| Titel: | Beiträge zur Untersuchung des Wollfettes. | 
| Autor: | W. Herbig | 
| Fundstelle: | Band 292, Jahrgang 1894, S. 67 | 
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                        Beiträge zur Untersuchung des
                           								Wollfettes.
                        Von W.
                                 								Herbig.
                        (Schluss der Abhandlung S. 42 d. Bd.)
                        Beiträge zur Untersuchung des Wollfettes.
                        
                     
                        
                           Da Verseifungen unter Druck in Glasgefässen nicht durchzuführen sind, weil das Glas
                              									angegriffen wird, so sind auch die Angaben illusorisch, die Helbing und PassmoreChem. Centralblatt, 1893 Bd. 1 S. 670.Pharm. Zeitung, S. 150 bis
                                          										151. über die Verseifung des Lanolins machen. Jedenfalls ist es
                              									nicht zu billigen, auf Grund zweier Versuche, die zufällig übereinstimmen (sie
                              									finden für zwei Verseifungen unter Druck in Glasgefässen die Verseifungszahlen 85,36
                              									und 83,44), ein Verfahren der Untersuchung des Wollfettes basiren zu wollen. Auf die
                              									übrigen Veröffentlichungen von MeuteChem. Centralblatt, 1893 Bd. 1 S.
                                          											963., SpiegelIbidem S.
                                       												1090. Pharm. Zeitung, Bd. 38 S. 191 bis
                                          												192., GraffPharm. Zeitung, Bd. 38 S. 62 bis
                                          											63. näher einzugehen, so weit diese Bezug auf die Verseifung
                              									des Wollfettes haben, kann unterlassen werden, da ich im Vorstehenden zur Genüge
                              									festgestellt zu haben glaube:
                           I. Dass bei allen Wollfetten die Verseifung am Rückflusskühler nach ein- bis
                              									zweistündigem Erhitzen stehen bleibt.
                           II. Dass beim Verseifen unter Druck im Kupferrohr mit ½-normaler alkoholischer Lauge
                              									die Verseifung weiter fortschreitet, aber stetigen Schwankungen ausgesetzt ist, so
                              									dass, je nach der Natur des Fettes, je nachdem es leichter oder schwerer verseifbar
                              									ist, die Verseifung schliesslich mit der Länge der Zeit dem Endpunkt nahe gerückt
                              									wird oder in der Mitte zwischen den Grenzen stehen bleibt. Beispiel: Australisches
                              									Wollfett II.
                           III. Dass bei allen Wollfetten mit doppelt normaler Lauge schon nach einstündigem
                              									Erhitzen die Grenze der Verseifbarkeit erreicht wird. Da, wie die Versuche beweisen,
                              									schon nach einer Stunde die Verseifung vollendet ist, nach 10 Stunden dieselbe
                              									durchaus nicht weiter fortgeschritten gefunden werden konnte, so dürfte wohl
                              									angenommen werden, dass auch bei längerem Erhitzen eine weitere Steigerung der
                              									Verseifung kaum zu erwarten war. Thatsächlich ergaben die Versuche, die am
                              									australischen Wollfett II und am südamerikanischen Wollfett zur Bestätigung dieser
                              									Vermuthung unternommen wurden, die Verseifungszahlen: 113,8 und 99,7 – Zahlen, die
                              									mit den sonst nach einstündigem Erhitzen erhaltenen so übereinstimmen, dass ein
                              									20stündiges Erhitzen unter Druck überflüssig erscheint. Es ist im Gegentheil eher
                              										anzunehmenSiehe die im
                                    											dritten Theile darüber gegebenen Erfahrungen., dass ein
                              									derartiges längeres Erhitzen unter Druck schliesslich doch die Natur der Fettsäuren,
                              									vielleicht im Sinne einer Oxydation, beeinflussen wird, so dass nach Beendigung des
                              									Versuches möglicher Weise ganz andere Körper in dem Verseifungsgemisch vorhanden
                              									sein können, als im ursprünglich verwendeten Wollfett.
                           Im Vorstehenden habe ich versucht, den Nachweis zu führen, dass man ebenso, wie man
                              									die Verseifung am Rückflusskühler quantitativ verfolgen kann, auch unter Druck für
                              									schwer zersetzbare Körper den Endpunkt der Zerlegung festzustellen vermag. Es dürfte
                              									diese Methode für die Untersuchung der Wachsarten und überhaupt der schwer
                              									verseifbaren Fettkörper von Wichtigkeit werden, wenn es gelingt, bei der Verseifung aller dieser
                              									total verschieden zusammengesetzten Körper in Bezug auf die Einwirkung des
                              									alkoholischen Kalis gewisse Gesetzmässigkeiten aufzustellen.
                           Es ist in neuerer Zeit ein Verfahren der Verseifung vorgeschlagen worden, welches das
                              									bisher dazu verwendete alkoholische Kali bei Seite setzt und die Anwendung von
                              									Natriumalkoholat vorschlägt. Das Verfahren, von Kossel-Obermüller-KrügerZeitschrift für physiologische Chemie, Bd.
                                       												14 S. 599. Bd. 15 S. 321. Bd. 16 S. 143. 152.
                              									bearbeitet, auf das ich im Nachstehenden näher eingehen möchte, um so mehr als die
                              									Verfasser dasselbe auch zur Verseifung von Wollfett angewendet haben, ist von so
                              									überraschender Einfachheit, dass es wohl allgemein der Einführung in die Analyse der
                              									Fette werth wäre. Meines Wissens ist aber bis jetzt ausser den in der Zeitschrift für physiologische Chemie in vier
                              									Abhandlungen erschienenen Arbeiten der Verfasser und einer kurzen Bemerkung in der
                              									citirten Abhandlung von Lewkowitsch bis jetzt von
                              									keiner Seite Aeusserung darüber gethan worden, wie sich die Anwendbarkeit dieser
                              									Methode für die Untersuchung von Fetten gestaltet; namentlich aber, glaube ich, ist
                              									die von den Verfassern aufgestellte Behauptung, dass das Natriumalkoholat auch
                              									schwer verseifbare Fette, Wachsarten, Wollfett u.s.w., vollständig verseife, von keiner Seite bis jetzt bestätigt worden.
                              									Jedenfalls durfte ich, da Obermüller die Verseifung des
                              									Wollfettes mit Natriumalkoholat als analytische Grundlage für die Zerlegung des
                              									Wollfettes vorschlägt, nicht unterlassen, die Prüfung dieser Methode an den von mir
                              									dargestellten und untersuchten Wollfetten vorzunehmen.
                           Ehe ich auf die Einzelheiten der vier Abhandlungen eingehe, werde ich die Besprechung
                              									der von mir angestellten Versuche vorausschicken.
                           Wenn man davon ausgeht, dass bei der Verseifung mit Natriumalkoholat als Endproducte
                              									die Natronseifen der Fettsäuren, etwa überschüssig vorhandenes Alkoholat, freier
                              									Aethylalkohol, Aetznatron, und die an die Fettsäuren gebundenen Alkohole vorhanden
                              									sind, so musste sich das überschüssige Alkoholat und das Aetznatron durch Titration
                              									bestimmen lassen. Hatte man nun gleich grosse Volumina des Natriumalkoholats
                              									abgemessen, das eine nach Zusatz von Wasser mit Salzsäure titrirt, das andere nach
                              									der Einwirkung auf die Fettmasse unter Zusatz von 50procentigem Alkohol und etwas
                              									Wasser ebenfalls titrirt, so konnte man analog der Bestimmung der Verseifungszahl in
                              									Fetten aus der beobachteten Differenz der verbrauchten Anzahl Cubikcentimeter
                              									Titrirsäure berechnen, wie viel Natrium zur Bindung an die Fettsäuren verbraucht
                              									worden, und durch Umrechnung auf Kalihydrat die Verseifungszahl bestimmen, die bei
                              									dieser Art der Verseifung erhalten worden ist.
                           Nach den von Kossel-Obermüller-Krüger aufgestellten
                              									Bedingungen wurde in zwei Versuchsreihen das eine Mal das Natriumalkoholat einwirken
                              									gelassen auf eine alkoholische Lösung bezieh. Suspension des Wollfettes, das andere
                              									Mal auf eine rein ätherische Lösung. Wie in der auf S. 46 aufgestellten Tabelle zu
                              									ersehen ist, wurden die Versuche der einen Reihe bei den drei Wollfetten II, III und
                              									IV so durchgeführt, dass 1 bis 2 g Wollfett mit 15 cc Alkohol zum Sieden erhitzt und
                              									zu der Flüssigkeit von einer frisch bereiteten Alkoholatlösung, enthaltend für
                              									gewöhnlich 10 g Natrium in 150 cc Alkohol, tropfenweise ein bestimmtes Quantum,
                              									durchgängig 15 cc, unter beständigem Umschwenken zugegeben und das Ganze eine Stunde
                              									am Rückflusskühler unter lebhafter Digestion im Sieden erhalten wurde. Alsdann wurde
                              									die Masse mit 50 Proc. Alkohol und destillirtem Wasser in ein Becherglas gespült und
                              									heiss neutralisirt. Für die zweite Versuchsreihe wurde 1 bis 2 g Fett in 80 cc
                              									gewöhnlichem neutralen Aether gelöst, in derselben Weise Alkoholat zugegeben, unter
                              									öfterem Bewegen die Flüssigkeit 30 Stunden stehen gelassen; alsdann ebenfalls unter
                              									Zusatz von Alkohol und Wasser bis zum Farbenumschlag der mit Phenolphtaleïn
                              									versetzten Lösung mit ½-normaler Salzsäure titrirt.
                           Aus der angeführten Tabelle erhellt, dass weder beim Fett aus südamerikanischer
                              									Wolle, noch bei dem aus russischer Schweisswolle gewonnenen Wollfett weder unter
                              									Anwendung von alkoholischer noch von ätherischer Lösung des Fettes die Verseifung
                              									mit Natriumalkoholat eine vollständige ist, denn beim südamerikanischen Wollfett
                              									geht unter Anwendung von Alkoholat die Verseifung nicht weiter als bei der
                              									Verseifung am Rückflusskühler mit ½-normaler alkoholischer Lauge; beim russischen
                              									Wollfett zeigen einzelne Versuche, dass in alkoholischer Lösung des Fettes das
                              									Natriumalkoholat den Verseifungsprocess ebenso weit fördert, wie die Verseifung
                              									unter Druck mit ½-normaler Lauge, dass in ätherischer Lösung mit Alkoholat die
                              									Grenze der Verseifung aber da liegt, wo am Rückflusskühler nach vierstündigem
                              									Erhitzen dieselbe ihr Ende gefunden. Beim australischen Wollfett II aber steigt
                              									unter Anwendung von Alkoholat die Verseifung bis zu dem Punkt, der bei der
                              									Druckverseifung nach 1- bis 3stündiger Einwirkung mit ½-normaler Kalilauge erreicht
                              									wird, wenn das Alkoholat auf die alkoholische Suspension des Fettes einwirkt; die
                              									Verseifung ist dagegen vollständig bei der Reaction des Alkoholats auf die
                              									ätherische Fettlösung. Vergleicht man dieses Ergebniss mit der Erfahrung, wie aus
                              									der Tabelle ersichtlich, dass dieses letztere Wollfett schon mit ½-normaler
                              									alkoholischer Kalilauge nach 10stündigem Erhitzen, im Gegensatz zu den anderen
                              									Fetten, vollständig verseift ist, so kommt man zu folgender Schlussfolgerung: Die
                              									Verseifung mit Natriumalkoholat geht in alkoholischer Lösung oder Suspension bei
                              									keinem der Fette bis zur Vollendung, dieselbe ist aber eine vollständige in
                              									ätherischer Lösung für das mit ½-normaler Lauge unter Druck verseifbare Fett,
                              									unvollständig für jene Fette, deren Grenzwerth der Verseifung erst unter Anwendung
                              									von doppeltnormaler Lauge erreicht wird. Allgemeiner gefasst ist das Ergebniss der
                              									erhaltenen Resultate: Natriumalkoholat verseift in alkoholischer Lösung schwer
                              									verseifbare Substanzen nicht vollständig, in ätherischer Lösung kann eine
                              									vollständige Verseifung eintreten, wenn der Körper unter Druck schon mit ½-normaler
                              									alkoholischer, Kalilauge vollständig zerlegbar ist.
                           Ich glaube in den oben gelieferten Angaben über die Verwendung des Natriumalkoholates
                              									die Forderungen erfüllt zu haben, die von Kossel-Obermüller-Krüger als Bedingung zur Erfüllung der vollständigen
                              									Verseifung verlangt wurden. In der ersten Abhandlung Obermüller'sZeitschrift für physiologische
                                          											Chemie. heisst es wörtlich: „Ein ganz besonderes
                                 										Interesse verdient die Verseifung des schwer zersetzlichen Wollfettes. Man muss dieses Fett
                                 										24 bis 28 Stunden im geschlossenen Rohr bei 100 bis 120° digeriren, um eine
                                 										vollständige Zersetzung zu erzielen. Mit Hilfe des Natriumalkoholates gelangt
                                 										man bei gewöhnlicher Temperatur zu demselben
                                 										Resultat. Wenn man 12 g Wollfett mit der aus 5 g Natrium entstehenden
                                 										Alkoholatmenge versetzt und 24 Stunden bei gewöhnlicher
                                    											Temperatur stehen lässt, so ist die ganze Menge verseift. Die Seife
                                 										scheidet sich in diesem Fall nicht wie bei gewöhnlichen Fetten in Form eines
                                 										compacten Niederschlages, sondern in Form gallertartiger Massen ab. Zur Trennung
                                 										derselben vom Cholesterin und Isocholesterin bedarf man eines sehr sorgfältigen
                                 										Auswaschens mit grösseren Mengen Aether (für 1 g Fett 150 cc Waschäther) unter
                                 										der Saugpumpe. Will man das Isocholesterin gewinnen, so muss man das ätherische
                                 										Filtrat mit einer oft erneuerten Menge Wasser ausschütteln; beim Verdunsten des
                                 										Aethers bleibt das Cholesterin zurück.“ Auf 12 g Fett sind hier 5 g Natrium
                              									verwendet, zu meinen Versuchen wurde für 1 bis 2 g Fett je 1 g Natrium verwendet,
                              									also mehr als Obermüller verlangt: 0,6 bis 0,85 g. Jene
                              									von Obermüller beobachtete gallertartige Abscheidung
                              									der gebildeten Seifen vermochte ich bei meinen Versuchen nicht zu bemerken. Die
                              									gebildeten Seifen schieden sich stets in Form eines feinen weissen, fast schleimigen
                              									Niederschlages ab. Dieser Unterschied kann durch die Verschiedenartigkeit des
                              									Wollfettes begründet sein, da Obermüller jedenfalls
                              									jenes viel freie Fettsäuren enthaltende technische Wollfett in den Händen hatte.
                              									Weiter aber ist eine Ungenauigkeit, die vielleicht versehentlich unterlaufen, in der
                              									angeführten Stelle dahin festzustellen, dass Obermüller
                              									das Isocholesterin aus dem Verseifungsproduct in so bequemer Weise zu isoliren
                              									vermochte, während nach SchulzeJournal für praktische Chemie, 1873 S.
                                       												163. die Trennung und Charakterisirung der beiden Körper
                              									nur gelang durch vorherige Ueberführung in die Benzoësäureäther. Ich glaube, dass
                              									man auch heute noch die Trennung der beiden Alkohole am besten nach der von Schulze angegebenen Methode erreicht, zumal da ObermüllerZeitschrift für physiologische Chemie, Bd.
                                       												15 S. 37. ja durch Anwendung von Benzoylchlorid ohne
                              									Anwendung eines Einschlussrohres wesentlich die Darstellung dieser Aether
                              									vereinfacht hat. Eine von Kossel-KrügerIbidem Bd.
                                       												15 S. 321. über diesen Gegenstand als zweite Abhandlung
                              									erschienene Arbeit beschäftigt sich zuerst mit der Theorie des Verseifungsprocesses
                              									und sucht in Anlehnung an ähnliche Versuchsergebnisse ClaisensBerichte der deutschen chemischen
                                          													Gesellschaft, Bd. 20 S. 646. den Chemismus des
                              									Vorganges klar zu legen, woran sich auch später ObermüllerZeitschrift für physiologische Chemie, Bd.
                                       												16 S. 152. betheiligt. Ferner hat aber Krüger in der citirten Arbeit in einer Reihe von
                              									Versuchen die Bedingungen festzustellen gesucht, die für das Zustandekommen einer
                              										vollkommenen Verseifung nöthig sind. Es heisst
                              									daselbst: „Die Versuche bezweckten die Entscheidung der Frage 1) kann die Verseifung vollständig in der Kälte zu Ende
                                    											geführt werden, 2) welches sind die anzuwendenden Mengen Alkohol und
                                 										Natrium, 3) in welcher Zeit ist die Verseifung beendet. Die erste Frage ist schon durch die frühere Publikation
                                 										bejaht worden und die neueren Versuche bestätigen dies.“ Diese hier erwähnte
                              									frühere Publikation ist jene zuerst erschienene Abhandlung von Kossel-Obermüller, der obiges Citat entnommen ist.
                              									Daselbst ist aber, meiner Ansicht nach, keine Angabe zu finden, die die
                              									Behauptung einer vollkommenen Verseifung auch nur einigermaassen stützen könnte.
                              									Weiter aber verfolgt Krüger die Prüfung des Verfahrens
                              									an einem so leicht verseifbaren Körper, wie Ricinusöl oder Hammeltalg, und so ist
                              									auch erklärlich, dass Krüger, nachdem er bei Verwendung
                              									eines Rückflusskühlers eine Verzögerung der Verseifung feststellt, auch hier schon
                              									eine Verseifung nach fünf Minuten für vollendet erklärt, wenn nur genügend grosser
                              									Ueberschuss von Natriumalkoholat vorhanden sei. Nach den von mir veröffentlichten
                              									Versuchen ist wohl nicht mehr zweifelhaft, dass für Wollfett und schwer verseifbare
                              									Körper überhaupt andere Verhältnisse maassgebend sind, und dass selbst bei grossem
                              									Ueberschuss von Alkoholat, wie ich ihn stets verwendet habe, die behauptete
                              									vollkommene Verseifung nicht erreicht wird. (Dabei unterläuft auch hier eine
                              									Ungenauigkeit, indem der Hammeltalg als aus gleichen Theilen Palmitin und Stearin
                              									bestehend angesehen wird, während doch nach Benedikt
                              									die Jodzahl des Hammeltalgs auf ziemlich 50 Proc. Oleïn schliessen lässt.) In einer
                              									weiteren AbhandlungZeitschrift für physiologische Chemie, Bd. 16
                                    											S. 143. sucht Obermüller eine
                              									Anwendung der Verseifung mit Natriumalkoholat auf Lanolin zu begründen und er führt
                              									daselbst aus: „Zur Darstellung des Isocholesterins aus Lanolin verseift man durch
                                 										intensives Kochen, womöglich unter Druck, Lanolin mit alkoholischem Kali; setzt
                                 										einmal zur Seife Wasser, extrahirt die wässerige Seifenlösung mit Aether, so
                                 										bleibt nach dem Verdunsten ein sehr kleiner Rückstand einer braungelben
                                 										wachsartigen Masse (Cholesterin und Isocholesterin). Setzt man aber zu der
                                 										alkoholischen Wollfettseifenlösung einfach Aether, dann fällt von vornherein der
                                 										grösste Theil der Seifen aus, nach viermaligem Ausschütteln der klaren
                                 										ätherischen Lösung mit H2O wird abdestillirt, es
                                 										bleibt so die Gesammtquantität der obigen gelbbraunen Masse zurück.“
                              									Obermüller versucht sodann durch Beimischung gewogener
                              									Cholesterinmengen zu Hammeltalg, Verseifung mit Alkoholat und unter Extraction der
                              									getrockneten Natronseifen das Cholesterin wieder zu gewinnen und führt weiter
                              									wörtlich aus: „Wenn dieses neue Verseifungsverfahren für quantitative
                                 										Bestimmungen im Fett Verwendung finden sollte, muss erst der Nachweis geliefert
                                 										werden, ob die Verseifung eine vollständige in nicht zu
                                    											langer Zeit ist. Eingehende Versuche beweisen, dass die Verseifung in kurzer
                                    											Zeit bei gewöhnlicher Temperatur eine vollständige ist.“
                           Das Verfahren wird daselbst zunächst am Hammeltalg ausprobirt und beschrieben; durch
                              									Abfiltriren der gebildeten Seife, Auswaschen derselben mit Aether soll im Filtrate
                              									das Unverseifte, in diesem Fall die eingewogene Menge Cholesterin wiedergefunden
                              									werden. Thatsächlich sind ja auch die Versuchsergebnisse so beschaffen, dass man
                              									berechtigt ist, bei leicht verseifbaren Substanzen, wie Hammeltalg eben ist, das
                              									Verseifungsverfahren als anwendungsfähig bezeichnen zu können; wenn schon
                              									bekanntlich Aether, selbst wasserfreier, der ja äusserst hygroskopisch ist, Seifen
                              									beim Auswaschen zu lösen vermag, welche den ätherischen Lösungen erst wieder durch
                              									Ausschütteln mit Wasser entzogen werden müssen, eine Maassregel, die Obermüller bei seinen Versuchen nicht für nothwendig
                              									befunden hat.
                           
                           Indessen hat Obermüller in der Folge aber nicht
                              									versucht; bei schwer verseifbaren Substanzen, namentlich am Wollfett, in gleicher
                              									Weise solche Versuche quantitativ anzustellen. So lange für die allgemeine
                              									Verwendbarkeit des Natriumalkoholats nicht der vollgültige Beweis erbracht ist, ist
                              									auch dessen Einführung in die Analyse der Fette und Wachsarten nicht thunlich, da
                              									man schliesslich mit alkoholischer Lauge bei starker Concentration ebenso gut zum
                              									Ziele kommt. Dass über dieses Verhalten des Alkoholats gegen schwer verseifbare
                              									Substanzen seit 1891 keine weiteren Publicationen der Verfasser, trotz des
                              									bedeutenden Interesses, das gerade diese Seite des Verfahrens verdient, erfolgt
                              									sind, lässt wohl nicht ganz die Vermuthung unterdrücken, dass diese Versuche an
                              									schwer zersetzlichen Körpern entweder ganz unterlassen worden sind, oder dass in
                              									Folge von eintretenden Schwierigkeiten von weiterer Bearbeitung dieses Gegenstandes
                              									Abstand genommen worden ist.
                           Ueber den in der Einleitung aufgeführten dritten Theil dieser Abhandlung, welcher
                              									über die Trennung des leicht verseifbaren Antheils der Wollfette von dem schwerer
                              									zerlegbaren Theil desselben und über die Zusammensetzung der einzelnen Gruppen
                              									handeln soll, werde ich in einer später zu veröffentlichenden Abhandlung berichten,
                              									da die darüber angestellten Versuche noch nicht endgültig zum Abschluss gekommen
                              									sind. Es sei aber schon jetzt vorausgeschickt, dass die Trennung des leichter
                              									zersetzbaren Bestandtheils von den schwerer verseifbaren quantitativ durchführbar
                              									ist.
                           Laboratorium der technischen Staatslehranstalten Chemnitz, Februar
                              									1894.