mit bis 2304 k für 1 qm belastet
                              									wurde, nachweisbar vermindert worden wäre.
                           Gleichfalls von der Actiengesellschaft für Monierbauten
                              									war ein selbständiger Bau aus 7 cm starken Hart-Gypsdielen mit beiderseitigem
                              									Gypsputz zur Prüfung ausgestellt.
                           Die eigentliche Monierconstruction wurde von dem Preisgericht als durchaus
                              									feuersicher anerkannt, während ein besonderer Vorzug der Hart-Gypsdielen gegen die
                              										Mack'schen Gypsdielen nicht festgestellt werden
                              									konnte.
                           12) Die von der Actiengesellschaft vorm. Jeserich
                              									ausgestellten Magnesitplatten wurden in einer Stärke von 13 mm als beiderseitige
                              									Bekleidung von 19 qm Bretterwänden im II. Obergeschoss als einseitige Bekleidung
                              									einer gewöhnlichen Stubenthürund schliesslich in 20 mm Stärke als Umkleidung
                              									eines hölzernen Unterzuges geprüft. Die Umkleidung der Wand hatte nicht einmal in
                              									der Wohnstube, in der verhältnissmässig geringe Hitzegrade (bis 900° C.) beobachtet
                              									wurden, gehalten. Im Erdöllager waren die Magnesitplatten grösstentheils
                              									abgesprungen, das Holz dahinter verkohlt. Ebenso brannten die Oberfüllungen der Thür
                              									hinter dem Magnesit durch, während die Unterzugumkleidung unbeschädigt geblieben war
                              									und das Holz des Unterzuges geschützt hatte.
                           Nach Urtheil des Preisgerichts sind daher nur die starken Platten von 20 mm Stärke
                              									als ausreichend feuersicher zu erachten. Uebrigens ist es nicht ausgeschlossen, dass
                              									auch die geringere Fläche der einzelnen Platte des Magnesits an der
                              									Unterzugumkleidung für den günstigeren Erfolg ausschlaggebend war.
                           13) Huber und Co. in Breslau hatte eine feuersichere
                              									Thür nach dem System Monier aus Eisengerippe mit
                              									Cementumhüllung ausgestellt. Die ⌞-Eisenzarge war so in das Mauerwerk eingelassen,
                              									dass die Kanten der Flansche beiderseitig mit der Mauer bündig lagen. Während des
                              									Brandes bog sich die Thür aus der Zarge heraus und gestattete den Flammen den
                              									Durchzug. Immerhin wird seitens des Preisgerichts die Güte der Moniermasse anerkannt
                              									und die Hoffnung ausgesprochen, dass bei anderweitiger Herstellung des
                              									Eisengerippes, so dass sämmtliches Eisen von Cement umhüllt wird, ein besserer
                              									Erfolg erzielt werde.
                           14) Die als feuersicherer Fussboden auf Lagerhölzern eingebauten Xylolithplatten der
                              									deutschen Xylolithwerke Otto Sening und Co. bildeten im
                              									II. Obergeschoss 50 qm Fläche bei 17 mm Plattenstärke. Die Platten wurden
                              									hauptsächlich der Einwirkung von brennendem Erdöl ausgesetzt, das auf dem Fussboden
                              									ausfloss. Abgesehen von oberflächlich verkohlten Stellen waren die Platten
                              									unversehrt erhalten. Dieselben haben sich nach dem Urtheil des Preisgerichts nicht
                              									nur gegen den Angriff des Feuers, sondern auch gegen die Einwirkungen der Nässe und
                              									heftiger Stösse gut bewährt.
                           15) Ingenieur Kühlewein hatte einen anscheinend neuen
                              									Baustoff, Asbestcement, zur Prüfung ausgestellt, der aus kiesel- und
                              									kohlensäurehaltigen Rohmaterialien, Graphit, Asbest und einem Bindemittel bestehen
                              									soll. Die Substanzen werden in trockenem Zustande gemischt, dann zu einem Brei
                              									gerührt und zu den verschiedenen Constructionen vergossen, eingestampft oder wie
                              
                              									Mörtel verputzt. Zu bestimmten Zwecken erhält die Masse gleichfalls eine
                              									Drahteinlage.
                           Von zwei feuersicheren Thüren aus Asbestcement mit Eiseneinlage, von 1,08 m Breite,
                              									1,86 m Höhe und 35 mm Stärke, welche zwei Räume vom Treppenhause abschlössen, hat
                              									sich die eine ähnlich wie die Monierthür abgebogen, während die zweite unversehrt
                              									blieb. Auch hielten dieselben Thüren noch das zweite stärkere Feuer im Treppenhause
                              									aus. Die Säulen- und Trägerummantelungen (die Säule war zunächst mit
                              									Asbestcementmörtel umputzt und mit einem weiteren Putz auf Drahtgewebe und
                              									Pappunterlage unter Innehaltung einer 3,5 cm starken Luftisolirschicht umschlossen),
                              									ebenso eine Bretterwandbekleidung aus Asbestcementplatten bewährten sich gleichfalls
                              									im Feuer vorzüglich. Eine von Kühlewein ausgestellte
                              									Bekleidung derselben Wand auf der entgegengesetzten Seite mit feuersicherem Anstrich
                              									verlangsamte zwar das Anbrennen, konnte jedoch die vollständige Zerstörung der
                              									Brettwand nicht verhindern. (Feuersicher imprägnirte Gardinen und Stoffe sind nach
                              									dem Feuer überhaupt nicht wiedergefunden worden.)
                           Der Asbestcement wird daher vom Preisgericht als durchaus feuersicher anerkannt.
                              									Dagegen wird den feuersicheren Anstrichen und der Stoffimprägnirung nur der Vortheil
                              									zugesprochen, dass diese Stoffe schwerer entflammbar werden, was bei Entstehung
                              									eines Brandes, nicht jedoch bei entwickelten Bränden von Erfolg sein kann.
                           16) Vom Hofschlossermeister Violet zu Berlin war eine
                              									feuersichere Thür eingebaut, auf welche grosse Hoffnungen gesetzt wurden. Die
                              									Einlage bestand aus zwei Lagen sich kreuzweis überdeckender Bretter, die Bekleidung
                              									beiderseitig aus Eisenblech, das durch Schraubnägel befestigt und an den Kanten mit
                              									einem ⊏-Eisen umgürtet war. Die Feuerwirkung zeigte sich dadurch, dass zunächst
                              									starker Rauch aus den Fugen der Bekleidung herauskam und schliesslich Flammen aus
                              									denselben herausschlugen. Trotzdem blieb die Thür auch noch nach dem Ablöschen
                              									gangbar. Das Preisgericht schreibt den ungünstigen Erfolg der Wahl des Holzes als
                              									Füllmaterial und besonders den Zwischenräumen in letzterem zu. Es ist jedoch nicht
                              									ausgeschlossen, dass das allseitige feste Schliessen der Eisenumhüllung das Holz zu
                              
                              									einer trockenen Destillation veranlasste und die entströmenden Gase in Brand
                              									geriethen und die Flammen verursachten.
                           17) Die sogen. Korksteine aus der Fabrik Grünzweig und
                                 										Hartmann in Ludwigshafen, ein poröses, den rheinischen Schwemmsteinen ähnliches
                              									Material von geringem specifischen Gewicht (0,25), das aus Korkabfällen mit einem
                              									Bindemittel aus fein zertheiltem Kohlenstoff und Thon hergestellt wird, war in einer
                              									feuersicheren Thür, einer Sparrenunterkleidung und als beiderseitig geputzte Wand
                              									dem Brande ausgesetzt. Die 4 cm starken Korksteinplatten der Thür waren an der
                              									Feuerseite durch Eisenblech, an der anderen Seite durch einfachen Mörtelputz
                              									bekleidet. Die Feuerprobe gelang insofern nicht recht, weil das eine nur mangelhaft
                              									in der Stolte'schen Brandmauer befestigte Thürband
                              									losliess und die Thür schliesslich nur noch gegen die Thüröffnung gelehnt werden
                              									konnte. Immerhin hielt die Korkmasse gut, da nur etwa ⅓ ihrer Stärke verkohlte, der
                              									Rest unversehrt blieb. Die Unterschalung der Sparrenlage mit 4 cm starken
                              									Korkplatten und Putzüberzug ist gleichfalls nur da, wo der Mörtelputz abfiel, auf
                              									etwa 2 cm Tiefe verkohlt. Die ohne Verwendung von Eisen aus 6 cm starken
                              									Korksteinplatten mit beiderseitigem Mörtelputz hergestellte Zwischenwand im
                              									Erdgeschoss war gleichzeitig beiderseitig vom Feuer umspielt und besonders in der
                              									oberen Hälfte nach Abfallen des Mörtels auch beiderseitig angekohlt, so dass sie
                              									hier mit geringer Mühe durchstochen werden konnte. Immerhin stand die Wand in ihrem
                              									Gesammtgefüge noch unversehrt. Das Preisgericht spricht sich daher sehr günstig über
                              									die Korksteine aus. Ihre Vorzüge beruhen im Wesentlichen darauf, dass der Stoff, von
                              									einem starken Feuer getroffen, zwar verkohlt, aber nicht brennt und selbst nach der
                              									Verkohlung noch eine gewisse Festigkeit behält.
                           18) Von den von Fretzdorf und Co., Berlin, ausgestellten
                              									feuersicheren Asbestfarben konnte nur festgestellt werden, dass im ersten Stadium
                              									des Brandes die angestrichenen Holztheile schwerer entflammten. Ein sicheres Urtheil
                              									war auch nicht zu gewinnen, da der Anstrich nach Ansicht des Ausstellers in
                              									vollkommen trockenem Zustande dem Feuer besser widerstehen soll.
                           19) Der von Ade-Berlin ausgestellte Geldschrank, welcher
                              									im Erdgeschoss ungefähr 1 Stunde dem Feuer ausgesetzt war, enthielt in seinen Wänden
                              									eine Isolirmasse „Lescha“ und hat dem Feuer gut widerstanden, so dass sein
                              									Inhalt im Wesentlichen unbeschädigt blieb. Bei der Prämiirung ist derselbe jedoch
                              									nicht berücksichtigt worden, da die Proben sich auf Bauconstructionen bezogen.
                           Legen wir uns nun Rechenschaft ab über den Werth dieser Brennproben und den Nutzen,
                              									welchen dieselben dem Techniker bei der Wahl seiner Constructionen schaffen, so ist
                              									vorweg hervorzuheben, dass die Anwendbarkeit einer Construction oder eines
                              									Baustoffes selbstverständlich nicht allein von ihrer Widerstandsfähigkeit gegen
                              									Feuer abhängt, dass hierbei vielmehr noch viele andere Eigenschaften in Frage
                              									kommen, z.B. der Widerstand gegen die Witterung und ihre Einflüsse, der
                              									Abnutzungswiderstand, die Befähigung, Lasten zu tragen, das Verhalten gegen andere
                              									Baustoffe und Nässe, die Bequemlichkeit der Ausführung, das gute Aussehen und
                              									zuletzt nicht zum mindesten auch die Kosten. Welche Vorzüge in dem einen oder
                              									anderen Falle ausschlaggebend sein werden, wird der ausführende Techniker genau zu
                              									erwägen haben. So sei nur daran erinnert, dass die Gypsdielen, welche sich bei den
                              									Proben als recht feuersicher erwiesen haben, als Staakung in Verbindung mit Holz mit
                              									der grössten Vorsicht zu verwenden sind, wenn sie nicht vollkommen trocken in den
                              									Bau gebracht und erhalten werden können. Ebenso kann Gypsestrich nur über gut
                              									ausgetrockneten Balken ohne Gefahr für letztere verlegt werden.
                           Für eine weitere Verbreitung der einen oder anderen Construction wird auch mit
                              									ausschlaggebend sein, ob die Verarbeitung der einzelnen Baustoffe so einfach ist,
                              									dass dieselbe von jedem sachverständigen Bauhandwerker gut und sicher ausgeführt
                              									werden kann, oder ob der Bauherr nur an die Patentinhaber gebunden ist, welche durch
                              									ihre langjährigen Erfahrungen allein eine gute Ausführung sichern. So ist vielleicht
                              									nicht ausgeschlossen, dass die Kleine'schen Decken
                              									deshalb eine recht weitgehende Verbreitung erhalten, weil ihre Herstellung
                              									verhältnissmässig einfach ist.
                           Dass die zusammengesetzten Fabrikate besonders in Folge der Concurrenz sich häufig
                              									kurze Zeit nach ihrer Einführung verschlechtern, darauf hatte Branddirector Stude bereits hingewiesen. Es kommt noch hinzu, dass
                              									für derartige Brennproben seitens der Aussteller selbstverständlich das beste
                              									Material und die beste Ausführung geliefert wird. In vorliegendem Falle mag
                              									allerdings die ausserordentlich ungünstige Witterung während des Einbauens diese
                              									Vortheile wenigstens für diejenigen Constructionen aufgehoben haben, bei welchen an
                              									Ort und Stelle grössere Putzarbeiten auszuführen waren.
                           Der grosse Vorzug der Brennproben vor ähnlichen früheren Versuchen beruht darin,
                              									dass, wie vorher bereits erwähnt, die Verhältnisse dem eines Schadenfeuers möglichst
                              									ähnlich gemachtwaren und gleichzeitig die verwandten Constructionen unter
                              									annähernd gleichen Verhältnissen geprüft wurden. Es war nun interessant für den
                              									Zuschauer zu beobachten, wie verschieden die Wirkung des Feuers besonders auf
                              									brennbare Stoffe, z.B. Holz, je nach der Lage desselben zum eigentlichen Feuerherd
                              									sein kann. Während in einem Raum eine grosse Glut entwickelt und nachgewiesen war,
                              									waren einzelne Holzregaltheile in der Nähe des Fussbodens kaum angekohlt,
                              									wahrscheinlich weil der kalte, das Feuer nährende Luftstrom sie von dem eigentlichen
                              									Feuerherd trennte. Wenn andererseits auch die Stichflammen mit ihren hohen
                              									Temperaturen einzelne starke Holzstiele nicht so stark beschädigten, als man
                              									anzunehmen versucht war, so erklärt sich das neben dem Schutz, welchen die verkohlte
                              									Aussenseite dem inneren Kern bietet, wahrscheinlich daraus, dass jene voll
                              									entwickelten Stichflammen, keinen überschüssigen Sauerstoff mehr enthielten, der zum
                              									eigentlichen Brennen ja erforderlich ist. Ein ähnliches Experiment kann man mit
                              									einem dicht über den Cylinder einer brennenden Lampe gehaltenen Streichholz machen,
                              									das erst stärker aufflammt, sobald man es aus dem Cylinder zurückzieht. So mag nicht
                              									ganz ausgeschlossen sein, dass für die verschiedenen Constructionen ganz gleiche
                              									Feuerverhältnisse nicht erreicht sind. Immerhin können die Unterschiede jedoch nicht
                              									so gross sein, um die vollständige Zerstörung der Isothermaldecken und das
                              									ungünstige Verhalten der Magnesitplatten zu erklären. Für den Versuch mit den
                              									Treppenstufen, ebenso für die verschiedenen Decken, welche in derselben Deckenfläche
                              
                              									neben einander eingebaut waren, ist wohl die volle Gleichheit der Feuerwirkung
                              									anzunehmen.
                           Zu den zur Prüfung eingebauten Wänden trat als günstigstes Vergleichsobject das alte
                              									Mauerwerk des Hauses. Sobald sich in einem Raume das Feuer entwickelte, fiel der
                              									Wandputz zunächst von den Wänden ab, auch erlitten bei weiterer Steigerung der Glut
                              									einzelne Steine Abblätterungen. Im Grossen und Ganzen hat das alte Mauerwerk dem
                              									Feuer jedoch vorzüglich Stand gehalten. Kein Fenstersturz, kein Thürbogen ist
                              									eingestürzt, trotzdem das alte baufällige Haus in sämmtlichen Räumen durchweg
                              									ausgebrannt wurde. Nach den Untersuchungen des Kreisbaumeisters a. D. Hoffmann ist das Verhalten des Ziegelmauerwerks dem
                              									Feuer gegenüber allerdings je nach den besonderen Eigenschaften des Materials sehr
                              									verschieden. Während die rothen Ziegel im Allgemeinen dem Feuer sehr gut Widerstand
                              									leisten, springen dagegen gelbe Steine wegen ihres Kalkgehaltes leichter unter der
                              									Feuereinwirkung. Es ist somit anzunehmen, dass die alten im Hause vermauerten
                              									Mauersteine von besonders feuerbeständiger Art waren.
                           Andererseits gab die Feuerprobe noch Gelegenheit, die grosse Durchlässigkeit der
                              									Ziegelmauer kennen zu lernen. Der geringe Luftdruckunterschied im Inneren der
                              									brennenden Räume und der Aussenluft genügte, um aus den Fugen von 25 cm starken
                              									Mauern, ja auch bei 38 cm starken Mauern reichlich Rauch herausströmen zu
                              									lassen.
                           Bei der Erprobung der Decken sind hölzerne Staakdecken als Vergleichsobject vorhanden
                              									gewesen. Dagegen fehlte für die eigentlich feuerfesten Constructionen als Vergleich
                              									die einfache preussische Kappe zwischen Eisenträgern. Es wäre auch von grossem Werth
                              									gewesen, festzustellen, inwieweit der Schutz der Unterseiten der Unterflanschen der
                              									Gewölbeträger erforderlich, wenn im Uebrigen das ⌶-Eisen vollständig von der Beton-
                              									oder Steinconstruction ummantelt wird. An sämmtlichen ausgestellten Decken mit
                              									⌶-Trägern waren die Unterflanschen theilweise mit erheblichem Aufwände und nicht
                              
                              									immer zu Gunsten des guten Aussehens ummantelt. Aehnlich verhielt es sich mit den
                              									Eisensäulen. Sämmtliche Eisensäulen, auch die Mannesmann'schen Säulen, waren der Probe mit einer Ummantelung ausgesetzt.
                              									Von letzteren hat eigentlich keine ganz versagt, dagegen ist die Frage, unter
                              									welchen Verhältnissen die Ummantelung der Eisensäulen durchaus nothwendig ist, nicht
                              									gefördert. Ebenso war kein Versuchsobject darauf berechnet, festzustellen, wie eine
                              									schmiedeeiserne Eisenstütze am zweckmässigsten zu construiren ist, um dem Feuer am
                              									längsten Widerstand zu leisten.
                           Von der grossen Anzahl feuersicherer Thüren haben eigentlich die wenigsten allen
                              									Anforderungen an Feuersicherheit genügt. Immerhin würde im Ernstfalle noch in Frage
                              									kommen, ob ihre Widerstandsfähigkeit doch nicht ausreichend gewesen wäre, wenn im
                              									Schütze dieser Thüren die Feuerwehr ihren Kampf bereits aufgenommen hätte. In
                              									neuester Zeit werden in den Treppenhäusern von Banken, Geschäftsgebäuden u. dgl. an
                              									feuersichere Thüren auch hinsichtlich des guten Aussehens grosse Anforderungen
                              									gestellt. Die in solchen Gebäuden daher sehr beliebten Holzthüren mit durchgehender
                              									Eisenplatteneinlage waren leider bei den Versuchen nicht betheiligt. Da in neuerer
                              									Zeit die Widerstandsfähigkeit besonders der schwerer entflammbaren Holzarten
                              									wieder höher geschätzt wird, wäre es auch von Interesse gewesen, starke eichene
                              									Bohlthüren zu erproben.
                           Bei den Versuchen mit freitragenden Treppenstufen wurde die grosse Ueberlegenheit der
                              									Kunstsandsteinstufe gegen die Granitstufe zweifellos festgestellt. Immerhin wäre es
                              									schade, wenn damit unseren natürlichen Steinen ganz die Verwendbarkeit auch zu
                              									freitragenden Treppen abgesprochen würde. Es wird sich daher empfehlen, bei etwaiger
                              									Wiederholung derartiger Versuche auch solche mit Treppenstufen aus einheimischem
                              									harten Sandstein anzustellen, von denen immerhin noch ein grösserer Widerstand gegen
                              									das Feuer zu erhoffen ist.
                           Wenn somit auch die Versuchsobjecte hier und da Lücken aufweisen und das Arbeitsfeld
                              									durch diese Brennproben noch lange nicht erschöpft ist, andererseits die Versuche
                              									manches bereits Bekannte bestätigen, so sind doch auch viele neue und lehrreiche
                              									Erfahrungen gemacht, für welche die Technik den Veranstaltern der Versuche nur
                              									dankbar sein kann. Dahin werden vor allem die Ergebnisse der Proben mit Siemens'schem Drahtglas, den Kleine'schen Decken und den feuersicheren Thüren zu rechnen sein. Der
                              									Berliner Feuerwehr und ihrem Leiter, welche durch ihre Thätigkeit bei der
                              									Vorbereitung und Durchführung der Brennproben das Hauptsächlichste zum Gelingen
                              									derselben beigetragen haben, sei hiermit noch der besondere Dank ausgesprochen.