| Titel: | H. Moissan und J. Violle's elektrischer Ofen. | 
| Fundstelle: | Band 289, Jahrgang 1893, S. 135 | 
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                        H. Moissan und J. Violle's elektrischer
                           								Ofen.
                        Mit Abbildungen.
                        Moissan und Violle's elektrischer Ofen.
                        
                     
                        
                           In der französischen Akademie haben Henri Moissan und
                              										Jules Violle zwei in ihrem Laboratorium
                              									hergestellte und mit vielem Geschick von dem Vorstande Nion des physikalischen Laboratoriums der Ecole Normale ausgeführte
                              									elektrische Oefen vorgeführt, welche in den Comptes
                                       										rendus, 1893 Bd. 116 * S. 549, beschrieben sind. Jeder Ofen besteht
                              									wesentlich aus einer Umfassung aus Kohle, in deren Innerem der elektrische
                              									Lichtbogen zwischen zwei wagerechten Elektroden überspringt. Alle Kohlentheile sind
                              									aus möglichst reinen Gemengen hergestellt, welche aus Retortenkohlenpulver und Theer
                              									bestehen, ohne Borsäure. Die Umfassung hat die Form eines Cylinders, dessen Höhe dem
                              									Umfange gleicht. Dieselbe wird von einem röhrenförmigen Kohlenstücke gebildet,
                              									welches mit seinem unteren Ende auf einer Platte aus gleichem Stoffe ruht. Ihr
                              									oberer Theil trägt eine Kohlenscheibe von gleichem Durchmesser. Zwei Ausschnitte
                              									lassen die Elektroden eintreten. Der Cylinder liegt in einem Kalksteinblocke,
                              									ähnlich denjenigen, welche Deville und Debray in ihren
                              									grossen Platinschmelzen benutzen. Der Cylinder berührt die Kalkwand nicht, sondern
                              									ist durch eine 5 mm dicke Luftschicht von ihr getrennt und sein Boden ruht auf
                              									Magnesiumkeilen.
                           Textabbildung Bd. 289, S. 136Moissan und Violle's Ofen. Die Maasse des Ofens hängen von der verfügbaren Kraft ab. Für Ströme
                              									zwischen 300 und 500 Ampère wird die Umfassung aus einem Röhrenstück von 65 mm
                              									Durchmesser gebildet. Als Elektroden dienen Kohlen von 30 bis 35 mm Durchmesser, und
                              									der Steinblock hat etwa 200 mm Höhe, 25 mm Breite und 300 mm Länge. Der Deckel hat
                              									dieselbe Fläche und 40 bis 50 mm Dicke.
                           Die als Elektroden benutzten Kohlenstäbe werden von Eisenzangen getragen, welche auf
                              									wagerechten Schlitten ruhen, so dass man sie beliebig einander nähern und von
                              									einander entfernen kann. Der Dynamostrom wird ihnen von kräftigen Muffen aus
                              									Rothkupfer zugeführt, zwischen deren Backen die Zuleitungskabel festgeklemmt werden.
                              									Diese von Tresca angegebene Anordnung ist sehr bequem
                              									für das Entzünden und Handhaben des Lichtbogens.
                           Der in Fig. 1 abgebildete
                              									Ofen eignet sich zur Schmelzung feuerbeständiger Metalle, wie Chrom und Mangan; er
                              									enthält auf dem Boden des Cylinders einen Tiegel, welcher das zu reducirende Gemisch
                              									enthält und aus einem Gemenge oder aus Retortenkohle hergestellt ist. Fig. 2 zeigt einen Ofen,
                              									welcher für zur Feststellung der Temperatur des Lichtbogens dienende calorimetrische
                              									Untersuchungen bestimmt ist. Der Boden der Umfassung wird da von einer Platte
                              									gebildet, welche sich wie ein Schieber bewegen lässt. Am positiven Pole sitzt ein
                              									Kohlenstück, das von einem Stäbchen aus gleichem Stoffe getragen wird, welches
                              									mit schwacher Reibung in einer Kohlenröhre gleitet. Man braucht nur zur rechten Zeit
                              									an dem Stäbchen zu ziehen, um das in Graphit verwandelte Stück, nachdem es die
                              									gewünschte Temperatur erreicht hat, in das Calorimeter fallen zu lassen.
                           Die gefundenen Temperaturen wechseln natürlich mit der Dauer des Versuches und auch
                              									mit der Grösse des Ofens. Sie haben keine anderen Grenzen als diejenigen des
                              									Volta'schen Bogens. Je mehr man das Wärmefeld verkleinert, desto mehr nähert man
                              									sich der von J. Violle in den Comptes rendus, 1892 Bd. 115 S. 1273, als von dem Lichtbogen erzeugbare
                              									grösste Wärme angegebenen Temperatur. Ohne Mühe erzeugen Moissan und Violle in ihren Oefen
                              									Temperaturen über 3000°.