| Titel: | Ueber Fortschritte in der Bierbrauerei. | 
| Autor: | F. Eckhardt | 
| Fundstelle: | Band 289, Jahrgang 1893, S. 84 | 
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                        Ueber Fortschritte in der
                           								Bierbrauerei.
                        (Schluss des Berichtes S. 66 d. Bd.)
                        Ueber Fortschritte in der Bierbrauerei.
                        
                     
                        
                           III. Gährung, Hefe.
                           M. Irmisch griff in seiner Arbeit: Der Vergährungsgrad, zugleich Studien über zwei
                                 										Hefecharaktere (Wochenschrift für Brauerei,
                              									1891 S. 1135) aus einer Sammlung verschiedener Hefearten zwei typische Rassen
                              									heraus, eine niedrig vergährende, sich gering vermehrende (Hefe Saaz) und eine
                              									hochvergährende, von starker Vermehrungsfähigkeit (Hefe Frohberg) und suchte durch
                              									die mit diesen beiden angestellten Versuche der Frage näher zu treten, ob die
                              									Hefearten ihre charakteristischen Eigenschaften unter den verschiedensten
                              									Lebensbedingungen beibehalten, welche Einflüsse den Vergährungsgrad zu verändern im
                              									Stande sind und namentlich ob und wodurch man vermöchte, die constant niedrig
                              									vergährende Hefe Saaz zu höherer Vergährung zu bringen.
                           Das allgemeine Verhalten der beiden Arten ist durch Folgendes
                              									charakterisirt:
                           1) Der scheinbare Vergährungsgrad (Endvergährungsgrad) beträgt
                           
                              
                                 bei
                                 Saaz
                                 52
                                 bis
                                 55
                                 Proc.
                                 
                              
                                 „
                                 Frohberg
                                 62
                                 „
                                 65
                                 „
                                 
                              
                           2) Der Gewichtsverlust, welcher durch die entweichende Kohlensäure bedingt ist,
                              									beträgt nach der Vergährung von 500 cc 11,9procentiger, mit 6 g fester Hefe
                              									angestellter Würze 12 g bei Saaz und 15 g bei Frohberg.
                           3) Die Ernte von der Hefe Saaz verhält sich zu derjenigen von Frohberg wie 2:3 bis 3
                              									: 4 und dieses Verhältniss ändert sich nicht, wenn man durchlüftet.
                           4) Die niedrig vergährende Hefe Saaz ist im Anfang der Gährung stets der
                              									hochvergährenden Hefe Frohberg voraus.
                           Die in diesen vier Punkten charakterisirten Unterschiede sind im Allgemeinen
                              									constant. Insbesondere übt die Concentration der Würze, die Hefenaussaat, die
                              									Gährtemperatur, die Durchlüftung der Würze, die Gegenwart indifferenter Stoffe
                              									keinen Einfluss auf den Vergährungsgrad aus. In einer maltosearmen Würze wird der
                              									Vergährungsgrad bei beiden Arten erniedrigt, immer aber ist Hefe Frohberg der Hefe
                              									Saaz um 7 bis 10 Proc. voraus.
                           Die Hefe Saaz lässt sich nur durch ein Mittel zu höherer Vergährung bringen, nämlich
                              									durch Zusatz von Diastase.
                           Die Gährung hatte also nicht etwa deshalb aufgehört, weil Alkohol hemmend einwirkte,
                              									sondern weil es an gährungsfähigem Material fehlte. Die von der Hefe Saaz nicht mehr
                              									vergährbaren Bestandtheile der Würze können von der Hefe Frohberg zum Theil noch
                              									vergohren werden; es wird dann der der Hefe Frohberg eigenthümliche Vergährungsgrad
                              									erreicht.
                           Ueber den mit verschiedenen Heferassen zu erzielenden
                                 										Vergährungsgrad, seine Bedeutung für die Würzeuntersuchung und die
                                 										Bierbereitung hielt Reinke einen Vortrag (Wochenschrift für Brauerei, 1891 S. 809).
                           Die beiden Arten Saaz und Frohberg zeigen in allen Würzen einen constanten
                              									Unterschied bezüglich des Vergährungsgrades. Ihr Verhalten gegen Dextroselösung, in
                              									welcher also die von Hefe Saaz un vergährbaren Maltodextrine der Würze fehlen,
                              									beweisen, dass die Hefe Saaz sich durch eine gewisse Trägheit von der Hefe Frohberg
                              									unterscheidet. Wenn auch Dextrose von Hefe Saaz schliesslich fast vollständig
                              									vergohren wird, so verschwindet in einer Saccharoselösung die durch Inversion
                              									gebildete Lävulose nur durch Hefe Frohberg vollständig, nicht aber durch Hefe Saaz.
                              									Reichliche Nahrungszufuhr unterstützt zwar die Gährthätigkeit von Hefe Saaz,
                              									dieselbe bleibt aber schliesslich doch stehen.
                           Reinke's Studie erstreckt sich nach drei Richtungen hin:
                              									Erstens, wie verhalten sich die einzelnen Würzen in der Praxis bezüglich ihrer
                              									Zusammensetzung gegenüber den Hefen Saaz und Frohberg? Zweitens, wie verhalten sich
                              									die einzelnen Biere diesen beiden Hefen gegenüber? Und schliesslich drittens, wie
                              									verhalten sich die Maischen eines und desselben Malzes, verschieden ausgeführt,
                              									gegenüber diesen Hefen?
                           Berliner und Münchener Würze zeigen in ihrer Zusammensetzung grosse Unterschiede. Bei
                              									Berliner Würze mit einem Rohmaltosegehalt von 62 Proc. (aus der Kupferreduction berechnet) vergährt
                              									Frohberg z.B. auf 70 Proc.; es sind dann 92 Proc. der Rohmaltose vergohren. Bei
                              									Münchener Bier aber werden 97 Proc. der Rohmaltose vergohren. Die Erklärung dafür
                              									ist nach Reinke in dem Verhältniss der dextrinarmen zu
                              									den dextrinreichen Maltodextrinen zu suchen.
                           Bei Bieren, welche mangelnde Nachgährung zeigen, empfiehlt es sich, durch Zusatz von
                              									Hefe Saaz bezieh. Frohberg auf einen Mangel an weiter vergährbarer Maltose bezieh.
                              									Maltodextrin zu prüfen. Sehr süsse Biere werden sterilisirt mit Hefe Saaz noch eine
                              									Nachgährung geben.
                           Die Vergährung der verschieden ausgeführten Maischen ergab, dass in allen Fällen
                              									durch die Hefe Saaz nur etwa 6/7 der durch die Hefe Frohberg vergährbaren Körper
                              									vergohren würde und dass der Rohmaltosegehalt in dem Maasse mehr erreicht wurde, als
                              									man höher maischte.
                           Es bilden sich in den Würzen nach Reinke
                           1) constante Mengen Dextrin (20 Proc.);
                           2) wechselnde Mengen von
                           
                              
                                 a) Maltose,
                                 
                                 
                              
                                 b) dextrinarmenc) dextrinreichen
                                 MaltodextrinenDiese
                                          													Arbeit wurde vor der Entdeckung der Isomaltose
                                          												veröffentlicht.,
                                 
                              
                           b beträgt etwa 1/7
                              									von a + b.
                           Die beiden Hefen arten sind also wohl geeignet für den Praktiker einen Einblick in
                              									die Beschaffenheit seiner Würzen zu gestatten.
                           Einem in der Wochenschrift für Brauerei, 1891 S. 983,
                              									zum Theil wiedergegebenen Bericht von F. Wyatt Ueber das
                                 										Pfaudler'sche Vacuumgährverfahren entnehmen
                              									wir Folgendes:
                           Nach beendigter Hauptgährung machen die Biere unter dem theilweisen Vacuum in 7 Tagen
                              									die Nachgährung, d.h. einen wirklichen Reifeprocess unter Ausschluss von Bacterien,
                              									ohne Säurebildung durch. Die Biere sollen dabei ein feineres Aroma und besseren
                              									Geschmack bekommen, sie sollen ausserdem haltbarer und sogar vollmundiger werden.
                              									Nach vollendeter Nachgährung werden die Vacuumbiere in ähnlicher Weise behandelt,
                              									wie die in Ruhbutten vergohrenen, d.h. sie werden auf ein Spanfass umgeschlaucht,
                              									mit Krausen gemischt; mit Hausenblase geklärt und gespundet. Gelangen sie zum
                              									Consum, so enthalten sie die höchste überhaupt erreichbare Quantität
                              									Kohlensäure.
                           Siebel berichtet über die Infection von Würze und Bier auf dem Kühlschiff und im Gährbottich im Western Brewer (der Wochenschrift für Brauerei, 1892 S. 986, entnommen).
                           Bacterien und Sporen setzen sich gern auf solche Oberflächen nieder, deren Temperatur
                              									nahe bei oder unter dem Thaupunkt ist.
                           Flüssigkeiten, welche Feuchtigkeit abgeben, sind dem Zutritt von Organismen nicht
                              									zugänglich. Die Kühlschiffwürze ist deshalb, vorausgesetzt, dass die Luft unbewegt
                              									und nicht wärmer als 19 bis 24° ist, bei der Abkühlung auf 35 bis 38° C. praktisch
                              									gegen Infection geschützt. Die gährende Würze im Bottich ist in Folge der bei der
                              									Gährung vor sich gehenden Ausströmung von Feuchtigkeit ebenfalls vor Infection
                              									geschützt; beim Zurückgehen der Gährung aber ist es nach Siebel rathsam, die Bottiche zuzudecken.
                           In den Chemisch-biologischen Studien von Raymann und Kruis (Mittheilungen der Versuchsstation für Spiritusindustrie
                                 										Prag, 1891 Heft 1 S. 32) finden sich interessante Beiträge zur Biologie der
                              									Hefepilze. Danach ist das Gährungsproduct der Reinculturen normaler Saccharomyceten
                              									bei den in der Brauerei üblichen Temperaturen ein einziger Alkohol, der
                              									Aethylalkohol. Bei Luftzutritt wird derselbe von der sich bildenden Hefenkahmhaut zu
                              									Kohlensäure und Wasser oxydirt. Bei lang andauernden Gährungen hydratisiren die im
                              									Hungerzustand befindlichen Saccharomyceten die Eiweisstoffe der Nährflüssigkeit in
                              									verschiedenem Grade und oxydiren ausserdem die dabei entstehenden Producte zu
                              									Ameisensäure und Valeriansäure. In Folge Vererbung behalten die aus alten Kahmhäuten
                              									gezüchteten Individuen bei höherer Temperatur ihr Oxydationsvermögen bei, nehmen
                              									aber ihre Specieseigenthümlichkeiten an, wenn die Gährung unter den normalen
                              									Brauverhältnissen geführt wird. Die Verfasser unterscheiden zwei Reactionen bei
                              									normalen Gährungen, nämlich eine zuckerspaltende im Nährmedium und eine
                              									stickstoffsynthetische im Körper der Organismen. Die Gährung wird als eine
                              									wechselweise Hydration und Dehydration aufgefasst.
                           Zur Unterscheidung verschiedener Saccharomycesarten veröffentlicht Hansen (Comptes rendus traveaux
                                 										Laborat. Carlsberg, 1891 Bd. 3 S. 44) neue Beiträge in seinen
                              									Untersuchungen auf dem Gebiete der Physiologie und Morphologie der alkoholischen
                              									Fermente: Ueber die Keimung der Sporen bei den
                                 										Saccharomyceten.
                           Die Art, wie die Sporen auskeimen, wird bei den Arten Saccharomyces cerevisiae I.,
                              									Saccharomyces Ludwigii (charakterisirt durch früh eintretende Fusion der keimenden
                              									Sporen und Bildung eines Promycels) und Saccharomyces anomalus (aus bayerischer Hefe
                              									gezüchtet, ausgezeichnet durch hutförmige Gestalt der Sporen) näher beschrieben.
                              									Hutförmige Sporen besitzen auch die Kahmhaut bildenden Hefen, welche P. Lindner aus Danziger Jopenbier gezüchtet hat (Wochenschrift für Brauerei, 1891 S. 815).
                           Eine aus Negerbier Pombe stammende (von demselben Verfasser ebendaselbst
                              									beschriebene) Hefe vermehrt sich nicht durch Sprossung, sondern durch Spaltung,
                              									bildet jedoch wie die Saccharomyceten Sporen.
                           Zu den verschiedenen Merkmalen, durch welche nach der bisherigen Beobachtung die
                              									Hefearten sich unterscheiden, fügt P. Lindner (sein auf
                              									der neunten Generalversammlung des Vereins Versuchs- und
                                 										Lehranstalt für Brauerei in Berlin gehaltener Vortrag: Ueber die Erkennung der Heferassen und ihre photographische
                                 										Darstellung, Wochenschrift für Brauerei, 1891 S. 815) ein neues hinzu: Das
                              									Aussehen der sogen. „Riesencolonien“, wodurch eine Verständigung unter den
                              									einzelnen Forschern nach seiner Ansicht leichter erzielt werden könnte. Die beiden
                              									oben genannten Hefen Saaz und Frohberg geben hier ebenfalls charakteristische
                              									Unterschiede.
                           Lasché weist, wie das schon vor ihm Kukla gethan, auf Erkrankungen des Bieres durch
                              									Mycoderma hin (siehe Mycoderma und die Praxis, von A. Lasche, Der Braumeister, Chicago 1891). Von
                              									Mycoderma befallene Biere zeigen sich schlecht klärend, geben unangenehmen Geschmack
                              									und geringe Haltbarkeit. Der Nachweis von Mycoderma gelingt leicht durch Züchtung
                              									auf Gelatineplatten, aufweichen die Mycodermacolonien leicht kenntlich sind. In Bier kann man
                              									Mycoderma nachweisen, indem man halbgefüllte, mit Watte verschlossene Flaschen bei
                              									Zimmertemperatur stehen lässt oder indem man eine kleine Menge des Bieres in sterile
                              									Würze impft. Lasché isolirte vier Arten, welche
                              									sämmtlich (zum Unterschied von der durch Hansen
                              									beschriebenen Mycoderma) geringe Mengen Alkohol erzeugen; sie bilden keine Sporen.
                              									Nr. III ist die gefährlichste. Die Zusammensetzung der Würze scheint ohne Einfluss
                              									auf die Entstehung der Krankheit.
                           In seinem Referat zur Abhandlung Lasché's bemerkt P. Lindner (Wochenschrift für
                                 										Brauerei, 1891 S. 669), dass die Berliner Versuchsstation im Besitz einer
                              									grossen Anzahl von sporenbildenden Hefen ist, welche sich durch schnelle und
                              									kräftige Kahmhautbildung auszeichnen.
                           Neue Untersuchungen über Brüsseler Biere werden von L. van der Hülle und H. v.
                                 										Laer in den Mémoires de l'Académie royale de
                                 										Belgique, 1890 (durch Wochenschrift für
                                 										Brauerei, 1891 S. 952) veröffentlicht.
                           Die spontane Gährung der Lambicwürze entsteht hauptsächlich durch die Organismen,
                              									welche in den Gährgefässen sitzen. Dafür spricht die Thatsache, dass die Brauer neue
                              									Fässer nach dem Ausbrühen erst mit Wasser, Würze und Bierabsätzen anfüllen und der
                              									Gährung überlassen. Die langsam reifenden Lambicbiere verdanken ihren specifischen
                              									Geschmack wohl hauptsächlich dem Saccharomyces apiculatus, sowie Milch- und
                              									Essigsäure bildenden Fermenten. Daneben finden sich noch viele andere Organismen,
                              									verschiedene Scheinhefen, sowie zwei Saccharomyces ellipsoideus. Oefters findet sich
                              									eine Bacterienart, welche eine in Biertrübung sich äussernde Krankheit
                              										„Zomer“ erzeugt.
                           Ueber die Methoden der Reincultur und im besonderen über die
                                 										Plattencultur von Koch und die Fehlergrenze dieser Methode, schreibt Holm in der Zeitschrift für das
                                 										gesammte Brauwesen, 1891 S. 458: Das Princip, auf welches die Darstellung
                              									einer absoluten Reincultur begründet ist, besteht darin, dass man von einem getrennt
                              									gehaltenen Individuum ausgeht. Diesen Grundsatz hat von den Physiologen nur Hansen eingehalten. Dass die Anwendung dieser Methode
                              									nothwendig ist, hat Holm bewiesen. Bei 23
                              									Versuchsreihen mittels der Koch'schen Plattencultur hat
                              									er nur einmal wirkliche Reinculturen erhalten, indem 100 Colonien auch wirklich von
                              									100 einzelnen Zellen abstammten.
                           Im Durchschnitt aller Versuche kommen auf 100 Colonien 108 Zellen. Der Irrthum der
                              									einfachen Plattencultur wird geringer, wenn die Zellen zur Aussaat am Schluss der
                              									Gährung entnommen werden und nicht am Anfang. Im ersteren Fall trennen sich die
                              									Zellen leichter, und wird die Wahrscheinlichkeit, dass die einzelnen Colonien aus
                              									isolirten Zellen hervorgegangen sind, grösser. Im letzteren Fall ist ein grosser
                              									Procentsatz der Zellen in Würzegelatine nicht entwickelungsfähig.
                           Die Reinhefe in Böhmen von Kukla (Bericht der Brau-Versuchsanstalt in Böhmen, 1890, durch
                              										Wochenschrift für Brauer, 1891 Nr. 42 S. 1223). An
                              									der unpassenden Pflege und Vermehrung der Reinhefe im Grossen liegt es oft, wenn in
                              									manchen Betrieben mit Reinzuchthefe schlechte Erfahrungen gemacht wurden. Die
                              									vielfach beobachtete Erscheinung, dass in der ersten Gährung das Bier eine
                              									mangelhafte Klärung zeigt, führt Kukla auf die leichten
                              									Hefezellen zurück, deren Entstehen nach seiner Ansicht eine Folge der in der Wärme
                              									erfolgten Aufbewahrung in 10procentiger Rohzuckerlösung ist. Die leichten Hefen
                              									vermögen sich einige Zeit auch nach dem Ueberimpfen in Würze als solche
                              									fortzupflanzen. Kukla bewahrt deshalb, um die
                              									schwächenden Einflüsse der Hitze auf die Hefe zu vermeiden, seine Culturen im Kühlen
                              									auf und gebraucht ausserdem die Vorsicht, dass er zu neuen Sendungen für die
                              									Brauereien nicht zu alte Culturen verwendet. In einer alten Cultur fanden sich
                              									beispielsweise viermal so viel leichte Hefezellen wie in einem jüngeren
                              									Duplicat.
                           Verfasser unterscheidet bei einer Reinzucht bezüglich der Beschaffenheit des
                              									Zellinneren fünf Arten von Hefenzellen:
                           1) Frische, gesunde Zellen mit schaumartigem Plasma ohne Vacuolen aα.
                           2) Zellen mit feinkörnigem Plasma mit scharf umgrenzter Vacuole aβ.
                           3) Zellen mit grobkörnigem Plasma und mit unbestimmt umgrenzten Vacuolen b. Diese
                              									Zellen neigen sehr zur Metamorphose in „leichte Hefe“.
                           4) „Leichte Zellen“, das ist Zellen mit grobkörnigem Plasma und zumeist
                              									fehlenden Vacuolen c.
                           5) Todte Zellen mit zerstörtem, schwach gefärbtem Plasma, mit von letzterem
                              									abstehender Zellhaut d.
                           Die in Böhmen verwendeten Hefen schliessen sich dem Typus der Hefe Carlsberg II an.
                              										Kukla unterscheidet innerhalb dieses Typus wieder
                              									zwei Kategorien: IIα und IIβ.
                           IIα eignet sich für die böhmischen
                              									Lagerbiere, er attenuirt stärker und klärt langsamer als IIβ, welcher für die gewöhnlichen Biere
                              									passt.
                           Unter normalen Manipulationsverhältnissen geht beim Typus IIβ von den Zellen b der grösste Theil wieder
                              									in die Form aβ und aα zurück, ein kleinerer Theil bildet sich
                              									zur Form c aus. Das Bier hat in diesem Falle einen sehr schönen Gries und klärt sich
                              									sehr rasch auf dem Bottich und in den Fässern.
                           Beim Typus IIα verwandeln sich die Zellen b
                              									nur sehr langsam und in geringer Zahl in die Form aβ; die Mehrzahl der Zellen verwandelt sich
                              									rasch in die Zellen c. Der Gries kommt deswegen lange nicht zum Vorschein, und das
                              									Bier auf dem Bottich und im Fass klärt sich langsam.
                           Um das Auftreten leichter Hefe möglichst zu verhüten, gleichzeitig aber eine
                              									frühzeitige Infection von Mycoderma hintanzuhalten, hat sich Kukla zu folgender Methode der Hefevermehrung entschlossen:
                           Man stellt mit 1 l Reinhefe 10 l Würze bei 8° R. an, lässt nun stehen bis zum
                              									Zeitpunkt; wo die weissen in die braunen Krausen übergehen (etwa 16 bis 24 Stunden)
                              									und wo die scheinbare Vergährung 40 Proc. beträgt. Alsdann wird vorsichtig, am
                              									besten mittels Heber, abgegossen und der zurückbleibende Hefenkern sogleich mit
                              									neuen 101 von 4 bis 6° R. angestellt. Zu den Krausen gibt man nun anfänglich ½ hl
                              									zu, dann wenn neues Wegschieben sich zeigt, 1½ hl und schliesslich etwa 10 hl,
                              									worauf man vollständig durchgähren lässt. Mit der daraus gewonnenen, nachher
                              									sorgfältig mit sterilem Eiswasser gewaschenen Hefe kann man dann einen 20- bis 30
                              									hl-Bottich anstellen.
                           
                        
                           IV. Bier.
                           Ueber die Wirkung von spanischer Erde auf Würze und Bier
                              									veröffentlicht Carl Amthor (Chemiker-Zeitung, 1891 S. 1695) einige Versuche.
                           
                           Der Verfasser findet, dass ein Zusatz von 0,1 Proc. reinem Kaolin zur Würze nur
                              									gute Dienste leistet. Auch das Bier wird blank und haltbarer und erleidet dabei
                              									keine Einbusse im Geschmack. Die Verwendung der spanischen Erde dürfte zur
                              									Beseitigung der Glutintrübung wesentliche Dienste leisten.
                           Aus Versuchen: Ueber das Verhalten des Aluminiums gegen
                                 										Bier schliesst Aubry (Chemiker-Zeitung, Kepert., 1892 S. 173), dass Aluminium zur Aufbewahrung
                              									und zum Transport grösserer Mengen Bier wohl geeignet ist.
                           Das Cholin als Bestandtheil des Bieres wies J. Kjeldahl nach (Zeitschrift
                                 										für das gesammte Brauwesen, 1891 S. 411). Wird zu Bier eine Lösung von Jod
                              									in Jodkalium in reichlichem Ueberschuss gesetzt, so fällt das Enneajodid des Cholins
                              									in prächtigen krystallinischen Nadeln von Cantharidenglanz zu Boden. Die
                              									Gesammtmenge dieser Basis (frei und gebunden), welche 11 Bier enthält, ist nahezu
                              									gleich derjenigen eines Hühnereis. Das in der Gerste enthaltene Lecithin löst sich
                              									beim Mälzen auf und zersetzt sich zum Theil, wie die Gegenwart von freiem Cholin in
                              									der Würze anzeigt.
                           Th. Langer liefert in der Allgemeinen Zeitschrift für Bierbrauerei und Malzfabrikation, 1892 S.
                              									1059, indirect den Beweis, dass das Bierextract activ an der Kohlensäureabsorption im Biere betheiligt ist. Da das Cholin als Base
                              									begierig Kohlensäure bindet, so hält der Verfasser den Schluss nicht
                              									ungerechtfertigt, dass dieser Bestandtheil des Bieres direct bei der Fixirung der
                              									Kohlensäure betheiligt ist.
                           Unter dem Titel: Zur Kenntniss des Bierextractes
                              									veröffentlicht G. Bull in der Chemiker-Zeitung, 1892 Nr. 65, die Resultate einer eingehenden
                              									Untersuchung über den Extract Münchener Biere. Der Verfasser erzielte durch
                              									Behandeln des Extractes mit heissem Alkohol verschiedene Fractionen, in welchen er
                              									Eiweisskörper, Asche, Gummi, durch Jod sich rothfärbendes sowie nicht färbendes
                              									Dextrin, Isomaltose, Monokaliumphosphat, Spuren von Maltose und Dextrose (Lävulose),
                              									Cholin, Hopfenbitterstoff, sowie einen unbekannten, mittels Quecksilbernitrat
                              									erkennbaren Körper nachwies.
                           Dem im Bier vorhandenen Gerstengummi (siehe C. J.
                                 										Lintner und G. Düll: Ueber die chemische Natur des
                                 										Gerstengummis, Zeitschrift für angewandte Chemie, 1891) ist der Name Galaktoxylan beizulegen, da er beim Invertiren mit
                              									Säure in Galaktose und Xylose zerfällt.
                           Die quantitative Bestimmung des für vollmündige Biere wichtigen Körpers beruht nach
                              										Stone (Allgemeine Brauer-
                                 										und Hopfenzeitung, 1891 S. 2107) darauf, dass
                              									Gummi beim Destilliren mit Salzsäure Furfurol bildet, welches mit Phenylhydrazin
                              									titrirt werden kann.
                           Das Vorhandensein von Invertin im Bier beweist Arminius Bau in der Chemiker-Zeitung, 1892 S. 143, und in der Wochenschrift für Brauerei, 1892 S. 193.
                           Donath ist es gelungen (Chemiker-Zeitung, 1892 S. 459), mittels seiner Methode das Invertin selbst
                              									aus dem Bier zu isoliren.
                           
                              F. Eckhardt.