| Titel: | Russlands Goldproduction. | 
| Autor: | F. Thiess | 
| Fundstelle: | Band 289, Jahrgang 1893, S. 43 | 
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                        Russlands Goldproduction.
                        Russlands Goldproduction.
                        
                     
                        
                           Russland nimmt hinsichtlich der Goldausbeute unter den goldproducirenden Staaten die
                              									dritte Stelle ein; es wird nur von den Vereinigten Staaten Nordamerikas und von
                              									Australien übertroffen.
                           Beispielsweise entfielen von der Gesammt-Goldausbeute der ErdeRussische Revue, 1891 Heft 2. im J.
                              									1888 auf
                           
                              
                                 die Vereinigten Staaten von Nordamerika
                                 30,69
                                 Proc.
                                 
                              
                                 Australien
                                 25,27
                                 „
                                 
                              
                                 Russland
                                 21,65
                                 „
                                 
                              
                                 die übrigen goldproducirenden Länder
                                 22,39
                                 „
                                 
                              
                           Abgesehen von einer ganz geringen Ausbeute an Waschgold in Finnland, kommen in
                              									Russland nur die Bergbezirke des Urals und die Gebiete von West- und Ostsibirien in
                              									Betracht.
                           Während der 10jährigen Periode von 1880 bis 1890 schwankte die Goldausbeute in
                              									folgender Weise:
                           
                              
                                 1880
                                 43277,28 k
                                 1886
                                 33421,63 k
                                 
                              
                                 1881
                                 36761,94 k
                                 1887
                                 34863,11 k
                                 
                              
                                 1882
                                 36151,76 k
                                 1888
                                 35164,84 k
                                 
                              
                                 1883
                                 35734,06 k
                                 1889
                                 37212,40 k
                                 
                              
                                 1884
                                 35676,73 k
                                 1890
                                 39407,39 k
                                 
                              
                                 1885
                                 33018,99 k
                                 
                                 
                                 
                              
                           Aus dieser statistischen Zusammenstellung, welche den Mittheilungen des russischen Berg-Departements entnommen wurde, geht
                              									hervor, dass bis zum Jahre 1885 in der Gesammtausbeute eine stetige Abnahme, dagegen
                              									vom Jahre 1886 eine Zunahme zu verzeichnen ist. Diese Zunahme seit 1886 ist nicht
                              									etwa durch die Entdeckung neuer Goldadern, sondern nur durch günstigere Bedingungen
                              									für die Ausführung der Arbeiten, insbesondere im Amurgebiete, hervorgerufen, während
                              									andererseits die Minderproduction gegen 1880 und 1879 (43105,3 k) durch eine stetig
                              									sich verringernde Ausbeute in den Goldminen der Bezirke von Olekminsk und Jenniseisk
                              									in Ostsibirien, welche einst die reichsten Minen Russlands bildeten, zu erklären
                              									ist.
                           Man kann nach den veröffentlichten Mittheilungen des Berg-Departements den Schluss ziehen, dass
                              									die Goldausbeute auf dem Ural und in Westsibirien in beständiger Zunahme begriffen
                              									ist, dagegen in Ostsibirien, mit Ausnahme des Amurgebietes, fast stetig fällt.
                           Die Goldausbeute des Amurgebietes, sowie einzelner Küstenstriche, welche seit etwa 30
                              									Jahren mit Russland vereinigt sind, wächst sehr schnell. Beispielsweise betrug hier
                              									die Ausbeute im Jahre
                           
                              
                                 1865
                                   835,40 k
                                 
                              
                                 1870
                                 2244,13 k
                                 
                              
                                 1875
                                 2948,50 k
                                 
                              
                                 1880
                                 4029,60 k
                                 
                              
                                 1885
                                 5307,30 k
                                 
                              
                                 1890
                                 7535,03 k
                                 
                              
                           Nach Gouvernements und Gebieten geordnet, vertheilte sich die Goldausbeute Russlands
                              									im J. 1888 in folgender Weise:
                           Textabbildung Bd. 289, S. 43Sandgold; Adergold; Ueberhaupt;
                                    											Ural; Perm; Orenburg; Westsibirien; Tomsk; Ssemipalatinsk; Akmolinsk;
                                    											Irkutsk; Ostsibirien; Jennisiesk; Transbaikalien; Jakutsk; Amurgebiet;
                                    											Küstengebiet; Finnland; Lappland Speciell für das Jahr 1890 entnehmen wir den Mittheilungen des
                              									Berg-Departements, dass
                           
                              
                                 in West- und Ostsibirien
                                 28865,30 k
                                 
                              
                                 auf dem Ural
                                 10524,49 k
                                 
                              
                                 in Finnland
                                       17,60 k
                                 
                              
                                 
                                 –––––––––
                                 
                              
                                 insgesammt
                                 39407,39 k
                                 
                              
                           Sand- und AdergoldVon dieser
                                    											Gesammtmenge Goldes entfallen auf die privaten Wäschereien 37552,29 k und
                                    											auf die des kaiserlichen Cabinets 1855,10 k. gewonnen wurden und
                              									mehr als 230000001 goldführende Erze und Goldsand zur Verwaschung gelangten, woraus
                              									der mittlere Gehalt des Rohmaterials an Waschgold 1,71 g auf
                              										1000\,k\,\left(\frac{1}{570000}\right) sich berechnet.
                           Aus diesem im J. 1890 dem Laboratorium für Goldaffination übergebenen Waschgold
                              									wurden 38331,20 k Ligaturgold mit einem durch die chemische Analyse festgestellten
                              									Gehalt von 35058,77 k Gold und 3041,04 k Silber erzielt.
                           Die Angaben des Berg-Departements enthalten eine Tabelle, aus welcher hervorgeht,
                              									dass im Zeitraum von 1834 bis 1892 in Ostsibirien
                                 										allein ungefähr 1000 t Gold gewonnen wurden. Berücksichtigt man, dass 1 k
                              									Gold einen Werth von 860,344 Rubel Gold besitzt, so folgt, dass Russland durch
                              									Ostsibirien bereits mehr als 860 Millionen Rubel Gold oder fast 1¼ Millarde Credit
                              									Rubel erzielt hat. Zieht man ferner in Rücksicht, dass der durchschnittliche
                              									Goldgehalt in den sibirischen Gruben ungefähr 2,5 g auf 1000 k Sand beträgt und dass
                              									in den meisten Gruben Ostsibiriens Sandschichten, die einen geringeren Goldgehalt
                              									aufweisen, für die Bearbeitung unvortheilhaft betrachtet und aufgegeben werden, so
                              									liegt die Vermuthung nahe, dass bei der Goldgewinnung von 1000 t im Zeitraum von
                              									1834 bis 1892 in Ostsibirien ganz kolossale Reichthümer gleichsam in den Boden
                              									hineingegraben sein müssen.
                           Wie verschieden auf den Goldfeldern Sibiriens und am Ural die Bezeichnung „für die
                                 										Bearbeitung lohnend“ aufgefasst wird, geht aus der Angabe hervor, dass eine
                              									der grössten Goldindustrie-Gesellschaften des Amurgebietes es für unvortheilhaft
                              									hält, Gruben zu bearbeiten, in welchen sich weniger Gold vorfindet, als ungefähr 3,5
                              									g auf 1000 k Sand, während am Ural die Bearbeitung des Goldsandes für vortheilhaft
                              									gehalten wird, wenn man in 1000 k Sand noch 0,7 g Gold erzielt. Während also am Ural
                              									Sandschichten mit einem fünffach geringeren Goldgehalt für die Bearbeitung lohnend
                              									erscheinen, werden solche im Amurgebiet bereits aufgegeben.
                           Eine Erklärung dieser Erscheinung dürfte in dem Umstände zu finden sein, dass das
                              									Amurgebiet durch den Mangel geeigneter Transportwege gleichsam vom Europäischen
                              									Russland wie abgetrennt liegt, die örtliche Bevölkerung eine unzureichende ist, das
                              									Korn hoch im Preise steht und die Herbeischaffung des Arbeitsmaterials für die Minen
                              									sehr kostspielig ist.
                           In Anbetracht der stetig abnehmenden Goldausbeute auf den Gebieten von Olekminsk und
                              									Jenniseisk in Ostsibirien, sowie in Folge der gesteigerten Arbeitslöhne und der
                              									Vertheuerung aller Lebensmittel in diesen Kreisen, erscheint nach den Angaben des
                              									Berg-Departements die Verarbeitung der Goldseifen mit den bisherigen, theilweise
                              									noch recht unvollkommenen Hilfsmitteln auf den Wäschereien nicht mehr lohnend. Zieht
                              									man dabei die wichtige Stellung in Betracht, welche die Goldgewinnung, neben anderen
                              									Zweigen des Bergbaues, in Russland einnimmt – indem sie der Reichsrentei und dem
                              									kaiserl. Cabinet in Form einer 1procentigen Abgabe über 2½ Millionen Rubel jährlich
                              									einträgt –, so findet man das Bestreben des russischen Berg-Departements,
                              									Maassregeln zur Einführung und Anwendung theils neuer, theils vervollkommneter
                              									Apparate für das Verwaschen des goldführenden Sandes und für die Abscheidung des
                              									Goldes ins Leben zu rufen, sehr erklärlich.
                           Nach den Angaben russischer Fachblätter bezweckt man die Ausbildung von
                              									Bergingenieuren speciell für die Goldwäschereien. Ein eingehendes Studium aller
                              									Hilfsmittel für die Goldgewinnung, wie solche gegenwärtig in Nordamerika, Südafrika
                              									und Australien zur Anwendung gelangen, soll neben praktischer Thätigkeit die
                              									Ingenieure in den Stand setzen, alles dasjenige auszuwählen und zur Anwendung zu
                              									bringen, was für die russischen Goldwäschereien von Nutzen sein kann. Im Auftrage
                              									des Ministeriums sind verschiedene Bergingenieure nach dem Ural und nach anderen
                              									Gebieten entsendet, um neue Bestimmungen hinsichtlich der Verarbeitung goldhaltiger
                              									Waschrückstände aufzustellen und eine verschärfte polizeiliche Aufsicht über die
                              									Goldwäschereien, zur Vorbeugung des Ankaufes und der Abfuhr gestohlenen Goldes, ins
                              									Leben zu rufen.
                           Als Nebenproduct bei der Verhüttung von silberhaltigem Bleiglanz wird Gold in
                              									Russland im Betrage von 250 bis 300 k jährlich gewonnen. Bei einer Prägung dieses
                              									Goldquantums zu Münzen können etwa 6037580 Stück Halbimperiale und 168982
                              									Silberrubel erhalten werden. Das Ligaturgold geht aus dem Laboratorium in den St.
                              									Petersburger Münzhof und wird hier nicht allein zu Münzen geprägt, sondern auch in
                              									Barren Feingold und in silberne Scheidemünze umgewandelt. Beispielsweise sind im J.
                              									1890 auf dem Münzhofe 15006 Imperiale, 5600006 Halbimperiale, 90256 Silberrubel,
                              									2006 Halbrubel, 2006 Fünfundzwanzigkopeken – Stücke geprägt und 3500006
                              									Zwanzigkopeken, 3500006 Fünfzehnkopeken, 3750006 Zehnkopeken und 8000006 Fünfkopeken
                              									Scheidemünze hergestellt worden.
                           Durch die grosse sibirische Eisenbahn, welche nach der festgelegten Richtung auch
                              									Gebiete der Goldgewinnung dieses zum Theil noch unerforschten Landes durchschneiden
                              									soll, wird die Goldausbeute Russlands zweifellos gehoben werden. Auch steht zu
                              									erwarten, dass in Folge der Bahnverbindung die Gebiete Sibiriens zukünftig einer
                              									eingehenden geologischen Untersuchung unterzogen werden und dieses gewaltige
                              									Ländergebiet dem russischen Staate noch neue Goldquellen zur Verfügung stellen
                              									wird.
                           
                              F. Thiess.