| Titel: | Ueber Horizontalkugelmühlen mit Windsichtung. | 
| Fundstelle: | Band 292, Jahrgang 1894, S. 85 | 
| Download: | XML | 
                     
                        Ueber Horizontalkugelmühlen mit
                           								Windsichtung.
                        Vortrag, gehalten von Herrn J. Pfeiffer in Kaiserslautern im Pfalz-Saarbrücker
                                 								Bezirksverein deutscher Ingenieure.Nach einer der
                                 										Redaction gütigst übersandten Abschrift.
                        Mit Abbildung.
                        Ueber Horizontalkugelmühlen mit Windsichtung.
                        
                     
                        
                           Die Zerkleinerungstechnik und namentlich die Hartzerkleinerung bedient sich seit
                              									langer Zeit für die eigentliche Vermahlung eines Apparates, der trotz der ihm
                              									anhaftenden Mängel bis jetzt noch von keinem anderen verdrängt werden konnte, es ist
                              									dies der Mahlgang. Obwohl in Erkenntniss eben dieser Mängel oft versucht worden ist,
                              									eine bessere Maschine an seine Stelle zu setzen, besitzt der Mahlgang bisher noch
                              									immer die weitaus grösste Verbreitung. Die neu aufgetauchten Maschinen hatten neben
                              									einigen Vorzügen einerseits auf der anderen Seite so viele Nachtheile aufzuweisen,
                              									dass sie sich nicht behaupten konnten. Dies ist der Grund, dass noch heute in der
                              									Cement- und verwandten Industrie selbst Neuanlagen zum grossen Theil nur mit
                              									Mahlgängen ausgerüstet werden.
                           Besonders schwerwiegend ist die Frage des Mahlapparates für die Cementindustrie
                              									geworden; durch den grossen Wettbewerb und das Sinken der Verkaufspreise wird sie
                              									für viele Cementwerke geradezu zu einer Lebensfrage. Jede Verringerung der
                              									Vermahlungskosten ist für diese Industrie von grösster Wichtigkeit, und keine
                              									einsichtige Verwaltung wird es versäumen, die auftauchenden Neuerungen einer
                              									eingehenden Prüfung auf ihre Verwendbarkeit zu unterziehen.
                           
                           Was unser Mahlapparat anstrebt, lässt sich kurz in folgenden Sätzen
                              									zusammenfassen:
                           1) Eine erheblich grössere Leistung im Verhältniss zur aufgewendeten Betriebskraft,
                              									als bisher mit Mahlgängen erreicht werden konnte, oder mit anderen Worten: mehr
                              									Feinmehl auf die Pferdekraft;
                           2) höhere und beliebig regulirbare Feinheit des Productes; directe Feinmahlung oder
                              									Ausscheidung des Feinmehles durch den Apparat selbst, keine besondere Sichtung,
                              									keine bald verschleissenden Siebe und Gewebe, Wegfall aller dadurch hervorgerufenen
                              									Betriebsstörungen;
                           3) geringerer Verschleiss;
                           4) massiger Preis, massiger Raumbedarf, Verminderung des Anlagekapitals.
                           Je mehr und in je höherem Grade ein Apparat diese Eigenschaften in sich vereinigt,
                              									einen desto höheren Werth besitzt er für die Zerkleinerungsindustrie, desto mehr
                              									werden die Vermahlungskosten für ein bestimmtes Quantum sinken.
                           Textabbildung Bd. 292, S. 86Horizontalkugelmühle mit Windsichtung. Eine einwandfreie Lösung dieser so bedeutsamen Frage ist nun in der von
                              									meiner Firma construirten und zum Patent angemeldeten Horizontalkugelmühle mit
                              									Windsichtung gefunden. Dieselbe besitzt gegenüber allen anderen Apparaten dieser Art
                              										keine Nachtheile, nur Vortheile, und dass die
                              									letzteren nicht gering anzuschlagen sind, will ich mich bemühen, in Folgendem
                              									klarzulegen.
                           Als activer Mahlkörper ist die Kugel gewählt, als passiver Mahlkörper die der
                              									Kugelform angepasste concave Mahlbahn, ein Princip, welches anerkanntermaassen die
                              									vollkommenste Mahlwirkung gewährleistet. Sieben Stahlkugeln c (in nebenstehender Figur), getrieben durch ein sogen. Armkreuz d, rollen in dem ausgekehlten Stahlmahlring e mit einer Geschwindigkeit von 150 Umdrehungen in der
                              									Minute. Die Form des Mahlringes ermöglicht es, sowohl die den Kugeln mitgetheilte
                              									Fliehkraft, als auch deren eigene Schwere zur Mahl Wirkung nutzbar zu machen. Die
                              									Bewegung der Kugeln in der Mahlbahn ist nicht bloss ein einfaches Herumrollen,
                              									vielmehr wird eine kräftige Reibung zwischen Kugel und Mahlbahn dadurch erzeugt,
                              									dass die antreibenden Platten oder Zapfen des Armkreuzes ihre Stellung zu den Kugeln
                              									stetig ändern. Diese, ich möchte sagen, widerstrebende Umdrehung der Kugeln um ihre
                              									Achse bezieh. die Reibung mit der Mahlbahn ist von der grössten Wichtigkeit für
                              									den Vermahlungsprocess, insofern, als die Kugeln das unter sie gebrachte
                              									Material auch zerreibend und recht eigentlich vermählend beeinflussen.
                           Die Einführung des zu vermählenden Gutes erfolgt durch den feststehenden
                              									Aufschüttrichter g und durch den mit dem Armkreuz
                              									verbundenen und mit diesem umgehenden Trichter f. Das
                              									Gut gelangt zunächst unter die Kugeln c, wird durch
                              									diese in der beschriebenen Weise zermalmt und zerrieben, wobei der feine Staub durch
                              									die Bewegung der Kugeln fortwährend emporgewirbelt wird. Unter der Decke des den
                              									ganzen Apparat vollständig abschliessenden Gehäuses i
                              									ist nun ein Ventilator k angebracht, welcher durch ein
                              									Armkreuz l mit dem Trichter f verbunden ist und mit diesem rotirt. Der dadurch erzeugte Luftstrom
                              									saugt die von den Kugeln emporgewirbelten Mehltheilchen nach oben in den weiten
                              									Innenraum des Apparates, woselbst sich der Luftstrom dem grösseren Querschnitt
                              									entsprechend verlangsamt und wo mithin nur noch die feinstgemahlenen Theile von
                              									demselben getragen werden. Oben schleudert der Ventilator die mit Mehltheilchen
                              									angefüllte Luft hinüber in den durch den äusseren Mantel i und einen concentrisch innerhalb desselben angeordneten Mantel h gebildeten Raum. Das hier sich ansammelnde Mehl wird
                              									durch Streicher m, welche mit dem Ventilator k verbunden sind, der Austragsöffnung n zugeführt und kann dort dem jeweiligen Zweck
                              									entsprechend entweder direct abgesackt oder durch Becherwerke oder Schnecken weiter
                              									befördert werden.
                           Ich komme nun zu den Vortheilen, die diese Mühle den bisher gebräuchlichen gegenüber
                              									aufweisen soll.
                           1) Leistung. Die Leistung eines gewöhnlichen Mahlganges beträgt bei directer
                                 										Feinmahlung ohne Sichtung mit etwa 25  Kraftverbrauch stündlich
                              									annähernd 500 k fertigen Cementes, demnach kommen auf die Pferdekraft etwa 20 k.
                           Ein gleicher Mahlgang liefert stündlich bei Anwendung einer
                                 										Sichtung mit etwa 32  Kraftverbrauch an 800 k fertigen Cementes,
                              									demnach auf die Pferdekraft etwa 25 k.
                           Die Leistung der Horizontalkugelmühle beträgt stündlich,
                              										ohne besondere Sichtung zu erfordern, bei 10 bis 12
                              									 Kraftverbrauch rund 600 k fertigen Cementes, demnach auf die Pferdekraft im
                              									Mittel 55 k, mithin das 2- bis 2½fache eines
                              									Mahlganges.
                           2) Feinheit. Die Feinheit ist in allen drei Fällen mit 0
                              									bis ½ Proc. auf 900 bezieh. 16 bis 20 Proc. auf 5000 Maschen für 1 qc angenommen.
                              									Bei den Horizontalkugelmühlen kann diese Feinheit nach Belieben gesteigert werden,
                              									wobei die Leistung zwar etwas sinkt, jedoch bei weitem nicht in dem Maasse wie bei
                              									Mahlgängen. Die Regulirung geschieht dadurch, dass zur Erzielung grösserer Feinheit einige
                              									Ventilatorflügel aus der Mühle herausgenommen werden; in Folge dessen wird der
                              									Luftstrom schwächer und gröbere Theile können nicht mehr mitgeführt werden.
                              									Umgekehrt wird man bei gewünschter gröberer Production einige Flügel mehr anbringen,
                              									wodurch der Luftstrom stärker wirkt. Ein nicht genug zu schätzender Vorzug der neuen
                              									Mühle ist der Wegfall aller Siebe und Gewebe, die bekanntlich die Quelle der meisten
                              									Betriebsstörungen und einen wunden Punkt in fast jedem Betriebe bilden.
                           3) Verschleiss. Die jährlichen Kosten für Instandhaltung
                              									bezieh. Erneuerung verschlissener Theile betragen bei jedem Mahlgange rund 1500 M.,
                              									bei Kugelfallmühlen (Verticalkugelmühlen) in derselben Weise rund 1000 M., bei
                              									Horizontalkugelmühlen 500 M. (alles ohne den Zeitverlust durch Stillstand
                              									gerechnet).
                           Diese Zahlen sprechen für sich selbst; zu berücksichtigen ist noch, dass der
                              									Stillstand behufs Auswechselung verschlissener Theile bei der Horizontalkugelmühle
                              									nur in längeren Zwischenräumen nöthig ist und dann nur wenige Stunden dauert,
                              									während bei Mahlgängen und Kugelfallmühlen die Betriebsstörung sich auf ganze Tage
                              									erstreckt und in den meisten Fällen die Haltung eigener Ersatzapparate erforderlich
                              									macht. Die Horizontalkugelmühle ermöglicht eine nicht unwesentliche Verminderung der
                              									Arbeiterzahl, weil das Aufhauen der Steine, die Auswechselungen, die Beaufsichtigung
                              									der Sieberei u.s.w. jetzt entbehrlich werden, denn die Mühle liefert ununterbrochen
                              									ein gleichmässig feines Product und beansprucht ausser gelegentlicher Schmierung
                              									keiner Wartung oder Beaufsichtigung. Das Mahlgut wie die Mühle bleiben vollkommen
                              									kühl in Folge des vom Ventilator erzeugten, die Mahlfläche bestreichenden
                              									Luftstromes; letzterer kommt mit dem eingeführten Mahlgut von aussen und kann sehr
                              									wohl gleichzeitig als kräftig wirkende Ventilation der Fabrikräume dienen.
                           4) Raumbedarf u.s.w. Die Horizontalkugelmühle nimmt nur
                              									ungefähr den gleichen Raum ein wie ein Mahlgang, übertrifft ihn aber in der
                              									Leistung, wie wir gesehen haben, ganz bedeutend. Abgesehen davon, dass die
                              									Vermahlungskosten für eine bestimmte Menge Mahlgut sich auf ungefähr die Hälfte verringern werden, ist besonders noch die Einfachheit
                              									einer derartigen Mahleinrichtung hervorzuheben. Die Zerkleinerungsanlage z.B. einer
                              									Cementfabrik würde nur aus Steinbrechern, Walzwerken und Horizontalkugelmühlen zu
                              									bestehen haben. Ganz besonders ist die Mühle auch für grössere Kanal-, Tunnel- oder
                              									Brückenbauten geeignet, bei denen es häufig Vorschrift ist, dass der zur Verwendung
                              									gelangende Trasskalk an Ort und Stelle gemahlen werden muss, da er nur dann ganz
                              									frisch verarbeitet werden kann. Eine Locomobile, ein Steinbrecher, eine
                              									Horizontalkugelmühle, das ist die ganze Einrichtung, die erforderlich ist, und die
                              									bei aller Einfachheit doch fast gerade so rationell arbeiten kann, wie eine grosse
                              									Fabrikanlage.
                           Die geringe Grösse und das nicht hohe Gewicht neben dem massigen Preise (3600 M.)
                              									machen die Horizontalkugelmühle für Versandt nach entfernten Orten sehr
                              									geeignet.
                           Ich will schliesslich nicht unerwähnt lassen, dass das Princip der eigentlichen
                              									Mühle, d.h. die Anordnung des Mahlringes, der Kugeln und des Armkreuzes nicht neu
                              									sind, es ist bereits angewendet bei der sogen. Morelmühle, welche früher
                              									ebenfalls von meiner Firma gebaut wurde und recht gute Resultate liefert (1890 276 * 344); sie hat nur den Nachtheil, dass noch Siebe
                              									zur Anwendung kommen, die im Inneren der Mühle angebracht sind und durch welche das
                              									Material mittels Schleuderflügel hindurchgetrieben wird. Diese Siebe bedürfen
                              									häufiger Erneuerung und ausserdem ist man vor Betriebsstörungen nie sicher, denn
                              									wenn die Siebe Löcher bekommen, so wird ein ganz anderes Feinmehl gewonnen als
                              									beabsichtigt wird. Durch die Verbindung mit der Windsichtung wurde ein möglichst
                              									vollkommener Apparat geschaffen.