| Titel: | Neuerungen auf dem Gebiete der Elektrometallurgie. | 
| Autor: | J. W. | 
| Fundstelle: | Band 289, Jahrgang 1893, S. 130 | 
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                        Neuerungen auf dem Gebiete der
                           								Elektrometallurgie.
                        (Schluss des Berichtes S. 52 d. Bd.)
                        Mit Abbildungen.
                        Neuerungen auf dem Gebiete der Elektrometallurgie.
                        
                     
                        
                           B. Feurig-flüssige Verfahren.
                           1) Aluminium. Die Aluminiumgewinnung hat besonders in der jüngsten Zeit bedeutende
                              									Fortschritte zu verzeichnen. Es ist endlich gelungen, ein Metall von genügender Reinheit herzustellen. Wenn auch die in der
                              										Zeitschrift des Vereines deutscher Ingenieure,
                              									Jahrgang 1892 S. 1316, mitgetheilten Zahlen, wonach das in Neuhausen, Pittsburgh, Patricroft und Lancashire elektrolytisch gewonnene Aluminium nur noch 0,10 Proc.
                              									Verunreinigungen enthalten soll, anzuzweifeln sind, so ist es nach glaubwürdigen
                              									Analysen (Ueber einige Versuche, betreffend die Widerstandsfähigkeit des Aluminiums
                              									gegen Wasser, siehe S. 216 d. Bd.) doch bereits gelungen, diese Verunreinigungen,
                              									welche den Werth des Aluminiums beträchtlich herabsetzten, bis auf 0,8 bis 1,0 Proc.
                              									zu entfernen. Es ist dies immerhin ein ganz bedeutender Fortschritt, und es
                              									erscheint fraglich, ob es jemals gelingen wird, die Reinheit des Aluminiums noch
                              									wesentlich zu erhöhen.
                           Auch die Production hat in kaum geahnter Weise zugenommen. Nach einer Mittheilung in
                              									den Jahresberichten der chemischen Technologie von F. Fischer, 1892 S. 212, betrug die Production des
                              									Aluminiumwerkes in Neuhausen im J. 1890 40538 k, im J. 1891 168669 k. Die Production
                              									dieses Werkes stieg, der Berg- und Hüttenmännischen
                                 										Zeitung, 1893 S. 135, zufolge, im J. 1892 auf 300000 k und soll in diesem
                              									Jahre auf 1000000 k gebracht werden. Der Preis des Aluminiums, welcher im J. 1886
                              									noch 70 M. für 1 k betrug, ist gegenwärtig auf 5 M. gesunken.
                           Soviel sich jetzt absehen lässt, wird die Darstellung aus geschmolzener Thonerde
                              									mit Hilfe des elektrischen Stromes die billigste und zweckmässigste bleiben.
                              									Indessen ist man auf der anderen Seite unablässig bemüht, durch das
                              									Reductionsverfahren mit der Elektrolyse zu concurriren, indem man den
                              									Herstellungspreis des Natriums auf das geringste Maass herabzudrücken versucht.
                           Von den verschiedenen elektrolytischen Darstellungsweisen, nach welchen Aluminium
                              									fabrikmässig gewonnen wird, ist, wie auch der Erfolg in schlagendster Weise gezeigt
                              									hat, das Héroult'sche Verfahren, welches die Aluminiumindustrie-Actiengesellschaft in Neuhausen erworben hat, die
                              									rationellste. Ueber beide findet sich ein Vortrag von H.
                                 										Wedding, in den Verhandlungen des Vereins für
                                 										Gewerbefleiss, Sitzungsberichte 1892 S. 125 ff., aus dem wir das Wichtigste
                              									im Auszuge mittheilen. Das Neuhausener Werk liegt auf
                              									der linken Seite des Rheines und entnimmt die zum Treiben der Dynamomaschinen
                              									erforderliche Kraft dem Rheinfall, aus dem die Gesellschaft berechtigt ist, 20 cbm
                              									Wasser pro Sekunde zu benutzen. Dieses entspricht bei 20 m Gesammtgefälle 4000
                              									. Zur Zeit werden jedoch nur etwa 10 cbm Wasser mit 2,2 m Geschwindigkeit
                              									bei einem Bruttogefälle von 20 m gebraucht, so dass rund 2100  zur Verfügung
                              									stehen, mit denen zwei Turbinen von je 600, eine von 300 und vier ältere Turbinen
                              									von je 150  betrieben werden. Die drei grösseren Turbinen sind senkrecht
                              									stehende Jouval-Turbinen und tragen direct über sich auf derselben Achse die
                              									Dynamomaschinen. Die beiden 600pferdigen Dynamos liefern bei 150 Umdrehungen in der
                              									Minute einen Strom von 14000 Amp. bei einer Spannung von 30 Volt = 420000 Watt.
                              									Jedoch können sie leicht auf 500000 Watt gesteigert werden, was 200 Umdrehungen in
                              									der Minute, die sehr wohl noch zulässig sind, entsprechen würde. Sie dienen zur
                              									Reduction des Aluminiums, während die kleinere 300pferdige zur Erregung der
                              									Magnetfelder, zur Beleuchtung, sowie zum Betriebe verschiedener Arbeitsmaschinen
                              									benutzt wird. Die älteren Motoren werden zur Aushilfe verwendet.
                           Wie schon oben gesagt, wird nach dem Heroult'schen Verfahren gearbeitet, welches darin besteht, dass reine
                              									Thonerde (Al2O3)
                              									durch den elektrischen Strom gleichzeitig geschmolzen und zerlegt wird. Dieser
                              									Process wird in einem mit Kohle ausgefütterten Kasten aus Eisen durchgeführt, in
                              									welchen von oben ein Bündel Kohlenstäbe als Anode eintaucht, während eine Schicht
                              									Kupfer auf dem Boden des Behälters die Kathode bildet. Zur Einleitung des Processes
                              									senkt man zunächst die Kohlenstäbe bis auf das Kupfer, schliesst den Stromkreis und
                              									bringt hierdurch das Kupfer zum Schmelzen. Ist dies der Fall, so wird von oben reine
                              									Thonerde eingefüllt und gleichzeitig die Anode etwas angehoben, so dass sie nicht
                              									mehr in das Kupfer taucht.
                           Durch die Einwirkung des Stromes schmilzt die Thonerde und der Sauerstoff derselben
                              									verbindet sich mit der Kohle der Anode zu Kohlenoxydgas, welches nach oben
                              									entweicht, während das reducirte Metall niedersinkt und eine Legirung mit dem Kupfer
                              									bildet, die in geeigneten Zwischenräumen abgelassen wird. Bis vor Kurzem glaubte
                              									man, dass man eine Kathode aus Kupfer benutzen müsse, wodurch natürlich die
                              									Erzeugung von Reinaluminium ausgeschlossen war; ein wesentlicher Fortschritt ist in
                              									dieser Beziehung durch den Director Kiliani gemacht
                              									worden, dem es gelungen ist, ohne die Kupferkathode auszukommen und somit
                              									reines Aluminium zu erzeugen. Es scheint jedoch die Art und Weise, wie jetzt
                              									gearbeitet wird, Geheimniss der betreffenden Firma zu sein; denn ausser dieser
                              									Mittheilung findet sich in dem Bericht von H. Wedding
                              									hierüber keine weitere Angabe.
                           Von Wichtigkeit ist für die Gewinnung von Reinaluminium die Verwendung von sehr
                              									reiner Thonerde. Als Ausgangsmaterial verwendet man Bauxit, welcher in
                              									verhältnissmässig reinem Zustande nur durch etwas Eisenoxyd und Kieselsäure
                              									verunreinigt, als Thonerdehydrat besonders im südlichen Frankreich, wo ihm
                              									bekanntlich das Dorf Baux den Namen gab, gewonnen wird. Der rohe Bauxit wird mit
                              									Soda geglüht und das hierdurch entstandene Natriumaluminat (AlO2Na) durch Wasser ausgelaugt, wobei Eisenoxyd,
                              									Kieselsäure u.s.w. zurückbleiben. Durch Einleiten von Kohlensäure wird die Thonerde
                              									ausgefällt und zugleich die Soda regenerirt, die von Neuem verwendet wird.
                           Zur Gewinnung von reinem Aluminium unterwirft L. Grabau
                              									ein Gemisch von Fluoraluminium und Soda oder anderen basischen Substanzen der
                              									Elektrolyse (D. R. P. Nr. 62851). In einem Behälter schmilzt man mit Hilfe des
                              									elektrischen Lichtbogens Kryolith (Al2Fl6.6NaFl) und trägt während der Elektrolyse in das
                              									flüssige Bad eine Mischung von Fluoraluminium und Soda in bestimmtem Verhältniss
                              									nach dem Maass des sich ausscheidenden Aluminiums ein. Von den hierfür zu
                              									verwendenden Elektroden besteht wenigstens die positive aus Kohle, während die
                              									negative aus Metall, am besten Aluminium bestehen kann. In Folge der Einwirkung des
                              									elektrischen Stromes scheidet sich hierbei am negativen Pol Aluminium als Metall ab,
                              									während am positiven Pol Kohlensäure und Kohlenoxyd, welche zum Theil aus der Soda,
                              									zum Theil aus der Einwirkung der Schmelze auf die Elektrodenkohle herrühren,
                              									entwickelt werden.
                           Das Mischungsverhältniss zwischen dem einzutragenden Fluoraluminium und der Soda kann
                              									man so wählen, dass neben Aluminium im wesentlichen Fluornatrium oder aber
                              									Fluoraluminium-Fluornatrium (Al2Fl6. 6NaFl = Kryolith) gebildet wird; man kann aber
                              									auch jedes Mischungsverhältniss anwenden, welches zwischen diesen beiden Grenzfällen
                              									liegt, die sich durch folgende Gleichungen veranschaulichen lassen:
                           1) 2 Al2Fl6 + 6Na2CO3 + 3C = 4Al + 12NaFl + 9CO2
                           2) 4 Al2Fl6 + 6Na2CO3 + 3C = 4Al + 2(Al2Fl6.6NaFl)
                                                                       + 9CO2
                           Verwendet man statt Soda etwa Potasche als basisches Material, so entstehen
                              									selbstverständlich die den Natrium-Verbindungen entsprechenden Kalium Verbindungen.
                              									Welches Mengenverhältniss zwischen Fluoraluminium und basischem Material – wie Soda,
                              									Potasche, Natron, Kali – gewählt werden soll, hängt davon ab, ob Fluornatrium oder
                              									Kryolith als Nebenproduct gewonnen werden soll. Man kann auch das leicht und
                              									vortheilhaft herstellbare Aluminiumoxyfluorid (Al2OFl4) an Stelle des Fluoraluminiums in
                              									gleicher Weise anwenden, wobei ebenfalls die Mischungsverhältnisse mit Rücksicht
                              									darauf gewählt werden können, ob als Nebenproduct im wesentlichen Fluornatrium
                              									bezieh. Fluorkalium oder Kryolith gewonnen werden soll. Diese beiden entsprechenden
                              									Grenzfälle lassen sich durch folgende Gleichungen veranschaulichen, nach welchen die
                              									entsprechenden Mischungsverhältnisse mit Leichtigkeit berechnet werden können:
                           3) 2Al2OF14 + 4Na2CO3 + 3C = 4Al + 8NaFl + 7CO2
                           4)                  3 Al2OF14 + 3Na2CO3 + 3C
                                               = 4 Al + Al2F16.6NaFl + 6CO2
                           Als besondere Vortheile dieses Verfahrens wird hervorgehoben, dass, da die
                              									Ausgangsproducte leicht frei von Eisen und Silicium dargestellt werden könnten, das
                              									gewonnene Aluminium auch frei von diesen beiden schädlichen Verunreinigungen sei,
                              									und dass ausserdem ein werthvolles Nebenproduct, wie Kryolith, gewonnen würde.
                           Alfred Bucherer in Cleveland, Ohio (V. St. A.), will ein
                              									sehr reines Aluminium durch Elektrolyse der in geschmolzenen Halogensalzen gelösten
                              									Doppelsulfide von Aluminium mit den Alkalien oder alkalischen Erden darstellen. Das
                              									Verfahren (D. R. P. Nr. 63995) beruht auf der Beobachtung, dass durch Einwirkung der
                              									Sulfide oder Polysulfide der Alkalien und alkalischen Erden in der Wärme unter
                              									Vermittelung von Schwefel und Kohle im Ueberschuss Aluminiumoxyd bezieh.
                              									Aluminiumhydroxyd in Doppelsulfide des Aluminiums mit den Alkalien bezieh.
                              									alkalischen Erden umgewandelt wird.
                           Diese Reaction verläuft nach folgender Gleichung:
                           3Na2S + Al2O3 + 3C + 3S =
                              										Na6Al2S6 + 3CO
                           Die so erhaltenen Doppelverbindungen lösen sich in einem Bade von geschmolzenen
                              									Chloriden oder Fluoriden der Alkalien bezieh. alkalischen Erden; auch Mischungen von
                              									beiden können verwendet werden. Die Kohle wird in feinpulverisirtem Zustande mit den
                              									übrigen Stoffen gemischt und zwar in massigen Mengen; immerhin ist ein geringer
                              									Ueberschuss an Kohle erforderlich, zuviel ist aber zu vermeiden, da sie die Masse zu
                              									zäh macht. Ganz besonders empfiehlt sich als Lösungsmittel der erwähnten
                              									Doppelsulfide geschmolzenes Chlornatrium und Chlorkalium, sowie eine Mischung
                              									beider.
                           Die Lösung wird in geschmolzenem Zustande der Einwirkung eines schwach gespannten
                              									elektrischen Stromes ausgesetzt, wobei an der Kathode metallisches Aluminium
                              									abgeschieden wird. Die wie vorbeschrieben dargestellten Doppelsulfide sollen einen
                              									sehr geeigneten Ersatz für das in reinem Zustande nur schwer darstellbare und
                              									verhältnissmässig theure Schwefelaluminium (Al2S3) bilden und zugleich die Gewinnung eines sehr
                              									reinen Aluminiums gewährleisten.
                           Ein ganz ähnliches Verfahren ist kürzlich der Aluminiumindustrie-Actiengesellschaft in Neuhausen, welche auch das
                              									vorgenannte Verfahren erworben hat, patentirt worden (D. R. P. Nr. 68909). Es
                              									besteht darin, dass Aluminiumsulfid (Al2S3) für sich allein oder in einem Bade von Chloriden
                              									oder Fluoriden der Alkalien oder alkalischen Erden der Elektrolyse unterworfen wird.
                              									Es kann dabei das Aluminiumsulfid entweder durch die von dem elektrischen Strom
                              									erzeugte Wärme oder durch Ofenhitze in den flüssigen Zustand übergeführt und in
                              									demselben erhalten werden. Setzt man unter Anwendung äusserer Wärme das in
                              									Chlornatrium oder Chlorkalium gelöste Schwefelaluminium der Einwirkung eines schwach
                              									gespannten elektrischen Stromes (2½ bis 3 Volt) aus, so soll sehr reines Aluminium
                              									fast quantitativ abgeschieden werden. Erscheint es zweckmässig, das Bad durch die
                              									Stromwärme selbst flüssig zu erhalten, so ist selbstverständlich eine grössere
                              									elektrische Energie erforderlich; doch sollen auch in diesem Falle selten mehr als 5
                              									Volt Spannung erforderlich sein.
                           Das Bad verhütet zwar an sich schon die Oxydation des Aluminiumsulfides, doch kann
                              									man, um ganz sicher zu gehen, durch Ueberleiten von reducirend wirkenden Gasen jede
                              									Oxydation vermeiden. Die Reduction wird am besten in einem guss- oder
                              									schmiedeeisernen Kasten, welcher innen mit Kohle ausgefüttert ist, vorgenommen.
                           Als besondere Vortheile dieses Verfahrens wird hervorgehoben, dass:
                           1) die Kohlenelektrode, welche in das flüssige Aluminiumsulfid eintaucht, nicht
                              									leidet, weil dieselbe stets auf einer Temperatur gehalten wird, welche niedriger ist
                              									als die, bei welcher Kohle sich mit Schwefel verbindet;
                           2) die Zersetzung des Aluminiumsulfides bei verhältnissmässig geringer Stromstärke
                              									vor sich geht;
                           3) Kurzschluss vermieden wird, weil das Aluminium wegen seines höheren specifischen
                              									Gewichtes auf den Boden des Zersetzungsgefässes sinkt;
                           4) die an der Anode freiwerdenden Schwefeldämpfe aufgefangen und in beliebiger Weise
                              									weiter nutzbar gemacht werden können.
                           Der Vollständigkeit halber sei hier noch eines Verfahrens von Wilhelm Diehl in Weidenau a. d. Sieg Erwähnung gethan, welches kaum jemals
                              									mit Erfolg technisch verwerthet werden dürfte (D. R. P. Nr. 62353). Es werden
                              									zunächst, am zweckmässigsten durch Elektrolyse, Legirungen des Aluminiums mit Blei
                              									und Antimon dargestellt. Dies geschieht in der Weise, dass man diese Metalle in
                              									geschmolzenem Zustande als Kathode verwendet, wobei sich das aus einer beliebigen
                              									Aluminiumverbindung durch die Einwirkung des elektrischen Stromes abscheidende
                              									Aluminium mit den genannten Metallen zu einer Legirung verbindet. Aus diesen wird
                              									dann nachträglich das Aluminium wieder abgeschieden und zwar aus der
                              									Aluminiumbleilegirung dadurch, dass man dieselbe mit salpetersauren Salzen der
                              									Alkalien oder alkalischen Erden oder mit Schwefel schmilzt, wobei sich das Blei
                              									oxydirt oder aber in Schwefelblei umgewandelt wird, während das Aluminium
                              									unverändert bleibt (?), aus der Aluminiumantimonlegirung durch Destilliren
                              									derselben, wobei das Antimon verdampft, das Aluminium aber rein zurückbleibt.
                           2) Wolfram. Zur Gewinnung von reinem Wolfram aus Wolframerzen (Scheelit, Wolframit) bedient sich M. Krieg in Magdeburg des elektrischen Lichtbogens und
                              									hofft hierdurch die Schwierigkeiten, welche bislang einer fabrikmässigen Darstellung
                              									von Wolfram hindernd im Wege standen, vermieden zu haben. Das Verfahren (D. R. P.
                              									Nr. 66177) zerfällt in drei Processe, nämlich
                           1) in die Herstellung von Chlorverbindungen des Wolframs;
                           2) in die Zersetzung dieser Chlorverbindungen und die Abscheidung von
                              									Sauerstoffverbindungen des Wolframs in fester Form;
                           3) in die Reduction dieser Sauerstoffverbindungen zu metallischem Wolfram.
                           
                              
                                 Die Herstellung von Chloridverbindungen des
                                    											Wolframs.
                                 
                              Da Wolfram sehr grosse Neigung hat, sich mit Chlor zu verbinden, wenn es mit
                                 										diesem bei höherer Temperatur in Berührung kommt, so kann man seine
                                 										Chlorverbindungen aus den von der Natur gebotenen Wolframverbindungen (Scheelit, Wolframit)
                                 										gewinnen, wenn man dieselben in Anwesenheit von Chlor und Reductionsmitteln
                                 										stark erhitzt.
                              Man kann sich zu diesem Zwecke mit günstigem Erfolg des elektrischen Stromes
                                 										bedienen, dazu aus den von der Natur gebotenen Wolfram Verbindungen, unter
                                 										Zusatz von als Reductionsmittel dienenden Retortenkoks, zur Lichtbogenbildung
                                 										geeignete Elektroden herstellen und, während der Hindurchleitung des Stromes,
                                 										dann Chlorgas gegen die Elektrodenspitzen strömen lassen.
                              In solchem Falle werden alle in den Elektroden enthaltenen Metall- und Kiesel
                                 										Verbindungen durch die ihnen beigemischte Kohle reducirt und zugleich in
                                 										Chlorverbindungen übergeführt, die sich in Form eines feinen Staubes in dem
                                 										Gefäss (Retorte), in welchem der Process vorgenommen wird, niedergeschlagen.
                              Eine Ableitung aus dieser Retorte in eine Vorlage ist entbehrlich.
                              Es erscheint zweckmässig, die Rohmaterialelektroden in Form eines Hohlcylinders
                                 										nach Art einer Jablochkoff-Kerze zu vereinigen, so dass man das Chlorgas durch
                                 										deren Höhlung hindurch in den Lichtbogen einströmen lassen kann.
                              Anstatt indessen Chlorgas in die Retorte einzuleiten, kann man auch die nöthige
                                 										Chlorgasmenge während des Vergasungs- und Niederschlagsprocesses in der Retorte
                                 										selbst erzeugen, wenn man dem Material der Elektroden auch Stoffe beimengt,
                                 										welche in der Hitze Chlor abgeben. Als zweckmässigster Zusatz für diesen Zweck
                                 										erscheint eine Vermischung von Chlorkalk mit kieselsauren Salzen.
                              Am ökonomischsten jedoch ist es, Chlor nebenher auf elektrischem Wege
                                 										herzustellen, indem man einen Strom durch eine wässerige Kochsalzlösung leitet,
                                 										wobei man dann noch Natriumhydroxyd als Nebenproduct erhält.
                              Als besonders geeignete Rohmaterialien haben sich sowohl Scheelit (d. i. ein mit
                                 										Silicaten gemischtes Calciumwolframat), als auch Wolframit (d. i.
                                 										Eisenmanganwolframat) erwiesen, welche beiden Minerale bei dem oben
                                 										beschriebenen Verfahren zur Herstellung von Chlorverbindungen des Wolframs die
                                 										Möglichkeit bieten, das in ihnen enthaltene Wolfram vollständig in seine
                                 										Chlorverbindung überzuführen.
                              Von den sich bei diesem Verfahren bildenden Chlorverbindungen sind ausser den
                                 										Chloriden und Oxychloriden des Wolframs auch Eisenchlorid, Aluminiumchlorid,
                                 										Alkalichloride und Chlorkiesel zu nennen, welche sämmtlich flüchtig werden und
                                 										sich dann in der Retorte in Staubform ablagern.
                              
                           
                              
                                 Die Gewinnung von Wolframsäure.
                                 
                              Nach beendigter Aufzehrung der Rohmaterialelektroden durch das elektrische
                                 										Bogenlicht wird das dabei gewonnene Sublimationsgemenge aus der Retorte genommen
                                 										und mit kochender, concentrirter Salzsäure versetzt.
                              Dabei setzen sich die Chlorverbindungen des Wolframs in unlösliche Wolframsäure,
                                 										Metawolframsäure und die Anhydride beider Säuren um, welche bei fortgesetztem
                                 										Kochen allmählich in Wolframsäureanhydrid übergehen, was jedoch für die weiteren
                                 										Processe nicht unbedingt nothwendig ist.
                              Auch Chlorkiesel zerfällt in der kochenden Salzsäure unter Bildung von
                                 										Orthokieselsäure, von welcher sich ein Theil gallertartig ausscheidet. Alles
                                 										andere geht in Lösung über.
                              Durch die Einwirkung der Salzsäure auf das Sublimationsgemenge ist also ein
                                 										Niederschlag entstanden, der die Wolframsäure und etwas gallertartige
                                 										Kieselsäure enthält, während die übrigen in dem Sublimationsgemenge enthalten
                                 										gewesenen Verbindungen in der Säure gelöst sind, die ihrerseits wiederholt zu
                                 										dem in Rede stehenden chemischen Process verwendet werden kann.
                              Die Säurelösung wird nunmehr abgegossen und der Rückstand durch Sedimentiren
                                 										gereinigt, wobei die gallertartige Kieselsäure allmählich in Lösung mit abgeht,
                                 										so dass nach einiger Zeit nur noch die Sauerstoffverbindungen des Wolframs
                                 										zurückbleiben.
                              
                           
                              
                                 Die Reduction der Wolframsäure.
                                 
                              Nachdem der gereinigte Rückstand des vorhergehenden Processes gehörig getrocknet
                                 										ist, kann derselbe, mit Kohlen- bezieh. Kokspulver gemischt, zu
                                 										Lichtbogenelektroden geformt und diese in einem luftdicht geschlossenen Gefäss
                                 										(Retorte) der Einwirkung eines starken elektrischen Stromes ausgesetzt werden;
                                 										dabei scheidet sich das Wolframmetall in halbflüssigem Zustande ab und sammelt
                                 										sich auf dem vor Einleitung des Processes mit Kohlenpulver zu bedeckenden Boden
                                 										der Retorte in Form von Körnchen an.
                              Es kann übrigens keinem Zweifel unterliegen, dass das reducirende Schmelzen auch
                                 										in sonst für Metallreductionen gebräuchlicher Weise erfolgen kann.
                              
                           
                        
                           C. Oefen zur elektrolytischen Metallgewinnung.
                           Ein eigenartiges Verfahren zur Darstellung von Metallen, insbesondere der Metalle der
                              									Alkalien, alkalischen Erden und eigentlichen Erden nebst Ofen hat sich die Firma Joh. Bernhard Hasenclever und Söhne in Remscheid
                              									patentiren lassen (D. R. P. Nr. 65921).
                           Nach diesem Verfahren sollen die angeführten Metalle dadurch gewonnen werden, dass
                              									Erz und Reductionsmittel in einem geeigneten Raume gleichzeitig der Einwirkung von
                              									Reibungs- oder Inductionselektricität ausgesetzt werden.
                           Textabbildung Bd. 289, S. 132Oefen von Hasenclever.Fig. 10 und 11 veranschaulichen die
                              									Einrichtung eines Ofens für die Ausführung dieses neuen Verfahrens. A ist der eigentliche Reductionsofen, B und C sind Vorherde zur
                              									Aufnahme des Erzes bezieh. des Reductionsmittels. Soll beispielsweise Aluminium und
                              									zwar aus Fluoraluminium dargestellt und als Reductionsmittel Zink benutzt werden, so
                              									kann man beide Stoffe in flüssigem Zustande in die Vorherde einbringen, hier durch
                              									Wärmezuführung verdampfen und die Dämpfe durch Oeffnungen o in den gleichfalls auf passende Temperatur gebrachten Reductionsraum A eintreten lassen. In die Wandung w
                              									desselben ist ein Mantel m aus Metall oder anderem die
                              									Elektricität leitenden Material eingefügt.
                           In ein im Ofeninneren angeordnetes Rohr r aus
                              									dielektrischem, aber feuerbeständigem Material ist gegenüber dem Mantel m ein schwer schmelzbarer, die Elektricität leitender
                              									Körper R angebracht. Derselbe kann aber auch, wenn bei
                              									niedriger Temperatur gearbeitet wird, isolirt gegen die Ofenwandung ohne Rohr r angeordnet werden. Der Mantel m wird während der Dauer des Betriebes mit dem einen Pol, der Körper B mit dem anderen Pol eines Elektricitätserzeugers
                              									verbunden, wodurch dauernde Ausgleichungen der Elektricität und zugleich
                              									Einwirkungen auf die im Raum A befindlichen Stoffe
                              									stattfinden, welche als Endproduct metallisches Aluminium liefern. Zur Erzeugung der
                              									Elektricität kann hierbei eine Reibungsmaschine, Influenzmaschine, Ruhmkorff'scher Inductionsapparat oder dergleichen
                              									dienen.
                           Soll Natrium dargestellt werden, so mengt man kohlensaures Natrium mit Kohle und
                              									bringt dieses Gemisch in den Raum A, wo man, wie beim
                              									Aluminium beschrieben, gleichzeitig Wärme und Elektricität darauf einwirken
                              									lässt.
                           Textabbildung Bd. 289, S. 133Ofen von Frei. In gleicher Weise lassen sich auch andere Metalle aus ihren Erzen
                              									darstellen. Um zu verhüten, dass atmosphärische Luft in den Reductionsraum A gelangt, wenn sich in demselben ein Vacuum
                              									herausbilden sollte, steht derselbe mit einem Cylinder Z in Verbindung, welcher mit glühendem Koks angefüllt ist. Tritt ein
                              									Vacuum ein, so saugt dieses durch den glühenden Koks atmosphärische Luft in den
                              									Apparat hinein, wobei der Sauerstoff beim Durchgang durch den Cylinder Z sich mit dem glühenden Koks zu Kohlenoxyd umsetzt,
                              									welches in den Reductionsraum A gelangend, keine
                              									nachtheiligen Wirkungen auf den hier stattfindenden Reductionsprocess auszuüben
                              									vermag.
                           Man hat bis jetzt bei solchen elektrolytischen Zersetzungsapparaten, die ausser der
                              									vom elektrischen Strom gelieferten Wärme noch Wärme zugeführt erhielten, diese
                              									letztere nur von aussen zugeleitet und zwar in der Weise, dass man den Ofen ganz
                              									oder nur theilweise von den heissen Verbrennungsproducten einer geeigneten Feuerung
                              									umspülen liess, wobei eine Uebertragung der Wärme durch die Ofenwandung in das
                              									Innere des Ofens stattfand. Hierbei war der Mantel des Ofens den zerstörenden
                              									Wirkungen der Heizgase ausgesetzt, was eine rasche Abnutzung desselben zur
                              									Folge hatte. Diese Uebelstände sind an den neuen Ofen von Hans Heinrich Frei (D. R. P. Nr. 67981) dadurch fast vollkommen vermieden,
                              									dass die Heizung innen im Ofen, das zu erwärmende Bad aussen um die Feuerung herum
                              									angeordnet ist. Es sind nämlich bei dem Ofen von Frei
                              									besondere Heizkörper in Form von Röhren oder Retorten durch den Ofen hindurch oder
                              									in denselben hineingelegt. In diesen Heizkörpern wird die Wärme durch Verbrennung
                              									von Kohle, Koks, Gas oder dergleichen erzeugt.
                           Eine Ausführungsform dieser Neuerung geben die Fig. 12 und 13 wieder. A ist der Mantel des Ofens, zweckmässig aus Eisen
                              									gefertigt, B der Ofen selbst und zugleich Kathode. Quer
                              									durch den unteren Theil desselben gehen mehrere Rohre F
                              									aus Metall, welche an beiden Seiten durch die Stopfbüchsen G abgedichtet sind. In jedem dieser Rohre befinden sich vollkommen in
                              									feuerfester Masse eingebettet zwei Rohre H und I, die nach oben mehrere Ansätze haben, aus denen Gas
                              									und Luft, die durch die Rohre H und I zugeleitet werden, in den freigelassenen Raum der
                              									Rohre F strömen und entzündet werden können. Die
                              									hierdurch gebildete Wärme wird durch die Wandungen der Rohre F ziemlich vollständig auf den Inhalt des Ofens übertragen.
                           Bei dieser Art der Wärmezufuhr wird einerseits der Mantel des Ofens von den
                              									Feuergasen überhaupt nicht berührt, er kann also auch nicht durchbrennen und ein
                              									Auslaufen des Bades verursachen, wie dies bei äusserer Beheizung häufig der Fall
                              									ist. Andererseits ermöglicht es die eigenartige Wärmezufuhr, dass das zu den
                              									Heizkörpern F verwendete Material gegen den chemischen
                              									Angriff des Elektrolyten selbst geschützt werden kann, insofern sie mit
                              									geschmolzenem Metall, wie dies in der Zeichnung durch verschiedene Schraffur
                              									angedeutet ist, umgeben werden können. Dieses Metall bildet sich während des
                              									elektrolytischen Processes durch die Zersetzung des Elektrolyten und sammelt sich in
                              									Folge seines grösseren specifischen Gewichtes auf dem Boden des Ofens an, die Rohre
                              										F vollständig umgebend und zugleich schützend. Die
                              									grosse Wärmeleitungsfähigkeit des Metalles gewährleistet im Verhältniss zu der sonst
                              									gebräuchlichen Heizung von aussen, wobei die Ofenwände gegen die Angriffe des
                              									Elektrolyten mit einer gegen letzteren indifferenten, die Wärme nur schlecht
                              									leitenden Schutzwand ausgefüttert werden müssen, eine gute Ausnutzung der
                              									Heizkörper.
                           Jean Stoerk in Paris hat sich in Deutschland einen Apparat zur Elektrolyse geschmolzener
                                 									Chloralkalienpatentiren lassen (D. R. P. Nr. 68335). Auf einer Feuerung A (Fig. 14) ruht eine 4 bis
                              									6 cm dicke Platte q aus weichem Gusseisen und auf
                              									dieser, eine ungefähr 2 cm dicke Platte aus weichem Stahl, die aussen mit einem Rand
                              										b aus Blech versehen und mit einer einige
                              									Centimeter hohen Bleischicht e bedeckt ist. Auf die
                              									Stahlplatte a ist ein Rahmen B von ungefähr 60 cm Höhe und 10 bis 15 cm Dicke aus feuerfester Masse
                              									gestellt. Dieser Rahmen hat auf dem ganzen inneren Umfang und bis zu den oberen
                              									Rändern eine Bekleidung, welche aus Platten G von
                              									Graphit oder sehr fester und dichter Retortenkohle besteht. Diese Platten sind gut
                              									abgerichtet und dicht neben einander gestellt und die Zwischenräume mit
                              									Graphitpulver ausgefüllt, welches durch einen Kitt aus Graphit und Theer vor dem
                              									Herausfallen gesichert wird. Die oberen Ränder der Graphitplatten G und des Rahmens B sind
                              									sorgfältig geebnet,
                              									damit der Deckel t genau und dicht aufgelegt werden
                              									kann.
                           Der durch die Graphitplatten G und Bodenplatte a gebildete Behälter ist durch zwei Scheidewände w in drei Abtheilungen getheilt und in jedem dieser
                              									Fächer eine Elektrode untergebracht. Das mittlere Fach enthält die negative, aus
                              									Eisen oder Nickel bestehende Elektrode n. Die beiden
                              									seitlichen Fächer sind mit den beiden positiven, aus dichter Kohle gebildeten
                              									Elektroden p ausgestattet. Platten t aus Gasretortenmaterial decken die seitlichen Fächer
                              									oben ab, während das mittlere Fach durch einen Eisenkasten wu abgeschlossen ist. In diesen Deckeln sind Oeffnungen für das Einsetzen
                              									der Elektroden, der Auslassrohre C für das entwickelte
                              									Chlor, des Auslassrohres S für die Metalldämpfe, des
                              									Beschickungsrohres T (Fig. 15) und des mit
                              									einem mit indifferentem Gas gefüllten Gasometer verbundenen Rohres g vorgesehen.
                           Das Erhitzen geschieht vorzugsweise mittels eines ein armes Gas liefernden
                              									Generators; dies gestattet den Zutritt der Luft dergestalt zu regeln, dass die
                              									Verbrennungsproducte eine reducirende Wirkung behalten, wodurch die Gusseisenplatte
                              										q gegen rasches Verbrennen geschützt ist. Die
                              									Anwendung metallischer Bodenplatten a und q sichert eine rasche und bedeutende Uebertragung der
                              									zum Schmelzen der Chlorverbindungen nothigen Wärme. Hierbei soll die Stahlplatte a als Sicherheitsplatte dienen für den Fall, dass die
                              									Gusseisenplatte q springen sollte. Um aber die
                              									Stahlplatte gegen das Zerfressenwerden durch die geschmolzenen Chloralkalien zu
                              									schützen, ist sie mit einer Bleischicht von einigen Centimetern Höhe bedeckt.
                           Textabbildung Bd. 289, S. 134Stoerk's Apparat zur Elektrolyse geschmolzener Chloralkalien. Diese Decke von geschmolzenem Blei hat noch den Zweck, einen hydraulischen
                              									Verschluss herzustellen und das Auslaufen des geschmolzenen Elektrolyten unter dem
                              									Graphitfutter G und dem Rahmen B zu verhindern; eine geringe Menge Blei dringt nämlich durch kleine, in
                              									den Ecken ausgearbeitete Kanäle in den zwischen dem Blechrand b und dem Rahmen B
                              									gelassenen freien Raum, steigt hier unter dem hydrostatischen Druck der
                              									geschmolzenen Stoffe bis zu einer bestimmten Höhe und sichert so eine
                              									Dichtheit, welche man bei dieser Bauart schwerlich auf andere Art erreichen
                              									würde.
                           Die Theilung des Behälters in drei Fächer wird in seinem oberen Theile bis etwa 10 cm
                              									unter der Oberfläche der geschmolzenen Masse durch Doppelplatten w bewirkt, deren den positiven Elektroden zugekehrte
                              									Seite aus dichter Kohle oder Graphit und deren der negativen Elektrode zugewendete
                              									Seite aus Eisenblech besteht. Unmittelbar unter diesen vollen Scheidewänden und
                              									gewissermaassen eine Fortsetzung derselben bildend, befinden sich eine Reihe von
                              									Rinnen h aus dichter Kohle, die fest in den beiden
                              									Wandungen des Behälters gelagert sind (Fig. 15). Durch diese
                              									Anordnung wird verhindert, dass die an der negativen Elektrode frei werdenden Dämpfe
                              									von Alkalimetall sich mit dem an den positiven Elektroden ausgeschiedenen Chlor
                              									wieder vereinigen, was zu Explosionen Veranlassung geben könnte, während
                              									andererseits die flüssige Masse in Zusammenhang bleibt und die elektrische
                              									Leitungsfähigkeit derselben nicht beeinträchtigt wird. Die positiven, aus Kohle
                              									bestehenden Elektroden p haben eine eigenartige
                              									Gestalt, durch die gleichfalls verhindert werden soll, dass sich die Chlordämpfe mit
                              									dem ausgeschiedenen Metall vermischen. Sie sind nämlich auf ihrer Innenseite mit
                              									Längsfurchen versehen, welche bis zur Mitte der Dicke der Platten gehen und gegen
                              									die Wagerechte einen Winkel von 40 bis 50° bilden. Vom Grunde dieser Furchen sind
                              									durch die Platten zahlreiche Löcher gebohrt, die in derselben Richtung schräg von
                              									unten nach oben verlaufen. Durch diese Einrichtung werden die an den positiven
                              									Elektroden ausgeschiedenen, in der Schmelze aufsteigenden Chlormoleküle veranlasst,
                              									sich beim Aufsteigen durch die Furchen und Durchbohrungen derselben nach der
                              									Aussenseite zu begeben und hier bis zur Oberfläche des Elektrolyten zu steigen, von
                              									wo sie durch die beiden Rohre C entfernt werden.
                              									Hierdurch wird es möglich, die positiven Elektroden mehr als es sonst statthaft ist,
                              									der Kathode zu nähern, was gleichbedeutend ist mit einem Sparen an elektrischer
                              									Energie.
                           Die entwickelten Chlordämpfe werden, bevor sie in die zu ihrer Nutzbarmachung
                              									dienenden Vorrichtungen gelangen, durch eine ungefähr 2 cm hohe Schicht einer
                              									gesättigten Kochsalzlösung geleitet, wodurch verhindert wird, dass Luft in den
                              									Anodenraum dringt. Die metallischen Natrium- oder Kaliumdämpfe begeben sich
                              									unmittelbar in den Condensator, der aus einer eisernen Schlange besteht, die in
                              									einem mit kochender Kochsalzlösung gefüllten Kessel steht. Das äussere Ende der
                              									Schlange mündet in einen eisernen Sammelkasten, der mit einem Hahn versehen ist, um
                              									das noch flüssige Metall ablassen zu können.
                           Das Innere dieses Kastens steht durch ein Rohr mit einem Gasometer in Verbindung, der
                              									mit Stickstoff gefüllt ist; um ferner auch eine Oxydation der Alkalimetalle durch
                              									die Zersetzung der im Stickstoff vorhandenen Wasserdämpfe unmöglich zu machen,
                              									werden zweckmässig in die Rohrleitung zwischen Gasometer und Sammelkasten mit
                              									trockenem Chlorcalcium gefüllte Röhren eingeschaltet, die von Zeit zu Zeit von Neuem
                              									beschickt werden müssen. Der Gasometer steht gleichzeitig auch mit dem Behälter in
                              									Verbindung, in welchem sich die Kathode befindet, zugleich steht das Gas in ihm
                              									unter einem Druck von 3 cm Wassersäule. Wie bereits gesagt, ist zwischen dem
                              									Anodenraum und den
                              									zur Gewinnung des Chlors dienenden Vorrichtungen, welch letztere frei mit der
                              									Atmosphäre in Verbindung stehen, eine ungefähr 2 cm hohe gesättigte Kochsalzlösung
                              									eingeschaltet, zum Zweck die freie Luftcirculation zu verhindern. Es ist also
                              									zwischen dem Anoden- und Kathodenraum nur eine sehr geringe Druckdifferenz
                              									vorhanden. Durch eine mehr oder weniger lebhafte Condensation der Metalldämpfe,
                              									sowie durch Ablassen des condensirten flüssigen Metalles aus dem Sammelbehälter
                              									können nun aber ziemlich beträchtliche Druckunterschiede zwischen dem Anoden- und
                              									Kathodenraum erzeugt werden, welche unvermeidlich zur Folge haben würden, dass die
                              									geschmolzene Masse aus dem negativen Behälter in den positiven oder umgekehrt
                              									gedrückt würde und so beständige Störungen im normalen Gang der Elektrolyse
                              									verursacht würden. Dies wird durch die Wirkung des Gasometers vollständig vermieden.
                              									Derselbe steht unter dem Atmosphärendruck; sein Inneres communicirt aber durch das
                              									Rohr g mit dem Kathodenbehälter, ausserdem ist er auch
                              									noch mit dem Sammelbehälter für das condensirte Metall verbunden. Sinkt oder steigt
                              									nun der Druck in diesen beiden geschlossenen Räumen, so tritt sofort der Gasometer
                              									durch sein Spiel vermittelnd ein und verhütet durch seine ausgleichende Wirkung
                              									jegliches Heben oder Senken des geschmolzenen Elektrolyten in den drei Fächern.
                           Der in Vorstehendem beschriebene elektrolytische Ofen besitzt gegenüber dem
                              									vorhandenen wesentliche Vorzüge, als welche in erster Linie die sehr geschickt
                              									erdachten Einrichtungen zur Verhütung des Wiedervereinigens der beiden Jonen genannt
                              									werden müssen. Auch die Verbindung des Kathodenraumes mit einem die Druckdifferenzen
                              									ausgleichenden Gasometer, der mit einem indifferenten Gase, am besten Stickstoff,
                              									gefüllt ist, gewährleistet einen sicheren und ruhigen Gang der Elektrolyse, da durch
                              									diese Einrichtung Schwankungen im inneren Widerstand des Bades sehr erfolgreich
                              									vermieden werden. Ob sich freilich der hydraulische Bodenabschluss durch eine
                              									flüssige Bleischicht auf die Dauer bewähren wird, bezweifeln wir; das durch die
                              									Elektrolyse ausgeschiedene Chlor mag noch so sorgfältig abgeführt werden, immer
                              									wird, wie die Praxis gezeigt hat, eine gewisse Menge desselben im Bade verbleiben
                              									und das metallische Blei in Chlorblei verwandeln, welches nicht nur die von der
                              									Feuerung ausgehende Wärme weniger gut leitet, sondern auch durch seinen Chlorgehalt
                              									nach und nach zerstörend auf die Stahlplatte einwirken wird.
                           Zum Schluss dieser Mittheilungen sei noch eines Patentes gedacht, welches Ferd. v. Poschinger in Buchenau, Bayern, unter Nr.
                              									67083 ertheilt worden ist. Hiernach soll an Schmelz-, Glüh-, Rost-, Anwärmeöfen,
                              									Muffeln u.s.w. die gewöhnliche Beheizung mit Brennstoffen durch eine elektrische
                              									ersetzt werden. Zu diesem Zwecke werden die Innenwände besagter Oefen mit solchen
                              									Materialien ausgekleidet, welche zwar den elektrischen Strom leiten, ihm jedoch
                              									einen gewissen Widerstand entgegensetzen. Lässt man durch diese Ofenauskleidung
                              									einen starken Strom gehen, so geräth sie ins Glühen, und die Beschickung des Ofens
                              									wird gleichfalls geglüht, geschmolzen, geröstet u.s.w. Ueberkleidet man die
                              									Ofengewölbeflächen oder einen Theil derselben mit geeigneten Steinen und bringt
                              									dieselben mittels des elektrischen Stromes zum Glühen, so kann man für auf den
                              									Boden des Ofens gebrachte Materialien die strahlende Wärme ausnutzen.
                           Die Herstellung derartiger Oefen erfolgt in folgender Weise. Den feuerfesten
                              									Materialien, aus welchen Ofensteine hergestellt werden (Quarz, Thon), wird eine
                              									solche Menge feingepulverten Graphits beigemengt, dass sie nach dem Fertigstellen,
                              									welches in bekannter Weise geschieht, massige Leiter für den elektrischen Strom
                              									abgeben. Mit ihnen werden die Innenwände der Oefen an jenen Stellen, welche Hitze
                              									abgeben sollen, bekleidet. Auch kann man so verfahren, dass man die Ofensteine zum
                              									grössten Theil ihrer Masse aus dem gewöhnlichen feuerfesten Material herstellt und
                              									nur eine dünne Schicht desselben Materials, mit gemahlenem Graphit geeignet
                              									vermengt, auf eine Seite der Steine aufträgt. Man erhält so Steine, welche nur auf
                              									einer Seite eine leitende Schicht besitzen, und kann die leitende und die nicht
                              									leitende Schicht den jedesmaligen Anforderungen entsprechend stärker oder schwächer
                              									machen. Im ersten Falle werden die ganzen Steine durch den elektrischen Strom zum
                              									Glühen gebracht, im letzten hingegen nur die leitende Schicht derselben. Vermauert
                              									werden solche Steine an ihren leitenden Theilen mit einem Mörtel, welchem Graphit in
                              									demselben Verhältniss wie den Steinen selbst zugesetzt ist, an ihrem nicht leitenden
                              									Theil hingegen mit dem üblichen Mörtel. Die Verbindung der leitenden Schicht mit den
                              									elektrischen Leitungskabeln geschieht durch Hineinmauerung eines ebenso breiten
                              									Bleches wie die leitende Schicht der Ofensteine aus widerstandsfähigem, gut
                              									leitendem Material.
                           Wir glauben kaum, dass nach diesem System metallurgische oder sonstige Oefen jemals
                              									in nennenswerther Anzahl gebaut werden; denn die Kosten der elektrischen Beheizung
                              									werden gegenüber der mit irgend welchen Brennstoffen so unverhältnissmässig hohe
                              									sein, dass andere durch die elektrische Beheizung vielleicht herbeigeführte
                              									Vortheile dadurch mehr wie aufgehoben werden.
                           
                              
                                 J. W.