| Titel: | Finden während des Gerbeprocesses Hautzersetzungen statt? | 
| Autor: | v. Schroeder, Pässler | 
| Fundstelle: | Band 289, Jahrgang 1893, S. 229 | 
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                        Finden während des Gerbeprocesses
                           								Hautzersetzungen statt?
                        Von Prof. Dr. v.
                                 									Schroeder und Dr. Pässler in Tharand.
                        (Schluss der Abhandlung S. 210 d. Bd.)
                        Finden während des Gerbeprocesses Hautzersetzungen
                           								statt?
                        
                     
                        
                           Nachdem wir diese beiden Gerbeversuche mit Oberleder ausgeführt haben, bei welchen
                              									sich herausgestellt hat, dass bei dem Gerbeprocesse keine bedeutenden Zersetzungen
                              									an Hautsubstanz stattfinden, haben wir auch einen derartigen Versuch mit Sohlleder
                              									durchgeführt, da man die obigen Eesultate bei der Oberledergerberei mit ihrer
                              									kürzeren Gerbedauer nicht ohne weiteres auf die Sohlledergerberei mit ihrer
                              									wesentlich längeren Gerbezeit übertragen kann. Dieser Sohlledergerbeversuch, der in
                              									Folgendem näher besprochen werden soll, war in der Hauptsache ebenso angelegt und
                              									wurde in derselben Weise durchgeführt wie die früher beschriebenen
                              									Oberledergerbeversuche.
                           Von einer kleinen Partie trockener Buenos-Ayres-Häute, die im März 1892 in der
                              									Lehrgerberei in Freiberg zu Sohlleder eingearbeitet wurden, nahmen wir, als die
                              									Blössen fertig waren, eine Haut zum Versuche. Diese Blösse wurde möglichst genau der
                              									Länge nach halbirt und beide Hälften genau gewogen. Die eine Hälfte kam nach Tharand
                              									zur Wasserbestimmung und zur chemischen Untersuchung der Blössensubstanz, die andere
                              									Hälfte kam mit der Partie zur Gerbung. Als die Gerbung beendet war, diente die
                              									letztere Hälfte zur Bestimmung des Lederrendements und zur chemischen
                              									Untersuchung.
                           Wie wir bei den früheren Versuchen gethan haben, wollen wir in Folgendem zunächst die
                              									Vorarbeiten und die Gerbung beschreiben und daran die Resultate der chemischen
                              									Untersuchung anschliessen.
                           
                           Am 23. März 1892 kamen die trockenen rohen Häute mit frischem Wasser in die
                              									Weiche und blieben in derselben unter mehrmaligem Erneuern des Wassers bis zum 2.
                              									April. Hierauf wurden die Häute aus der Weiche gezogen, zum Ablaufen des Wassers
                              									über den Bock gehängt und kamen, um sie für den Enthaarungsprocess vorzubereiten, am
                              									3. April in die Schwitze, in welcher sie bis zum 6. April verblieben. Die Häute
                              									wurden dann gehaart, einen Tag lang gewässert, auf der Fleischseite mit dem
                              									Scheerdegen geschoren, in Wasser abgespült und der Narben mit dem Putzmesser
                              									geputzt. Dann wurden die Häute nochmals in reinem Wasser abgespült: sie blieben
                              									hierauf eine Zeit lang im Wasser liegen, und wurden zum Abtropfen des Wassers 2
                              									Stunden über den Bock gehängt, worauf die Blössenwägungen vorgenommen wurden. Diese
                              									Arbeiten dauerten bis zum 12. April, an welchem Tage die Blössen in die erste
                              									Schwellfarbe eingezogen wurden.
                           Die zum Versuche bestimmte Haut wurde zuvor, wie bereits angedeutet, mit einem sehr
                              									scharfen Messer der Länge nach in zwei Hälften zerlegt, wobei man möglichst
                              									vorsichtig zu Werke ging, um kein Wasser aus der Blösse herauszudrücken. Die beiden
                              									Hälften wurden jede für sich auf 1 g genau gewogen. Die eine Hälfte, die zur
                              									chemischen Untersuchung der Blössensubstanz diente, wog 7245 g, die andere Hälfte,
                              									die mit der Partie gegerbt wurde, ergab ein Gewicht von 7625 g.
                           Wie bereits angegeben, wurden die Blössen am 12. April in die erste Schwellfarbe
                              									eingezogen und verblieben in derselben bis zum 14. April; in der zweiten und dritten
                              									Farbe blieben die Felle je 4 Tage und in der vierten sogar 5 Tage. Zur letzten Farbe
                              									wurde auf die Partie von 7½ Häuten ein Zusatz von 30 k Fichtenlohe gemacht. Die
                              									Sauerlohe, die zur Gewinnung der Sauerbrühe für die Schwellfarben diente, stammte
                              									von dreisätzigen Eichensohlledern her, die früher in der alten Lehrgerberei
                              									hergestellt waren. Diese Sauerlohe vom dritten Satz wurde schon im September 1891 in
                              									eine leere Grube eingetreten, mit Brettern bedeckt, mit Steinen beschwert und Wasser
                              									darauf gegeben; sie hatte demnach bis zu ihrer Verwendung im April 7 Monate
                              									gestanden und Zeit gehabt, genügende Mengen Säure zu bilden. Für die Schwellfarben
                              									wurde die Sauerlohe mit kaltem Wasser ausgezogen, so dass eine starke, gehaltreiche
                              									Sauerbrühe sich ergab, und aus dieser wurden die verschiedenen Farben zum Theil
                              									unter Wasserzusatz angestellt. Diese direct erhaltene Sauerbrühe, die ein
                              									specifisches Gewicht von 1,0059 oder 0,86° B. hatte, wurde analysirt, wobei folgende
                              									Resultate erhalten wurden:
                           
                              
                                 
                                 g in 100 cc
                                 
                              
                                 Gerbende Stoffe
                                  0,226Der
                                          													Gehalt an gerbenden Stoffen wurde durch Titration nach Löwenthal'scher Methode und durch
                                          													Multiplication der gefundenen Zahl 0,166 mit 1,36, dem Mittelfactor
                                          													für Eichenrindengerbstoff, berechnet.
                                 
                              
                                 Organische Nichtgerbstofte
                                 0,916
                                 
                              
                                 Gesammtsäure (als Essigsäure berechnet)
                                 0,463
                                 
                              
                                 Flüchtige Säure
                                 0,300
                                 
                              
                                 Nichtflüchtige Säure
                                 0,163
                                 
                              
                           Für die erste Schwellfarbe wurden 3 Th. Wasser und 1 Th. dieser Sauerbrühe gemengt,
                              									für die zweite Farbe nahmen wir gleiche Theile Sauerbrühe und Wasser, für die dritte
                              									Farbe wurden 3 Th. Sauerbrühe und 1 Th. Wasser gemengt und für die vierte Farbe ist
                              									reine Sauerbrühe verwendet worden. Die Zusammensetzung der vier Schwellfarben ist
                              									nach der obigen Analyse und nach den angewandten Verhältnissen annähernd durch
                              									folgende Zahlen gegeben:
                           
                              
                                 
                                 Schwellfarbe
                                 
                              
                                 1.
                                 2.
                                 3.
                                 4.
                                 
                              
                                 Gerbende Stoffe
                                   0,057
                                   0,113
                                   0,170
                                   0,226
                                 
                              
                                 Organische Nichtgerbstoffe
                                   0,229
                                   0,458
                                   0,686
                                   0,916
                                 
                              
                                 Gesammtsäure (als Essigsäure be-    rechnet)
                                   0,116
                                   0,231
                                   0,347
                                   0,463
                                 
                              
                                 Brühenstärke in Grad B.
                                 0,25
                                 0,43
                                 0,65
                                 0,86
                                 
                              
                           Wir ersehen aus diesen Zusammensetzungen, dass die Schwellfarben bedeutend reicher an
                              									Nichtgerbstoffen sind als an gerbenden Stoffen, dass also der Gerbstoff bei der
                              									früheren Verwendung der Sauerlohe bereits ziemlich aufgezehrt worden ist.
                           Am 28. April kamen die Häute aus der mit Fichtenlohe versetzten fünften Schwellfarbe
                              									in ein Versenk, welches aus reiner Sauerlohe, 40 k Eichenlohe und 30 k Fichtenlohe
                              									hergestellt war, und verblieben in demselben bis zum 10. Mai, also im Ganzen 13
                              									Tage. Hierauf folgte der erste Satz vom 11. Mai bis 16. September – also 18 Wochen
                              									und 3 Tage – und danach der zweite und letzte Satz vom 17. September bis 1. Februar
                              									– also 19 Wochen und 3 Tage. Der erste Satz bestand aus 66 k Eichenlohe und 147 k
                              									Fichtenlohe, die mit Sauerbrühe abgetränkt wurden. Zum zweiten Satz wurden 100 k
                              									Eichenlohe, 60 k Fichtenlohe und 20 k Valonea verwendet, zu deren Abtränkung 400 1
                              									Sauerbrühe dienten, die etwa 1° B. stark war und in welcher 30 k Mitrowitzer
                              									Eichenholzextract aufgelöst wurden. Diese Abtränkbrühe hatte eine Stärke von etwa 3
                              									bis 3,5° B.
                           Nachdem die fertigen Leder am 1. Februar gezogen waren, wurde die halbe, zum Versuche
                              									dienende Haut zum Trocknen aufgehängt, nachher genau gewogen und kam zur chemischen
                              									Untersuchung.
                           Nach Erledigung des praktischen Theiles unserer Untersuchung wollen wir jetzt die
                              									Analysenresultate betrachten und beginnen hierbei mit denen der Blösse. Die halbe
                              									Haut, die im Blössenzustande zur Untersuchung gelangte, hatte, wie erwähnt, ein
                              									Weissgewicht von 7245 g ergeben. Die halbe Haut wurde sofort danach in drei Theile
                              									zerschnitten und diese Theile einzeln wieder gewogen. Die Zerlegung geschah in das
                              									Kernstück des Kückens, welches der Gerber als Croupon bezeichnet, in den Hals und in
                              									die Bauch- und Seitentheile. Diese einzelnen Theile wurden wieder gewogen, wobei die
                              									Summe der Gewichte der Theile in Folge Wasserverlustes beim Zerschneiden um 138 g
                              									niedriger war als das zuerst festgestellte Gewicht. Dieser Verlust von 138 g ist in
                              									dem Verhältnisse, wie die einzelnen Theile die halbe Haut zusammensetzten, auf diese
                              									verrechnet und die direct gefundenen Gewichte entsprechend erhöht worden, so dass
                              									sich die Summe von 7245 g wieder ergibt. Um bei der anderen Hälfte der Haut nach der
                              									Gerbung wenigstens annähernd dieselbe Theilung wieder vornehmen zu können, wurden
                              									entsprechend grosse Papierschnitte angefertigt und aufbewahrt. Die drei
                              									Blössenstücke, in welche die Haut zerschnitten war, wurden in Rahmen gespannt und
                              									zum Trocknen gebracht. Darauf sind die drei einzelnen Theile jeder für sich genau
                              									gewogen worden; bei jedem wurde auf das Sorgfältigste eine Mittelprobe genommen und
                              									diese ist zur Wasserbestimmung und chemischen Analyse verwendet worden.
                           
                           Die Wägungen und Wasserbestimmungen ergaben folgende Resultate:
                           
                              
                                 
                                 Gewicht imnassen Zu-stande
                                    											(Weiss-gewicht)
                                 Luftrocken-gewicht
                                 Wassergehaltder lufttrocke-nen
                                    											Stücke
                                 Trockengewicht(bei 100° C.
                                    											ge-trocknet)
                                 Wassergehaltder nassenBlösse
                                 Blössentrocken-substanz dernassen
                                    											Blösse
                                 
                              
                                 CrouponHalsBauch- und
                                    											Sei-    tentheile
                                 g327617532216
                                 g1270  611  676
                                 Proc.18,1018,3318,54
                                 g1040,13  499,00  550,67
                                 Proc.68,2571,5475,15
                                 31,7528,4624,85
                                 
                              
                                 
                                 7245
                                 2557
                                 18,27
                                 2089,80
                                 71,16
                                 28,84
                                 
                              
                           Wir ersehen hieraus, was wir schon bei unserer Untersuchung über die Zusammensetzung
                              									der Blössen hervorgehoben haben, dass die Wassergehalte in den verschiedenen Theilen
                              									ein und derselben Blösse sehr ungleich sind, und müssen also in dieser Beziehung auf
                              									die obige Arbeit zurückverweisen.
                           Die drei Theile unserer Blösse sind jeder für sich analysirt worden, und aus den
                              									einzelnen Analysen lässt sich die Zusammensetzung der ganzen Blösse berechnen, wenn
                              									man die Verhältnisse zu Grunde legt, in welchen bei der hier vorgenommenen Theilung
                              									die ganze Blösse von den drei einzelnen Theilen zusammengesetzt wird. Diese
                              									Verhältnisse ergeben sich aus den vorher ermittelten Trockengewichten und nach
                              									diesen haben wir hier folgende Procentzahlen der Umrechnung zu Grunde zu legen:
                           Die Trockensubstanz der Blössenhälfte besteht aus:
                           
                              
                                 Croupon
                                   49,80
                                 
                              
                                 Hals
                                   23,87
                                 
                              
                                 Bauch- und Seitentheile
                                   26,33
                                 
                              
                                 
                                 ––––––
                                 
                              
                                 
                                 100,00.
                                 
                              
                           Die Analyse wurde in derselben Weise wie bei den früheren Versuchen ausgeführt und
                              									ergab folgende Resultate:
                           In 100 Th. der Trockensubstanz sind enthalten:
                           
                              
                                 
                                 Croupon
                                 Hals
                                 Bauch-undSeiten-theile
                                 GanzeBlössen-hälfte
                                 
                              
                                 FettMineralstoffeOrganische
                                    											Hautsubstanz
                                 Proc.    0,26    0,33  99,41
                                 Proc.    0,19    0,29  99,52
                                 Proc.    0,43    0,27  99,30
                                 Proc.    0,28    0,30  99,42
                                 
                              
                                 
                                 100,00
                                 100,00
                                 100,00
                                 100,00
                                 
                              
                                 StickstoffgehaltStickstoffgehalt der
                                    											fettfreien    organischen Hautsubstanz
                                   17,77  17,88
                                   17,83  17,92
                                   17,67  17,79
                                   17,76  17,87
                                 
                              
                           Diese Analysen haben wir in unserer Arbeit über die Zusammensetzung der verschiedenen
                              									Blössen ausführlicher besprochen. Wenden wir uns jetzt zu den Resultaten unseres
                              									Gerbeversuches. Die halbe Haut, welche mit der Partie gegerbt worden war, wog im
                              									Blössenzustande 7625 g. Nach der Gerbung und nachdem die halbe Haut lufttrocken war,
                              									wurde sie, wie früher die Blösse, in die drei Sortimente zerlegt und die letzteren
                              									wurden gewogen. Die Wägungen der lufttrockenen Stücke, die Wasserbestimmungen und
                              									die Berechnung auf absolut trockene Substanz ergaben folgende Resultate:
                           
                              
                                 
                                    
                                    
                                 Gewicht
                                    											derLederstücke(lufttrocken)
                                 WassergehaltderlufttrockenenLederstücke
                                 Gewicht
                                    											derLederstücke(absoluttrocken)
                                 
                              
                                 CrouponHalsBauch- und
                                    											Seiten-    theile
                                 g2026,01162,01284,5
                                 Proc.10,9110,5410,13
                                 g1805,01089,51154,4
                                 
                              
                                 
                                 4472,5
                                 10,59
                                 3998,9
                                 
                              
                           Zur Berechnung der Lederrendements haben wir also folgende Zahlen:
                           
                              
                                 Blössengewicht (Weissgewicht)
                                 7625,0 g
                                 
                              
                                 Gewicht des lufttrockenen Leders (mit    10,59 Proc.
                                    											Wasser)
                                 4472,5 g
                                 
                              
                                 Gewicht des absolut trockenen Leders
                                 3998,9 g
                                 
                              
                           
                              Aus diesen Zahlen ergibt sich, dass 100 Gew.-Th. Blösse
                                 										58,66 Gew.-Th. lufttrockenes und 52,45 Gew.-Th. absolut trockenes Leder bei der
                                 										Gerbung geliefert haben.
                              
                           Bevor wir die Analysen der einzelnen Ledersortimente mittheilen, soll angeführt
                              									werden, nach welchen Verhältnissen sich die halbe Haut auf Grund der obigen
                              									Wägungsergebnisse zusammensetzt:
                           Die Trockensubstanz des Leders besteht aus:
                           
                              
                                 Croupon
                                   45,14
                                 
                              
                                 Hals
                                   26,00
                                 
                              
                                 Bauch- und Seitenlheile
                                   28,86
                                 
                              
                                 
                                 ––––––
                                 
                              
                                 
                                 100,00.
                                 
                              
                           Wie bei den früheren Versuchen wurden die Stickstoffgehalte der Leder auch hier
                              									einerseits direct in den Trockensubstanzen bestimmt (a), andererseits wurden sie
                              									aber auch ermittelt, nachdem die Leder vorher mit Schwefelkohlenstoff und mit Wasser
                              									extrahirt worden waren. Die letzteren Zahlen, auf die ursprüngliche, unextrahirte
                              									Ledertrockensubstanz berechnet (b), stimmen wie bei dem Rossleder und Kalbleder, so
                              									auch hier mit den ersten Zahlen vollkommen überein. Auf 100 Th. Ledertrockensubstanz
                              									berechnet, ergeben die auf beide Arten ausgeführten Stickstoffbestimmungen folgende
                              									Zahlen:
                           
                              Stickstoffgehalt der Ledertrockensubstanz:
                              
                           
                              
                                 
                                 Croupon
                                 Hals
                                 Bauch-undSeitentheile
                                 GanzeBlösen-hälfte
                                 
                              
                                 a)b)
                                 9,929,96
                                 9,459,41
                                 8,558,49
                                 9,419,39
                                 
                              
                                 Mittel
                                 9,94
                                 9,43
                                 8,52
                                 9,40
                                 
                              
                           Diese Stickstoffgehalte und die mitgetheilte Blössenanalyse geben uns nun die
                              									Möglichkeit, die Hauptfrage unseres Versuches, welche eine etwaige Zersetzung der
                              									Hautsubstanz während der Gerbung betrifft, zu beantworten.
                           Unsere Blösse enthielt in 100 Th. 28,84 Th. Hauttrockensubstanz und die letztere
                              									hatte einen Stickstoffgehalt von 17,78 Proc. Es sind demnach in den 28,24 Th.
                              									Hauttrockensubstanz 5,12 Th. Stickstoff enthalten. Die fettfreie organische
                              									Blössensubstanz enthielt 17,87 Proc. Stickstoff; es entsprechen demnach den 5,12 Th.
                              									Stickstoff 28,67 Th. fettfreier organischer Hautsubstanz.
                           Aus 100 Th. Blösse bekamen wir 52,45 Th. absolut trockenes Leder mit einem
                              									Stickstoffgehalt von 9,40 Proc; wir haben demnach in den 52,45 Th. Leder 4,93 Th.
                              									Stickstoff. Da 17,87 Th. Stickstoff 100 Th. fettfreier organischer Hautsubstanz
                              									entsprechen, so sind für 4,93 Th. Stickstoff 27,59 Th. fettfreier organischer Hautsubstanz in
                              									Rechnung zu stellen. Wir haben demnach folgendes Hauptresultat unseres
                              									Versuches:
                           
                              
                                 
                                 OrganischeHautsubstanz
                                 Stickstoff
                                 
                              
                                 In 100 Th. Blösse waren vor-    handenIn dem aus
                                    											100 Th. Blösse er-    haltenen Leder wurden ge-    funden
                                 28,6727,59
                                 5,124,93
                                 
                              
                                 Differenz:
                                   1,08
                                 0,19
                                 
                              
                           Betrachten wir diese Zahlen und vergleichen dieselben mit den früher erhaltenen
                              									Resultaten bei dem Rossleder- und Kalbledergerbeversuche, so finden wir, dass die
                              									Differenz zwischen der in der Blösse vorhanden gewesenen Hautsubstanz und der in dem
                              									Leder wiedergefundenen Hautsubstanz bei dem Sohlledergerbeversuche entschieden am
                              									grössten ist. Auf Trockensubstanz umgerechnet würde obige Differenz einem Verluste
                              									von 3,77 Proc. organischer fettfreier Hautsubstanz entsprechen, die während des
                              									Gerbeprocesses zersetzt worden sind. Wenn der Verlust eine derartige Höhe erreicht,
                              									so muss man ganz entschieden zugeben, dass hier in der That Zersetzungen
                              									stattgefunden haben; allein dieselben sind viel geringer als bei Muntz, nach dessen Versuch mit Sohlleder der Verlust
                              									durch Zersetzung von Hautsubstanz die bedeutende Höhe von 8,6 Proc. der
                              									ursprünglichen Hautsubstanz erreichen soll. Unser Versuch ist in viel grösserem
                              									Maasstabe durchgeführt und konnte hinsichtlich der chemischen Analysen viel genauer
                              									ausgeführt werden als der Muntz'sche Versuch, weswegen
                              									der unsrige viel mehr Anspruch auf Richtigkeit machen darf. Es sei an dieser Stelle
                              									z.B. erinnert, dass Muntz den Stickstoffgehalt seiner
                              									Blössentrockensubstanz (also mit Fett und Asche) mit
                              									18,16 Proc. angibt, welche Zahl nach unseren zahlreichen, früher publicirten
                              									Analysen in der Blössentrockensubstanz nie erreicht wird. Unsere vorzüglich übereinstimmenden Resultate bei der
                              									Untersuchung der verschiedensten Blössen verdanken wir in der Hauptsache der überaus
                              									exacten Kjeldahl'schen Stickstoffbestimmungsmethode,
                              									welche bei Ausführung der Muntz'schen Versuche noch
                              									nicht existirte. Ferner ist bei den Untersuchungen über die Zersetzbarkeit der
                              									Hautsubstanz während des Gerbeprocesses die Genauigkeit der Wasserbestimmungen von
                              									ausserordentlich grossem Belang; die exacte Durchführung ist aber in Folge des hohen
                              									Wassergehaltes der nassen Blösse mit grossen Schwierigkeiten verknüpft, mit welchen
                              									wir auch zu kämpfen gehabt haben, da man nicht mit demselben Stück, an dem man die
                              									Wasserbestimmung ausführt und das zur chemischen Analyse dient, den Gerbeversuch
                              									ausführen kann.Manchem würde
                                    											es wohl angezeigt erscheinen, die Blösse zu trocknen und nach Ermittelung
                                    											des Wassergehaltes der lufttrockenen Substanz dieselbe wieder einzuweichen,
                                    											um sie hierauf dem Gerbeprocess zu unterwerfen. Allein dieses Verfahren kann
                                    											nicht eingeschlagen werden, da die Blösse durch dasselbe nicht wieder in den
                                    											Zustand der weissen Blösse übergeht und alsdann dieser Gerbeprocess nicht
                                    											mit dem der Praxis vergleichbar wäre. Man muss also zwei
                              									getrennte Stücke verwenden. Da dieselben, wie wir bei unseren Untersuchungen über
                              									die Zusammensetzung der Blössen gefunden und bereits gezeigt haben, jedoch sehr
                              									verschiedene Wassergehalte je nach der Stärke u.s.w. besitzen können, so muss man
                              									hierbei ganz besondere Vorsicht anwenden. Diese Schwierigkeit kann am besten dadurch
                              									umgangen werden, dass man eine Haut in zwei symmetrische Theile, also der Länge
                              									nach vom Kopf über den Rücken nach dem Schwänze zu theilt und die eine Hälfte zur
                              									Wasserbestimmung und zur Analyse und die andere für den eigentlichen Gerbeversuch
                              									bestimmt, da wir bei der citirten Untersuchung gefunden hatten, dass symmetrische
                              									Theile immer nahezu gleichen Wassergehalt besitzen und gleich zusammengesetzt sind.
                              									Diese Vorsicht ist, wie aus den Beschreibungen unserer Gerbeversuche ersichtlich
                              									ist, von uns beobachtet worden. Wir glauben daher, dass wir die Fehlerquellen
                              									vermieden haben, mit denen die Muntz'schen Versuche
                              									noch behaftet sind. Dennoch müssen wir zugeben, dass auch unsere Resultate trotz der
                              									exacten Durchführung der Versuche nicht ganz ohne Fehler sind, wie wir bei dem
                              									Rossledergerbeversuche wahrgenommen haben. Bei diesem war während des Gerbeprocesses
                              									eine, wenn auch sehr geringe Zunahme an organischer Hautsubstanz zu verzeichnen, was
                              									nur durch unvermeidliche Fehler entstanden sein kann. Es geht also aus dieser
                              									Darstellung hervor, dass man ganz kleine Zersetzungen an Hautsubstanz während des
                              									eigentlichen Gerbeprocesses überhaupt nicht mit Sicherheit nachweisen kann.
                           Kehren wir jetzt zu unseren Gerbe versuchen zurück. Wir hatten bei dem
                              									Sohlledergerbeversuche gefunden, dass Zersetzungen während der Gerbung stattgefunden
                              									haben, dass dieselben aber keineswegs sehr gross sind. Unsere Versuche bestätigen
                              									demnach vollständig unsere im Anfange dieser Arbeit ausgesprochene Ansicht, dass die
                              									Zersetzungen an Hautsubstanz beim regelmässigen Gerbeprocess keineswegs so hoch sein
                              									können, wie aus den Muntz'schen Ergebnissen zu
                              									entnehmen sein würde.
                           Fassen wir die Resultate der drei von uns ausgeführten Versuche hier nochmals
                              									zusammen und berechnen, wie viel organische fettfreie Hautsubstanz in dem aus 100
                              									Th. organischer fettfreier Hautsubstanz hervorgegangenen Leder wieder gefunden
                              									worden sind, so gelangen wir zu folgender Uebersicht:
                           
                              
                                 
                                 Organische fett-freie Hautsub-stanz in dem
                                    											aus100 Th. organi-scher
                                    											fettfreierHautsubstanzhervorgegange-nen Leder
                                 Differenz inProcent der
                                    											ur-sprünglichenHautsubstanz
                                 Gerbedauer
                                 
                              
                                 1) Rossleder
                                 101,67
                                 + 1,67
                                    100 Tage
                                 
                              
                                 2) Kalbleder
                                   96,96
                                 – 3,04
                                      77    „
                                 
                              
                                 3) Sohlleder
                                   96,23
                                 – 3,77
                                    322    „
                                 
                              
                                 Mittel für Ross- und    Kalbleder
                                   99,32
                                 – 0,68
                                 –
                                 
                              
                           
                              Aus allen diesen Versuchen geht hervor, dass beim eigentlichen
                                 										Gerbeprocess, in den Farben, Versenken und Gruben, bei regelmässigem Gange der
                                 										Gerbung grössere Verluste durch Zersetzung von Hautsubstanz nicht entstehen. Die
                                 										Möglichkeit geringer Zersetzungen lässt sich jedoch auf keinen Fall bestreiten,
                                 										unsere Versuche sprechen in ihrer Gesammtheit sogar dafür, dass solche geringe
                                 										Zersetzungen von Hautsubstanz beim Gerbeprocess regelmässig vor sich gehen, und
                                 										dass diese Zersetzungen in der Sohlledergerberei etwas grösser sind als in der
                                 										Oberledergerberei. Letzteres erklärt sich jedenfalls zum Theil durch die
                                 										wesentlich langsamere Angerbung
                              
                              
                              der Sohlleder in den Schwellfarben und durch die längere Dauer
                                 										des ganzen Gerbeprocesses, und es ist im Allgemeinen wohl anzunehmen, dass nur
                                 										bei saurer, länger andauernder Gerbung Verluste an Hautsubstanz eintreten,
                                 										welche für die Praxis in Betracht kommen können.
                              
                           Wir wollen jetzt noch die Analysen der einzelnen Theile der gegerbten Sohlhaut
                              									betrachten. Wir haben folgende Zahlen erhalten:
                           
                              
                                 
                                 Croupon
                                 Hals
                                 Bauch-undSeiten-theile
                                 GanzenLeder
                                 
                              
                                 FettMineralstoffe
                                 Proc.    0,19    0,76
                                 Proc.    0,35    0,73
                                 Proc.    0,26    1,13
                                 Proc.    0,25    0,87
                                 
                              
                                 Durch Wasserextrahirbare or-ganische Stoffe
                                 Gerbende StoffeNichtgerbstoffe
                                     4,77    3,71
                                     4,44    4,22
                                     4,94    5,09
                                     4,73    4,25
                                 
                              
                                 Reine Ledersubstanz
                                   90,57
                                   90,26
                                   88,58
                                   89,90
                                 
                              
                                 
                                 100,00
                                 100,00
                                 100,00
                                 100,00
                                 
                              
                                 Zucker (als Traubenzucker
                                    											be-    rechnet)Stickstoffgehalt des Leders
                                     0,39    9,94
                                     0,29    9,44
                                     0,39    8,52
                                     0,36    9,40
                                 
                              
                                 Die reine Leder-    substanz be-      steht
                                    											aus:
                                 HautsubstanzGerbstoff
                                   55,59  34,98
                                   52,62  37,64
                                   47,88  40,70
                                   52,59  37,31
                                 
                              
                           Vergleicht man diese Analyse mit zahlreichen, im hiesigen Laboratorium ausgeführten
                              									Analysen von Sohlledern, so ist aus denselben zu entnehmen, dass die Fett- und
                              									Mineralstoffgehalte vollständig normale sind. Die Menge der auswaschbaren Stoffe ist
                              									mit 8,98 Proc. nicht gerade sehr hoch, doch stellt sich die Menge derselben bei
                              									Sohlledern, die ganz nach dem alten Grubensystem hergestellt sind, häufig niedriger
                              									als hier gefunden wurde. Dieses Resultat erklärt sich jedenfalls dadurch, dass
                              									unsere Sohlleder zuletzt im zweiten Satz mit einer verhältnissmässig starken Brühe
                              									abgetränkt wurden. Hinsichtlich der Durchgerbung und des dadurch bedingten
                              									Lederrendements ist das erzielte Resultat ein normales, wie man es in der Praxis
                              									häufig findet. Die Durchgerbung ist jedoch noch keine maximale, da bei unserem
                              									Sohlleder auf 100 Th. Hautsubstanz nur 79,94 Th. Gerbstoff entfallen, während wir
                              									durch frühere Versuche bewiesen haben, dass etwa 100 Th. aufgenommen werden
                              									können.
                           Der Unterschied in der Durchgerbung bei den verschiedenen Theilen der Haut ist ein
                              									ziemlich bedeutender. Wir sehen, dass die Bauch- und Seitentheile am besten
                              									durchgegerbt sind, während der Croupon am wenigsten Gerbstoff aufgenommen hat; die
                              									Halstheile liegen hinsichtlich der Durchgerbung zwischen beiden und kommen dem
                              									durchschnittlichen Durchgerbungsgrade des ganzen Leders gleich. Wir können jetzt
                              									auch annähernd berechnen, wie viel Leder 100 Th. Blösse bei den verschiedenen
                              									Theilen gegeben haben, und werden sehen, zu welchen Trugschlüssen die Blössen- und
                              									Lederwägungen der Praxis führen können. Addiren wir in der obigen Zusammenstellung
                              									der Analysen die Zahlen für die organische Hautsubstanz, für das Fett und die
                              									Mineralstoffe, so erhalten wir annähernd richtig die Mengen der
                              									Blössentrockensubstanz, aus welchen 100 Th. absolut trockenes Leder hervorgegangen
                              									sind. Aus diesen Zahlen lassen sich die procentischen Verhältnisse leicht ableiten.
                              									Da wir ferner die Wassergehalte der nassen Blösse kennen, so kann man aus den
                              									Blössentrockensubstanzen die Weissgewichte berechnen und hieraus leiten sich die
                              									Lederrendements, bezogen auf 100 Th. Weissgewicht, ab. 100 Th. Blösse des Croupon
                              									enthielten 68,25 Proc. Wasser, des Halsstückes 71,54 Proc. und der Bauch- und
                              									Seitentheile 75,15 Proc; der durchschnittliche Wassergehalt der ganzen Blösse betrug
                              									71,16 Proc. Mit diesen Zahlen und den obigen Analysen erhalten wir in angegebener
                              									Weise dann folgendes Ergebniss:
                           
                              
                                 
                                 Croupon
                                 Hals
                                 Bauch-undSeiten-theile
                                 Halbe Hast
                                 
                              
                                 
                                 Proc.
                                 Proc.
                                 Proc.
                                 Proc.
                                 
                              
                                 In 100 Th. Leder sind Haut-    trockensubstanz
                                   56,54
                                   53,70
                                   49,27
                                   53,71
                                 
                              
                                 Dieser Hauttrockensubstanz    entsprechen
                                    											folgende    Blössenmengen (Weiss-    gewicht)
                                 178,08
                                 181,66
                                 198,27
                                 186,23
                                 
                              
                                 100 Th. Blössentrockensub-    stanz liefern
                                    											Leder-    trockensubstanz
                                 176,87
                                 186,22
                                 202,96
                                 186,19
                                 
                              
                                 100 Th. nasse Blösse (Weiss-    gewicht) liefern
                                    											Leder-    trockensubstanz
                                   56,16
                                   53,00
                                   50,44
                                   53,70
                                 
                              
                                 Lufttrockenes Leder (mit    15 Proc. Wasser)
                                   66,10
                                   62,30
                                   59,30
                                   63,20
                                 
                              
                           
                              Diese Zahlen sind sehr lehrreich, da sie den Beweis liefern,
                                 										dass die Wägungen der Praxis zu ganz falschen Resultaten führen können, wenn man
                                 										aus ihnen auf den Durchgerbungsgrad schliessen will. Aus unseren Analysen hatte
                                 										sich ergeben, dass die Bauch- und Seitentheile sehr viel stärker durchgegerbt
                                 										sind als der Croupon und dass das Halsstück eine mittlere Durchgerbung zeigt,
                                 										die sich so gross wie die Durchgerbung der halben Haut im Durchschnitt stellt.
                                 										Aus obigen Zahlen – also wenn man wie in der Praxis das Lederrendement auf
                                 										Weissgewicht bezieht – ergibt sich jedoch das umgekehrte Resultat, indem dabei
                                 										der Croupon das höchste und die Bauch- und Seitentheile das niedrigste
                                 										Ledergewicht ergeben. Wollte man nun hieraus schliessen, dass die Durchgerbung
                                 										des Croupons eine höhere ist, so würde ein solcher Schluss, tvie ihn die
                                 										Praktiker aber sehr häufig ziehen, wenn sie nach dem Lederrendement den
                                 										Gerbeeffect beurtheilen, ein ganz falscher sein. Der Grund, warum der Croupon,
                                 										welcher thatsächlich am schlechtesten durch gegerbt ist, auf Weissgewicht
                                 										bezogen das höchste Rendement ergibt, liegt lediglich darin, dass dieses Leder
                                 										im Blössenzustande den geringsten Wassergehalt hatte. Es ist dies also der
                                 										sprechendste Beweis, dass bei den auf Weissgewicht bezogenen Lederrendements der
                                 										Wassergehalt der Blösse das am meisten den Ausschlag gebende Moment ist.
                              
                           Im Anschluss hieran wollen wir betrachten, in welcher Weise das Leder aus der Blösse
                              									hervorgegangen ist, also welche Stoffe und wie viel davon bei der Lederbildung von
                              									der Blösse aufgenommen oder abgegeben worden sind. Aus 100 Th. Blösse mit 71,16
                              									Proc. Wasser erhielten wir 52,45 Th. Ledertrockensubstanz, oder aus 100 Th.
                              									Blössentrockensubstanz sind 181,87 Th. Ledertrockensubstanz hervorgegangen. Da wir
                              									die Zusammensetzung der Blösse und des Leders kennen, so lässt sich leicht
                              									berechnen, durch welche Veränderungen der Blösse das Leder aus derselben gebildet
                              									worden ist. Folgende Zusammenstellung zeigt die betreffenden Resultate:
                           
                           
                              
                                 
                                    
                                    
                                 In 100
                                    											Th.Blössen-trocken-substanz
                                 In 181,87
                                    											Th.Leder-trocken-substanz
                                 Bei derLederbil-dung vonder
                                    											Blösseaufgenom-men (+)oder abge-geben (–)
                                 
                              
                                 FettMineralstoffe
                                     0,28    0,30
                                     0,45    1,58
                                 +   0,17+   1,28
                                 
                              
                                 Durch Wasserauss dem
                                    											Lederauswachbare    Stoffe
                                 Gerbende StoffeNichtgerbstoffe
                                 ––
                                     8,60    7,73
                                 +   8,60+   7,73
                                 
                              
                                 Organische fettfreie
                                    											Hautsub-    stanzGerbende Stoffe in der
                                    											reinen    Ledersubstanz
                                   99,42–
                                   95,65  67,86
                                 –   3,77+ 67,86
                                 
                              
                                 
                                 
                                 100,00
                                 181,87
                                 
                              
                                 StickstoffZucker (als Traubenzucker
                                    											be-    rechnet)
                                   17,76–
                                   17,10    0,65
                                 –   0,66+   0,65
                                 
                              
                           Wie wir aus obigen Zahlen ersehen, ist die Fettmenge etwas grösser geworden; es kann
                              									aber natürlich von einer wirklichen Vermehrung des Fettes während des Gerbeprocesses
                              									nicht die Rede sein und die kleine Zunahme ist jedenfalls auf eine geringe Aufnahme
                              									harziger Stoffe zurückzuführen. Dasselbe Resultat haben wir auch bei den früheren
                              									Gerbeversuchen erhalten, doch war die Zunahme immer eine verhältnissmässig geringe
                              									und man ersieht daraus, dass das Blössenfett während des Gerbeprocesses in der
                              									Hauptsache unverändert bleibt. Sehr auffallend ist bei diesem Gerbeversuch die
                              									Zunahme der Mineralstoffe. Während wir bei dem Rossledergerbeversuche eine deutliche
                              									Abnahme, bei dem Versuche mit den Kalbfellen dagegen ein Gleichbleiben der
                              									Mineralstoffe constatiren konnten, haben wir hier eine Zunahme gefunden, welche nur
                              									durch eine Aufnahme von Mineralstoffen aus den Brühen und Gerbmaterialien zu
                              									erklären ist. Die Mineralstoffmenge unseres Sohlleders ist übrigens keineswegs eine
                              									abnorme, sondern eine solche, wie man sie bei geschwitzten Sohlledern häufig findet.
                              									Von der organischen Hautsubstanz ist eine geringe, aber sehr wohl merkliche Menge
                              									durch Zersetzung verloren gegangen. Die Hautsubstanz hält eine gewisse grössere
                              									Menge Gerbstoff energischer zurück, während eine kleinere Menge davon durch Wasser
                              									aus dem Leder leicht ausgewaschen wird. Auf 99,42 Th.
                                 										organischer fettfreier Hautsubstanz sind bei der Lederbildung hier im Ganzen
                                 										67,86 + 8,60 = 76,46
                                 										Th. Gerbstoff aufgenommen worden, es haben demnach 100 Th. organische fettfreie
                                 										Hautsubstanz 76,91 Th. Gerbstoff absorbirt. Da wir aus unseren früheren
                              									Untersuchungen wissen, dass die Haut im Maximum etwa ihr gleiches Gewicht an
                              									Gerbstoff aufzunehmen vermag, so ist ersichtlich, dass die Haut mit Gerbstoff noch
                              									nicht gesättigt ist. Wäre diese Sättigung mit Gerbstoff wirklich erfolgt, so hätten
                              									wir statt 181,87 Th. ungefähr 200 Th. Ledertrockensubstanz aus 100 Th.
                              									Blössentrocken Substanz erhalten müssen.
                           Die obigen Analysen geben uns auch die Möglichkeit, zu beurtheilen, wie weit es
                              									möglich ist, aus der Analyse eines Leders das von dem Gerber erzielte Lederrendement
                              									richtig zu berechnen. Wir haben die Lederrendements aus der Analyse berechnet unter
                              									der Voraussetzung, dass man überhaupt den Wassergehalt der Blösse kennt, was ja hier
                              									der Fall ist, und dass das Fett und die Mineralstoffe der Blösse bei dem
                              									Gerbeprocesse unverändert bleiben, sowie von der organischen Hautsubstanz der Blösse
                              									während des eigentlichen Gerbeprocesses nichts verloren geht. Beide
                              									Voraussetzungen sind streng genommen nicht ganz richtig, denn wir haben ja gesehen,
                              									dass die kleinen Fett- und Mineralstoffmengen der Blösse im Gerbeprocess geringen
                              									Veränderungen unterliegen und dass auch kleine Hautmengen durch Zersetzung verloren
                              									gehen. Das theoretische berechnete Lederrendement ist daher mit einem gewissen
                              									Fehler behaftet; dass dieser Fehler aber ein verhältnissmässig geringer ist, zeigt
                              									folgende Zusammenstellung für unser Sohlleder im Durchschnitt für das ganze
                              									Leder:
                           
                              
                                 
                                 Durch den Gerbe-versuch
                                    											directfestgestellt
                                 Aus derAnalyseberechnet
                                 
                              
                                 100 Th. nasse Blösse liefern    lufttrockenes Leder
                                    											(mit    15,00 Proc. Wasser)
                                 61,7 Th.
                                 63,2 Th.
                                 
                              
                           
                              Man ersieht also, dass es annähernd möglich ist, aus der
                                 										Analyse eines Leders das bei der Gerbung erzielte Lederrendement zu beurtheilen.
                                 										Es ist ganz unzweifelhaft, dass ferner die Analyse in Bezug auf Durchgerbung und
                                 										Gerbeeffect ein viel sichereres und richtigeres Urtheil abgeben lässt als die
                                 										Blössen- und Lederwägungen, die der Gerber in der Praxis ausführt. Die letzteren
                                 										können wegen der überaus schwankenden Wassergehalte der Blössen und Leder immer
                                 										nur sehr zweifelhafte Resultate liefern.
                              
                           Wir haben in dem angeführten Beispiele gefunden, dass man das Lederrendement aus der
                              									Analyse unter der Voraussetzung annähernd berechnen kann, dass man den Wassergehalt
                              									der nassen Blösse kennt. Da das letztere aber in der Praxis nie der Fall ist, so
                              									müsste man durchschnittliche Wassergehalte annehmen. Selbst dieses Verfahren würde
                              									jedoch in Folge der sehr schwankenden Wassergehalte sehr unzuverlässige Resultate
                              									geben. Das Empfehlenswertheste wird entschieden sein, dass man aus der vollständigen
                              									Analyse berechnet, wie viel 100 Th. Blössentrockensubstanz Ledertrockensubstanz
                              									gegeben haben und wie viel diese letztere Menge leicht auswaschbaren Gerbstoff und
                              									Nichtgerbstoffe enthalten und wie viel Gerbstoff in der reinen Ledersubstanz
                              									enthalten ist. Wir erhalten auf diese Weise ein übersichtliches Bild von der
                              									Zusammensetzung des Leders und erkennen sofort den Durchgerbungsgrad des Leders. Das
                              									letztere ist ein grosser Vortheil, da, wie wir gesehen haben, die Blössen- und
                              									Lederwägungen der Praxis sehr trügerische Resultate liefern können. Die genaue
                              									Bestimmung des Durchgerbungsgrades ist aber von grösster Wichtigkeit, da der Gerber
                              									meistens eine vollständige Durchgerbung anstrebt, um aus einer bestimmten Menge
                              									Hautsubstanz durch Zufuhr des billigeren Gerbstoffes eine möglichst grosse Menge
                              									Leder zu erhalten. Der Praktiker wird sich im Anfange allerdings schwer an obige
                              									Darstellungsweise der Analysenresultate gewöhnen, da er mit Analysen, deren
                              									Ergebnisse auf Trockensubstanzen bezogen sind, nicht zu rechnen versteht. Uebrigens
                              									könnte man für diese Zwecke mit durchschnittlichen Blössen- und Lederwassergehalten
                              									rechnen.