| Titel: | Neuere Staubhäuser. | 
| Autor: | E. Pfyffer | 
| Fundstelle: | Band 289, Jahrgang 1893, S. 224 | 
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                        Neuere Staubhäuser.
                        Von E. Pfyffer,
                           								Spinnerei-Ingenieur.
                        Mit Abbildungen.
                        Neuere Staubhäuser.
                        
                     
                        
                           Der Staub, der bei der Verarbeitung der verschiedenen Rohmaterialien erzeugt wird,
                              									ist nicht etwa durchgehend werthlos. Gelingt es, diesen Staub in grösseren Mengen
                              									aufzufangen und zu fassen, so lässt sich derselbe je nach der Abstammung zu
                              									verschiedenen Zwecken verwenden. Da dieses Auffangen weiter keine Kosten verursacht,
                              									so lohnt es sich wohl abzuwarten, bis ein genügendes Quantum beisammen ist, um
                              									dieses dann für irgend einen Zweck zu verwenden.
                           Jeder Staub, der in unseren Industrien erzeugt wird, besteht doch zum grössten Theile
                              									aus Bestandtheilen des verarbeiteten Materials. Der Werth desselben steigt und fällt
                              									also mit dem Werthe des Materials, sowie mit der Kenntniss der praktischen
                              									Verwendung desselben. Ich will selbstverständlich nicht sagen, dass sich hier
                              									Reichthümer holen lassen, bemerke nur, dass auch das Kleinste nutzbar gemacht werden
                              									soll, wenn dadurch weder erhebliche Mühe noch Kosten entstehen.
                           Es ist hauptsächlich der vegetabilische und animalische Staub der Textilindustrie,
                              									der hier vorläufig in Betracht kommen soll.
                           Aber nicht nur etwa die Nutzbarmachung des Staubes allein ist es, die ein Auffangen
                              									desselben in grossen Quantitäten empfiehlt, sondern es kommt hier noch ein anderer
                              									höchst wichtiger Factor in Betracht. Nach der Qualität und Quantität des erzeugten
                              									Staubes lässt sich sogar beurtheilen, wie die Fabrikation vor sich gegangen und
                              									welchen Einfluss derselbe in quantitativer Hinsicht auf die Caloprocente des
                              									Fabrikationsverfahrens ausgeübt hat.
                           Der Staub der Textilindustrie, fast durchweg faserige Gebilde, und hauptsächlich
                              									derjenige, der sich bei der Dressur der Fasern und beim Reinigen der rohen oder
                              									gefärbten Fäden entwickelt, ist in quantitativer und qualitativer Hinsicht sehr
                              									verschieden. Ein Quantum solchen Staubes, fest zusammengedrückt, wird entweder in
                              									diesem eingedrückten Zustande verharren, oder wird sein ursprüngliches Volumen ganz
                              									oder theilweise nach dem Drucke wieder einnehmen. Im ersten Falle ist der Staub von
                              									feiner Beschaffenheit und enthält eine gewisse Feuchtigkeit, wogegen die zweite
                              									Erscheinung zeigt, dass derselbe grösser, werthvoller, d.h. die einzelnen
                              									Staubtheilchen länger sind, was deutlich zeigt, dass dem verarbeiteten Material
                              									unnöthiger Weise Verluste beigebracht worden sind. Bei trockener Luft vergrössert
                              									sich die Production an Staub, was jedoch nicht etwa einzig darum entsteht, weil die
                              									in der Luft schwebenden Staubtheilchen keine Gewichtszunahme durch
                              									Feuchtigkeitsaufnahme erfahren und deshalb nicht zur Erde fallen, sondern es wird
                              									überhaupt mehr Staub producirt durch Brechen, Zerreissen und Abreissen
                              									vorspringender, sich nicht niederlegender Fasern.
                           
                           Das Putzen oder Reinigen irgend welcher Materialien geschieht durch die Reibung
                              									unter sich oder mit anderen härteren Stoffen als das Material selbst ist. Wenn
                              									hierbei das zu reinigende Material zu stark in Anspruch genommen, also zu
                              									schonungslos behandelt, wird, so wird viel Ueberflüssiges von ihm abgerissen oder
                              									abgetrennt und eine eigentliche Glätte oder Politur seiner Oberfläche ist fast nie
                              									zu erreichen. Das Ganze hat also bloss einen unnöthigen Materialverlust
                              									herbeigeführt und der eigentliche Zweck ist nur halb erreicht. Wird etwas scharf
                              									angepackt oder gerissen, so sagt mit Recht der Volksmund, es hat gestoben, d.h. es
                              									sind von dem leidenden Gegenstande eine unnöthige Menge von Partikelchen abgetrennt
                              									worden; eine sanftere Behandlung hätte aber auch den gleichen Zweck erreichen
                              									können.
                           Textabbildung Bd. 289, S. 225Staubhauseinrichtung. Da nun die meisten Textilfasern sehr hygroskopischer Natur sind, so lässt
                              									sich durch Wägen vor und nach einer Operation der Verlust nicht immer bestimmen. Es
                              									tritt mitunter ein, dass sogar eine Gewichtszunahme constatirt wird. Anders stellt
                              									sich die Feststellung der Verluste, wenn wir das Quantum des erzeugten Staubes
                              									festzustellen in der Lage sind. Mit einiger Ausdauer lassen sich hier Daten
                              									schaffen, die uns die Resultate der Gesammtabschlüsse erklären können. In der
                              									Textilindustrie, wo die Feuchtigkeit eine sehr grosse Rolle spielt, lässt sich aus
                              									diesen sehr viel schliessen, sogar die Rentabilität der Fabrikation lässt sich
                              									hieraus beurtheilen.
                           Nachdem ich auf die Umstände der Staubentwickelung und über die Möglichkeit der
                              									Verwendung des Staubes selbst aufmerksam gemacht habe, wollen wir übergehen zur
                              									Beschreibung einiger Staubhäuser oder Staubfänger, die ich in Anwendung bringe und
                              									die sich Jeder selbst mit wenig Kosten beschaffen kann. Eine Ventilation zur
                              									Staubabführung direct ins Freie ist heute in den meisten ordentlichen Fabriken
                              									zu finden.
                           Die Grundidee dieser Staubhäuser ist die Filtration der mit Staub geschwängerten Luft
                              									durch leicht gewebte Tücher, sogen. Packleinwand. Je feiner der producirte Staub
                              									ist, desto enger müssen sich Kette und Schuss dieser Tücher nähern. Die
                              									Gesammtfläche, welche man auch Filtrationsfläche nennen kann, ist möglichst gross zu
                              									nehmen und jeder disponible Platz auszunutzen. Dadurch findet die Luft auch bei
                              									vollem Staubhause immer noch einen Ausweg ins Freie, ohne zu stark gepresst werden
                              									zu müssen.
                           Es kommt hier noch ein Umstand in Betracht. Die von den Ventilatoren in die
                              									Staubhäuser geförderte Luft erleidet bei windigem Wetter einen Gegendruck durch die
                              									Aussenluft. Dieser Gegendruck kann mitunter bei einer Ventilations- oder
                              									Staubabsaugungsanlage, die direct ins Freie führt, sehr empfindlich werden,
                              									hauptsächlich da, wo die Ventilatoren direct mit den stauberzeugenden Organen der
                              									Maschine in Verbindung stehen. In diesem Falle wird zwar die Aussenluft in der
                              									Umgebung der Fabrik nicht verunreinigt, es dringt aber auch keine reine Ersatzluft
                              									in die Arbeitsräume.
                           In den Fig. 1 bis 3 ist der Grund- und
                              									Aufriss eines einfachen viereckigen Staubhauses dargestellt.
                           Die drei Ventilatoren ABC, welche die staubige Luft
                              									direct von den betreffenden Maschinentheilen absaugen, sind unterirdisch an einer
                              									Seite des Gebäudes gelagert und transportiren die staubgeschwängerte Luft durch den
                              									Vereinigungsraum R in den Kanal K und in die Staubkammer H. Die Construction
                              									dieser Kanäle ist aus der Zeichnung ersichtlich. Es ist zu empfehlen, dieselben für
                              									ein- und allemal in Stein oder Cement auszuführen. Von Holzkanälen ist entschieden
                              									abzurathen. Die Construction des Staubhauses selbst ist aus der Zeichnung genau zu
                              									ersehen. Sämmtliche vier Seiten, auch die unter dem Luftdache D befindliche Decke T
                              										(Fig. 5) sind
                              									mittels auf hölzerne Rahmen aufgezogener leicht gewebter Tücher F geschlossen. Die Anordnung und Festhaltung dieser
                              									Rahmen an dem Gerippe des Staubhauses zeigt uns Fig. 4. Auf der Seite der
                              									Einsteigstiege G des Hauses ist einer der besagten
                              									Rahmen als Thür angeordnet. Wird einer oder der andere der Luftpropeller ausser
                              									Thätigkeit gesetzt, so muss der betreffende mittels des Schiebers d geschlossen werden, wodurch ein Zurückdringen der
                              									Staubhausluft verhütet wird. Die aus den Deckentüchern T austretende Luft entweicht an den Stellen b
                              									und durch die Schlitze c (Fig. 3).
                           In den Fig. 7 bis 10 ist die Construction
                              									einer anderen Staubkammer dargestellt, welche bei gleicher Grösse der
                              									Filtrationsfläche einen weit kleineren Platz einnimmt. Wo es also an Platz fehlt,
                              									können derartige Staubhäuser in Anwendung kommen. Die Zuleitung zu diesen
                              									Staubhäusern ist gleich der bei den früher beschriebenen. Die Filtrationstücher sind
                              									hier wellenförmig zwischen die Rahmen gespannt. Dieser Rahmen ist in den Fig. 9 bis 10 in 1/25 der
                              									natürlichen Grösse dargestellt und besteht derselbe eigentlich aus zwei in einander
                              									stossenden einzelnen Rahmen aa1 und bb1. Die wagerechten Verbindungsstücke sind
                              									wellenförmig ausgeschnitten, das Tuch wird zwischen diese zwei in einander
                              									stossenden wellenförmigen Linien eingeklemmt und die beiden Rahmen mittels der
                              									Schrauben c zusammengezogen und fest verbunden, wodurch
                              									der stramme Faltenwurf in Fig.
                                 										9 und 10
                              									entsteht. Das Einsetzen der Tuchrahmen geschieht in gleicher Weise wie bei der
                              									früher beschriebenen Einrichtung. Die Filtrationsfläche der viereckigen Staubkammer
                              									beträgt in dem hier vorgeführten Falle 26,94 qm bei einer Grundfläche von 18,76 qm
                              									und bei der runden, gewellten Construction 25,51 qm bei einer Grundfläche von 9,8
                              									qm.