| Titel: | Ueber Walzen und Walzwerke. | 
| Fundstelle: | Band 289, Jahrgang 1893, S. 196 | 
| Download: | XML | 
                     
                        Ueber Walzen und Walzwerke.
                        (Fortsetzung des Berichtes S. 169 d.
                           								Bd.)
                        Mit Abbildungen.
                        Ueber Walzen und Walzwerke.
                        
                     
                        
                           3) Walzen und Walzengerüste. Ein eigenthümliches
                              									Walzwerk ist von A. Defert in Marnal (Dep. Haute Marne)
                              									angegeben und demselben unter Nr. 56177 vom 15. April 1890 ab für das Deutsche Reich
                              									patentirt worden. Das Walzwerk dient zum Auswalzen von Metallstäben mittels in
                              									ununterbrochener Reihenfolge liegender Scheiben artiger Walzen, die zwischen zwei
                              									Scheiben so angeordnet sind, dass die Kalibermittel auf demselben Umkreise
                              									liegen. Die Walzen sind so angeordnet, dass ihre Achsen abwechselnd senkrecht und
                              									parallel zur Hauptbetriebsachse liegen, und dass ihre Geschwindigkeit der Streckung
                              									des Walzgutes entsprechend zunimmt. Dem Walzwerk werden nur Stäbe von bestimmter
                              									Stärke übergeben, so dass nöthigenfalls Präparirwalzen zur Verwendung kommen müssen.
                              									Ebenso wird nöthigenfalls das aus der Walze tretende Walzgut noch der Wirkung von
                              									Vollendwalzen unterworfen, welche den gewünschten Querschnitt liefern.
                           Textabbildung Bd. 289, S. 195Fig. 15.Defert's Walzwerk. Die Vorrichtung wird durch Fig. 15 und 16 erläutert. A ist der
                              									aus Vordertheil und Rückentheil zusammengesetzte Gestellkranz, der die Walzenpaare
                              										aa trägt, deren Achsen abwechselnd parallel zu den
                              									Radien des Kranzes A und parallel zu den Flächen des
                              									Kranzmantels gerichtet sind.
                           Die Walzen a haben Kalibervertiefungen, deren
                              									Querschnitte vom Eintrittspunkte E des Walzgutes nach
                              									dem Austrittspunkte S hin abnehmen. Sämmtliche
                              									Kalibermittel liegen auf demselben Umkreise von der Triebwelle B aus gerechnet; und sämmtliche Walzen haben gleichen
                              									Durchmesser. Die Bewegung der Walzen wird durch zwei Zahnräder auf jedes Paar Walzen
                              									übertragen. Von diesen Zahnrädern sitzt je das eine fest auf der gemeinsamen
                              									Triebwelle B, während das zweite auf der Verlängerung
                              									einer der Achsen je eines Walzenpaares befestigt ist. Die Walzen je eines zusammen
                              									arbeitenden Paares selbst sind durch zwei gleiche Stirnräder verbunden. Die
                              									Zahnräder zum Antrieb der Walzen mit wagerechten Achsen sind Stirnräder, für die
                              									Walzen, deren Achsen nach den Radien des Kranzes A
                              									angeordnet sind, werden konische Räder verwendet. Damit die auf den Walzen sitzenden
                              									Räder nicht einen zu grossen Durchmesser erhalten, sind bei beiden Sorten der
                              									Betriebsräder Zwischenräder vorgesehen.
                           Die Achsen der Walzen ruhen in zweitheiligen Lagerschalen, welche je besonders noch
                              									durch einen transversalen Schnitt getheilt sind. Die Art der Anstellung ist aus den
                              										Figuren zu
                              									ersehen, ebenso auch die Form der Führungsstücke g,
                              									welche aus zweitheiligen, in Federn ruhenden Haltern bestehen und die dem Walzgute
                              									etwas Spielraum gewähren.
                           Textabbildung Bd. 289, S. 196Fig. 16.Defert's Walzwerk.Textabbildung Bd. 289, S. 196Clark's Walzwerke. Die Hauptwelle B wird auf dem von dem
                              									Gestellkranz A abgelegenen Ende durch einen Lagerbock
                              										P getragen; sie durchdringt ferner eine Gestell
                              									wand F, in welcher die Enden der wagerechten Walzen auf
                              									einer Seite gelagert sind. Die scheibenförmigen Walzen a sind auf ihren Achsen mittels konischer Keilringe befestigt, gegen
                              									welche sich Hülsen von aufgeschraubten Muttern anpressen. Etwa ausgeschliffene
                              									Walzen können nach Neubearbeitung für das vorhergehende Kaliber neu benutzt werden,
                              									wodurch sich die Betriebskosten erheblich vermindern. Die Patentschrift gibt die
                              									Einzeltheile des Walzwerkes in ihrer constructiven Durchbildung genau an und
                              									beschreibt auch einen zugehörigen Haspel mit Reibungsantrieb, Vorrichtung zum
                              									augenblicklichen Stillsetzen, besondere Stellungsänderung für die Geschwindigkeit,
                              									worauf wir hier, als unserem Berichte fernliegend, nicht näher eingehen.
                           Auf ein Walzwerk zum Walzen sehr langer Schienen bezieht sich das amerikanische
                              									Patent Nr. 397339 von Edward L. Clark in Pittsburg, Pa.
                              										(Fig. 17 und 18). Jedes Kaliber wird
                              									durch ein besonderes Walzenpaar gebildet. Alle Walzenpaare liegen in drei Reihen
                              									neben einander, so dass in der ersten Reihe die Kaliber abc, in der zweiten Reihe die Kaliber def und
                              									in der dritten Reihe die Kaliber ghi liegen. Zwischen
                              									den Walzenpaaren a und b,
                                 										b und c, d und e,
                                 										e und f, g und h,
                                 										h und i sind lange Rollbahnen; und vor den
                              									Walzenpaaren c und d, f
                              									und g sind schiefe Ebenen rs zur Querverschiebung der Schiene angeordnet. Demgemäss müssen sich die
                              									Walzenpaare abcghi in gleicher, und die Walzenpaare def in entgegengesetzter Richtung drehen, was dadurch
                              									erzielt wird, dass von den in einer Linie liegenden Walzenpaaren abwechselnd die
                              									Unter- und Oberwalze von der jeder Linie gemeinschaftlichen Dampfmaschine
                              									angetrieben wird.
                           Der Gang der Schiene ist folgender: Walzen a, Rollbahn,
                              									Walzen b, Rollbahn, Walzen c, Querverschiebung über r nach Walzen d, Walzen d, Rollbahn,
                              									Walzen e, Rollbahn, Walzen f, Querverschiebung über s nach Walzen g, Walzen g, Rollbahn,
                              									Walzen h, Rollbahn, Walzen i.
                           Toussaint Bicheroux in Düsseldorf hat sich unter D. R.
                              									P. Nr. 66728 vom 23. August 1891 eine Vorrichtung zum Aufbiegen und Fertigwalzen
                              									vorgewalzter Profileisen patentiren lassen.
                           Textabbildung Bd. 289, S. 196Bicheroux' Vorrichtung zum Aufbiegen und Fertigwalzen. Um die nach dem Patent Nr. 63066 (Fig. 19 bis 22) hergestellten, noch
                              									unfertigen Profileisen in die endgültige Form überzuführen, d.h. die
                              									zusammengewalzten Lappen aus einander zu biegen, kann man vor dem Fertigkaliber der
                              									Walzen a einen Keil b
                              									anordnen, der von dem hydraulischen Kolben e zwischen
                              									die zusammengewalzten Lappen des Schienenfusses getrieben wird, während die Schiene
                              									selbst von dem Ständer d und dem gegen sie gedrückten
                              									hydraulischen Kolben i geführt wird und die Walzen a die Schiene durch diese Führung ziehen. Anstatt
                              									dieser Anordnung können auch verschiedene, die zusammengewalzten Lappen in eine
                              									Ebene aufbiegenden Walzen ou von doppelkegelförmiger
                              									und dann glatter Form angewendet werden.
                           Unter Nr. 55470 vom 18. Juni 1890 ist der Firma R. und G.
                                 										Schmöle in Menden, Westfalen, eine Einrichtung an Walzwerken für dünnes
                              									Blech patentirt worden (Fig. 23), welche beim
                              									Auswalzen dünner Blechpackete Unglücksfälle verhüten und die Packete glatt gegen die
                              									untere Walze halten soll. Zu diesem Zwecke sind nahe an den Walzenständern zwei um
                              									Zapfen a drehbare Arme b
                              									angeordnet, die eine Druckrolle c tragen und durch
                              									Federn d in der Schwebe erhalten werden. Nachdem der
                              									Arbeiter das Blechpacket zwischen die Walzen eingeführt hat, lässt er es mit seinem
                              									hinteren Ende auf den Tisch o fallen und drückt es dann
                              									mittels der Druckrolle c gegen die Unterwalze.
                           Textabbildung Bd. 289, S. 197Fig. 23.Schmöle's Sicherheitsvorrichtung. Neuerdings werden an die Plattenwalzwerke ungemein gesteigerte Ansprüche
                              									gestellt in Bezug auf Grösse und Stärke der Platten. Die Mittel, mit denen man
                              									bemüht ist, diesen Ansprüchen nachzukommen, sind gesteigerte Leistung der Walzen,
                              									also grössere Länge und grösserer Durchmesser, gesteigerte Arbeitsgeschwindigkeit
                              									und leistungsfähigere Hebewerke.
                           R. J. Jackson in Pittsburg hat nach dem amerikanischen
                              									Patente Nr. 418371 noch ein weiteres Auskunftsmittel gesucht, indem er dicht vor und
                              									hinter dem Blechwalzwerk je einen Glühofen mit Rollwalzen auf der Sohle anordnet, so
                              									dass das in dem einen Ofen glühend gemachte Blech durch die Walzen sofort in den
                              									zweiten Ofen gelangt und durch die Walzen wieder in den ersten Ofen zurückbefördert
                              									wird. Die Flamme geht parallel den Walzen durch die Oefen. Da bei diesem Verfahren
                              									die Platten stets wieder nachgewärmt werden, so vollzieht sich die Arbeit leichter
                              									und glatter.
                           Um mit den schweren Blechen leichter hantiren und insbesondere die Blechplatten auf
                              									dem Walzentische ohne Handarbeit beliebig verdrehen zu können, theilt Ch. Davy den Walzentisch senkrecht zur Walzenachse,
                              									durch Anbringung eines Zwischenträgers, in zwei Hälften und versieht jede mit einer
                              									Reihe von Führungswalzen, welche unabhängig von einander in bekannter Weise mittels
                              									Kegelrädern angetrieben werden. Die Verbindung der Kegelradwellen der beiden
                              									Führungswalzenabtheilungen mit der Haupttransmission ist so ausgeführt, dass man
                              									durch Verstellen einer Kuppelung die beiden Walzenreihen entweder in gleiche oder
                              									entgegengesetzte Drehung versetzen kann. Im ersten Falle bewegt sich das Blech
                              									senkrecht zur Walzenachse, im letzteren wird es um eine senkrechte Achse
                              									verdreht.
                           Ein Blechwalzwerk mit selbstthätiger Umführung der Bleche um eine der Walzen herum
                              									durch endlose Ketten ist Hermann Meyer in
                              									Düsseldorf-Oberbilk unter Nr. 65878 vom 23. Februar 1892 patentirt. Die endlosen
                              									Ketten d (Fig. 24),
                              									welche die zu walzenden Bleche um die Walze c
                              									selbstthätig herumführen, sind bis nahe an die Arbeitsstellen heran um die
                              									Walze c gespannt und laufen in der Richtung der
                              									Bewegung dieser Walze herum. Zwischen letzterer und den Ketten (von denen in der
                              									Figur nur eine zu sehen ist) sind Rollen g angeordnet,
                              									um die Blechtafeln auf einer kurzen Strecke von der Walze abzuheben und sie über
                              									Bürsten r zu führen oder einer neuen Druckstelle der
                              									Walzen auszusetzen.
                           Textabbildung Bd. 289, S. 197Fig. 24.Meyer's Blechwalzwerk. Belagbleche mit rautenförmiger Musterung will nach den amerikanischen
                              									Patenten Nr. 409049 und Nr. 409050 W. J. Lewis in
                              									Pittsburg dadurch herstellen; dass er eine glatte Walze mit einer solchen, die mit
                              									cylindrischen Ringen versehen ist, zusammen arbeiten lässt. Das zu verarbeitende
                              									Blech wird zweimal, und zwar schräg, je nach der Richtung der zu erzielenden Rauten
                              									durchgewalzt. Wir bezweifeln sehr, dass auf diese Weise eine nur einigermaassen
                              									handelsfähige Waare erzielt werden kann.
                           Ueber Universalwalzen brachte Nr. 11 der Zeitschrift Stahl
                                 										und Eisen vom 25. Juni 1892 einige Bemerkungen, die wir hier folgen
                              									lassen:
                           Die für das Auswalzen von Röhreneisen, leichterem Brückenmaterial
                              									u.s.w. in Gebrauch befindlichen Universalwalzwerke haben in den letzten Jahren
                              									mannigfaltige Umänderungen erfahren, auf die hinzuweisen der Zweck dieser kurzen
                              									Abhandlung sein soll.
                           Hervorgerufen sind dieselben hauptsächlich dadurch, dass die alte
                              									Construction für das neue, mehr und mehr in allgemeine Verwendung kommende
                              									Flusseisen- und Stahlmaterial als zu schwach sich erwiesen hatte, und dass
                              									vorzugsweise die verschleissenden und durch den Walzprocess am meisten in Anspruch
                              									genommenen Theile einer neuen Durchbildung unterworfen werden mussten.
                           Die Duisburger
                                 										Maschinenbau-Actiengesellschaft vorm. Bechern und Keetman zu Duisburg a.
                                 										Rhein befasst sich seit etwa 30 Jahren mit dem Bau von Universal walz
                              									werken und hat z.B. seit dem Jahre 1880 allein 18 vollständige
                              									Universalwalzwerksanlagen an die bedeutendsten Firmen des In- und Auslandes
                              									geliefert. Das Bestreben obiger Firma war stets darauf gerichtet, das
                              									Universalwalzwerk mit Zubehör entsprechend den Anforderungen und auf Grund eigener
                              									Erfahrungen und Rathschläge seitens der ausübenden Walzwerksingenieure zu
                              									verbessern und zu vervollkommnen, so dass die jetzige Construction den auch
                              									neuerdings an diesen wichtigen Apparat gestellten Anforderungen entsprechen
                              									dürfte.
                           Die oben erwähnten 18 Anlagen theilen sich in folgende
                              									Kategorien:
                           Universalwalzwerke (Duo) mit Unterbetrieb der senkrechten Walzen:
                              									fünf vollständige Anlagen.
                           Universalwalzwerke (Duo) mit Oberbetrieb der senkrechten Walzen:
                              									neun vollständige Anlagen.
                           Universalreversirwalzwerk mit Oberbetrieb der senkrechten Walzen:
                              									eine vollständige Anlage.
                           Universaltriowalzwerke mit Oberbetrieb der senkrechten Walzen:
                              									drei vollständige Anlagen.
                           Die Walzwerke mit Unterbetrieb der senkrechten Walzen erhielten
                              									wagerechte Walzen, deren Durchmesser sich zwischen 420 bis 470 mm bewegten; sie
                              									dienten zum Walzen von Eisen von 55 bis 360 mm Breite bei einer Dicke bis zu 1 mm
                              									herunter.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 289, S. 198
                              Fig. 25.Universalwalzwerk der Duisburger
                                 										Maschinenbau-Aktiengesellschaft.
                              
                           Die Strassen mit Oberbetrieb wurden meistentheils mit wagerechten
                              									Walzen von 470 bis 600 mm Durchmesser ausgerüstet, für eine zu walzende Breite von
                              									60 bis 650 mm und eine Dicke des Eisens bis zu 2 mm.
                           Das Universalreversirwalzwerk diente zum Walzen starker
                              									Flacheisenstäbe von 100 bis 600 mm Breite und war mit wagerechten Walzen von 635 mm
                              									Durchmesser versehen.
                           Ein Universaltrio hatte drei gleiche Walzen von 345 mm und diente
                              									zum Glätten von 6 bis 34 mm dicken Stahlbändern.
                           Zwei der Universaltriowalzwerke waren mit wagerechten Walzen (drei
                              									gleiche Walzen) von 660 mm Durchmesser zum Walzen von 130 bis 700 mm breitem
                              									Brücken-Eisenbahnmaterial, mit solchen von 600 mm Durchmesser und einer Mittelwalze
                              									von 460 mm Durchmesser zum Walzen von Röhreneisen von 100 bis 570 mm Breite in den
                              									üblichen Dicken bestimmt.
                           Das in der Abbildung Fig. 25
                              									dargestellte Universalduowalzwerk, hauptsächlich zur Erzeugung von Röhreneisen
                              									bestimmt, hat wagerechte Walzen von 470 mm Durchmesser und ist mit senkrechten
                              									Walzen von 385 mm Durchmesser versehen. Die Breite der zu walzenden Eisenstäbe liegt
                              									zwischen 90 und 350 mm.
                           Der Antrieb der senkrechten Walzen geschieht von oben durch
                              									konische Räder aus Stahlguss. Die senkrechten Walzenspindeln sind oben in kräftig
                              									gebauten Halslagern geführt, die ihrerseits wieder in starken schmiedeeisernen
                              									Führungsbalken von rechteckigem Querschnitt gelagert sind. Dasselbe gilt von den
                              									Spurlagern, in denen der untere Theil der Spindel läuft. Diese Art der Lagerung
                              									gestattet ein leichtes Ein- und Ausbauen der Lager selbst und hat gegen die frühere
                              									Art der Lagerung in gusseisernen Balken den Vorzug bedeutend grösserer Sicherheit,
                              									so dass die früher öfter eintretenden Brüche der Führungsbalken, die zu
                              									empfindlichen Störungen Anlass gaben, ausgeschlossen sind.
                           Die seitliche Anstellung der senkrechten Walzen geschieht durch
                              									Druckschrauben, die mit Rechts- und Linksgewinde versehen sind. Dieselben werden von
                              									einer Handradachse aus durch ein Rädergetriebe bewegt. In neuester Zeit ist
                              									dieses Rädergetriebe durch Schneckenräder und Schnecke ersetzt worden, wodurch ein
                              									genaueres Parallelstellen der senkrechten Walzen erzielt werden kann. Das Anstellen
                              									der oberen Hauptdruckschrauben geschieht vom Kammwalzgerüst aus und wird durch eine
                              									speciell dafür construirte Frictionsanstellvorrichtung bewirkt, die von einem Mann
                              									sehr bequem bewegt und dirigirt werden kann, und die für den Aufgang der
                              									Druckschrauben einen Weg von 8 mm, für den Niedergang derselben einen solchen von 4
                              									mm in je einer Secunde zulässt mit beliebig dazwischen liegenden Aenderungen
                              									bezüglich dieser Wege. Durch diese Einrichtung fallen die gewöhnlich angewandten
                              									Anstellräder fort, zu deren Bedienung zwei bis drei Mann erforderlich waren.
                              									Sämmtliche vorerwähnten Anlagen sind mit der oben erwähnten Frictionsanstellung
                              									versehen, die übrigens auch vielfach für Blechwalzwerke Eingang gefunden hat. Ein an
                              									dem Kammwalzgerüst angebrachtes Zifferblatt, dessen Zeiger werk von der oberen
                              									Antriebsachse bewegt wird, gestattet ein bequemes Ablesen der einzelnen
                              									Druckabnahmen. Hinter der Walze ist ein etwa 7 m langer, durch einen Dampfcylinder
                              									bewegter Rolltisch (Ueberhebetisch) angeordnet, der ein leichtes Uebergeben der
                              									Packete gestattet und so eingerichtet ist, dass er ein Durchstecken bereits lang
                              									gewalzter Stäbe unter dem Walzgerüst her gestattet.
                           Sämmtliche Achsen sind in langen Rothgussschalen gelagert, so dass
                              									der Verschleiss trotz der sehr grossen Beanspruchung gering ist. Alle Achsen sind
                              									aus Stahl, die Antriebräder sowie der Einbau aus Stahlguss hergestellt. Zu erwähnen
                              									ist noch die am oberen Einbaustück angebrachte Keil Stellung, die den Zweck hat, die
                              									Oberwalze genau einzustellen.
                           Die Zwischenspindeln sind in Vorrichtungen gelagert, die ein
                              									leichtes Ein- und Ausbauen gestatten.
                           Die meisten der alten Universalwalzwerksanlagen kranken an einer
                              									ungenügenden Lagerung der bewegten und stark in Anspruch genommenen Theile, deren
                              									Abmessungen oft sehr schwach gehalten waren. Vorerwähnte Firma hat in den letzten 5
                              									bis 6 Jahren diesem Uebelstande durch besondere Construction, die immer wieder
                              									verbessert wurde, abgeholfen.
                           Zum Schluss noch einige Worte über die Universalwalzwerke mit
                              									Unterbetrieb.
                           Dieselben sind in neuerer Zeit ganz umconstruirt und ist dabei
                              									namentlich grosse Sorgfalt auf eine verbesserte Construction des sonst viele
                              									Unannehmlichkeiten verursachenden Unterbetriebs verwendet worden, so dass die
                              									Hauptübelstände gehoben sein dürften. Auch die Lagerung der Unterwalze ist gegen
                              									früher umgeändert worden und gestattet ein leichtes Ausbauen derselben bei grosser
                              									Solidität. Im Allgemeinen soll man bei Neuanlagen, wenn eben angängig, den
                              									Oberbetrieb der senkrechten Walzen vorsehen, der ausser der besseren
                              									Uebersichtlichkeit noch andere Vortheile gegenüber dem Unterbetrieb besitzt.
                           J. Kennedy in Pittsburg, Pa., hat nach dem
                              									amerikanischen Patente Nr. 466051 an dem Universalwalzwerk einige Neuerungen
                              									vorgeschlagen.
                           Textabbildung Bd. 289, S. 198Fig. 26.Kennedy's Steuerung an dem Universalwalzwerk. Um die senkrechten Walzen a (Fig. 26) verhältnissmässig dünn halten und doch
                              									genügend enge zusammenrücken und mit kräftigen Antriebsrädern versehen zu können,
                              									sind dieselben mit noch zwei anderen Walzen b in
                              									besonderen Lagern c gelagert, die mittels der Schrauben
                              										e und des hydraulischen
                           Cylinders i gleichmässig wagerecht verstellt werden
                              									können. Die Walzen ab stehen durch Zahntriebe o mit einander in Eingriff und werden durch verhältnissmässig grosse
                              									Kegelräder r von der gemeinschaftlichen Welle s aus angetrieben.
                           Unter dem Namen Verbundwalzmaschine hat Abram Reese in
                              									Pittsburg sich unter Nr. 68009 ein Walzwerk zur Herstellung von U- und Doppel-⊤-Eisen patentiren lassen. Die Einrichtung
                              									besteht aus zwei hinter einander liegenden Universalgerüsten, deren wagerechte
                              									Walzen nach der herzustellenden ⊤-Form bearbeitet sind (bei U-Eisen bleibt die Oberwalze einfach cylindrisch), während die
                              									cylindrischen senkrechten Walzen den Fuss bearbeiten. Als Sonderconstruction ist
                              									erwähnenswerth, dass die wagerechten Walzen des zweiten Gerüstes scheibenförmig
                              									gehalten und von so grossem Durchmesser sind, dass die senkrechten Walzen zwischen
                              									den Laufachsen derselben Platz finden. Es fallen also die vier Walzen in eine Ebene und schliessen das Walzgut wirksam ein.
                           4) Querwalzwerke. Wir haben 1888 268 * 390 über das Simond'sche
                              									Querwalzverfahren berichtet. Nach einer Mittheilung in The
                                 										Journal of the Franklin Institute, Vol. 126 S. 345, ist das Verfahren
                              									weiter ausgebildet; der ausführliche Bericht gibt eine ganze Reihe neuer
                              									Verwendungen des Simond'schen Walzwerkes an, so zur
                              									Herstellung von Kugeln, Schrauben in vielen Formen (nebst Angaben über
                              									Festigkeitsversuche, denen die Schraubenbolzen unterworfen worden sind), kurz zur
                              									Herstellung einer ganzen Musterkarte verschiedener Rotationskörper. Der Bericht gibt
                              									zugleich eine Uebersicht über den Entwicklungsgang des Querwalzverfahrens. An der a.
                              									a. O. beschriebenen Einrichtung ist übrigens nichts Wesentliches geändert.
                           Das Simond'sche Walzwerk arbeitet mit zwei nach
                              									verschiedenen Richtungen bewegten Platten, deren Herstellung erhebliche Kosten
                              									verursacht. Es fehlt deshalb nicht an erfolgreichen Versuchen, Querwalzen für
                              									besondere Zwecke mit Walzen von gewöhnlicher Form einzurichten.
                           Textabbildung Bd. 289, S. 199Annener Walzwerk zum Rundwalzen. Ein derartiges Walzwerk zum Rund- und Konischwalzen ist dem Annener Walzwerk in Annen unter Nr. 56545 vom 28.
                              									August 1890 ab patentirt. Das Walzgut wird gleichzeitig von drei Walzen bearbeitet,
                              									die so gelagert sind, dass ihre Mittellinien in den Kanten eines gleichseitigen oder
                              									gleichschenkeligen Prismas liegen. Das Walzgut wird genau kreisrund bearbeitet, da
                              									es in jedem Querschnitt stets gleichzeitig an drei Stellen gefasst wird, die in
                              									demselben Kreisumfang gelegen sind. Die nebenstehende Fig. 27 gibt einen
                              									schematischen Querschnitt des Walzwerkes. Die beiden Walzen a und b sind parallel neben einander und
                              									seitlich verschiebbar gelagert, während Walze c in der
                              									Mitte über beiden auf und ab beweglich angeordnet ist. Zum Zweck des Einlegens des
                              									Arbeitsstückes d wird c
                              									gehoben, und dann bis zur Berührung mit dem Arbeitsstück gesenkt bezieh. weiter
                              									angedrückt. Die Walzen bewegen sich in der Pfeilrichtung. Um auch dünne Stücke
                              									walzen zu können, als z.B. Gewehrläufe, wird die Walze c kleiner gewählt (Fig. 28), unter Umständen auch die Walzen a
                              									und b (Fig. 29). Um diese
                              									alsdann gegen Durchbiegen zu schützen, werden besondere Trag- oder Stützwalzen c1a1b1 angeordnet, wie Fig. 29 und 30 zeigt. Nebenbei sei
                              									bemerkt, dass die Gewehrläufe als Doppelkonus die dünne Stelle in der Mitte
                              									ausgewalzt werden. Zwecks Bearbeitung worden sie in der Hälfte getheilt. Die
                              									entsprechend konisch geformten Walzen drücken das Material spiralig nach aussen, was
                              									für die Qualität von Vortheil ist.
                           Textabbildung Bd. 289, S. 199Annener Walzwerk zum Rundwalzen. Das Anpressen der oberen Walze geschieht, wie Fig. 30 und 31 zeigen, durch
                              									Presswasser. Die Laufzapfen der beiden unteren Walzen a
                              									und b sind so in den Gerüstständern untergebracht, dass
                              									sie nicht gehoben werden können. Die Walze a trägt die
                              									lose Kuppelung, durch welche das Vorgelege ein- und ausgerückt wird; sowie ein
                              									Zahnrad a1, in welches
                              									das Zahnrad g1 der
                              									untergelegten Welle g eingreift. Ein auf dieser selben
                              									Welle sitzendes, gleich grosses Zahnrad greift auf der anderen Seite des
                              									Gerüstständers in ein dem Rade a1 entsprechendes, auf der Walze b angebrachtes Rad, so dass die Walzen a und b sich mit gleicher
                              									Geschwindigkeit drehen. Die beiden oberen Walzen c und
                              										c1 (die als
                              									Schleppwalzen construirt sind) ruhen an jedem Ende in je einem gemeinsamen
                              									Einbaustück h. Diese Stücke sind in den Ständern A der Höhe nach verstellbar, so dass die Walzen c und c1 gemeinschaftlich gehoben oder gesenkt werden. Die
                              									übrige Einrichtung ist wie bei den Walzen üblich und bedarf keiner weiteren
                              									Beschreibung. Zur Sicherheit gegen Zersprengungen sind auch die üblichen
                              									Sicherheitsventile angebracht. Das selbsthätige Heben der Presscylinder besorgt je
                              									ein mit Gewicht belasteter Doppelhebel z, deren
                              									Gewichte über dem Walzengerüst schweben. Hat das Werkstück die beabsichtigte Dicke
                              									erreicht, so öffnet eine mit dem Lager der Oberwalze verbundene Stange r das Ventil s, wonach das
                              									Druckwasser aus der Leitung v nicht unter die Wasserdruckkolben
                              										o, sondern in die Ableitung x gelangt.
                           Das Walzmaterial soll bei diesem Walzverfahren in höherem Grade verdichtet werden,
                              									als bei jedem anderen Verfahren. Vergleichende Versuche sind unseres Wissens zur
                              									Stütze dieser Behauptung bisher nicht angestellt worden, jedoch hat sie die
                              									Wahrscheinlichkeit für sich.
                           Befremdet hat uns der zweite Patentanspruch auf „Ein Walzwerk, bei welchem die
                                 										Durchbiegung der durch die hydraulische Vorrichtung bethätigten Walze durch eine
                                 										zwischen diese Walze und die Druckvorrichtung eingeschaltete stärkere Walze
                                 										verhütet wird“. Dergleichen Tragwalzen sind seit etwa 20 Jahren in
                              									Blechwalzwerken vielfach zur Verwendung gekommen.
                           Textabbildung Bd. 289, S. 200Hesse's Walzwerk. Denselben Zweck, Wellen von rundem Querschnitt, aber beliebig geformtem
                              									Längsschnitt walzen zu können, verfolgt das Walzwerk von Paul Hesse in Iserlohn (Oesterreichisch-Ungarisches Privilegium vom 13.
                              									Mai 1892), Fig. 32 bis
                              										37. Eine beliebige
                              									Anzahl, jedoch mindestens drei Rollen b sind mittels
                              									der Gleitstücke c mit dem gemeinsamen Stellrad g so verbunden, dass durch Drehen des Rades g die Zahnräder h und
                              									mittels der Gliederkette die Keile d verstellt werden.
                              									Letztere bewegen sich auf den fest, aber drehbar gelagerten Rollen c und bewirken daher ein Enger- oder Weiterstellen
                              									der Rollen b während des Walzprocesses.
                           In Fig. 33 und 34 dreht sich dabei das
                              									zu walzende Stück a und wird in der Längsrichtung
                              									geschoben oder gezogen, wobei f feststeht, während in
                              										Fig. 35 das zu
                              									walzende Stück a feststeht und der Gesammtmechanismus
                              										f1 sich dreht und
                              									verschiebt.
                           In Fig. 35 wird die
                              									Einwirkung auf die Rollen b1 mittels Gleitstücke c1, Hebel n und der
                              									feststehenden bezieh. drehenden Klaue o bewirkt. Diese
                              									Vorrichtung ist zur Herstellung von Waffenartikeln, z.B. Gewehrläufen, bestimmt; den
                              									Keilen d in Fig. 33 und 34 können solche Formen
                              									gegeben werden, dass man beliebig profilirte Stangen u. dgl. erzeugen kann. Wenn
                              									z.B. die Rollen der Gleitstücke c durch die Federn i in Vertiefungen gedrückt werden, so wird das
                              									Walzstück a dicker, während Erhöhungen auf den Keilen
                              										d eine Verdünnung des Walzstückes bewirken.
                           Durch die Rollen m werden den Rollen b Kühl- und Schmiermaterialien zugeführt. Die Keile d können auch aus Schrauben bestehen, um die
                              									Druckwirkung zu erhöhen. Die Fasern der Walzstücke werden nicht nur in der
                              									Längsrichtung gestreckt, sondern auch gleichzeitig spiralförmig gewunden, so dass
                              									eine bedeutende Verbesserung der Qualität stattfindet. Daher eignet sich dies
                              									Verfahren insbesondere zur Herstellung von Gewehrläufen, Kanonenröhren, welche
                              									widerstandsfähig gegen die Reibung der Geschosse sein, sowie grosse Zähigkeit
                              									besitzen müssen.
                           Man hat durch Erhöhung und Verminderung der Tourenzahl des Walzstückes a oder des Mechanismus ff1, durch gleichzeitige Aenderung des
                              									Druckes der Walzen b ein einfaches Mittel, entweder
                              									stark gepresste, harte, oder stark gezogene gedrehte, weiches Gefüge an beliebigen
                              									Stellen des Walzstückes zu erzielen. Ebenso kann man eine oder mehrere Rollen bb1 zum Vorwalzen, die
                              									anderen Rollen dagegen zum Glätten des Umfanges verwenden, indem man z.B. den
                              									Durchmesser der Zahnräder h entsprechend ändert und
                              									dadurch mehr oder weniger Verschiebung der Keile d in
                              										Fig. 33 und 34 hervorruft.
                           Um hohle Körper walzen, innen härten und glätten zu können, wird ein Block l (Fig. 36) mit einem Loch
                              									versehen und wie Fig.
                                 										37 angibt, auf einem hohlen oder massiven Dorn q ausgewalzt. Dieser wird im Schlitten x
                              									geführt, wobei das Walzstück l den Schlitten vor sich
                              									her schiebt. Der Schlitten kann auch, als Greifklaue gebildet, den Walzkörper
                              									ziehen, wobei der Dorn q während des Walzens schnell
                              									gedreht und hin und her geschoben wird. Gewehrläufe, Kanonenrohre u. dgl. werden
                              									z.B. nahezu auf Kaliber gebohrt, mit Zügen versehen, dann erhitzt, dann werden durch
                              									feine Löcher in der Wandung von q nach einander Härte-,
                              									Kühl-, Schmier- und Schleifmasse eingepresst, und der Lauf innen somit gehärtet und
                              									polirt, während q und l
                              									stets in Bewegung bleiben. Durch Führungen, Streckung durch Zug wird dabei ein
                              									Verziehen des Laufes verhindert.
                           In Fig. 37 ist der
                              									Körper mit einer grossen Bohrung v versehen und wird
                              									auf einem entsprechenden Dorn im Walzwerk ausgewalzt, während durch die kleine
                              									Bohrung s das Rohr geleitet wird und auf den Dorn einen
                              									Zug ausübt, sowie gleichzeitig Schmier-, Härte-, Kühl- und Schleifmasse zu- und
                              									ableitet. Dieser Walzkörper ist insbesondere für Hinterladergeschütze bestimmt. Die
                              									Reinigung der Züge
                              									erfolgt nach dem Härten mittels Sandpatronen, Messer u.s.w.
                           Textabbildung Bd. 289, S. 201Hesse's Walzwerk. In der englischen Patentschrift Nr. 3124 vom 17. Februar 1892, welche
                              									denselben Gegenstand betrifft, ist der Beschreibung ein Längsschnitt beigegeben, den
                              									wir zum besseren Verständniss der ganzen Anordnung hier als Fig. 38 und 39 folgen lassen.
                           
                              
                                 (Fortsetzung folgt.)