| Titel: | Corliss' Maschinen für die Bearbeitung der Dampfcylinder. | 
| Fundstelle: | Band 288, Jahrgang 1893, S. 295 | 
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                        Corliss' Maschinen für die Bearbeitung der
                           								Dampfcylinder.
                        Mit Abbildungen.
                        Corliss' Maschinen für die Bearbeitung der
                           								Dampfcylinder.
                        
                     
                        
                           Wenn auch diese Maschinen im Bau und in ihrer Anordnung ausschliesslich von Corliss zur Bearbeitung der Dampfcylinder seines
                              									bekannten Systems eingerichtet sind, so ermangeln dieselben keineswegs
                              									bemerkenswerther Eigenart und zeigen eine stetige Arbeitsfolge, welche unter
                              									Umständen auch bei der Bearbeitung anderer Theile wünschenswerth wäre.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 288, S. 295
                              Bearbeitung der Corliss-Cylinder.
                              
                           Es bedarf kaum einer Begründung, welche ausserordentliche Betriebsvortheile eine
                              									sachgemässe Gruppirung der Arbeitsmaschinen gewährt, welche bei der Bearbeitung
                              									irgend eines Theiles, wie gerade ein Dampfcylinder für Locomotiven es ist, in
                              									Verwendungkommen. Zwar sind die Bedingungen für die vortheilhafteste Bearbeitung
                              									wegen der constructiven Verschiedenheit dieser Theile nicht immer günstig, doch
                              									gestattet die Aehnlichkeit des Stückes dennoch, nennenswerthe Betriebsvortheile
                              									anzustreben, welche die daraus entspringenden Anlagekosten rechtfertigen. Anders
                              									verhält sich der Fall, wo die constructive Ausgestaltung des Theiles sich den
                              									vorhandenen Werkzeugen anpassen muss, die Bearbeitungen daher die Construction
                              									binden, anstatt dass die Construction zu einer schwierigen und unvortheilhaften
                              									Bearbeitung Veranlassung gibt.
                           Uebrigens hat alles dies bloss Geltung bei einer Vielzahl ähnlich gebauter Theile in
                              									wenig abweichenden Grössenverhältnissen,ein Fall, der in
                              									Locomotivbauwerkstätten vorkommt.
                           Während bei uns der ganze Arbeitsverlauf sich auf die fertig gestellte Bohrung des
                              									Cylinders gründet, wird bei Corliss der Arbeitsgang in
                              									einer abweichenden Weise durchgeführt.
                           Vorerst werden Schraubenlöcher in die gehobelten Fussflanschen des Cylinders mit
                              									einer wagerechten Bohrmaschine I (Fig. 1 bis 3) gebohrt, damit der
                              									Cylinder auf Böckchen J einer zweiten, doppelten
                              									Fräsbank II (Fig. 4 und 5) dadurch aufgespannt
                              									werden kann. Auf dieser Fräsbank werden nun die Stirnflanschen abgefräst und die
                              									Stopfbüchsenöffnung ausgebohrt. Ist dies erfolgt, so gelangt der Cylinder auf die
                              									Fräsbank III (Fig. 6 bis 10), in welcher derselbe
                              									zwischen zwei Reitstöcken gespannt und wobei mittels eines Spindelstockes, dessen
                              									Spindelrichtung winkelrecht zur Cylinderachse liegt, die vier Flanschen für die Aus-
                              									und Einströmungsrohre genau abgefräst werden. Hierdurch ist eine in der
                              									Cylindermitte liegende Schwingungsachse gewonnen, welche dazu dient, den Cylinder in
                              									der nun folgenden Maschine IV zwischen Reitstöcken
                              									einzuspannen.
                           Mit dieser Maschine (Fig.
                                 										11 und 12)
                              									werden bloss die Stirnflächen der vier Schiebergehäuse doppelseitig abgefräst,
                              									worauf dieselben auf einer Maschine V (Fig. 13 bis 18) mit senkrechter
                              									Spindel ausgebohrt werden.
                           Nunmehr kommen die derart vorgearbeiteten Dampfcylinder auf die eigentliche
                              									Ausbohrmaschine VI (Fig. 19 bis 25) zur Bearbeitung der
                              									eigentlichen Cylinderbahn.
                           Zu einer solchen Anlage (Fig. 26) gehören je eine
                              									Maschine I bis IV, ferner
                              									auf gemeinschaftlicher Grundplatte sechs Maschinen V
                              									und drei Ausbohrmaschinen VI verschiedener Grösse, von
                              									welchen die drei ersten durch einen Drehkrahn K1, die dritte Maschine durch einen Krahn K2, die im Halbkreis
                              									vertheilte Bohrmaschinengruppe V durch einen solchen
                              										K3 und endlich die
                              									in einer Reihe angeordneten Ausbohrmaschinen VI durch
                              									einen Drehkrahn K4
                              									bedient werden. Die Kreisbahnen dieser vier Druckwasserkrahne kreuzen sich in der in
                              
                              										Fig. 26 ersichtlichen Anordnung, wodurch das
                              									ganze Arbeitsfeld beherrscht wird. Als eigentliche Unterstützungsmittel kommen
                              									während dieser Bearbeitungen in Betracht vier stellbare Stützrollen w (Fig. 1) für alle
                              									Cylindergrössen, ferner für jede Cylindergrösse zwei Stützböckchen, J zur Fräsbank (Fig. 4), zwei ähnliche
                              									Stützböckchen a zur Ausbohrmaschine (Fig. 19) und je vier
                              									Rohrstützen y zur Schieberkastenausbohrmaschine (Fig. 13).
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 288, S. 296
                              Bearbeitung der Corliss-Cylinder.
                              
                           Als Aufspannmittel sind ferner zwei Hakenösen e (Fig. 3) und die beiden
                              									Spindel- bezieh. Reitstöcke B1 und B2
                              										(Fig. 9 und 10) bezieh. R1 und R2 (Fig. 11 und 12) anzuführen.
                           Mit Ausnahme der Bohrmaschine I und der
                              									Cylinderausbohrmaschinen VI (Fig. 19) findet der
                              									Antrieb von Deckenwellen durch unmittelbare Winkelräderübertragung auf stehende
                              									Wellen D, E und F statt,
                              									und zwar ist je eine davon für den Ausbohr- bezieh. Fräsebetrieb und die anderen zum
                              									Betriebe der Lochbohrer, während die mittlere zur Einstellung bestimmt ist, weil die
                              									Maschinen III, IV und V
                              									sowohl zum Fräsen als auch zum Lochbohren eingerichtet sind. Auch ist bei den
                              									Maschinen stehender Anordnung (I und VI) eine vollständige Entlastung des Werkzeugschlittens
                              									vorgesehen.
                           Nur bei der Bohrmaschine I (Fig. 1 bis 3) ist eine zweifelhafte
                              									Einstellung des Werkstückes gegen die Bohrspindel möglich. Bedingung richtiger
                              									Arbeit bei ordnungsmässiger Aufspannung ist die Winkelrichtigkeit der beiden
                              									Wangenkanten von A und C
                              									für den Tisch- und Bohrschlitten B und D, welche durch die Schraubenspindel s bezieh. durch das Zahnstangentriebwerk gegensätzliche
                              									Einstellung erhalten. Selbsthätiger Bohrspindelvorschub ist nicht vorgesehen.
                           Bei der doppelten Bohr- und Fräsbank II (Fig. 4 bis 8) wird der Dampfcylinder
                              									mittels der bereits erwähntenBöckchen J auf die
                              									Bettung A festgeschraubt, so dass derselbe vollkommen
                              									axial zu den beiden Spindeln B1 und B2 zu liegen kommt.
                           Mit den auf einer Querbahn der Planscheiben C1 und C2 geführten Werkzeugschlitten werden die beiden
                              									vorderen Stirnflächen des Cylinders gleichzeitig abgefräst, wozu die Stähle c1 bis c3 (Fig. 6 bis 8) in Anwendung
                              									kommen.
                           Ebenso wird durch ein Einsatzwerkzeug (Fig. 4) die Bohrung für
                              									die Stopfbüchse ausgearbeitet, welche bei der später erfolgenden Ausbohrung des
                              									Cylinders zur Führung bezieh. Lagerung der Bohrstange herangezogen wird.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 288, S. 296
                              Bearbeitung der Corliss-Cylinder.
                              
                           Diese Arbeiten werden durch die beiden kreisenden Planscheiben C bewirkt, welche ihren Antrieb von den stehenden
                              									Winkelwellen D vermöge Zwischenräder d und deren wagerechten Wellen L durch Stirnräderpaare erhalten, von welchen das grössere Rad auf der
                              									Hohlspindel N (Fig. 6 bis 8) und das Getriebe dazu
                              									in einem Lager des Spindelstockes drehbar gehalten ist, so dass bei der Verschiebung
                              									des Spindelstockes durch die Schraubenspindel F das
                              									Getriebe sich auf der wagerechten Antriebswelle L mit
                              									verschieben kann.
                           
                           Während diese Verschiebung beim Ausbohren der Stopfbüchsenöffnung als Schaltung
                              									in Anwendung gebracht ist, wozu ein Versatzräderzug von der Welle L aus dient, wird mit der mittleren stehenden Welle F die An- und Rückstellbewegung des Spindelstockes
                              									besorgt. Auch erfolgt die Schaltung beim Planfräsen bei Querverschiebung des
                              									Werkzeugschlittens c1c2 und c3 durch die
                              									Schraubenspindel G mittels Sternrädchen H.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 288, S. 297
                              Bearbeitung der Corliss-Cylinder.
                              
                           Zum Bohren und Gewindeschneiden der in den Stirnflächen benöthigten Schraubenlöcher
                              									wird bei abgestelltem Antrieb D und festgelegten
                              									Planscheiben C mittels der stehenden Winkelwellen E durch Räderwerke I eine
                              									Spindelwelle P betrieben, vermöge welcher eine in der
                              									Planscheibe C radial lagernde Welle Q und damit eine kurze Bohrspindel E bethätigt wird, deren Schaltung durch Handrad
                              									erfolgt.
                           Es ist nun ganz leicht, mittels der Spindel G die
                              									radiale Einstellung des Bohrers E bezieh. durch einen
                              									in die Umfangstheilung der Planscheibe C einzulegenden
                              									Stellstift p die Kreisvertheilung der zu bohrenden
                              									Löcher zu bewirken. Bei der Maschine III (Fig. 9 und 10) ist ein einziger
                              									Spindelstock mit den Einzelheiten (Fig. 6 bis 8) winkelrecht gegen zwei
                              									Spindelstöcke T1 und
                              										T2, auf deren
                              									Spindel ein Stufenkegel U und eine Zahntheilscheibe W angebracht sind, zwischen welchen der vorgearbeitete
                              									Dampfcylinder genau axial eingespannt werden kann. Mit den Fräsebohrwerkzeugen c1 und E werden die am Mantelrohr M angeordneten Flanschen für die Dampfrohranschlüsse bearbeitet.
                           Diese sind zweckentsprechend in einem Winkelkreuz angeordnet, so dass dieselben als
                              									Richtungsflächen bezieh. Schwingungsachsen zur Geltung bei der ferneren Bearbeitung
                              									der Schieberkastenflanschen kommen.
                           Diese auf der Maschine IV auszuführende Bearbeitung wird
                              									mittels zwei Spindelstöcken ermöglicht, die in der Bauart ganz und gar mit den
                              									vorbeschriebenen übereinstimmen. Hierzu kommen zwei Reitstöcke R1 und R2,zur
                              									vorerwähnten Aufspannung des Cylinderwerkstückes dienend, und ein
                              									Unterstützungsständer D mit hochstellbarem Schieber,
                              									welcher die Stütznasen für das Werkstück trägt. Dadurch schwingt die Längsachse des
                              									Cylinders, welche genau winkelrecht zur mittleren Querachse steht, in einer
                              									lothrechten Ebene, zu welcher die axial gelagerten Planscheiben G genau parallel stehen.
                           Diese Reit- und Spindelstöcke sind derart hoch gelegt, dass der zwischen den
                              
                              									Reitstöcken gespannte Cylinder über die Grundplatte sich vollständig im Kreise
                              									herumschwingen lässt, so dass die Stirnflächen der vier Schiebergehäuse mit
                              									einmaliger Aufspannung abgefräst werden können.
                           Ganz anders stellt sich die Ausarbeitung dieser Schiebergehäuse unter der stehenden
                              									Ausbohrmaschine V (Fig. 13 bis 17), von der sechs Stück
                              									auf einer gemeinschaftlichen Tischplatte A (Fig. 26) im Halbkreise angeordnet sind. An der
                              									stehenden Seitenbahn einer Hohlsäule A1 verschiebt sich ein Schlitten B, in welchem die mit dem Fräskopfe c1 ausgerüstete
                              									Bohrwelle C drehbar gelagert ist.
                           Bethätigt wird dieselbe vermöge eines Schneckenrades a1, das von einer Hängewelle a mittels Winkelräder seinen Antrieb erhält.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 288, S. 297
                              Bearbeitung der Corliss-Cylinder.
                              
                           Vom oberen Theil dieser Welle a aus wird mittels
                              									sechsläufiger Stufenscheiben und einem zweiten Schneckentriebwerk b eine Hängespindel B2 getrieben, die den Bohrwellenschlitten B nach abwärts steuert, sobald die in demselben
                              									eingelenkte Zangenmutter N (Fig. 17) geschlossen
                              									ist.
                           Bei vorgeschobenem Keilstück K (Fig. 18) wird dieselbe
                              									geöffnet, wodurch der Bohrwellenschlitten durch das in der Hohlsäule A hängende Gegengewicht d
                              									hochgehoben und so der Arbeitsbetrieb abgestellt wird.
                           Ausserordentlich einfach ist die Auflage des Cylinders mittels vier gleicher
                              									Rohrstutzen, welche an die vorher abgefrästen Schieberkastenflanschen passen und die
                              									glatt auf der Tischplatte A liegen. Dadurch, dass man
                              									den abgedrehten Flansch desjenigen Rohrstutzens gerade unter die Arbeitsstelle legt,
                              									an einen sichelförmigen Anschlagring w anrückt, welcher
                              									ganz genau axial zur Bohrwelle liegt, ist man in den Stand gesetzt, mit grosser
                              									Leichtigkeit die Einstellung des Cylinders nach der Bohrwellenachse sowohl, als auch
                              									nach den bereits angefrästen Stirnflächen des Schieberkastens achsenrichtig zu
                              									bewerkstelligen. Eine einzige Spannschlitzschraube an der Rohrstütze genügt zur
                              									Festlage an der Tischplatte A.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 288, S. 298
                              Bearbeitung der Corliss-Cylinder.
                              
                           Nunmehr kann beim Ausbohren auf den Maschinen VI (Fig. 19 bis 25) der mittels zwei
                              									Böckchen a an die Tischplatte A geschraubte Dampfcylinder als Führungslager für die Bohrwelle B mit Vortheil herangezogen werden, indem dieselbe in
                              									einer in der Stopfbüchsenöffnung eingesetzten Lagerbüchse sicher geführt ist.
                           Hiernach besteht die auf die Tischplatte aufgesetzte Ausbohrmaschine bloss aus einem
                              									Spindelstock D mit Schneckenradantrieb G der festlagernden Bohrwelle B, auf welcher sich vermöge einer Schraubenspindel S der Bohrkopf C vorsteuert.
                           Dies erfolgt dadurch, dass eine Winkelrad welle F
                              									mittels einer Bremsschraube festgelegt und dadurch einin der Bohrwellenachse
                              									frei auf einem Zapfen befindliches Stirnrädchen b2 festgehalten wird, während das auf der
                              									Steuerspindel s gekeilte Zahnrad b1 planetartig um das
                              									mittlere Zahnrad b2
                              									herumläuft.
                           Soll aber der Bohrkopf in rascher Gangweise zurückgeführt werden, so wird die
                              									Bremsschraube gelüftet und der Steuerriemen von der Los- auf die Festscheibe
                              									verlegt, wodurch eine schnelle Kreisung des Mittelrades b2 und damit eine rasche Spindeldrehung
                              									ermöglicht ist.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 288, S. 298
                              Fig. 26.Bearbeitung der Corliss-Cylinder.
                              
                           Mit welcher Maschine der innere Cylinderboden abgerichtet wird, ist in der Quelle
                              									nicht gesagt, wahrscheinlich erfolgt diese Bearbeitung auf der Fräsbank II.
                           Bei dieser Maschinenanlage ist auf einen Wechsel der Schnittgeschwindigkeit mittels
                              									Stufenscheiben u. dgl. gar keine Rücksicht genommen, eine Einrichtung, welche zwar
                              									den Ausbau der einzelnen Maschinen vereinfacht, die aber kaum als zweckmässig
                              									angesehen werden kann.