| Titel: | Neuerungen in der Kabelfabrikation. | 
| Fundstelle: | Band 291, Jahrgang 1894, S. 91 | 
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                        Neuerungen in der Kabelfabrikation.
                        Von Emil
                                 									Guilleaume.Vgl. S. 58 und 81 d.
                                 										Bd.
                        Mit Abbildungen.
                        Neuerungen in der Kabelfabrikation.
                        
                     
                        
                           Nachfolgend bringen wir einen sehr anregenden Vortrag zum Abdruck, welchen Emil Guilleaume, der Director des Karlswerkes der Firma
                              										Felten und Guilleaume in Mülheim am Rhein, im
                              									August 1893 auf dem Chicagoer Meeting der American Society
                                    										of Mechanical Engineers gehalten hat, welche gleichzeitig eine Abtheilung
                              									des internationalen Ingenieur-Congresses bildete. Wir flechten Hinweise auf
                              									Verwandtes in früheren Bänden von D. p. J. ein.
                           Mit der ungeahnten Ausdehnung, welche die Anwendung der Elektricität durch das
                              									Telephoniren und die elektrische Beleuchtung und Kraftübertragung erfahren hat, und
                              									ebenso mit der sich dabei herausstellenden dringenden Nothwendigkeit, einen grossen
                              									Theil der Leitungen unterirdisch zu verlegen, hat die Kabeltechnik in den letzten
                              									Jahren eine erhöhte Bedeutung gewonnen. Von der Aufmerksamkeit, welche derselben
                              									zugewendet wird, geben die vielen bezüglichen Patente beredtes Zeugniss, welche die
                              									Spalten der Patentliste füllen. Es würde hier zu weit führen, alle Erfindungen,
                              									welche sich auf verbesserte Kabelanordnungen beziehen, in den Kreis unserer
                              									Betrachtung zu ziehen; dem grösseren Theile derselben ist eine praktische Bedeutung
                              									kaum zuzusprechen, und von dem kleineren Theile, welcher praktisch erprobt ist,
                              									dürfte nur einem geringen Procentsatze die Bedeutung einer wirklich epochemachenden
                              									Erfindung beizumessen sein.
                           Wenngleich die Benennung „Kabel“ auf eine
                              									seilartige Anordnung hinweist, in welcher die Telegraphenkabel (welche anfänglich
                              									auch Telegraphenseile genannt wurden) und Telephonkabel
                              									fast ausschliesslich hergestellt werden, so hat man diese Benennung in neuerer Zeit
                              									auch auf – namentlich bei elektrischen Lichtanlagen verwendete – isolirte Röhren und
                              									Stangen angewandt, welche sich nicht wie ein Seil aufrollen lassen und auch nur in
                              									verhältnissmässig kurzen Stücken hergestellt werden können (wie z.B. die bekannten
                              									Ferranti-Kabel; vgl. auch 1890 277 * 452).
                           Jedes zu Leitungszwecken dienende Kabel. besteht in der Hauptsache aus der Kabelseele (einer oder mehreren isolirten Leitungen)
                              									und der dieselbe gegen äussere Einflüsse und mechanische Beschädigung schützenden
                              										Armatur oder Bewehrung.
                           
                        
                           1) Die Kabelseele.
                           Die Kabelseele zerfällt in die Leitung (den leitenden Kern) und die isolirende Hülle.
                              									Das Kabel kann nur eine, oder auch mehrere Leitungen enthalten.
                           Jede Leitung kann aus einem einzelnen Drahte oder aus
                              									mehreren zu einer Litze oder einem Seile vereinigten Drähten bestehen. Die Drähte
                              									können einen runden oder einen anders geformten Querschnitt haben; sie werden fast
                              									ausschliesslich aus Kupfer hergestellt und nur ausnahmsweise aus Bronze oder aus
                              									Stahl, wenn ausser der Leitungsfähigkeit auch noch Ansprüche an die Zugfestigkeit
                              									der Leitung gestellt werden.
                           Wesentliche Fortschritte sind in der Herstellung von Kupferdraht zu Leitungszwecken
                              									namentlich in Bezug auf dessen Reinheit und eine dem entsprechende hohe
                              									Leitungsfähigkeit zu verzeichnen. Während man sich früher mit einer
                              									Leitungsfähigkeit von 90 Proc. von der des reinen Kupfers begnügen musste, steht
                              									jetzt Kupfer mit einer mehr als 100procentigen Leitungsfähigkeit zur Verfügung,
                              									welches also reiner ist als das seiner Zeit von Matthiessen als rein angenommene und seinen Reinheitsbestimmungen als Norm
                              									zu Grunde gelegte Kupfer.
                           Beachtenswerthe Neuerungen in Betreff der Leitung sind ferner bezüglich der Form des
                              									Leiters durchgeführt worden. So hat sich die Firma Felten
                                 										und Guilleaume in Mülheim a. Rh. ein Telephonkabel patentiren lassen,
                              									in dessen Adern zwecks Verringerung der Capacität der leitende Draht einen
                              									dreieckigen, oder einen rechtwinkeligen, oder einen sternförmigen Querschnitt hat
                              									und schraubenförmig verdreht ist, so dass die isolirende Hülle nur die Kanten des
                              									Leiters berührt, während die gedrehten Flächen desselben mit der isolirenden Hülle
                              									schraubenförmige Luftkanäle bilden. Diese Firma gibt auch bei Lichtkabeln den die
                              									Leitung bildenden Drähten statt des runden einen kreisabschnittförmigen Querschnitt,
                              									so dass die Hohlräume, welche sich bei Verwendung runder Drähte nicht vermeiden
                              									lassen, wegfallen und ein ganz dicht geschlossener Kupferkern und dem entsprechend
                              									ein kleinerer Kabeldurchmesser erzielt wird. Von anderer Seite hat man versucht,
                              									Lufträume in den Kabeladern in der Weise zu schaffen, dass man den Leitungsdraht in
                              									seiner Längenrichtung in Wellen- oder Zickzackform verknickte; doch darf diesen
                              									Versuchen kaum eine praktische Bedeutung zugesprochen werden.
                           Die isolirende Hülle oder kurz die Isolation stellt den bei Weitem wichtigsten Theil eines
                              									elektrischen Kabels dar und bietet dem Erfindungsgeiste des Kabeltechnikers das
                              									ergiebigste Arbeitsfeld. An die Isolation werden die mannigfachsten Anforderungen
                              									gestellt, welche sich oft sehr schwer mit einander vereinigen lassen. Je nach der
                              									Verwendung des Kabels zum Telegraphiren oder zum Telephoniren, für elektrische
                              									Beleuchtung oder für Kraftübertragung, werden mehr oder minder hohe Ansprüche an den
                              									Isolationswiderstand der isolirenden Hülle, deren Capacität und deren Widerstand
                              									gegen Spannungselektricität gestellt; die Isolirung soll die beanspruchten
                              									Eigenschaften auf möglichst unbegrenzte Dauer bewahren; sie darf in der Wärme nicht
                              									zu weich, in der Kälte nicht zu hart und spröde werden; sie soll zu allen Zeiten und
                              									in allen Lagen des Kabels den Leiter centrisch einschliessen; es werden Ansprüche
                              									gestellt an die Zugfestigkeit, an die Widerstandsfähigkeit gegen Druck, an die
                              									Abmessungen und das Gewicht des Kabels, welche für die Wahl und die Zusammensetzung
                              									der isolirenden Hülle mitbestimmend sind; und schliesslich spielt sehr oft auch der
                              									Preis eine nicht zu unterschätzende Rolle.
                           Anfangs, als es sich nur um Kabel für Telegraphenzwecke handelte, bediente man sich
                              									ausschliesslich der Guttapercha und des Gummi zum Isoliren der Leitungsdrähte, und
                              									auch jetzt noch wird für Unterseekabel hauptsächlich Guttapercha verwendet. Die
                              									guten Eigenschaften beider Materialien sind genügend bekannt; beide sind aber sehr
                              									theuer, und bei Guttapercha hat man noch mit dem Uebelstande zu rechnen, dass sie
                              									schon bei massiger Erwärmung weich wird und dann den Leiter durchsacken lässt, d.h.
                              									ihn nicht mehr in seiner centralen Lage in der Ader zu erhalten vermag. Bei
                              									Telegraphenkabeln liegt diese Gefahr vor in tropischen Klimaten, oder wenn sie den
                              									Sonnenstrahlen ausgesetzt, oder in warmen Räumen (Tunneln, Schächten, Arbeitsräumen
                              									u.s.w.) verlegt sind; bei elektrischen Lichtkabeln, wenn sich – was bekanntlich
                              									öfter vorkommt – der Leiter im Betriebe erwärmt. Gummi kann höhere Temperaturgrade
                              									vertragen, ohne sich zu verändern, aber es ist ein sehr kostspieliges Material, und
                              									in vielen Fällen ist es auch der Preis, welcher die Verwendung von Guttapercha und
                              									Gummi ausschliesst, namentlich bei elektrischen Lichtkabeln mit grossen
                              									Kupferquerschnitten.
                           Für Hausleitungen, wie überhaupt für Leitungen mit kleinerem Querschnitt, wird reines
                              									Gummi öfters verwendet, nachdem man den Leiter vorher mit Seide oder mit Baumwolle
                              									umsponnen hat.
                           Die Neuerungen in Bezug auf Gummi und Guttapercha beschränken sich in der Hauptsache
                              									auf die Einrichtungen für die Reinigung des Rohmaterials und für das Ueberziehen des
                              									Leiters, ferner auf neue Gummimischungen und neue Isolationsmethoden. Gummiadern
                              									haben gewöhnlich 2 oder 3 Gummiüberzüge; bei 3 Ueberzügen besteht der erste aus
                              									reinem Paragummi, der zweite – Separator genannt – ist
                              									ohne Schwefel, und endlich der dritte – Jacket genannt
                              									– mit einem Schwefelzusatz. Solche Adern in verschiedener Anordnung und mit
                              									verschiedenen Gummimischungen sind im Handel bekannt als „Hooper-Adern“,
                              										„Okonite-Adern“, „Kerit-Adern“, „Neptunit-Adern“ u.s.w.
                           In Folge des hohen Preises von Guttapercha und Gummi und angesichts der mit der sich
                              									rasch ausbreitenden Anwendung der Elektricität gesteigerten Nachfrage nach
                              									billigeren Leitungskabeln wurden die Kabelfabrikanten dazu gedrängt, sich nach
                              									billigerem Ersatz für Guttapercha und Gummi umzusehen. Erste Bedingung dabei war,
                              									dass das Ersatzmaterial nicht allein billig sei, sondern auch in jeder gewünschten
                              									Menge zur Verfügung stehe und die Eigenschaften besässe, welche den verschiedenen
                              									Verwendungszwecken entsprächen, nämlich für telephonische Zwecke niedere Capacität,
                              									für elektrische Beleuchtung die nöthige Widerstandsfähigkeit gegen etwaige Erhitzung
                              									des Leiters und gegen hohe Betriebsspannung. Zahllos sind die beim Forschen in dieser
                              									Richtung gemachten Erfindungen und nachgesuchten Patente; bei allen handelt es sich
                              									um die Verwendung von besonders zubereiteten Mineral- und Pflanzenarten und Harzen,
                              									Wachsarten u. dgl. bezieh. von Mischungen dieser Stoffe mit anderen, namentlich
                              									kohlenstoffreichen Stoffen. Alle sind aber mehr oder weniger schlechter Ersatz für
                              									Guttapercha und Gummi; ihnen fehlt mehr oder minder die elastische Zähigkeit; sie
                              									sind zum Theil wenig wärmebeständig, oder sie werden mit der Zeit rissig und
                              									brüchig.
                           Den ersten wirklichen Erfolg erzielte man, als man darauf kam, die vorgenannten Oele,
                              									Harze und Wachsarten in Verbindung mit faserigem Material zu verwenden, indem man
                              									den Leiter mit Garn umspann oder umflocht, oder ihn mit Band, später mit Papier
                              									bewickelte und diese Umspinnung, Umflechtung oder Bewickelung mit Oel, Harz, Theer
                              									oder Wachs oder mit aus solchen zusammengesetzten Mischungen tränkte. Durch die
                              									Umspinnung, Bewickelung oder Beflechtung des Leiters bleibt dessen centrale Lage
                              									gesichert und durch das Tränken mit den genannten Stoffen bezieh. Mischungen wird
                              									die wünschenswerthe Isolirfähigkeit erreicht. Für einige Zwecke bedarf es der
                              									Tränkung nicht und wird die trockene Umspinnung, Umflechtung und Bewickelung allein
                              									genügende Isolation ergeben. So war denn in der Faser-, Band- und Papierisolation,
                              									getränkt oder trocken, ein billiges und doch gut isolirendes Material gefunden, mit
                              									welchem sich weiter arbeiten liess, und welches dann im Laufe der Jahre mehr und
                              									mehr vervollkommnet worden ist.Vgl. Papierisolation der Norwich Insulated Wire Co.,
                                    											1892 283 188; Celluloseisolation von Perci und
                                       												Schacherer, sowie von Thame, 1892 283 188 und 1892 286
                                    											143; Isolation in Papierröhren von Raworth, Callender und Webber, 1892 286 * 143; Cook,
                                    											Isolirung durch Faserstoffe und durch Kautschuk u. dgl. zugleich 1894 291 * 40.
                           Da alle Faserisolation, auch wenn dieselbe getränkt wird, mehr oder weniger
                              									hygroskopisch ist, so ist sie sorgfältig gegen Eindringen von Feuchtigkeit zu
                              									schützen. Dies erreicht man am besten dadurch, dass man die Kabelseele mit einem Bleimantel umgibt, welcher zugleich einen gewissen
                              									Schutz gegen mechanische Beschädigung gewährt. Solche sogen. Bleikabel werden jetzt in den verschiedensten Anordnungen von fast allen
                              									grösseren Kabelfabrikanten mit mehr oder weniger gutem Erfolge hergestellt.
                           Mit der wachsenden Bedeutung des telephonischen Verkehrs und dem immer dringender
                              									werdenden Bedürfnisse, auch auf grösseren Entfernungen durch Kabel sprechen zu
                              									können, sah man sich genöthigt, der Capacität mehr
                              									Aufmerksamkeit zu schenken; man hatte nämlich gefunden, dass gewisse
                              									Schwierigkeiten, welche dem Telephoniren durch längere Kabelstücke entgegenstanden,
                              									nur durch Herabminderung der Capacität beseitigt werden konnten (vgl. 1893 289 41). Die schädliche Wirkung der Capacität tritt schon
                              									auf kürzeren Kabelstrecken zu Tage, indem die Lautwirkung gegenüber der auf
                              									Luftlinien sehr geschwächt erscheint, und daher hatte man es schon fast aufgegeben,
                              									durch längere Kabel zu sprechen. Den Kabelfabrikanten war somit die Aufgabe
                              									gestellt, Kabel zu erfinden mit möglichst niedriger Capacität, in denen also der
                              									Leiter in einer Weise zu isoliren war bezieh. mit einem Isolirmittel zu umgeben war,
                              									welches in Bezug auf Capacität die günstigsten Ergebnisse haben würde. Obenan in
                              									dieser Beziehung steht bekanntlich die atmosphärische LuftLuftisolation von
                                    												Davidson und von Siemens und Halske vgl. 1892 285 302;
                                    											von Felten und Guilleaume, 1893 287 72., dann kommt Papier, dann
                              									Paraffin (bei dem die Capacität doppelt so gross ist wie bei Luft), dann Baumwolle,
                              									Seide, Gummi, Guttapercha und endlich Glas mit einer 6- bis 10fach höheren Capacität
                              									als Luft. Danach würde also ein Kabel, in welchem der Leiter ganz von Luft umgeben
                              									wäre, in Bezug auf Capacität die besten Resultate ergeben; da aber der Leiter ohne
                              									eine Unterstützung der einen oder der anderen Art nicht central gehalten werden
                              									kann, so wird dasjenige Kabel das beste sein, in welchem der Leiter in dem
                              									lufterfüllten Raume mittels einer Unterstützung von möglichst geringen Abmessungen
                              									central gehalten wird, und in welchem auch diese Unterstützung aus einem Material
                              									mit möglichst geringer Capacität besteht, oder in welchem der Leiter so geformt ist,
                              									dass er die isolirende Hülle mit einem möglichst kleinen Theile seines Umfanges
                              									berührt. Von dieser letzteren Möglichkeit ist eingangs gesprochen und auf die
                              									Verminderung der Capacität durch Verwendung dreieckigen, rechteckigen oder
                              									sternförmigen Drahtes, oder durch Wellen oder Verknicken des Drahtes in seiner
                              									Längenrichtung hingewiesen worden. In der anderen Richtung sind verschiedene
                              									Versuche gemacht worden, welche sich in der Hauptsache wie folgt gruppiren lassen,
                              									nämlich:
                           a) Aufziehen von perlartigen Körpern (Fortin-Herrmann),
                              									kugelförmig oder auch anders geformt, aus Holz, Hartgummi, Glas u.a.m., auf den
                              									Leitungsdraht.
                           b) Umwickeln des Leitungsdrahtes in schlanker Spirale mit Garn oder Bindfaden, die
                              									einzelnen Windungen oder Schläge weit genug aus einander für die Bildung von
                              									Lufträumen.
                           c) Eine offene Umflechtung des Leitungsdrahtes mit Garn oder Bindfaden, wobei
                              									zwischen den sich kreuzenden Fäden rautenförmige Lufträume entstehen.
                           d) Eine Durchflechtung der verschiedenen Leitungsdrähte mit Garn, wobei die einzelnen
                              									Drähte durch die Garnfäden von einander getrennt werden und zugleich Lufträume
                              									entstehen.
                           e) Erzeugung von Lufträumen in dem Isolirmaterial (meistens Papier) durch Kräuseln,
                              									Riffeln, Durchlochen oder Aufpressen von erhabenen Figuren.
                           f) Schraubenförmige Verdrehung eines zusammengelegten Materialstreifens (Papiersteg),
                              									so dass sich spiralige Luftkanäle bilden zur Aufnahme der Leitungsdrähte, wie in
                              										Fig. 1.
                           Textabbildung Bd. 291, S. 91Fig. 1. Die unter f) vorgeschlagene Lösung des Problems ist eine Erfindung der
                              									Firma Felten und Guilleaume, und thatsächlich sind mit
                              										Felten und Guilleaume's Patent-Bleikabeln mit
                              									Papier- und Luftisolation die besten Ergebnisse erzielt worden. Bei diesen Kabeln
                              									ist die Capacität herabgemindert auf 0,04 Mikrofarad für 1 km (0,06 Mikrofarad für 1
                              									engl. Meile) bei einer Temperatur von + 15°C. (60° F.); während sie bei einem im
                              									Uebrigen gleichen Kabel mit Gummiisolation 0,3 und mit Faserisolation 0,1 bis 0,2
                              									Mikrofarad für 1 km beträgt. Es ist daher möglich, durch ein Papierkabel mit
                              									Lufträumen auf eine entsprechend grössere Entfernung mit derselben Klarheit zu
                              									sprechen. Dabei ist die Raumbeanspruchung der einzelnen Adern im Kabel die denkbar
                              									kleinste und die Gruppirung derselben eine übersichtliche und gedrängte.
                           Ein weiterer Factor bei der Beurtheilung der Brauchbarkeit eines Telephonkabels ist
                              									dessen Inductionslosigkeit, da das Auftreten von
                              									inducirten Strömen bekanntlich die Ursache des so störenden Mithörens des auf den
                              									Nachbardrähten Gesprochenen ist. Da, wo das Doppelleitersystem eingeführt ist und
                              									also ohne Erde gesprochen wird, hat man mit diesen störenden Inductionserscheinungen
                              									nicht zu rechnen; wo es aber aus dem einen oder anderen Grunde nicht möglich ist,
                              									für jeden Theilnehmer zwei Drähte im Kabel vorzusehen, wo man vielmehr gezwungen
                              									ist, die Erde als Rückleitung zu benutzen, ist es unbedingt nöthig, bei der
                              									Kabelanordnung dafür zu sorgen, dass die störenden Einflüsse der Induction auf ein
                              									Minimum zurückgeführt werden. Die in dieser Richtung an den Kabelfabrikanten
                              									herantretende Aufgabe ist mehr oder weniger vollkommen in nachstehender Weise gelöst
                              									worden, nämlich:
                           Textabbildung Bd. 291, S. 91Fig. 2.Textabbildung Bd. 291, S. 91Fig. 3. a) Man hat die Adern in bestimmten Abständen im Kabel oder auch in den
                              									Verbindungsmuffen gekreuzt, ähnlich wie man es für den gleichen Zweck bei offenen
                              									Leitungen thut. Diese Lösung erscheint aber wenig empfehlenswerth, weil sie die
                              									Fabrikation der Kabel sehr verwickelt macht und den gewünschten Zweck nur
                              									unvollkommen erreicht.
                           b) Ein anderer Vorschlag, um ein möglichst rechtwinkeliges Kreuzen der Adern zu
                              									erreichen, ging dahin, zwei Adern in möglichst kurzer Drehung mit einander zu
                              									verseilen.
                           c) Derselbe leitende Gedanke liegt der Erfindung der sogen. Solenoid(Lugo)-Kabel zu Grunde, in denen ein Theil der Adern um
                              									die anderen gewickelt ist.
                           d) Am vollkommensten erreicht man den Zweck jedenfalls durch Umwickeln der Adern mit
                              									Stanniol bei Anordnung einer geeigneten Anzahl nicht isolirter Erddrähte zwischen
                              									den Adern, wie dies Fig. 2 zeigt. Die Stanniolbeläge
                              									sammeln die inducirten Ströme und da sie unter einander und mit den Erddrähten in
                              										leitender
                              									Berührung sich befinden, leiten sie die Ströme an Erde und machen sie unschädlich.
                              									Freilich ist nicht zu übersehen, dass durch den Stanniolbelag die Capacität etwas
                              									erhöht wird.
                           Beachtenswerth ist das in Fig. 3 abgebildete 28aderige
                              									Telephonkabel des Reichspostamtes, welches sowohl als Einleiter-, als auch als
                              									Doppelleiterkabel benutzt werden kann. Zu dem Ende sind die 28 Adern in 7 Gruppen zu
                              									je 4 Adern eingetheilt; die mit getränkter Faser isolirten Adern sind mit Stanniol
                              									umwickelt und die 4 Adern jeder Gruppe um einen nicht isolirten Erddraht verseilt.
                              									Diese Kabel haben sich vorzüglich bewährt, so dass Felten
                                 										und Guilleaume neuerdings nach der gleichen Anordnung Kabel mit ihrer
                              									Patent-Papierisolation mit Lufträumen in der Weise ausgeführt haben, dass in den
                              									kreuzförmigen Papiersteg ein Kupferstreifen eingelegt ist, welcher die inducirten
                              									Ströme sammelt und zur Erde ableitet.
                           Am sichersten verhütet man Störungen durch inducirte Ströme dadurch, dass man die
                              									Adern in Schleifen schaltet und für jeden Abonnenten 2 Adern im Kabel vorsieht, wie
                              									bereits eingangs gesagt. Der allgemeineren Einführung solcher Doppelleiterkabel
                              									haben bisher der grössere Querschnitt und der höhere Preis derselben im Wege
                              									gestanden. Dieses Hinderniss ist durch Felten und
                                 										Guilleaume's Patent-Papierkabel mit Lufträumen so gut wie ganz beseitigt,
                              									da ihre Doppelleiterkabel der beschriebenen Anordnung sehr gedrängt sind und einen
                              									nur wenig grösseren Querschnitt haben, auch nicht viel mehr kosten als die bisher
                              									verwendeten Einleiterkabel; zugleich vereinigen diese Kabel die denkbar niedrigste
                              									Capacität mit fast gänzlicher Inductionslosigkeit. Die Verbindungen sind bei diesen
                              									Kabeln nicht schwer herzustellen; jeder mit dem Verbinden von Papierkabeln vertraute
                              									Löther kann sie machen, da die Ausführungsweise der Arbeit sozusagen dieselbe
                              									ist.
                           Papierkabel mit Lufträumen lassen sich auch ebenso vortheilhaft für Telegraphenzwecke
                              									verwenden; nur sind selbstredend die Abmessungen der Leitung, der Isolation und
                              									mithin des ganzen Kabels entsprechend stärker. Durch die niedrige Capacität wird die
                              									so oft zu Störungen Anlass gebende Uebertragung von einem Leiter auf den anderen
                              									verhütet oder doch geschwächt; es lässt sich auch eine grössere
                              									Sprechgeschwindigkeit bei gleichen Abmessungen bezieh. die gleiche
                              									Sprechgeschwindigkeit mit geringeren Abmessungen und dadurch eine erhöhte
                              									Rentabilität der Telegraphenlinie erzielen.
                           Ein völlig neues Feld hat sich für den Kabelfabrikanten aufgethan durch die rasche
                              									Entwickelung der elektrischen Beleuchtung und Kraftübertragung unter Anwendung
                              									hochgespannter Ströme. Die Anforderungen, welche an solche Kabel gestellt werden,
                              									sind wesentlich verschieden von denen, welche bei der Herstellung von Telegraphen-
                              									und Telephonkabeln bestimmend sind. Die concentrischen und biconcentrischen Kabel
                              									ausgenommen, spielt bei der Isolation die Capacität eine weniger wichtige Rolle als
                              									die Gefahr des Durchschlagens und die des Warmwerdens des Leiters.
                           Getränkte Faser und Papier werden mit Vorliebe für die Isolation von Lichtkabeln
                              									verwendet, namentlich seitdem mit immer höher gespannten Strömen gearbeitet wird,
                              									was eine möglichst dichte und doch zähe und elastische Isolation bedingt, welche
                              									Eigenschaften- kein anderes Isolirmaterial in sich vereinigt. Bei der grossen
                              									Verschiedenheit der erhältlichen Papiersorten ist es eine heikle Sache, die richtige
                              									Sorte zu treffen, und kann bei der Auswahl nicht vorsichtig genug zu Werke gegangen
                              									werden. Bei dem zum Isoliren zu verwendenden Papiere ist auf niedrige Capacität und
                              									gute Isolirfähigkeit zu sehen; zudem muss es stark genug sein, um den Zug in den
                              									Wickelmaschinen aushalten zu können; es muss fest und dicht und doch geschmeidig und
                              									aufnahmefähig für das Imprägnirmittel sein.
                           Da sich mit einer verhältnissmässig dünnen Papierbewickelung das Verlangte erreichen
                              									lässt, so erzielt man mit einer Papierisolation den kleinsten Durchmesser, das
                              									geringste Gewicht und den billigsten Preis des Kabels.
                           
                        
                           2) Die Armatur oder Bewehrung.
                           Bei Kabeln mit Guttapercha- und Gummiadern bezweckt die Bewehrung – zumeist mit
                              									Eisen- oder Stahldrähten – in der Hauptsache einen Schutz gegen mechanische
                              									Beschädigung auf dem Transporte, beim Verlegen und nach dem Verlegen (bei
                              									unterirdischen Kabeln im Falle von Nachgrabungen; bei Tunnel- und anderen
                              									oberirdischen Kabeln durch den Betrieb und sonstige Arbeiten in der Nähe des Kabels;
                              									bei Fluss- und Unterseekabeln durch schleppende Anker; felsigen und unebenen
                              									Lagergrund). Bei Tiefseekabeln ist es von Wichtigkeit, dass die Bewehrungsdrähte
                              									unbeschadet ihrer Tragfähigkeit bezieh. Bruchfestigkeit möglichst dünn sind; in
                              									dieser Richtung hat man wesentliche Fortschritte gemacht, d.h. in der Erzeugung von
                              									verzinkten Stahldrähten mit grosser Bruchfestigkeit. Während man bis vor etwa zwei
                              									Jahren noch Drähte mit einer Bruchfestigkeit von 90 bis 95 k für 1 qmm
                              									verwendete in einer Dicke von 2,4 mm, nimmt man jetzt Draht mit einer
                              									Bruchfestigkeit von 130 bis 135 k für 1 qmm in einer Dicke von nur 2,0 mm, und
                              									selbst 1,8 mm starker Draht wird verwendet mit einer Bruchfestigkeit von 160 bis 165
                              									k für 1 qmm. Die Drähte werden mit einer eigenen Mischung überzogen, um sie gegen
                              									die zerstörende Einwirkung des Seewassers zu schützen; und der Zerstörung der
                              									Guttapercha durch die Teredo und andere ihr feindliche Thierchen beugt man
                              									erfolgreich vor durch eine Umwickelung der Kabelseele mit Messingband.
                           Bei Kabeln mit Faser- und Papierisolation, welche bekanntlich hygroskopisch sind, hat
                              									die Bewehrung noch die besondere Aufgabe, das Eindringen von Feuchtigkeit in das
                              									Kabelinnere zu verhüten. Derartige Kabel erhalten daher ausnahmslos einen Bleimantel
                              									und über diesem noch eine weitere Bewehrung von Draht oder Eisenband, wenn eine
                              									mechanische Beschädigung zu befürchten ist oder besondere Ansprüche an die
                              									Zugfestigkeit des Kabels gestellt werden.
                           Neuerungen in Bezug auf den Bleimantel beziehen sich – die verschiedenen neuen
                              									Constructionen von Bleikabelpressen nicht zu rechnen – hauptsächlich auf die
                              									Erzielung eines möglichst wasserdichten Bleimantels, welcher diese Wasserdichtheit
                              									auch unter allen Umständen behalten muss trotz der rauhen Behandlung beim Auf- und
                              									Abrollen, beim Verlegen oder Spannen und Aufhängen, wie auch gegenüber der
                              									schädlichen Einwirkung chemischer Verunreinigungen des Bodens, in welchem das Kabel
                              									verlegt ist. Um das Blei widerstandsfähiger gegen schädliche mechanische und
                              									chemische Einwirkungen zu machen, wird ihm bisweilen ein kleiner Procentsatz
                              									(meistens 3 Proc.) Zinn zugesetzt; auch ordnet man über dem einen Bleimantel noch
                              									einen zweiten an mit einer Asphaltschicht zwischen den beiden Bleimänteln.
                           Guttapercha- und Gummikabel pflegt man als Regel nur dann mit einem Bleimantel zu
                              									versehen, wenn sie als Einführungsdrähte und in Stationen Verwendung finden.
                           Textabbildung Bd. 291, S. 92Fig. 4.Textabbildung Bd. 291, S. 92Fig. 5. Wo auf einen möglichst kleinen Kabeldurchmesser und auf eine glatte
                              									Oberfläche des Kabels besonderer Werth gelegt wird, wendet man statt der runden
                              									Drähte flache Bewehrungsdrähte an (wie beispielsweise Felten
                                 										und Guilleaume es bei den Telegraphen- und Telephonkabeln für die Deutsche
                              									Reichstelegraphie gethan haben), oder man bewickelt die Kabel mit Eisen- oder
                              									Stahlband.
                           Unterirdische Bleikabel für Telegraphie und Telephonie erhalten öfter über dem
                              									Bleimantel noch eine verzinkte Drahtbewehrung, für welche meistens runde Drähte
                              									oder, wenn man einen kleinsten Durchmesser und eine glatte Oberfläche des Kabels
                              									erzielen will, flache Drähte verwendet werden, wie bei dem in Fig. 4 im Querschnitte abgebildeten Kabel.
                           Felten und Guilleaume haben neuerdings auch eine
                              									Drahtbewehrung eingeführt, bei welcher jeder Draht über den Nachbardraht greift, so
                              									dass ein Draht den anderen festhält. Diese Art der Bewehrung hat namentlich bei dem
                              									von dieser Firma construirten Untersee-Telephonkabel mit Lufträumen den Zweck, jeden
                              									Zug oder Druck von aussen, welcher die Kabelseele beschädigen könnte, aufzunehmen.
                              									Wie aus dem in Fig. 5 gebotenen Querschnitte eines
                              									solchen Kabels ersehen werden kann, liegt die Kabelseele ganz geschützt in einem
                              									gewissermaassen unzerdrückbaren Rohre.
                           Bleikabel für elektrische Beleuchtung werden vorzugsweise mit Eisenband bewehrt; und
                              									wenn das Eisenband in Asphalt eingedrückt wird und dann noch eine mit Asphalt
                              									getränkte Garnumspinnung erhält, so bietet diese Art der Bewehrung den denkbar
                              									sichersten Schutz gegen jede schädliche äussere Beeinflussung.
                           Ueber die bedeutenden Fortschritte, welche im Verlegen
                              									von submarinen Kabeln und in den dabei zur Verwendung kommenden Apparaten, Maschinen
                              									und sonstigen Einrichtungen, sowie in der Ausführung von unterirdischen
                              									Kabelführungen (Kanälen, Röhren, Kasten u. dgl.) gemacht sind, hat sich der Vortragende nicht
                              									weiter ausgelassen, um nicht die für seinen Vortrag gesteckten Grenzen zu
                              									überschreiten. Diejenigen, welche ein besonderes Interesse daran haben, finden das
                              									Gewünschte in den zahlreichen Veröffentlichungen über diesen Gegenstand in den
                              									Fachzeitschriften.
                           Es liesse sich auch noch viel mehr über ein so interessantes Thema wie das der
                              									Kabeltechnik sagen, aber das Gesagte dürfte genügen, um darzuthun, was auf diesem
                              									Gebiete geschehen ist, und um den Weg für weitere Fortschritte anzudeuten.