| Titel: | Die Westinghouse-Schnellbremse. | 
| Autor: | Fr. Freytag | 
| Fundstelle: | Band 291, Jahrgang 1894, S. 251 | 
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                        Die Westinghouse-Schnellbremse.
                        Mit Abbildungen.
                        Die Westinghouse-Schnellbremse.
                        
                     
                        
                           Die Westinghouse-Schnellbremse hat seit ihrer Einführung in Europa eine im Bereiche
                              									des Eisenbahnwesens so beispiellos schnelle und stetig wachsende Verbreitung
                              									gefunden, dass es angezeigt erscheint, die Wirkungsart und Construction der
                              									einzelnen Bestandtheile dieser im Laufe der letzten Jahre immer mehr
                              									vervollkommneten Bremse, deren allgemeine Einführung für Durchgangswagen auf den zum
                              									Verein Deutscher Eisenbahnverwaltungen gehörigen Strecken unlängst beschlossen
                              									wurde, eingehender zu besprechen. (Vgl. 1888 268 * 433;
                              									1890 276 * 158.)
                           Es waren nach The Engineer vom 31. October 1890 S. 347
                              									zuerst die badischen Staatsbahnen, welche im J. 1889 grössere Versuche mit der
                              									Westinghouse-Bremse anstellten, zum Zwecke, die Wirkung derselben bei langen Zügen
                              									bis zu 50 Wagen praktisch zu erproben; namentlich sollte ermittelt werden, ob die
                              									mittels Pressluft in Thätigkeit gesetzte Bremse im Stande sei, einen Zug von 50
                              									Wagen seiner ganzen Länge nach so zu bremsen, dass die hinteren Wagen nicht Zeit
                              									haben, die vorderen, die jedenfalls zuerst gebremst werden, zu überfahren.
                           Dahingehende Versuche waren in Amerika nach Vervollkommnung der älteren Construction
                              									dieser Bremse bereits mehrere Jahre vordem mit Erfolg durchgeführt (vgl. 1888 268 * 433).
                           Auch die auf den badischen Staatsbahnen ausgeführten Versuche fielen zur
                              									Zufriedenheit der an denselben betheiligten Fachleute aus und gaben den Anlass, dass
                              									französische Bahnverwaltungen noch in demselben Jahre, die belgischen Staatsbahnen
                              									im Frühjahr 1890 ähnliche Versuche auf ihren Strecken anstellten. Seitdem hat die
                              									Westinghouse-Bremse, da sie sich allen anderen, gleichen Zwecken dienenden Apparaten
                              									(mittels Luftdruck, Vacuum oder Reibung) gegenüber als die betriebssicherste
                              									Vorrichtung zum schnellen Anhalten von Personen- und Güterzügen auf Haltestellen
                              									und, was von der grössten Bedeutung, bei eintretenden Gefahren herausstellte, ein
                              									immer ausgedehnteres Feld ihrer Thätigkeit gefunden.
                           Westinghouse's selbst wirkende Luftdruckbremse ist eine
                              									durchgehende Bremse, deren zum Betreiben nöthige Druckluft sich in einem
                              									Hauptbehälter auf der Locomotive und in Hilfsbehältern, von welchen je einer an der
                              									Locomotive, dem Tender und jedem Bremswagen befindlich, aufgespeichert ist. Die
                              									sämmtlichen Behälter stehen durch ein in dem ganzen Zuge durchgeführtes
                              									Hauptleitungsrohr mit einander in Verbindung. An jedem Bremswagen befindet sich
                              									ferner ein sogen. Functionsventil und ein Bremscylinder mit Kolben, welcher mit dem
                              									Bremsgestänge in Verbindung steht.
                           Der Luftdruck im Hauptleitungsrohre hält die Bremsen gelöst; sobald aber Luft aus der
                              									Hauptleitung absichtlich ausgelassen wird oder zufällig entweicht, wirken alle
                              									Bremsen im Zuge augenblicklich, indem Pressluft aus den Hilfsluftbehaltern in die
                              									zugehörigen Bremscylinder tritt und die Bremskolben vorwärts treibt.
                           Die Wirkungsart der Bremsen ist folgende: Durch die in Fig. 1
                              									dargestellte Luftpumpe der Locomotive werden vor Abfahrt des Zuges die
                              									Hauptluftbehälter, das Hauptleitungsrohr und die Hilfsluftbehälter von Locomotive
                              									und Tender mit Luft bis zu einem Drucke von etwa 5 at angefüllt. Sind die
                              									Kuppelungsschläuche zwischen den Wagen zusammengefügt, die Locomotive mit dem Zuge
                              									gekuppelt und die in der Hauptleitung liegenden Absperrhähne geöffnet, so lässt der
                              									Führer mittels eines Bremsventils Pressluft aus dem Hauptbehälter in das
                              									Leitungsrohr eintreten, wodurch dann ein gleichmässiger Druck in dem letzteren, den
                              									Functionsventilen und den Hilfsluftbehaltern des ganzen Zuges hergestellt wird. Um
                              									zu bremsen, öffnet der Locomotivführer das Bremsventil oder der Zugführer bezieh.
                              									Schaffner einen Absperrhahn in der Hauptleitung, so dass Luft aus der letzteren
                              									entweichen kann. Die hierdurch entstehende Druckverminderung veranlasst eine
                              									Bewegung der Kolben der Functionsventile, so dass ein Theil der in den
                              									Hilfsbehältern aufgespeicherten Pressluft in vor diesen liegende Bremscylinder
                              									strömt, deren Kolben in Bewegung kommen und in Folge ihrer Verbindung mit den
                              									Bremsklötzen diese gegen die Räder pressen.
                           Textabbildung Bd. 291, S. 251Fig. 1.Luftpumpe zur Westinghouse-Bremse.C. Dampfhahn; D.
                                    											Ballschmiergefäss; E. Zum Hauptluftbehälter. Die Stärke der ausgeübten Bremswirkung richtet sich nach der Grösse der
                              									Druckverminderung in der Hauptleitung. Der Führer kann die Bremsen mit grösserer
                              									oder geringerer Kraft anziehen, je nachdem er mehr oder weniger Luft aus der Leitung
                              									ausströmen lässt.
                           Die Bremsen werden wieder gelöst, sobald die Verbindung zwischen Hauptluftbehälter
                              									und Hauptleitung von Neuem hergestellt ist. Hierdurch wird der Luftdruck in dem
                              									Hauptrohre wieder erhöht, indem die Pressluft aus dem Hauptbehälter in dasselbe
                              									eintritt. Die Kolben der Functionsventile werden in Folge dessen in ihre
                              									ursprüngliche Stellung zurück bewegt und die Hilfsluftbehälter wieder gefüllt,
                              									während gleichzeitig die Luft aus den Bremscylindern entweicht und der Druck auf die
                              									Bremsklötze somit aufhört.
                           Die Bremswirkung pflanzt sich nach den angestellten Versuchen von einem Fahrzeug zum
                              									anderen in dem 25ten Theile einer Secunde fort und durchläuft die Länge eines
                              									600 m langen Zuges innerhalb zweier Secunden.
                           Dies konnte auch auf den Weltausstellungen zu Brüssel 1888, Paris 1889 und der
                              									Unfallverhütungsausstellung zu Berlin 1888 beobachtet werden, wo je eine
                              									Westinghouse-Bremse mit den nöthigen Rohrleitungen; Bremscylindern u.s.w.
                              									ausgestellt war.
                           Die zum Erzeugen der Pressluft dienende Luftpumpe ist senkrecht angeordnet und
                              									besteht aus einem Dampfcylinder A (Fig. 1) mit zugehörigen Steuerventilen und einem
                              									darunter befindlichen Luftcylinder B mit je zwei Saug-
                              									und Druckventilen. Die Kolben beider Cylinder sind an einer gemeinschaftlichen
                              									Stange befestigt.
                           Wird der zugehörige Dampfhahn am Locomotivkessel geöffnet, so strömt Dampf aus dem
                              									letzteren nach dem oberen Cylinder und tritt in den Raum c zwischen den beiden Kolben 1 und 10 des Hauptsteuerventils; dieser Raum steht durch den
                              									Kanal i mit der Kammer d
                              									im oberen Cylinderdeckel in steter Verbindung, so dass hier der gleiche Dampfdruck
                              									herrscht wie zwischen den genannten beiden Kolben, von denen der obere grösser ist
                              									als der untere. Der Dampfdruck zeigt demnach stets das Bestreben, das Ventil zu
                              									heben. Dasselbe wird jedoch durch den Kolben 2 so lange
                              									niedergehalten, als auf demselben ebenfalls der Druck des aus der Kammer d durch den oberen Kanal e
                              									tretenden Dampfes ruht.
                           In der Fig. 1 ersichtlichen Stellung des Steuerventils
                              									tritt der Dampf bei dem unteren Kolben 10 in den
                              									Cylinder A ein und treibt den Dampfkolben 3 aufwärts. Die an dem letzteren befestigte Platte 4 greift kurz vor Beendigung des Aufwärtshubes unter
                              									die obere Verstärkung der Stange 5 und hebt diese sammt
                              									dem Schieber 6 so weit empor, dass der Kanal e geschlossen wird. Die Bohrung f kommt dann mit dem Ausströmkanale g in
                              									Verbindung und der über dem Kolben 2 befindliche Dampf
                              									kann entweichen. Das Steuerventil bewegt sich nun aufwärts und der Kesseldampf
                              									gelangt in den oberen Theil des Cylinders, während der auf der unteren Kolbenseite
                              									wirksam gewesene Dampf durch den vom Kolben 10
                              									geöffneten Ausströmkanal entweicht.
                           Textabbildung Bd. 291, S. 251Fig. 2.Regulator mit Dampfabschluss.D. Dampfeintritt; E. Nach der
                                    											Hauptleitung; F. Nach der Pumpe. Der Kolben wird jetzt abwärts getrieben, wobei sich vor Beendigung des
                              									Hubes die Platte 4 gegen den Knopf am unteren Ende der
                              									Stange 5 legt und diese mit dem Schieber 6 in die gezeichnete Stellung zurückzieht. Es strömt
                              									dann wieder Kesseldampf über den Kolben 2, das
                              									Steuerventil geht nach unten und das Spiel beginnt von Neuem. Mit a sind die Einlass-, mit b
                              									die Auslassventile des Luftcylinders bezeichnet; m ist
                              									ein kleiner Hahn, der zum Schmieren des genannten Cylinders mit gereinigtem Erdöl oder Vaseline
                              									dient.
                           Um zu verhindern, dass der Locomotivführer den Luftdruck in der Hauptleitung über ein
                              									gewisses Maass hinaus erhöht und der zum Betriebe der Bremse erforderliche Luftdruck
                              									stets constant bleibt, ist ein Regulator mit Dampfabschlussvorrichtung angeordnet;
                              									derselbe ist in Fig. 2 mit geschlossenem Ventil
                              									ersichtlich, wobei sich die Pumpe ausser Thätigkeit befindet. Sobald man die Spindel
                              										16 mit Hilfe des Handrades C dreht, tritt bei D Kesseldampf ein, welcher
                              									das Ventil 5 öffnet und durch F nach der Luftpumpe strömt. Der obere Theil des Ventils 5 besteht aus einem hohlen Kolben B, welcher mit einer punktirt angegebenen kleinen Nuth
                              									versehen ist, durch welche der Dampf auch nach der oberen Seite des Kolbens
                              									übertritt. Der auf das Ventil nach aufwärts wirkende Druck wird somit durch den
                              									Gegendruck des über dem Kolben befindlichen Dampfes im Gleichgewicht gehalten.
                           Die Luftpumpe arbeitet und erhöht dadurch den Druck im Hauptbehälter so lange, bis
                              									der Luftdruck in der Hauptleitung E die Spannung der
                              									Feder 10 überwindet. Dieser Luftdruck wirkt alsdann auf
                              									die obere Seite des Diaphragmas 9, welches mit Hilfe
                              									der Platte A das Ventil 6
                              									öffnet, so dass der Dampf über dem Kolben B durch das
                              									Ausströmungsrohr G entweichen kann. Der auf B aufwärts wirkende Druck schliesst in Folge dessen das
                              									Ventil 5 und schneidet dadurch den Dampfzutritt zur
                              									Pumpe ab.
                           Sobald der Druck in der Hauptleitung durch das Anziehen der Bremsen vermindert wird,
                              									schliesst sich das Ventil 6 wieder und gestattet dem
                              									Dampfe, sich aufs Neue über dem Kolben B zu sammeln,
                              									worauf das Ventil 5 geöffnet und somit die Luftpumpe
                              									wieder in Thätigkeit gesetzt wird.
                           Die Feder 10 kann mit Hilfe der Muttern 15 beliebig eingestellt werden, so dass jeder
                              									gewünschte Luftdruck in der Leitung erzielt werden kann. Der Regulator kann auch
                              									ohne Handrad C nebst Spindel 16 ausgeführt werden, wenn man vorziehen sollte, einen besonderen
                              									Dampfhahn an irgend einem Orte anzubringen. In solchen Fällen wird das untere
                              									Verschlusstück 4a
                              									durch eine geschlossene Kappe ersetzt, in der sich der untere Theil des Ventils 5 führt.
                           Fig. 3 zeigt die jetzige Construction der zur
                              									Verwendung kommenden Functionsventile, welche, wie dies bereits 1888 268 Taf. 24 Fig. 1
                              									ersichtlich, je mit einem Hilfsluftbehälter und Bremscylinder zu einem Stück
                              									vereinigt sind, so dass nur eine Rohrverbindung von der Hauptleitung nach jedem
                              									Functionsventil anzubringen ist.
                           Textabbildung Bd. 291, S. 252Fig. 3.Functionsventile.B. Nach dem Bremscylinder; C.
                                    											Nach dem Hilfsluftbehälter; E. Von der Hauptleitung. In dem Gehäuse 1 befindet sich ein Kolben 5 mit Schieberventil 6,
                              									welches den nach dem Bremscylinder führenden Kanal a
                              									überdeckt. Pressluft aus der Hauptleitung tritt bei E
                              									ein, gelangt durch den Kanal K und die Oeffnungen l nach dem Kolben 5 und
                              									treibt denselben mit Ventil 6 in die gezeichnete
                              									Stellung. Demnächst strömt die Luft wie früher auch durch die Nuthen d und f nach der anderen
                              									Seite des Kolbens in den bei C anschliessenden
                              									Luftbehälter. Die Höhlung b des Schiebers 6 verbindet in dieser Stellung den Kanal a mit dem ins Freie mündenden Kanal c, so dass die Bremsen ausser Thätigkeit bleiben.
                           Sollen die Bremsen nur massig angezogen werden, so bewegt sich in Folge geringer
                              									Verminderung des Luftdruckes in der Hauptleitung der Kolben 5 nach rechts, verschliesst die Füllnuthe d
                              									und bringt das in dem Schieber 6 liegende kleine Ventil
                              										7 von seinem Sitz, so dass die Luft durch eine
                              									seitliche Oeffnung in den Kanal e des Schiebers
                              									gelangen kann; der letztere wird dann ebenfalls vom Kolben mitgenommen und so weit
                              									nach rechts verschoben, bis der Kanal e dem Ausgange
                              										a gegenübersteht. Da jetzt Luft in den
                              									Bremscylinder überströmt, erfolgt das Anziehen der Bremsklötze. Sobald der Druck im
                              									Luftbehälter in Folge dieses Ueberströmens von Luft unter denjenigen in der
                              									Hauptleitung gesunken ist, bewegt sich Kolben 5 wieder
                              									etwas zurück und schliesst das kleine Ventil 7, wobei
                              									der Schieber in seiner Stellung verharrt. Ein weiterer Uebertritt von Luft in den
                              									Bremscylinder wird dadurch verhindert. Um die Bremswirkung zu verstärken, kann man
                              									durch abermalige Herstellung einer geringen Druckverminderung in der Hauptleitung
                              									das Spiel wiederholen und damit jeden beliebigen Druck im Bremscylinder
                              									erzeugen.
                           Um die Bremsen schnell und mit voller Kraft in Thätigkeit zu setzen, ist eine
                              									plötzliche und erhebliche Druckverminderung in der Leitung auszuführen. Kolben 5und Schieber 6 werden
                              									dadurch bis an das Ende ihres Hubes getrieben, und letzterer legt sich auf die
                              									Lederscheibe 10, wobei der Ausschnitt desselben der zu
                              									dem Nebenkolben 13 führenden Oeffnung h gegenüber steht und gepresste Luft aus dem Behälter
                              									auf diesen Kolben wirken kann. Derselbe wird hierdurch abwärts bewegt, legt sich
                              									gegen die Stange des Ventils 18 und hebt dieses von
                              									seinem Sitz.
                           Textabbildung Bd. 291, S. 253Bremsventil.Fig. 4. B. Zum Manometer. C.
                                    											Vom Hauptluftbehälter. D. Zum Nothbremssignalventil. E. Hauptleitung. F. Vom
                                    											Luftbehälter; Fig. 5. A. Hauptventil; Fig. 6. G. Ausblasrohr. Der in der Hauptleitung noch vorhandene Druck öffnet auch das
                              									Rückschlagventil 19, und die Luft strömt nunmehr mit
                              									grosser Geschwindigkeit durch die geöffneten Ventile 19
                              									und 18, sowie durch den Durchgang B in den Bremscylinder, so dass nicht nur eine schnelle
                              									Bremswirkung an dem betreffenden Wagen erzielt, sondern auch eine weitere Druck
                              									Verminderung in der Leitung geschaffen wird, welche sich ausserordentlich schnell
                              									von Wagen zu Wagen fortpflanzt. Während des zuletzt beschriebenen Vorganges steht
                              									auch der Kanal g des Schiebers 6 mit dem Kanale a in Verbindung, so dass
                              									auch gleichzeitig gepresste Luft aus dem Luftbehälter in den Bremscylinder
                              									überströmt. Die Durchgänge von der Hauptleitung in den Bremscylinder sind jedoch
                              									erheblich grösser als diejenigen vom Luftbehälter in den Bremscylinder, und der
                              									letztere wird daher zum grössten Theil bereits mit Pressluft aus der Hauptleitung
                              									gefüllt, ehe die Luft aus dem Luftbehälter Zeit gefunden hat, ebenfalls dorthin zu
                              									gelangen.
                           Sobald der Druck im Bremscylinder demjenigen in der Hauptleitung gleich ist, wird das
                              									Rückschlagventil 19 mit Hilfe der Feder 20 geschlossen und dadurch ein Zurückströmen der
                              									Luft verhindert, auch wenn der Druck im Bremscylinder grösser wird als der Druck in
                              									der Leitung.
                           Sobald mittels des Führerbremsventils Pressluft aus dem Hauptluftbehälter der
                              									Locomotive in die Hauptleitung eingelassen wird, erfolgt das Lösen der Bremsen in
                              									der 1888 268 * 436 angegebenen Weise.
                           Das Sieb 24 aus Drahtgeflecht dient dazu, feste Körper
                              									von dem Eintritte in das Functionsventil abzuhalten.
                           Mittels des Hahnes in dem unteren Theile des Functionsventils kann die
                              									Bremsvorrichtung eines Fahrzeuges ganz ausser Thätigkeit gesetzt, oder es kann auch
                              									nur die schnelle Wirkung derselben ausgeschaltet werden. In der senkrechten Stellung
                              										M des Hahngriffes ist die schnelle Wirkung
                              									vorhanden; durch eine Drehung in die Stellung N wird
                              									die Bremse völlig ausser Thätigkeit gesetzt und durch eine noch weitere Drehung des
                              									Griffes bis nach O nur die schnelle Wirkung
                              									ausgeschaltet, so dass das Ventil genau in derselben Weise wie bei der älteren
                              									Construction desselben wirkt.
                           Fig. 4 bis 6 veranschaulichen das
                              									auf dem Führerstande der Locomotive angebrachte Bremsventil mit
                              									Ausgleichvorrichtung, welches dazu dient, das Füllen der Hauptleitung und
                              									Hilfsluftbehälter mit gepresster Luft, sowie das Anziehen und Lösen der Bremsen an
                              									allen Fahrzeugen des Zuges zu vermitteln.
                           In Folge der angeordneten Ausgleichvorrichtung kann die Luft aus dem
                              									Hauptleitungsrohre so lange ununterbrochen ausströmen, bis der Druck im ganzen Zuge
                              									ein gleichmässiger ist; hierdurch wird, gegenüber den Uebelständen, welche sich bei
                              									ungeschickter Handhabung des bisherigen Bremsventils herausstellten, eine
                              									gleichmässige Bremswirkung an sämmtlichen Wagen geschaffen und damit dem Entstehen
                              									von Stössen und Eintreten von Kuppelungsbrüchen vorgebeugt.
                           Fig. 4 und 5 stellen den Handgriff
                              									und das Hauptventil in der in Fig. 5 mit A bezeichneten Stellung zum Lösen
                              									der Bremsen dar; der Durchgang der Luft aus dem Hauptbehälter durch den Drehschieber
                              										4 zum Hauptleitungsrohr E ist durch Pfeile angedeutet. Durch die Höhlung i und den Kanal K gelangt die Luft auch in
                              									die Kammer T.
                           Während der Fahrt dreht man den Handgriff des Ventils in die Stellung B (Fig. 5), in welcher die
                              									Luft nicht mehr durch den Durchgang a (Fig. 4) in das
                              									Leitungsrohr E gelangen kann, doch trifft ein im
                              									Hauptventil liegender Kanal auf den Kanal c (Fig. 5 und 6) im Körper, welcher zu
                              									dem unter der Kappe 26 gelegenen Füllventil 24 (Fig. 6) führt und von da
                              									aus Verbindung mit dem Hauptleitungsrohre hat, wie durch den punktirten Pfeil in
                              										Fig. 5 angedeutet
                              									wird. Das Füllventil 24 wird mittels Feder 25auf seinen Sitz niedergehalten; hierdurch wird es
                              									ermöglicht, im Hauptluftbehälter einen um 1⅓ bis 1⅔ at höheren Druck als im
                              									Hauptleitungsrohr zu erhalten, welcher Ueberdruck das rasche Lösen der Bremsen
                              									sichert. In der Stellung B des Handgriffes ist auch die
                              									Höhlung S im Hauptventil (Fig. 4) mit der Kammer
                              										T (Fig. 4 und 6) verbunden, an welche
                              									ein kleiner Luftbehälter angeschlossen ist, dessen Luftdruck ein mit dem
                              									Gewindestück 17 verbundener Luftdruckmesser anzeigt.
                              									Der in diesem Behälter aufgespeicherte Luftdruck wirkt auf den Kolben 11, dessen Stange in einem kleinen Auslassventil U endet, welches seinen Sitz auf einem inneren
                              									Vorsprung an dem unteren Verschlusstücke 22 hat.
                           Um die Bremsen mit massiger Kraft anzuziehen, wird der Handgriff in die Fig. 5 ersichtliche
                              									Stellung D gedreht. Alsdann entweicht ein Theil der in
                              									der Kammer T und ihrem Luftbehälter enthaltenen Luft
                              									durch den Ausgang e (Fig. 5 und 6), eine Höhlung im
                              									Hauptventil und die mit der Ausströmungsöffnung W (Fig. 5) in Verbindung
                              									stehende Vertiefung g der Gleitfläche. Hierdurch wird
                              									oberhalb des Kolbens 11 eine Druckverminderung erzeugt
                              									und der nun in der Hauptleitung vorhandene Ueberdruck, welcher auf die untere Seite
                              									des Kolbens wirkt, treibt denselben aufwärts, hebt dadurch das Stangenventil U von seinem Sitz und gestattet der Luft, so lange
                              									durch das Ausblasrohr zu entweichen, bis im ganzen Zuge der Luftdruck in der
                              									Hauptleitung dem Drucke in der Kammer T gleich ist,
                              									worauf das Ventil U wieder auf seinen Sitz niedersinkt
                              									und das Ausblasrohr abschliesst.
                           Zu Nothbremsungen dreht man den Handgriff ganz nach rechts in die Stellung M; hierdurch wird eine unmittelbare Verbindung zwischen
                              									dem Kanäle V (Fig. 4 und 5) und der grossen
                              									Ausströmungsöffnung W (Fig. 5 und 6) hergestellt, durch
                              									welche die Pressluft aus der Hauptleitung entweicht, so dass sich der Druck in
                              									derselben sehr rasch vermindert.
                           In der Stellung C (Fig. 5) ist das Ventil
                              									völlig geschlossen und es kann weder Luft ausströmen, noch von einem Räume in einen
                              									anderen übertreten.
                           Damit auch die Reisenden eines Zuges bei irgend welchen gefahrdrohenden Vorkommnissen
                              									den Zug zum schnellen Stillstande bringen können, ist am Ende jeder Wagendecke ein
                              									Nothbremshahn mit Signalpfeife und Signalscheibe angebracht, welcher mit der
                              									Hauptleitung durch ein Zweigrohr verbunden ist. In jeder Wagenabtheilung befindet
                              									sich ferner ein Handgriff, durch dessen Herunterziehen ein mit dem Nothbremshahn
                              									verbundenes Drahtseil niedergezogen wird, so dass sich der erstere öffnet und
                              									Pressluft aus der Hauptleitung strömt, welche die Signalpfeife zum Ertönen bringt.
                              									Zu gleicher Zeit ertönt aber auch eine an der Locomotive angebrachte
                              									Nothsignalpfeife und die Bremse wird durch Verminderung des Luftdruckes angezogen.
                              									Der Führer kann dann sofort die Bremswirkung durch Oeffnen des Führerbremsventils
                              									unterstützen.
                           Textabbildung Bd. 291, S. 254Fig. 7.Signalpfeife.A. Vom Führer Bremsventil; B.
                                    											Vom Hilfsluftbehälter der Locomotive; C. Vom Hauptluftbehälter. Die auf der Locomotive angebrachte, mit einem Ventilkasten verbundene
                              									Nothsignalpfeife veranschaulicht Fig. 4; die Wirkung
                              									derselben ist von dem jeweiligen Druck ober- und unterhalb des Diaphragmas 13 abhängig. So lange der Druck in der unteren Kammer
                              										E dem in der oberen Kammer D gleich oder höher als letzterer ist, ertönt die Pfeife nicht, gibt aber
                              									ein Reisender oder Schaffner ein Signal, so vermindert sich der Luftdruck in der
                              									Hauptleitung und wird in E geringer als in D, und demzufolge wird das Diaphragma niedergedrückt.
                              									Hierdurch wird das kleine, am Diaphragma befestigte Ventil 6 geöffnet und die Luft vom Hilfsluftbehälter hebt den cylindrischen
                              									Kolben 9, so dass dieser das obere Ventil 10 von seinem Sitz abstösst und der Luft im
                              									Hauptluftbehälter den Durchgang nach der Pfeife 4
                              									öffnet. Die Wagenpfeife wird hiernach durch die von der Hauptleitung, die
                              									Locomotivpfeife dagegen durch die vom Hauptluftbehälter entweichende Luft zur
                              									Wirkung gebracht. Wird der ursprüngliche Druck in der Hauptleitung und somit auch in
                              									der Kammer E wieder hergestellt, so geht das Diaphragma
                              										13 in die Fig. 7
                              									ersichtliche Lage zurück und das Ventil 6 schliesst
                              									sich. Die Pressluft, welche den Kolben 9 gehoben hatte,
                              									entweicht alsdann durch eine kleine Nuthe in der Oberfläche dieses Kolbens und durch
                              									den Kanal H ins Freie, und das Ventil 10 schliesst sofort den Durchgang der Luft aus dem
                              									Hauptluftbehälter nach der Pfeife 4 wieder ab.
                           
                              Fr. Freytag.