| Titel: | Neuere Scherenkrahne. | 
| Fundstelle: | Band 292, Jahrgang 1894, S. 104 | 
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                        Neuere Scherenkrahne.
                        Mit Abbildungen.
                        Neuere Scherenkrahne.
                        
                     
                        
                           Scherenkrahne dienen hauptsächlich zum Verladen schwerer Einzellasten, Dampfkessel,
                              									Maschinentheile, Geschütze u. dgl., an Hafenorten. Sie bestehen aus zwei vorderen
                              									Druckmasten und einem hinteren Zugmast, welcher in der mittleren senkrechten
                              									Schwingungsebene liegt. – Indem die Fussgelenke der vorderen Druckmasten feste
                              									Aufstellung erhalten, wird ihr oberes Kopfgelenk, an welchem der Zugmast
                              									anschliesst, einen Bogen beschreiben, welcher theilweise vor und hinter der
                              									Unterstützungsverticalen liegt und dessen vorliegender Bogenweg bei gegebener
                              									Strebenlänge die Ausladung bestimmt. Diese Bogenbewegung des oberen Krahnkopfes wird
                              									nun nach zwei Grundsätzen durchgeführt:
                           Es wird bei stetiger Länge des Zugmastes das Fussgelenk in wagerechter Richtung
                              									mittels einer kreisenden Schraubenspindel verlegt, eine Anordnung, die bei
                              									standfesten Scherenkrahnen den Nachtheil hat, dass der hinter dem Zugmast liegende
                              									Raum für die Anlage von durchgehenden Eisenbahngleisen und sonstigen Fahrzeugen
                              									verloren geht, während bei Schwimmkrahnen die Schwingungsebene des Krahnes nur in die
                              									Längsachse des Schiffskörpers gelegt werden kann, was die Gebrauchsfähigkeit des
                              									Krahnes nothwendiger Weise einschränken muss.
                           Mit der zweiten Ausführungsart werden die angedeuteten Nachtheile umgangen, mittels
                              									welcher die Bogenbewegung des Krahnkopfes durch Verkürzung des mittleren Zugmastes
                              									durch eine oder zwei bethätigte Schraubenspindeln ermöglicht wird, wobei das
                              									Fussgelenk des Mittelmastes unverändert liegt. Im Uebrigen wird der Hebebetrieb
                              									durch vielfache Rollenzüge mittels Dampf oder Presswassermaschinen ausgeübt.
                           
                        
                           Easton and Anderson's Scherenkrahn von 160 t Tragkraft.
                           Für die Hafenstation in Garden Island in Sydney,
                              									Australien, ist für die Regierung in New Süd Wales von Easton and Anderson in London und Erith einer der mächtigsten
                              									Scherenkrahne geliefert worden, der im Juli 1893 mit 200 t Last geprobt wurde.„Ueber
                                       												Scherenkrahne“ vgl. D. p. J.: Clarke,
                                    											1872 205 * 500; Blauel, 1887 * 264 307.
                           Textabbildung Bd. 292, S. 104Easton and Anderson's Scherenkrahn. Nach The Engineer, 1893 Bd. 76 * S. 611, ist
                              									derselbe in Fig. 1 und
                              										2 dargestellt,
                              									dessen hinterer, 56,9 m langer Zugmast 16,5 m wagerechte Verschiebung durchführt,
                              									wobei die vorderen 41,88 m langen Strebemasten durch die Ausschwingung ihres oberen
                              									Kopfgelenkes eine Verlegung des Aufhängetheils von (4,57 + 13,7) = 18,27 m
                              									ermöglichen, wovon 4,57 m hinter die Unterstützungsverticale der beiden 13,7 m
                              									abstehenden Fussgelenke (Fig.
                                 										2) entfallen.
                           Während sämmtliche Masten an ihren Kopf- und Fussenden 610 mm Durchmesser zeigen,
                              									beträgt derselbe in deren Längenmittel beim Zugmast 1524 und bei den beiden Streben
                              									1370 mm. Auch sind diese aus 3 m langen Schüssen zu je vier Stück Weichstahlblechen
                              									zusammengesetzt, welche bei den Strebemasten durchgängig 12,7 mm Dicke haben,
                              									während die Blechdicken beim Zugmast von 12,7 mm in den Mittelschüssen auf 11,1
                              									bezieh. 9,5 mm an den Halsenden des Mastes abnehmen. Im Krahnkopfe sitzt ein
                              									Stahlbolzen von 381 mm mittlerem und 317 mm Enddurchmesser, über welchem zwei
                              									Rollenzüge zu je drei Rollen bezieh. mit je sechs tragenden Seiltrümen zu je 80 t
                              									Traglast, sowie mittellinig eine einzelne Mittelrolle für zwei tragende Seile für
                              									eine Traglast von 5 t geführt sind, welche bis 45,7 m Hub erhalten, während die
                              									Hauptlast von 80 + 80 = 160 t nur einen Hub von 39,5 m bezieh. davon 30,5 m über
                              									Krahnsockel durchführen kann, wobei die grösste Ausladung von der Stirnkante des
                              									Krahnsockels bis 12,5 m erreicht. Eine aus einem Stück gefertigte schmiedeeiserne,
                              									18,3 m lange Schraubenspindel, welche in der mittleren Schwingungsebene wagerecht
                              									lagert, wobei zur Aufhängung der axialen Zugkraft ein Kammlager vorgesehen ist,
                              									besitzt Schraubengewinde von 76 mm Steigung, bei 254 mm Aussendurchmesser auf einer
                              									freien Länge von 17,22 m, von welcher eine in einem gusseisernen Trog geführte
                              									Spindelmutter, an welcher die Gelenkaugen für die Zugstrebe angegossen sind, bis zu
                              									einer Weglänge von 16,46 m bethätigt werden kann. Zum Betriebe dieser
                              									Schraubenspindel ist eine Zwillingsmaschine von 406 mm Cylinderbohrung und 381 mm
                              									Kolbenhub vorgesehen, welche mittels zweier verschieden stark übersetzender
                              									Stirnradpaare, die durch eine zwischenliegende Reibungskuppelung abwechselnd
                              									eingerückt werden, durch ein drittes Radpaar auf die Bewegungsspindel einwirkt.
                              									Hierdurch wird die in Folge der wechselnden Stellung des Krahngerüstes veränderliche
                              									Schraubenkraft entsprechend dem erforderlichen Kraftbedarfe geregelt.
                           Textabbildung Bd. 292, S. 105Russel's Scherenkrahn. Für den Hebebetrieb sind dagegen zwei selbständige gleich grosse
                              									Zwillingsmaschinen von 317,5 mm Cylinderbohrung und 305 mm Kolbenhub vorhanden,
                              									welche symmetrisch zur Schwingungsebene des Krahnes angeordnet sind und die je eine
                              									133 mm starke schmiedeeiserne, 15,85 m lange Welle betreiben, an deren Ende durch
                              									eine Schnecke von 88,9 mm Steigung ein gusstählernes Schneckenrad von 2210 mm
                              									Durchmesser bethätigt wird, das an einer Seiltrommel von 1219 mm mittlerem
                              									Durchmesser und 3200 mm Länge sitzt, auf welcher 237,6 m Stahldrahtseil von 152 mm
                              									Durchmesser (Bullivant's patent flexible steel wire
                              									rope) aufgewickelt werden kann. Jedes dieser beiden Drahtseile ist über einen
                              									sechsfachen Rollenzug geführt, welcher 80 t Traglast mit 10 mm/Sec.
                              									Geschwindigkeit hebt, so dass die Seilgeschwindigkeit 60 mm/Sec.
                              									beträgt.
                           Während diese drei Dampfmaschinen in einem Hause am hinteren Spindelende
                              									untergebracht sind, ist am vorderen Ende derselben eine Dampfwinde für die Nebenlast
                              									von 5 t vorgesehen, welche ein Drahtseil von 63,5 mm Dicke und 91 m Länge
                              									aufwickelt.
                           
                        
                           G. Russell's Scherenkrahn für 80 t Last.
                           Von George Russell and Co. in Motherwell ist für das
                              									Union Dock in West-Hartlepool ein Scherenkrahn für 80 t Belastung geliefert worden,
                              									bei dem die Ausschwingung des Krahnkopfes durch Aenderung der Länge des Mittelmastes
                              									mittels einer axial gelagerten Schraubenspindel durchgeführt wird.
                           Textabbildung Bd. 292, S. 105Russel's Scherenkrahn. Das Krahngerüst ist nach Engineering, 1892
                              									Bd. 53 * S. 378, in Fig.
                                 										3 und 4, die
                              									zugehörigen Triebwerke mit den Presswassermaschinen sind in Fig. 5 bis 8 dargestellt.
                           
                           Mit den beiden 32 m hohen Strebemasten ist eine wagerechte Verlegung des
                              									Gehänges von 11,73 + 3,5 = 15,23 m, vom Strebefussgelenk links und rechts gemessen,
                              									zu ermöglichen, indem man die zwischen Seitenschienen geführte, 305 mm starke
                              									schmiedestählerne Schraubenspindel mittels eines Winkelradpaares dreht, wodurch sich
                              									dieselbe in die an der mittleren Zugstrebe befestigte Mutter einschraubt und sich
                              									dabei in die hohle Strebe einführt.
                           Um beim Heben verschieden schwerer Lasten den Druckwasserbetrieb wirthschaftlicher zu
                              									gestalten, sind für den Gesammtbetrieb des Krahnes, also für das Heben der schweren
                              									Hauptlast, sowie für die leichtere Nebenlast und die Ausschwingung des Krahngerüstes
                              									zwei Zwillingswasserkraftmaschinen a und b vorhanden, welche gleichzeitig an einer
                              									gemeinschaftlichen Welle c wirken, von welcher die
                              									übrigen Triebwerke sich abzweigen. Nun ist die Einrichtung getroffen, dass eine der
                              									beiden Zwillingsmaschinen abgestellt werden kann, indem man das an der Kurbelwelle
                              									sitzende Stirnrad d aus dem Eingriff mit dem auf die
                              									gemeinschaftliche Antriebwelle c gekeilten Stirnrad
                              									rückt. Von dieser Welle c aus wird mittels Räderpaare
                              										e und f je eine
                              									Kettennuss g für die Hauptlast (80 t), die an einem
                              									sechsfachen Flaschenzug hängt, betrieben, sowie für die unmittelbar am Haken
                              									hängende Nebenlast (10 t) ein gleiches Kettennusstriebwerk h vorgesehen ist. Dagegen ist an der verlängerten Hauptantriebwelle c eine Zahnkuppelung i
                              									angeschlossen, mit welcher nach Bedarf je einer der beiden mit abweichender
                              									Uebersetzung ausgestatteten Rädersätze k und l eingerückt wird, so dass der Schraubenspindelbetrieb
                              									mit dem Winkelrade m, der jeweiligen Gerüstlage
                              									angemessen, mit verschieden grosser Kraftäusserung sich abwickelt. Auch sind zum
                              									freien Niederlassen der Lasten Bandbremswerke n
                              									vorhanden, die an den Zahnradgetrieben von e und f angeschlossen sind. Zwischen den Bremsscheiben ist
                              									aber eine doppelte Zahnkuppelung o vorgesehen, mit
                              									welcher der Hebebetrieb entweder ganz abgestellt oder für die Haupt- und Nebenlast
                              									getrennt besorgt werden kann.
                           Textabbildung Bd. 292, S. 106Fig. 9.Russel's schwimmender Krahn. Die Cylinder der Wasserkraftmaschine (Fig. 8) haben bei 101 mm
                              									Bohrung eine wirksame Kolbenfläche von 80 qc hinten und 60 qc vorn an der
                              									Kolbenstangenseite, also eine mittlere Arbeitsfläche von 70 qc und einen Hub von
                              									3,05 dm, so dass für je eine Umdrehung der Kurbelwelle eine nützliche Wassermenge
                              									von 2 . 3,05 . 0,7 = 4,27 l in einem Cylinder aufgewendet wird.
                           Da nun bei einer Wasserspannung von rund 50 k/qc die Maschinen mit 150 minutlichen
                              									Umdrehungen kreisen, so wird bei 2,5 Umdrehungen in der Secunde ein secundlicher
                              									Wasserverbrauch von 4,27 . 2,5 = 10,68 l für je einen Cylinder erforderlich werden,
                              									was bei einer Druckwassersäule von 500 m einem theoretischen Effect von 5340 mk/Sec.
                              									entsprechend wäre. Weil aber je zwei Cylinder stets zusammenwirken, so würde unter
                              									allen Umständen bei gleichbleibender Wasserspannung eine theoretische Leistung von 2
                              									. 5340 = 10680 mk/Sec. bezieh. 135  entwickelt werden müssen. Eine Regelung dieser
                              									Effectgrösse ist daher nur durch eine Abänderung der Umlaufszahl oder durch
                              									Vereinigung zweier Arbeitsvorgänge zu erzielen.
                           Der zum Heben der Last von 80 t = 80000 k mit einer mittleren Geschwindigkeit von
                              									0,07 m/Sec.
                              									gebrauchte Effect ist 5600 mk/Sec., also etwas über die Hälfte desjenigen einer
                              									Zwillingsbetriebsmaschine. Es ist, wenn die mittlere Kolbenfläche 70 qc ist, der
                              									Effect einer Zweicylindermaschine mit 0,305 m Kolbenhub bei 2,5 secundlichen
                              									Kurbelumdrehungen und rund 50 k/qc Wasserspannung bezieh. bei
                           0,305 . 2 . 2,5 = 1,525 m
                           Kolbengeschwindigkeit
                           2 . 70 . 50 . 1,525 = 10675 mk/Sec.,
                           also dem vorberechneten entsprechend.
                           Demgemäss wäre in der Anlage des gesammten Winden- und Kettentriebwerkes ein
                              									Wirkungsgrad von
                           5600 : 10680 = 0,52
                           zu Grunde gelegt. Es ist daher die zweite
                              									Zwillingsbetriebsmaschine nur zur Sicherung des Betriebes angelegt.
                           Diese Wasserkraftmaschinen besitzen mit Rothguss ausgebüchste Cylinder (Fig. 8) mit entlastetem
                              									Muschelschieber und ein Sicherheitsventil am hinteren Cylinderdeckel, sowie eine
                              									Umkehrsteuerung, welche im Wesentlichen aus einem Excenter mit Coulisse und
                              									Zwischenhebelwerk zusammengestellt ist.
                           
                        
                           G. Russell's schwimmender Scherenkrahn für 60 t
                              									Traglast.
                           An Bord eines von Napier, Shanks and Bell in Glasgow
                              									gebauten Dampfbootes von 66,7 m Länge, 12,2 m Breite und 4,4 m Tiefgang, ausgerüstet
                              									mit einer Dreicylinder-Verbundbetriebsmaschine von 457, 736 bezieh. 1219 mm
                              									Cylinderdurchmesser und 0,762 m Kolbenhub, die mit 11,4 k/qc Dampfspannung arbeitet, ist ein
                              									Scherenkrahn von George Russell in Motherwell
                              									aufgestellt und nach Engineering, 1891 Bd. 51 * S. 581,
                              									in Fig. 9 abgebildet. Er gleicht in seiner Bauart dem
                              									vorbeschriebenen standfesten Scherenkrahn. Die aus Stahlblechen gebauten
                              									Vorderstreben haben 508 mm mittleren Durchmesser und 13,7 m Länge, während die
                              									Mittelstrebe durch eine Stahlspindel verlängert und verkürzt wird, die ihre Mutter
                              									in der Strebe und ihre Stützung in einem Kammlager findet.
                           Bei der grössten Ausschwingung von 10 m beträgt bei voller Krahnbelastung die
                              									seitliche Neigung des Schiffskörpers 6°, welche aber durch Füllung der
                              									gegenüberliegenden Ballastwasserkästen ausgeglichen wird. Mit einer
                              									Zwillingsdampfmaschine von 178 mm Cylinderbohrung und 279 mm Kolbenhub wird bei 5,3
                              										k/qc
                              									Dampfspannung der Krahnbetrieb durchgeführt, wobei ein vierfacher Rollenzug mit
                              									Rollen von 1066 mm Durchmesser bei der Lasthebung zur Anwendung gelangt. Vor Beginn
                              									der Bootfahrt wird selbstredend die Last in die Mittelebene des Schiffskörpers
                              									zurückgelegt.