| Titel: | Ueber die Fortschritte der chemischen Technologie der Gespinnstfasern im Winter 1892/93. | 
| Autor: | Otto N. Witt , Christoph Schmidt | 
| Fundstelle: | Band 288, Jahrgang 1893, S. 284 | 
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                        Ueber die Fortschritte der chemischen Technologie
                           								der Gespinnstfasern im Winter 1892/93.
                        Von Otto N. Witt und
                           									Christoph Schmidt.
                        Ueber die Fortschritte der chemischen Technologie der
                           								Gespinnstfasern im Winter 1892/93.
                        
                     
                        
                           Wir berichten diesmal über einen kürzeren Zeitraum., Seit unserem letzten Rückblick
                              									sind wieder eine ganze Anzahl interessanter Neuerungen zu erörtern.
                           Ueber die Faserstoffe selbst ist nicht viel mitzutheilen. Die grossen Hoffnungen, die
                              									man auf eine allgemeinere Verwerthung der Ramiefaser setzt, ziehen in den besonders
                              									interessirten Ländern, das ist in Frankreich; dann auch in Amerika, fortgesetzt eine
                              									Summe von Intelligenz und Arbeitskraft zur Lösung der Ramiefrage heran. Noch können
                              
                              
                              									wir über befriedigende Ergebnisse nicht berichten.
                           Wie die Leipziger Monatsschrift mittheilt, ist das
                              									Etablissement der 1891 gegründeten Gesellschaft zur Fabrikation der Chardonnet'schen künstlichen Seide (in Près de Vaux bei
                              									Besançon) soweit eingerichtet, dass das neue Product in kürzester Zeit auf dem Markt
                              									erscheinen könne.
                           Ein Consortium in Augsburg will es wieder einmal mit der heimischen Brennesselfaser
                              									versuchen.
                           Es mag hier erwähnt werden, dass in neuerer Zeit das alte Problem, echte Seide in
                              									Deutschland zu erzeugen, wieder aufgenommen und in der Fach- und Tagespresse mit
                              									grossem Optimismus besprochen worden ist. Prof. Harz in
                              									München hat die allen Schmetterlingssammlern wohl bekannte Thatsache, dass
                              									Maulbeerspinner in Ermangelung von Maulbeerblättern zur Noth auch mit Salat,
                              									Schwarzwurzeln u. dgl. vorlieb nehmen, weiter studirt und glaubt eine neue,
                              									ausschliesslich auf Schwarzwurzelnahrung angewiesene Rasse von Bombyx mori gezüchtet
                              									zu haben. Die Versuche sind im zoologischen Garten zu Dresden fortgesetzt worden und
                              									alle Betheiligten halten dieselben für sehr aussichtsreich. Nach unserem Erachten
                              									wird man indessen vorläufig noch gut thun, sich abwartend zu verhalten. Abgesehen
                              									von der Thatsache, dass wenige Generationen noch nicht zur Aufstellung einer neuen
                              									Rasse, oder, wenn eine solche vorliegt, jedenfalls nicht zum Urtheil über ihren
                              									Werth berechtigen, wird man sich auch fragen müssen, ob bei uns gezogene
                              									Schwarzwurzeln sich im Preise wirklich billiger stellen, als das Laub der in den
                              									üppigen Niederungen Italiens oder gar in dem milden Klima der ostasiatischen
                              									Seidenproductionsländer gezogenen Maulbeerbäume. Diese Frage ist keine müssige, da
                              									für die Production von 1 k Seide etwa 250 k Futterlaub erforderlich sind (s. Witt, Technologie der Gespinnstfasern, S. 47).
                           
                           Auf ein neues Flachsröstverfahren nahmen Jean, Donner,
                                 										Romain und de Swarte ein französisches Patent.
                              									Das Verfahren soll nur 5 bis 6 Tage beanspruchen. In einem hermetisch verschlossenen
                              									Gefäss wird zwischen zwei Gitterböden der Flachs eingepresst mit Wasser von 40 bis
                              									50° behandelt, dessen gründliches Eindringen durch Auspumpen mit der Luftpumpe
                              									ermöglicht wird.
                           Die Luftpumpe nimmt man in der Bleicherei Duncan Steward
                              									in Glasgow zu Hilfe, um ein gründliches Eindringen der Chlorflüssigkeit in das
                              									Bleichgut zu befördern. Auch für die Färberei wird ein solches Verfahren in
                              									Vorschlag gebracht. Der Vorschlag ist übrigens nicht neu.
                           Die Frage, ob Baumwolle, wenn sie in feuchtem Zustande gefriert, an Festigkeit
                              									einbüsse, wurde durch einen einfachen Versuch von S.
                                 										Rothwell verneint. (Ref. in Färberzeitung,
                              									December 1892 S. 75.)
                           Einer Untersuchung über das Carbonisiren von Schafwolle mit Chloraluminium und
                              									Chlormagnesium von F. Breine und C. Hanofsky (Mittheilungen des
                                 										technologischen Gewerbemuseums Wien, 1892 S. 203) entnehmen wir folgende
                              									werthvolle Daten. Eine rasche und vollständige Zerstörung der Baumwolle (und noch
                              									leichter der anderweitigen vegetabilischen Substanzen) erfolgt nach Tränken der
                              									Stoffe mit einer Chlormagnesiumlösung von 9° Beaumé im Carbonisirraume bei 140 bis
                              									150°. Wolle wird unter diesen Bedingungen von Chlormagnesium gar nicht angegriffen,
                              									welches letzteres sich in Berührung mit der Pflanzenfaser, diese zerstörend, in
                              									Oxychlorid und freie Salzsäure zerlegt, die, gasförmig abgeleitet, quantitativ
                              									nachgewiesen wurde. Säureempfindliche Färbungen der Wolle werden nicht
                              									beeinträchtigt.
                           Eine Chloraluminiumlösung von 7° Beaumé genügt zur Carbonisation bei 120°. Ist die
                              									Lösung, wie es für gefärbte Stoffe nothwendig, vollständig neutral (wie man sie
                              									durch Versetzen von Alaunlösung mit Kochsalz erhalten kann), und hat man vor dem
                              									Erhitzen gut getrocknet, so entwickelt Wolle damit keine Salzsäure, oder nur Spuren
                              									derselben. Fallen im Trockenraum (condensirte) Wassertropfen auf das Zeug, was
                              									sorgfältig zu verhüten ist, so entstehen Säureflecke.
                           Von A. Vastjukoff wird eine hübsche Untersuchung über
                              									die Witz'sche Oxycellulose im Bull. Soc. Mulhouse, August-September 1892, veröffentlicht, die den
                              									Gegenstand zwar keineswegs völlig klarstellt, wohl aber kritisch experimentirend die
                              									Lösung des Problems näherrückt. Die Witz'sche
                              									Oxycellulose entsteht durch Einwirkung von Chlorkalklösung (nicht unter 2° Bé.) auf
                              									Cellulose und darauf folgendes Liegen an der Luft, durch Wirkung der Kohlensäure der
                              									letzteren.
                           Der Verfasser wiederholt die analytische Untersuchung der Substanz, bestätigt, dass
                              									sie in grösserer oder geringerer Menge neben unveränderter Cellulose vorhanden, und
                              									dass sie den Reactionen nach sowohl von Girard's
                              									Hydrocellulose, als auch von der Cross und Bevan'schen Oxycellulose verschieden ist. Eine gelbe
                              									Verbindung, welche mit Phenylhydrazin entsteht, enthält viel zu wenig Stickstoff,
                              									als dass sie ein Hydrazon oder Osazon, von der muthmaasslichen Formel der
                              									Oxycellulose abgeleitet, sein könnte.
                           Der Hauptzweck dieser Versuche, die eigentliche Oxycellulose als Individuum zu
                              									isoliren, ist trotz aller Mühe noch nicht gelungen.
                           Wie aus einer Untersuchung von G. Saget über
                              									dasVerhalten der Oxycellulose beim Färben mit Tetrazofarbstoffen hervorgeht,
                              									wirkt die Oxycellulose wie eine Art Reserve- oder Schutzbeize gegen die Aufnahme
                              									dieser Farbstoffe. Wir haben hier ein neues Erkennungsmittel für Oxycellulose,
                              									welches umgekehrt wie Methylenblau wirkt.
                           Auf weissem Gewebe erzeugte, unsichtbare Chlorkalkflecke werden durch letzteres auf
                              									ungefärbtem Grunde blau hervorgehoben, ein Tetrazofarbstoff bringt dieselben auf
                              									gefärbtem Grunde farblos oder schwach gefärbt zur Erscheinung. Das Reagens versagt
                              									auch auf gefärbtem Gewebe, wie auf einem Alizarinroth, nicht. Ein langsam bei
                              									niederer Temperatur erzeugtes Anilinschwarz lässt sich gut mit Diaminblau
                              									übersetzen; war die Oxydation des Schwarz eine rasche und bei höherer Temperatur
                              									vorgenommen, so ist der blaue Aufsatz nur schwach und verschwindet ganz beim Seifen.
                              									(Ref. aus Monit. scientif., Färberzeitung, November
                              									1892 S. 41.)
                           Seide kann mit Salpetersäure gelb gefärbt werden, eine Methode, die früher technisch
                              									angewendet wurde.
                           L. Vignon und P. Lisley
                              									haben die Einwirkung von Salpetersäure und Salpetrigsäure auf Seide näher studirt.
                              									Zieht man die Faser in Salpetersäure von 1,133 spec. Gew. eine Minute lang bei 45°
                              									um, so wird sie licht- und luftecht gefärbt. Reine Salpetersäure wirkt nicht so,
                              									erst auf Zusatz von etwas Nitrit. Die gelbgefärbte Seide nimmt aus alkalischen
                              									Lösungen Base auf; dabei werden die Färbungen dunkler. Ein unechtes Gelb erhält man
                              									in angesäuerter Nitritlösung; dieses wird durch Salpetersäure in das echte Gelb
                              									verwandelt. In saurer starker Zinnsalzlösung wird das Gelb gebleicht. (Romen's Journal, Januar
                              									1893 S. 5.)
                           Neuere Versuche über die Fähigkeit des Kupfers, Färbungen lichtechter zu machen (vgl.
                              									unseren vorigen Bericht), hat C. Schön (im Bull. Soc. de Mulhouse) veröffentlicht. Danach ist das
                              									Ferrocyanid des Kupfers wirkungslos, während Oxyd, Sulfid, Sulfat, Acetat und
                              									Chlorat denselben schützenden Einfluss üben, welcher wirklich eine die reducirenden
                              									Eigenschaften der Lichtstrahlen compensirende Oxydationswirkung zu sein scheint, wie
                              									sie J. J. Hummel vermuthet. Ein mit Salmiak versetztes
                              									Kupfersalz, auf weisses Gewebe gedruckt und dem Lichte ausgesetzt, soll dasselbe in
                              									Oxycellulose verwandeln (durch Methylenblau nachweisbar), während vorher gefärbtes
                              									Gewebe unter denselben Bedingungen unverändert bleibe. In Abwesenheit von
                              									Ammoniaksalzen ist die Bildung von Oxycellulose sehr gering. Vanadiumchlorid soll in
                              									schwächerem Maasse eine ähnliche schützende Wirkung üben, wie die genannten
                              									Kupferverbindungen, dagegen sollen Eisen, Mangan und Zinnsalze wirkungslos sein.
                           Es ist bekannt, dass Azofarbstoffe mit Bisulfit oder schwefliger Säure in anders
                              
                              									gefärbte Verbindungen übergehen können. Ebenso ist bekannt, dass der Wolle von der
                              									Bleiche her hartnäckig schweflige Säure anhaftet. Welchen unangenehmen Einfluss beim
                              									Dämpfen gefärbter Wollwaare solche nun frei werdende schweflige Säure durch
                              									Fleckigmachen der Färbungen üben kann, wie man durch Ueberdecken mit
                              									chloratgetränkten Tüchern und nochmaliges Dämpfen in den meisten Fällen die
                              									ursprünglich reine Färbung wieder herstellen kann, bespricht F. Binder im Bull. de la Soc. ind. de
                                 										Mulhouse.
                           Derart beeinträchtigte Färbungen von Scharlach 2 R, 4 B, Ponceau K, Orange II und B
                              									konnten auf dem angegebenen Wege vollständig wiederhergestellt werden; nicht
                              									gelungen ist dies bei von schwefliger Säure angegriffenem Naphtolschwarz, bei diesem
                              									complicirteren Azokörper hatte tiefergreifende Zersetzung platzgegriffen.
                           Das oben erwähnte Chloren der Wolle vor dem Färben oder Drucken, das immer
                              									allgemeiner in Aufnahme kommt, bringt, neben seinen übrigen bekannten Vortheilen,
                              									auch die Zerstörung der anhaftenden Schwefligsäure mit sich.
                           Eine wesentliche Verbesserung in der Blauholzextractfabrikation soll nach einem von
                              										A. Foelsing zum Patent angemeldeten Verfahren auf
                              									Entfernung der Harze und Pektinstoffe, Anwendung von fermentirtem Holz und
                              									Eindampfen der Flotte in besonderen Apparaten unter besonderen Vorsichtsmaassregeln
                              									bestehen. (Färberzeitung, Januar 1893 S. 122.)
                           In Oesterreiche's Wollen- und Leinenindustrie, 1892 S.
                              
                              									937, wird ein bewährtes Verfahren zur Wasserstoffsuperoxydbleiche für Wollmousseline
                              									mitgetheilt, welches der Interessent dort einsehen möge. Die Kosten des Verfahrens,
                              									die für diesen Artikel übrigens von untergeordneter Bedeutung sind, dürften sich
                              									etwas höher stellen, als die einer Schwefel bleiche, es soll aber, im Gegensatz zu
                              									dieser, grössere Sicherheit bieten.
                           Nach D. R. P. Nr. 66687 von Gutbier und Co. ist es
                              									vortheilhaft, der Indigoküpe Salze zuzusetzen, z.B. 5 Proc. Kochsalz, und während
                              									des Ausfärbens das specifische Gewicht der Küpe constant zu halten. Die Aufnahme des
                              									Indigweiss durch die Faser soll durch solche Zusätze beschleunigt werden, was sehr
                              									begreiflich ist.
                           In der Seidenstrangfärberei, wo oft nur geringe Mengen einer bestimmten Schattirung
                              									verlangt werden, ist das Färben der Strähne mit der Hand noch allgemein üblich.
                              									Dieses bringt manche Nachtheile mit sich, das Herausheben der Strähne und
                              									Wiedereintauchen nach dem Herumdrehen ist eine verhältnissmässig langsame Operation.
                              									Mechanischen Ersatz bietet nach der Leipziger
                                 										Färberzeitung, 1893 S. 110, Wardle's
                              									Patent-Strangfärbemaschine, welche sich gut bewähren soll. Betreffs der Einzelheiten
                              									sei auf die Originalabhandlung und Zeichnung verwiesen. Die Maschine ähnelt
                              									äusserlich einigermaassen einer Drechselbank und hat auf jeder Längsseite eine Reihe
                              									von Doppelspulen, die sich selbsthätig eine Zeitlang vorwärts, dann rückwärts
                              									drehen. Die Farbkufen sind flacher als gewöhnlich, wodurch Farblösung gespart wird.
                              									Der Gang ist leicht und ruhig, um ein Verspritzen der Farblösung zu vermeiden, die
                              									Bedienung einfach.
                           Zur Herstellung melirter Garne verfuhr man bislang noch ziemlich allgemein in der
                              									Weise, dass man verschieden gefärbten Kammzug im erforderlichen Mengenverhältniss
                              									auf dem Gillbox mischte; für eine bestimmte blauweisse Mischung z.B. 60 Proc. blauen
                              									Zug mit 40 Proc. weissem Zug. Eine genügende Gleichmässigkeit der Farbenmischung ist
                              									auf diesem Wege nicht leicht zu erzielen, die aus solchen Garnen erzeugte Waare
                              									zeigt oft kein einheitliches Bild, sie ist „blendig“, „flammirt“.
                           Weit bessere Resultate erhält man nach einem Verfahren, das schon länger bekannt,
                              									aber jetzt erst allgemeineren Eingang gefunden hat, durch Bedrucken des Kammzugs mit
                              									den zu mischenden Farben, und dann Passiren des Gillbox. Um bei obigem Beispiel zu
                              									bleiben, würde man weissen Zug in der Weise blau bedrucken, dass auf 1½ cm blau 1 cm
                              									weiss folgt. Durch nochengere Gravüre der Druck walze (im Verhältniss 3 zu 2)
                              									kann man die Farben sich noch in kürzeren Zwischenräumen folgen lassen, das Resultat
                              									verfeinern. Mechanische Einzelheiten des Verfahrens berichtet O. Ostersetzer in der Färberzeitung, October 1892.
                           Bis in die letzte Zeit hat man nur die auch sonst im Wolldruck bewährten wenig
                              									walkechten Säurefarbstoffe für solche Garne verwandt und daraus nur leichte
                              									Damenkleiderstoffe fabriziren können. Jetzt stellt man auch für bessere Tuche
                              									walkechte Drucke her, es werden dafür verwendet Alizarinroth, -orange, -schwarz,
                              									-gelb, ferner Anthracitschwarz, Anthracengelb, Diaminechtroth. Auch Congofarben,
                              									denen, wie bereits früher berichtet; bemerkenswerthe Walkechtheit zukommt, dürften
                              									sich für diesen Artikel eignen.
                           Wieder eine umfassende Arbeit über das Türkischrothöl veröffentlicht die Mülhauser industrielle Gesellschaft (von Paul Juillard, August-September 1892). Die Gesellschaft
                              									betrachtet die lange Jahre aufgestellte Preisaufgabe nunmehr als gelöst und zieht
                              									dieselbe zurück. Die interessanten Einzelheiten würden uns hier zu weit führen; für
                              									die Praxis maassgebende, wesentlich neue Gesichtspunkte werden nicht eröffnet.
                           Das Alizarin wird bekanntlich in der Türkischrothfärberei in Form des freien, in
                              									siedendem Wasser schwerlöslichen Dioxyanthrachinons verwendet. Im Handel erscheint
                              									der Farbstoff als Paste, die durch Fällen der alkalischen Lösung erhalten ist, und
                              									welche nicht eintrocknen darf, da die Substanz sonst ihre ohnehin geringe
                              									Löslichkeit vollkommen einbüssen würde.
                           Versuche, das Alizarin in alkalischer Lösung zum Färben zu verwenden, hatten bis
                              									jetzt wenig Erfolg. Ein vor drei Jahren von Erban und
                                 										Specht genommenes deutsches Patent (Nr. 54057), dessen Verwerthung die Höchster Farbwerke übernommen, empfiehlt, vorzüglich
                              									die Ammoniaklösung des Alizarins zu benutzen. Versuche mit diesem Verfahren theilt
                              										J. Mullerus in der Chemiker-Zeitung, 1893 Nr. 22, mit. Ein feuriges Roth lasse sich auf
                              									diesem Wege nicht erzielen, wohl aber ein schönes und gleichmassiges Rosa, und
                              									dieses sei auch der einzige Artikel, der bis heute nach dem Erban-Specht'schen Verfahren hergestellt werde.
                           Ein neues Verfahren, das dem gleichen Gedankengang wie das Erban und Specht'sche entsprungen, rührt von Schäffer (Lowell, Mass.) her. Derselbe verwandelt Alizarin mittels Borax
                              									in ein lösliches Pulver. Dieses Präparat gibt angeblich die Farbe leichter an die
                              									gebeizte Faser ab, als eine rein alkalische Lösung. Ferner soll man die Faser mit
                              
                              									der Lösung imprägniren und darauf in einem Beizbad den Farbstoff fixiren können und
                              									auf diesem Wege bessere Resultate als mit den üblichen Verfahren erzielen. (D. Pat.
                              									Anm. Sch. 7647.)
                           Ein von K. Oehler zum Patent angemeldetes
                              									Anilinschwarzverfahren für Wolle, welches, nach H.
                                 										Schmid (Chemiker-Zeitung, 1893 Nr. 21), im
                              									Wesentlichen eine Uebertragung des bekannten Prudhomme'schen Dampfschwarzverfahrens auf die vorher zu chlorende Wolle ist,
                              									soll in England bereits im Grossen ausgeführt werden und gute Resultate geben.
                           Ein schönes Kohlschwarz auf Seide, wie es eine Specialität der Lyoner Färbereien ist,
                              									wird nach L. Reinhardt durch ein nachträgliches Bläuen
                              									der Schwarzfärbungen erreicht, nach Art des Bläuens weisser Wäsche behufs Entfernung ihres
                              									gelblichen Tones. Eine Pigmentfarbe, wie das sogen. Pariserblau, auf der Kugelmühle
                              									mit Wasser fein verrieben, wird dem Avivirbade zugesetzt (0,2 g auf 1 l Flotte); es
                              									haftet so fest auf der Faser, dass es selbst durch kräftiges Spülen in warmem Wasser
                              									nicht wieder vollständig zu entfernen ist.
                           Durch Nuanciren mit Säuregrün, Patentblau, Wasserblau, Indigocarmin u. dgl. soll
                              									dieselbe Wirkung nicht zu erreichen sein, auch nicht durch Bildung des Pariserblau
                              									auf der Faser. Eine Probe so erzeugten Schwarzes wird gegeben. (Färberzeitung, December 1893 S. 81.)
                           Ein Verfahren, Seide mit Alizarin echt schwarz zu färben, wurde den Höchster Farbwerken patentirt. Zuerst wird Berlinerblau
                              									auf der Faser gebildet, dann im Catechu-Zinnsalzbad beschwert und darauf mit 15 bis
                              									20 Proc. Seife und 20 bis 50 Proc. Alizarin ausgefärbt. Ausführliches entnehme man
                              									der Leipziger Monatsschrift, 1892 S. 400 (auch D. R. P.
                              									Nr. 66862).
                           In unserem letzten Bericht erwähnten wir eine Veröffentlichung von E. Odernheimer über die Herstellung von Goldpurpur auf
                              									der Gewebefaser auf chemischem Wege. Derselbe Verfasser gibt jetzt (Färberzeitung, September 1892) ein Verfahren an,
                              									Faserstoffe zu vergolden und zu versilbern. Das mit der Metallsalzlösung getränkte
                              									Material wird noch feucht den Dämpfen von Phosphorwasserstoff ausgesetzt, eine
                              									Reduction erfolgt im Augenblick, und das Metall erscheint in prachtvollem Glänze,
                              									der leider beim Trocknen arg beeinträchtigt wird. Letzteres ist namentlich durch
                              									Porosität und Unebenheit des Materials bedingt, Seide verhält sich noch am
                              									günstigsten. Der Baumwolle gibt man durch Bedrucken mit Albumin erst die nöthige
                              									Glätte. Nachträgliches Kalandern stellt den der feuchten Färbung eigenen Glanz
                              									einigermaassen wieder her. Das Verfahren ist geschützt durch D. R. P. Nr. 63842. An
                              									eine Verwendung desselben in grösserem Maasse ist kaum zu denken.
                           Das auf der Faser erzeugte Silber zeigt häufig Goldglanz, es scheint sich die von Carey-Lea entdeckte goldfarbene Modifikation des
                              									Metalles zu bilden.
                           Ein nicht (von selbst) entzündlicher Phosphorwasserstoff wird bequem erhalten durch
                              									Erwärmen von rothem Phosphor mit alkoholischem Kali.
                           Die Verwendung der Rosindulinsulfosäuren (Azocarmin) im Wollendruck scheiterte
                              									anfangs an der Schwerlöslichkeit ihrer freien Farbsäuren. Weinsäure oder
                              									Schwefelsäure scheidet den Farbstoff in der Druckmischung grobkrystallinisch aus und
                              									macht eine gleichmässige Färbung speciell bei Mustern mit grösseren Flächen
                              									unmöglich. Durch einen Zusatz von genügend Ammoniak die Sulfogruppe zu binden, lässt
                              									sich der Uebelstand beheben, man kann so mittlere Töne und zahlreiche combinirte
                              									Farben drucken, die sich nach dem Dämpfen rein und waschecht erweisen.
                           Eine weitere Verbesserung, die bei vollkommen gleichmässigem Druck auch Töne von
                              									grösserer, beliebiger Tiefe herzustellen erlaubt, wurde von Kalle und Co. erreicht durch Zusatz von Tannin zur Druckfarbe. Der
                              									Farbstoff bleibt dabei in Lösung oder seine Ausscheidung geschieht in genügend
                              									feiner Vertheilung.
                           Die erforderlichen Tanninmengen sind für die verschiedenen Marken verschieden, ein
                              									Viertel bis die Hälfte vom angewandten Farbstoff.
                           Auch Salze lassen sich der tanninhaltigen Druckfarbe beimischen und schöne
                              									Aetzartikel erzielen. So gibt auf Sulfonazurin gefärbtem Wollengewebe eine Aetzfarbe
                              									von 20 g Rosindulin G, 20 g Weinsäure, 100 g Zinnsalz und 600 g
                              									Stärketraganthverdickung, auf 1 k Druckfarbe, an Stelle des vollkommen weggeätzten
                              									Blau, feurig und kräftig die Nuance des Rosindulins. (G.
                                 										Ulrich, Mittheilungen des techn. Gewerbemuseums Wien, 1892 S. 292.)
                           Nach Mittheilung der Elberfelder Farbwerke (Leipziger Färberzeitung, 1893 S. 19) lässt sich
                              									Diamantschwarz nur dann gut ätzen, wenn es nicht als Chromlack auf der Wolle fixirt,
                              									sondern nur mit Glaubersalz ausgefärbt ist. Nach dem Aetzen kann durch Chromiren
                              									(mit FluorchromDas Fluorchrom findet
                                    											wegen seiner offenbaren Vorzüge vor den Chromaten steigende Verwendung und
                                    											Beliebtheit in der Wollfärberei (vgl. auch D. p.
                                       												J. 1888 268 373 und 1890 275 169).) die Waschechtheit erhöht
                              									werden. Die Aetzung geschieht durch Aufdrucken von Bisulfit und Zinkstaub mit einer
                              									Verdickung und nachheriges Dämpfen. Für bunten Aetzdruck verwendet man Zinnsalz in
                              									Verbindung mit solchen Farben, die letzteres nicht angreift, wie saure
                              									Triphenylmethanfärben, Rhodamin, Azocarmin, Indigocarmin, Chinolingelb.
                           Ausführliche Angaben über die Fabrikation beiderseitig gerauhter Waare von F. Lauber mit zahlreichen schönen Druckmustern bringt
                              									die Färberzeitung, November 1892 S. 33.
                           
                              
                                 (Schluss folgt.)