| Titel: | Neuerungen in der Tiefbohrtechnik. | 
| Autor: | E. Gad | 
| Fundstelle: | Band 291, Jahrgang 1894, S. 266 | 
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                        Neuerungen in der
                           								Tiefbohrtechnik.
                        Von E. Gad in
                           								Darmstadt.
                        Mit Abbildungen.
                        Neuerungen in der Tiefbohrtechnik.
                        
                     
                        
                           Das Abbohren von Schächten kommt überall in Betracht, wo
                              									die gewöhnlichen Abteufmittel zur Erreichung der nutzbaren Lagerstätten versagen,
                              									was z.B. bei allen übermässig wasserreichen Deckgebirgen der Fall ist. Hierbei macht
                              									es einen wesentlichen Unterschied, ob das zu durchsinkende Gebirge standfest ist,
                              									wie z.B. der Kreidemergel Westfalens, oder aus thonigem Schwimmsand besteht, wie am
                              									Niederrhein.
                           Textabbildung Bd. 291, S. 265Fig. 1.Kleiner Schachtbohrer von Haniel und Lueg.Textabbildung Bd. 291, S. 265Fig. 2.Grosser Schachtbohrer von Haniel und Lueg. Im ersteren Falle ist die Aufgabe leichter und wird meist nach dem System
                              										Kind-Chandron gelöst. Das neueste hierzu von der
                              									Firma Haniel und Lueg zu Düsseldorf angefertigte
                              									Bohrgeräth ist folgendes:
                           Der kleine SchachtbohrerFig. 1 dient zum Vorstossen eines engeren Bohrloches
                              									von 1,8 bis 2,5 m Weite und besteht aus dem stählernen Meisselstück a an dem schmiedeeisernen Meisselschaft b, der oben die Führung c
                              									besitzt und sich am Freifallstück d bewegt. Das Gewicht
                              									beträgt 4000 bis 8000 k.
                           Der grosse SchachtbohrerFig. 2 soll den Schacht bis auf 5 bis 6 m Weite
                              									nachbohren, was meist in regelmässigem Abstande von 5 bis 10 m hinter der Vorbohrung
                              									her erfolgt. Die einzelnen Meissel a sind am
                              									Meisselschaft b
                              									an den äusseren Enden angebracht, während die Breite der Vorbohrung frei
                              									bleibt. Die Führung c ist vierarmig. Die Frei fall
                              									Vorrichtung d functionirt durch den Widerstand, den der
                              									Blechhut e beim Fall des Bohrers im Wasser findet. Eine
                              									Füllung des ganzen Schachtes mit Wasser ist zudem günstig, weil der Wasserdruck die
                              									Schachtwände standfest erhält. Geschlämmt wird mit Ventilbüchsen, meist aus dem
                              									Vorbohrloch, auch während der Schachterweiterung. Die Bewegung des Bohrgeräthes
                              									geschieht durch einen starken Bohrschwengel; die Kabelmaschine unterscheidet sich
                              									auch nur durch ihre Grössenverhältnisse von der Lochbohrmaschine.
                           Nach vollendeter Bohrung erhält die Schachtwandung an ihren wasserführenden Stellen,
                              									also ganz oder theilweise, eine Bekleidung durch Cylinder aus gusseisernen Ringen –
                              									die Cuvelage –, welche, von Tage aus in den Schacht eingelassen, wasserdicht mit dem
                              									trockenen Gebirge verbunden und durch Hinterfüllung mit Cement befestigt wird.
                           Textabbildung Bd. 291, S. 265Fig. 3.Fahrzeug für Cuvelageringe.Fig. 3 stellt einen solchen von Haniel und Lueg gefertigten Cuvelagering, zum
                              									Eisenbahntransport auf dem Lowry verpackt, dar. Der Durchmesser darf für den
                              									Transport 4,50 m nicht übersteigen, da das Gewicht sonst zu schwer wird. Sind
                              									grössere Schachtweiten erforderlich, so muss man Ringe an Ort und Stelle giessen
                              									oder aus Segmenten zusammensetzen.
                           Die ersten dieser Bohrschächte nach System Kind-Chandron
                              									sind 1852 auf Zeche Dahlbusch in Westfalen über 100 m
                              									tief mit 3,65 m lichter Weite ausgeführt; jetzt sind deren bereits in grosser Zahl
                              									vorhanden und werden ohne besondere Schwierigkeit über 300 m tief, mit 4,10 m
                              									lichter Weite und darüber, wie z.B. bei Ghlin in
                              									Belgien, auf Zeche Preussen in Westfalen u.s.w.,
                              									niedergebracht.
                           Schwieriger ist die Durchsinkung schwimmender Gebirgsschichten ohne Standfestigkeit.
                              									Bei geringer Mächtigkeit solcher Schichten hilft man sich wohl durch Getriebearbeit,
                              									Gefrierverfahren, Gebirgsversteinerung durch Cementirung, Gebirgsaustrocknung durch
                              									Pressluft, oder durch Eindrücken von Senkcylindern oder Spundwänden. Eine sehr einfache
                              									Durchsinkung von nassem Kies mittels eines gusseisernen Ringschachtes ist Fig. 4 dargestellt.
                           Textabbildung Bd. 291, S. 266Fig. 4.Eiserner Schachtcylinder. Sehr schwierig bleibt das Durchsinken mächtiger Schwimmsandschichten, wenn
                              									diese Arbeit auch in den letzten 40 Jahren, besonders dank der Firma Haniel und Lueg, wesentliche Fortschritte gemacht hat.
                              									Das Verfahren charakterisirt sich dadurch, dass eine Folge von Senkcylindern, unter
                              									Gewinnung des Gebirges mittels Sackbohrer und verwandter Instrumente, durch
                              									Belastung oder Pressung niedergebracht werden, wobei ein innerer Cylinder von
                              									geringerer Weite folgt, sobald sich der nächst äussere nicht mehr ohne Gefahr der
                              									Beschädigung tiefer bringen lässt. Das Bohrverfahren nebst Aufbau der Cylinderringe
                              									– Tubbings – schliesst nicht aus, dass man nach Möglichkeit von der Sohle aus mit
                              									Handarbeit Ringe segmentweise unterbaut. Man beginnt die Arbeit meist mit Einbau
                              									einer Fundamentmauer von 10 m lichter Weite für die Tagesanlagen, senkt dann eine 8
                              									bis 9 m weite Senkmauer mit gusseisernem Senkschuh und eiserner Verankerung ein und
                              									lässt dann gusseiserne Cylinder, mit etwa 7 m lichter Weite beginnend und um je 0,5
                              									m Weite abnehmend, nach Bedarf folgen.
                           Das wichtigste hierbei übliche Bohrgeräth ist folgendes:
                           Textabbildung Bd. 291, S. 266Fig. 5. HandsackbohrerFig. 6. Grosser SackbohrerFig. 7.
                                    											Hohlgestänge f. d. Bohrer.Der Handsackbohrer (Fig. 5) wird an
                              									schmiedeeisernem Rohrgestänge von 50 mm Durchmesser von je zwei Mann gedreht. Oft
                              									werden drei dieser Instrumente von einer Bühne aus betrieben.
                           Der grosse Sackbohrer (Fig. 6) von 4 m
                              									Durchmesser und darüber wird stets maschinell, und zwar an dem Hohlgestänge (Fig. 7) gedreht. Dieses
                              									besteht aus eisernen Rundblechen von etwa 40 cm lichter Weite, 8 mm Wandstärke, in
                              									etwa 10 m langen  Sätzen bezieh. kürzeren Verlängerungsstücken. Die Theile sind alle
                              									1 bis 1,5 m übergreifend vernietet a, während die Sätze
                              									unter sich noch mit eisernen Muffen b nebst
                              									durchgesteckten gusstählernen Kreuzkeilen c befestigt
                              									werden. Die angenieteten Winkeleisen d dienen zum
                              									Handhaben.
                           Das Erweiterungsinstrument (Fig. 8) kommt an demselben Gestänge zur Verwendung, wenn unter dem
                              									Senkschuh festes Gebirge zu unterschneiden ist.
                           Der Greifapparat des Priestmann'schen Baggers wird neuerdings zum Aufholen des weichen Gebirges
                              									mit grossem Vortheil an Stelle des Sackbohrers angewendet, wo Thonklumpen im Sande,
                              									Kreidemergelblöcke u.a. den Gebrauch der Säcke erschweren oder ausschliessen.
                              									Die geöffneten Stahlrechen dringen durch ihr Gewicht sicher in weiche Gebirgsmassen
                              									ein und greifen beim Anheben etwa 1 cbm Material.
                           Die Drehvorrichtung (Fig.
                                 										9) befindet sich auf dem Bohrwagen a, der auf
                              									Schienen b von 5 m Gleisbreite auf der Hängebank c gerollt wird. Die Schiebeluken d für Durchlass des Bohrgeräthes laufen auf den
                              									Schienen e. Das Bohrgestänge f ist oben mit der Königsstange g verbunden,
                              									die unten rund, im oberen etwa 2 m langen Theil quadratisch ist. Oben hängt sie am
                              									Wirbel h. Der Bohrwagen trägt die Hülse i, in welcher sich das Zahnrad k mit dem Kopfe l dreht. In das Zahnrad
                              									greift die Schnecke m, auf deren Achse die Treibscheibe
                              										n, die durch Riemenverbindung ihre Drehung von
                              									einer Locomobile her erhält.
                           Die Kabelmaschine, für welche oft bei Förderschächten die später erforderliche
                              									Fördermaschine zur Verwendung kommt, hebt und senkt nicht allein das Bohrgeräth,
                              									soweit es dem Bohrfortschritt entspricht, sondern lässt es auch aus und ein. Bei
                              									Verlängerung und Verkürzung des Bohrgestänges wird der im Schacht befindliche Theil
                              									mit einem der Winkeleisen über den Schiebeluken d
                              									eingehängt.
                           Textabbildung Bd. 291, S. 266Fig. 8.Schachterweiterungsinstrument. Die Cuvelage, die naturgemäss mit dem Bohren Hand in Hand gehen muss,
                              									geschieht je nach Umständen durch Aufbau oder durch Unterbau von Ringen, die aus
                              									abgepassten Segmenten, etwa 10 bis 12, zusammengeschraubt und in allen Fugen mittels
                              									Bleistreifen oder Pitch-pine-Brettchen gedichtet werden.
                           Ein Aufbausegment (Fig. 10) hat meist bei
                              									etwa 60 mm Wandstärke 1 bis 1,5 m Höhe, zwei Flanschen a und zwei Verstärkungsrippen b. nebst einer
                              									Anzahl für die Horizontal- und Verticalverbindung abgepassten Schraubenlöchern c.
                           Der Senkschuh a (Fig. 11) bildet stets
                              									den Fuss eines Eisencylinders. Nach oben schliessen sich Aufbauringe b nach Fig. 10 an. Soll zum
                              									Unterbau von Segmentringen übergegangen werden, so ist der Anschluss eines
                              									Anschlussringes c unter dem Senkschuh als Uebergang zum
                              									Unterhängecylinder erforderlich. Die Kanäle d dienen
                              									zum Einfüllen von Cement, der sich hier nicht, wie bei Aufbaucylindern, stets von
                              									oben aus nachfüllen lässt. Der Anguss e soll dem ganzen
                              									Cylinder einen besseren Halt an den Schachtstössen geben. Zu noch grösserem Halt
                              									wird je nach Beschaffenheit des Gebirges in grösseren oder geringeren Abständen ein
                              										Keilkranz in Segmenten a (Fig. 12)
                              									eingefügt. Ein Unterhänge-Tubbing b (Fig. 12) von nur 40 cm
                              									Höhe kommt in wenig standfestem Gebirge in Gebrauch, während man in festerem.
                              									Gestein auch Tubbings von 60 oder 100 cm Höhe mit entsprechenden Verstärkungsrippen
                              									unterhängt.
                           Der Anschluss der Sohle an das feste Gebirge muss stets durch sehr sorgfältige
                              									Cementirung und Pikotage hergestellt werden.
                           Die ersten beiden bedeutenden Senkschächte, die von der Firma Haniel und Lueg auf Zeche Rheinpreussen 1857
                              									bis 1878 durch 100
                              									m mächtige Schwimmsandschichten niedergebracht sind, haben bei 20jähriger
                              									Arbeitszeit 6 Millionen Mark zusammen gekostet und sind schliesslich mit nur 2,86 m
                              									lichter Weite zum festen Steinkohlengebirge gelangt, während in neuerer Zeit (1888
                              									bis 1892) zwei unter ähnlichen Verhältnissen auf Zeche Deutscher Kaiser abgebohrte Senkschächte in je 3jähriger Arbeit für je ¾
                              									Millionen Mark noch mit Endweiten von 5 m bezieh. 5,5 m zum festen Anschluss
                              									gebracht sind.
                           Textabbildung Bd. 291, S. 267Fig. 9.Drehvorrichtung für Schachtbohrung. Die von Robert J. Harris in New York
                              									erfundene Methode zur Erhärtung und Durchbohrung von Schwimmsandschichten ist 1892
                              									zuerst mit Erfolg in Providence, Rhode Island, bei der
                              									Kanalisirung der Stadt angewendet worden.
                           Die Erfindung von Harris beruht auf folgender Erwägung:
                              									Bringt man in den Schwimmsand zwei Röhren in massiger Entfernung von einander ein
                              									und presst Wasser durch die eine Röhre nieder, so wird Sand aufgespült, der auf dem
                              									Wege des geringsten Widerstandes, also durch die zweite Röhre ausweicht. Das
                              									Ausweichen von Sand findet so lange statt, bis eine hinreichend grosse Höhlung
                              									ausgespült ist, deren Wände durch den Wasserdruck festgehalten werden. Presst man
                              									nun statt des Wassers Cement durch die erste Röhre, so lässt sich der Schwimmsand zu
                              									steinartigen Massen verdichten.
                           Je nach dem Material des schwimmenden Gebirges lassen sich andere Stoffe zur
                              									Verdichtung einfüllen; so würde sich z.B. bei Schlamm besser Sand und Mörtel
                              									eignen.
                           Textabbildung Bd. 291, S. 267Fig. 10. Aufbau-TubbingFig. 11. Senkschuh m. AnschlussFig. 12.
                                    											Keilkranz mit Unterhänge-Tubbing. Es erinnert dieser Gedanke an den amerikanischen VorschlagTecklenburg,
                                       												Tiefbohrkunde, Bd. 5 S. 80.D. p. J. 1889 271
                                    											299., beim Tieflochbohren innerhalb einer niederzusenkenden
                              									Bohrröhre den zähen Bohrschlamm so langsam durch Spülwasserdruck in der Spülröhre
                              									hinab- und an der Aussenwand zwischen der Rohr wand und der Bohrlochswand
                              									hinaufzudrücken, dass derselbe dort haften bleibt und sich zu einer festen Wand
                              									verdichtet. Auch dabei können dem Bohrschlamm, je nach Umständen, verschiedene
                              									Stoffe, wie Kies, Sägemehl, Kalk, Cement, Samen, Häcksel u.s.w., zugesetzt
                              									werden, um die Verdichtung der Aussenwand zu sichern.
                           Textabbildung Bd. 291, S. 267Fig. 13.Schachtsohle mit Erhärtung nach Harris.Textabbildung Bd. 291, S. 267Fig. 14.Schachtwand-Erhärtung nach Harris. Es handelte sich in Providence darum, die
                              									Hauptröhren der städtischen Kanalisirung in den Schwimmsand, der die ganze Stadt
                              									umgibt, einzubringen, welche Arbeit bisher auf keiner Weise hatte gelingen wollen.
                              										Harris führte auf der Schachtsohle, die dicht über
                              									dem zu kanalisirenden Schwimmsande stand, in diesen vier Röhren von 5 cm lichter
                              									Weite, im Abstand von 1,20 m unter einander, 5,20 m tief von der Bohrsohle ab, d.h.
                              									noch 0,30 m unter die Sohle des zu bohrenden Kanals.
                           Nachdem eine Wassercirculation zwischen den Röhren hergestellt war, wurden engere
                              									Röhren eingeführt und durch diese Cement eingepresst. Nachdem diese Cementirung 3
                              									Wochen lang fortgesetzt war, erwies sich der Schwimmsand an der Arbeitsstelle zu
                              									einer bearbeitbaren Gebirgsmasse mit Cementschichten erhärtet.
                           Fig. 13 stellt die Erhärtung einer Sohle dar, während
                              										Fig. 14 zeigt, wie auch durch Lüftung der Röhren
                              									um 0,60 bis 0,30 m die Herstellung von senkrechten Wänden erreicht werden kann.
                           Bei allen Tiefbohrungen im wasserführenden Gebirge, sowohl bei Schachtbohrungen wie
                              									bei Lochbohrungen, wird man stets darauf achten müssen, dass kein Wasserauftrieb
                              									ausserhalb der Verrohrung Tagesbrüche zur Folge hat. Bei Schachtbohrungen wird dem
                              									meist durch die eingeschachtelten Senkcylinder mit zwischengefüllter Cementirung
                              									vorgebeugt. Aehnlich lässt sich auch bei artesischen Brunnenbohrungen verfahren, wie
                              									das Beispiel des artesischen Brunnens von Bourne,
                              									Lincolnshire in England (Fig. 15), zeigt. Der 40 m
                              									tiefe Brunnen von 32,5 cm lichter Weite war zunächst auf 22,26 m Tiefe durch ein eng
                              									an die Bohrlochwand anschliessendes Rohr a geschützt.
                              									Dies umgab ein wenig weiteres Rohr b bis 9,76 m Tiefe,
                              										während ein 55
                              									ein weites Rohr c den oberen Theil auf 3 in Tiefe
                              									einschloss. Beide Zwischenräume wurden mit Cement ausgefüllt. Ausserdem schützte
                              									noch der 1,8 m hohe und 1,8 m im Lichten weite Mauerschacht d den Brunnenmund.
                           Dieser Brunnen von Bourne galt bis vor Kurzem mit
                              									täglicher Wasserlieferung von 2 592 000 Gallonen als der ergiebigste artesische
                              									Brunnen der Welt, bis ihm neuerdings dieser Ruhm durch den für die Schwimmanstalt
                              									bei Fort Worth, Texas, erbohrten artesischen Brunnen,
                              									der mit 320,86 m Tiefe und 25 cm oberer, sowie 12,5 cm unterer Weite jede Minute 600
                              									Gallonen Wasser liefern soll, streitig gemacht worden ist.
                           Der genannte englische Brunnen ist von der Firma Isler and
                                 										Co. in London hergestellt. Die dazu benutzte Bohrmaschine zeigt Fig. 16. Dieser hier als Diamantbohrmaschine
                              									dargestellte Mechanismus hat auch die Einrichtung, um vorkommenden Falles je nach
                              									der Gebirgsbeschaffenheit auch stossend mit einem Meisselbohrer arbeiten zu können.
                              									Der fahrbare Apparat wird durch Riemenübertragung von einer gleichfalls fahrbaren
                              									Dampflocomobile betrieben. Diese Transporteinrichtungen erleichtern die Benutzung
                              									auch in unwegsamen Gegenden. Eine solche Maschine ist daher z.B. neuerdings einer
                              									Bergwerksgesellschaft nach Chili gesandt, woselbst sie
                              									400 m tief bohren soll.
                           Textabbildung Bd. 291, S. 268Fig. 15.Artesischer Brunnen von Bourne. Eine zweite artesische Brunnenbohrung ist von Isler and Co. bei Keighley in England zu industriellen Zwecken ausgeführt.
                              									Dieser Brunnen ist 75 m tief, der festen Gebirgsbeschaffenheit wegen nur in den
                              									oberen 30 m, und zwar 18 m von Tage mit 25 cm weiten und ferner 12 m mit 12,5 cm
                              									weiten Rohren bekleidet, und sprudelt 15000 Gallonen stündlich 12 m hoch über die
                              									Erdoberfläche.
                           Das Uebersprudeln von Wasser ist mit keinerlei Gefahr verbunden, solange kein Sand
                              									oder sonstiges Gebirge mit ausgeworfen wird. Ist letzteres der Fall, so entstehen
                              									leicht unterirdische Aushöhlungen und Katastrophen wie in Schneidemühl. Es ist dem meist leicht vorzubeugen, indem man die
                              									Brunnenverrohrung über Tage so hoch verlängert, bis der aufsteigende Wasserstrom die
                              									schwereren festen Materien nicht mehr heben kann, was gar keine bedeutende Erhöhung
                              									ergeben wird. Fehlerhaft ist es meist, gefährliche Brunnen zustopfen zu wollen, da
                              									sich dann das unelastische Wasser erst recht Bahn brechen wird, wobei starke
                              									Verwüstungen angerichtet werden können.
                           In England wird ausser zur Gewinnung von Trinkwasser auch zu der von Soole im grossen
                              									Maasstabe die Tiefbohrung zu Hilfe genommen. Man rechnet, dass von den etwa 2
                              									Millionen Tonnen Kochsalz, die England jährlich producirt, nur 10 Proc. bergmännisch
                              									als Steinsalz abgebaut, dagegen 90 Proc. als Soole aus Tiefbohrlöchern gehoben
                              									werden. Es kommen besonders zwei Salzdistricte in Betracht, der eine von Cheshire, nicht weit von Liverpool, der andere von Middlesborough an
                              									der Tees-Mündung. Die erste Lagerstätte ist bereits
                              									seit der Römerzeit bekannt, die zweite erst 1859 bis 1862 gelegentlich einer
                              									Brunnenbohrung auf 360 m Tiefe in 30 m Mächtigkeit entdeckt. Ein wesentlicher
                              									Unterschied in der Gewinnung der Soole an beiden Stellen besteht darin, dass in Cheshire unterirdische Ansammlungen natürlicher Soole
                              									bestehen, die vorsichtig mit Strecken angefahren, zuletzt aber angebohrt und
                              									abgepumpt werden, während man zu Middlesborough
                              									künstliche Soole im Erdinneren erzeugen und von dort zu Tage heben muss. Middlesborough würde mit Cheshire nicht concurriren können, wenn nicht am ersteren Orte die zum
                              									Eindampfen des Steinsalzes erforderliche Steinkohle in nächster Nähe lagerte. Zum
                              									Tiefbohrverfahren hat man sich erst 1881 entschlossen, nachdem schon bald nach der
                              									Entdeckung der Versuch, das Salzlager mittels eines Abteufschachtes zu gewinnen,
                              									wegen zu grossen Wasserzudranges aufgegeben war. Die ersten Bohrungen fanden mit
                              									Diamantbohrung statt, seit 1886 ist man aber zu der für die dortigen
                              									Gebirgsverhältnisse zweckmässigeren pennsylvanischen Seilbohrmethode übergegangen.
                              									Die Bohrlöcher erhalten eine doppelte Verrohrung. Die Futterrohre der Wandung, oben
                              									meist 20 cm, unten an der Bohrsohle nur 14 cm weit, lassen oben in den
                              									Sandsteinschichten durch Perforationen süsses Wasser ein und unten gleichfalls durch
                              									Löcher nach dem Salzlager aus. Nach Sättigung des Wassers mit 26,5 Proc. Salz wird
                              									dann die künstliche Soole mittels eines inneren Pumpenrohres von 8 bis 10 cm lichter
                              									Weite zu Tage gepumpt, wobei der ehemalige Bohrschwengel als Pumpenschwengel
                              									dient.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 291, S. 268
                              Fig. 16.Isler's Brunnenbohrmaschine.
                              
                           Nach den bisherigen Bohrungen schätzt man die Ausdehnung des
                              									Salzlagers von Middlesborough auf etwa 20 englische
                              									Quadratmeilen mit etwa 100 Millionen Tonnen Salzgehalt auf jede Quadratmeile.
                           
                              
                                 (Schluss folgt.)